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Hinweisschild Tragen von Gesichtsmasken wegen Corona-Pandemie – Entfernung

AG Kassel – Az.: 800 C 720/21 – Urteil vom 10.06.2021

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Entfernung von Hinweisschildern zum Maskentragen in einer Wohnungseigentumsanlage.

Die Klägerin ist Eigentümerin einer von 55 Wohnungen in der Eigentümergemeinschaft A. Die Beklagte ist Verwalterin dieser Gemeinschaft und brachte im Januar 2021 in beiden Fahrstühlen des Hauses, an der Eingangstür und im aushandelten im Eingangsbereich Schilder an, die die Aufschrift „Bitte Maske tragen“ und ein entsprechendes Symbol enthalten.

Die Klägerin hält dieses Vorgehen der beklagten Hausverwaltung für eigenmächtig, da es an einem entsprechenden Beschluss der Eigentümerversammlung fehle. Darüber hinaus sei ein solches Schild durch übergeordnete Vorschriften nicht zwingend vorgesehen. Durch die Schilder würden Angst und Verunsicherung erzeugt. Schließlich existiere kein wissenschaftlich hinreichender Nachweis, dass eine Maske, insbesondere eine so genannte Alltagsmaske, einen tauglichen Schutz vor Infektionen mit dem SARS-Cov2-Virus biete. Hingegen seien Nachteile durch das Tragen einer Maske zu besorgen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die an der Eingangstür, in dem Aushangkasten im Eingangsbereich und in dem kleinen und großen Fahrstuhl des Hauses A angebrachten „Masken-Schilder“ mit den Aufschriften „Bitte Maske tragen“ ersatzlos zu entfernen und den vorherigen Zustand wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie rügt die Aktivlegitimation der Klägerin. Im Hinblick auf das hohe Durchschnittsalter der Mitglieder der Eigentümergemeinschaft, von denen viele auf häusliche Pflege angewiesen seien, habe der Beirat angesprochen, ob nicht solche Schilder angebracht werden könnten, da „reger Publikumsverkehr“ herrsche. Folglich handelt es sich um eine Verwaltungsmaßnahme, zu der die Beklagte befugt sei. An einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin fehle es.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Hinweisschild Tragen von Gesichtsmasken wegen Corona-Pandemie – Entfernung
(Symbolfoto: Von Kagan Kaya/Shutterstock.com)

Der Klägerin fehlt es bereits an der Aktivlegitimation. Nach § 9a Abs. 2 WEG (auf den Rechtsstreit ist unzweideutig das WEG in der seit dem 01.12.2020 geltenden Fassung anzuwenden, da sowohl der Rechtsstreit danach begonnen hat als auch die zu Grunde liegende Tatsachenfrage des Anbringens der Schilder nach dem vorgenannten Datum zeitlich anzusiedeln ist) übt nur noch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte aus. Dies führt dazu, dass – anders als nach der alten Rechtslage – auch Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB (ein solcher wird hier von der Klägerin geltend gemacht) nunmehr nur noch von der Gemeinschaft gegenüber Dritten oder Mitgliedern der Gemeinschaft geltend gemacht werden können, soweit das Gemeinschaftseigentum betroffen ist (Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 3 Rn. 127, Kap. 4 Rn. 27, 44). Ein Direktanspruch gegen den Verwalter scheidet damit aus; die einzelnen Wohnungseigentümer können Leistungsansprüche und folglich auch Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit der Schlechterfüllung von Verwalterpflichten im Sinne von § 27 WEG nicht unmittelbar gegen den Verwalter geltend machen (Dötsch/Schultzky/Zschieschack, a.a,O. Kap. 13 Rn. 87). Folglich kann die Klägerin hier nicht unmittelbar gegen die Beklagte vorgehen. Sie ist vielmehr gehalten, zunächst sind die Eigentümergemeinschaft anzurufen, ob die Seele ihrerseits gegebenenfalls Maßnahmen gegenüber der Beklagten ergreift.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihr zustehende Individualrechtspositionen, sei es als Sondereigentümerin, sei es wegen Verletzung ihr zustehender absoluter Rechte in deliktischer Weise, durch das Anbringen der streitgegenständlichen Schilder durch die Beklagten beeinträchtigt wären.

Zum einen fehlt es bei der Anbringung der streitgegenständlichen Schilder mit der Aufforderung zum Tragen einer Maske an einem Bezug zum Sondereigentum der Klägerin. Denn die Schilder hängen lediglich in den Bereichen des Gemeinschaftseigentums, die allgemein zugänglich sind (Hauseingangsbereich, Fahrstühle). Würde man bei Verwaltungsmaßnahmen im Bereich des Gemeinschaftseigentums immer zugleich eine Beeinträchtigung des Sondereigentums der einzelnen Wohnungseigentümer annehmen, so ergebe die Unterscheidung zwischen Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum an dieser Stelle keinen Sinn mehr. Da das Gesetz aber diese Unterscheidung vorsieht, führt bereits die gesetzliche Systematik dazu, dass es einer besonderen Einwirkung auf das Sondereigentum bedarf. Daran fehlt es aber durch die Anbringung der Schilder bereits evident. Die Klägerin hat auch nach entsprechendem gerichtlichen Hinweis nicht aufgezeigt, dass eine solche Betroffenheit vorläge.

Die Klägerin ist darüber hinaus auch nicht in individuellen persönlichen Rechtspositionen betroffen. Zwar kann der Verwaltervertrag auch als Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter in Bezug auf einen der Wohnungseigentümer verstanden werden. Voraussetzung für diesen Anspruch ist aber, dass eine Handlungs- bzw. Unterlassungspflicht des Verwalters besteht, die ausdrücklich dem (unmittelbaren) Schutz des jeweiligen Eigentümers dient und die vom Verwalter verletzt worden wäre (Dötsch/Schultzky/Zschieschack, a.a.O. Kap. 13 Rn. 96). Daran fehlt es aber evident. Denn eine solche Schutzpflicht gegenüber der Klägerin in Bezug auf das Unterlassen der Anbringung der streitgegenständlichen Schilder lässt sich nicht feststellen. Die Klägerin hat eine solche Pflicht auch nicht aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund kommt es deswegen auch nicht mehr auf den von der Klägerin angeführten Streit über die Sinnhaftigkeit des Maskentragens an.

Ebenso fehlt es an einem deliktischen Anspruch etwa aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. mit einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 GG der Klägerin. Denn die Eingriffsintensität durch die Schilder an sich wie auch das kurzzeitige Tragen der Maske in den Gemeinschaftsanlagen des Gebäudes (Eingangsbereich, Treppenhaus, Fahrstühle) aufgrund der in den Schildern konstituierten Aufforderung ist derartig gering, dass eine Verletzungshandlung mangels Messbarkeit bereits per se ausscheidet. Die Klägerin hat bereits nicht dargetan, dass ihr insoweit ein Nachteil entstünde. Aus der in Anl. K2 vorgelegten Stellungnahme mit der Autorenangabe X ergibt sich dies nämlich gerade nicht. Zum einen führt der Autor dieser Stellungnahme im Abschnitt 4,2 aus, dass es nur wenige und kaum belastbare Untersuchungen zum Thema von Gesundheitsschäden aufgrund des Tragens von Masken der streitgegenständlichen Art gebe. Eine von ihm näher beschriebene Einzelstudie habe nach dieser Stellungnahme jedoch das Ergebnis gehabt, dass der Nachteil eines etwas erhöhten 002-Anteils im Blut zu vernachlässigen sei. Die übrigen Hinweise aus der Empirie, die der Autor jener Stellungnahme zitiert, sind auch nach den Ausführungen des Autors gerade nicht wissenschaftlich bestätigt. Dies bedeutet mithin, dass die Klägerin schon nach ihrem eigenen Vorbringen weder durch das Anschauen der Schilder noch durch das Tragen der Masken beeinträchtigt sein kann,

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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