Skip to content
Menü

Individualvereinbarungswirksamkeit von starren Schönheitsreparaturklauseln

LG Dresden – Az.: 4 S 211/19 – Beschluss vom 01.08.2019

1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die eingelegte Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da diese ohne Aussicht auf Erfolg scheint und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

2. Zu diesem Hinweis kann der Berufungskläger binnen 2 Wochen Stellung nehmen.

Die Berufungskammer regt an, dass der Berufungskläger die Berufung innerhalb der gesetzten Frist zur Vermeidung weiterer Verfahrenskosten zurücknimmt.

Eine Rücknahme der Berufung vor Erlass eines Beschlusses nach § 522 ZPO würde zu einer Gebührenermäßigung führen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Rückzahlung einer Kaution.

Der Kläger und Frau xxx mieteten die Wohnung Nr. 1 im Haus xxx Straße xx in xxx vom Beklagten gemäß des Mietvertrages vom 27.04.2012.

Sie zahlten, wie vertraglich vereinbart, eine Kaution in Höhe von 760,00 EUR.

Die Übergabe der Wohnung am 28.06.2012 erfolgte im unrenovierten Zustand. Im Übergabeprotokoll am 28.06.2012 wurde unter „Sonstiges“ (Anl. K2, Bl. 16 d. A.) vereinbart, „dass die Mieter einen Monat (07/12) mietfrei für die malermäßige Instandhaltung der gesamten Wohnung erhalten. Bei Auszug wird die Wohnung „komplett Wände und Decken weiß gestrichen“ an den Vermieter zurückgegeben“.

Der Kläger und xxx kündigten das Mietverhältnis zum 31.01.2018 und gaben am 03.01.2018 die Wohnung im unrenovierten Zustand (Bl. 17 – 19) zurück.

Der Kläger unterzeichnete das Rückgabeprotokoll nicht.

Der Beklagte beauftragte die Firma xxx mit der Renovierung der streitgegenständlichen Wohnung. Hierfür sind dem Beklagten Kosten in Höhe von 656,42 EUR (Bl. 30 d. A.) entstanden.

Der Beklagte erteilte dem Kläger eine Kautionsabrechnung (Anl. K4) und hat die Kosten für die Renovierung in Höhe von 656,42 EUR mit der Kaution zuzüglich Zinsen verrechnet.

Das Amtsgericht Dresden hat mit Urteil vom 12.04.2019 die Aufrechnung des Beklagten für zulässig erklärt, da die handschriftliche Abrede getroffen wurde, dass der Kläger bei Auszug die Wohnung weiß streicht. Diese Klausel sei auch nicht bei Abschluss des Mietvertrages getroffen worden, sondern erst bei Einzug.

Weitere 17,85 EUR seien für die Reinigung des Holzbelages des Balkons nicht geschuldet, da auch im Übergabeprotokoll hierzu nichts vereinbart worden sei.

Das Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 12.04.2019 ist dem Kläger am 17.04.2019, dem Beklagten am 18.04.2019 zugestellt worden.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 13.05.2019 (Bl. 58 d. A.) Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 11.06.2019 (Bl. 61 d. A.) begründet.

Er ist der Auffassung, dass keine Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bestanden habe, da die Schönheitsreparaturklausel im § 10 des Mietvertrages unwirksam sei.

Zwar stelle die braun gestrichene Wand einen Schaden dar, jedoch seien die Kosten aus der Abrechnung, welche der Beklagte vorgelegt habe, nicht zu differenzieren.

Die in § 10 des Mietvertrages getroffene Vereinbarung zu den Schönheitsreparaturen und die Regelung im Übergabeprotokoll vom 28.06.2012 führe zu einem unwirksamen Summierungseffekt und damit zu einer Benachteiligung des Klägers.

Der Kläger hat beantragt,

1. das am 12.04.2019 verkündete Urteil des AG Dresden wird aufgehoben und der Klage wird vollumfänglich stattgegeben.

Der Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Ansprüche u. a. die Mietfreiheit im Zusammenhang zu betrachten seien. Bei Rückgabe der Mietsache zeigten sich erhebliche Mängel in allen Zimmern.

Der Beklagte meint, wenn auch nur eine Klausel unwirksam sei, könne es nicht zu einem Summierungseffekt kommen.

Ferner ist er der Auffassung, dass dann, wenn die Individualvereinbarung im Übergabeprotokoll unwirksam sei, die „erlassene“ Monatsmiete in Höhe von 517,50 EUR zurückzuerstatten sei.

Des Weiteren bestünde kein Anspruch nur eine Wand malermäßig instandzusetzen (braune Wand), weil das gesamte Raumbild hierdurch gestört werde. Allerdings entstünden für das Überstreichen einer Wand Kosten in Höhe von 348,49 EUR brutto.

Selbst wenn die Schönheitsreparaturklausel in § 10 des Mietvertrages unwirksam sein sollte, liege erst Recht kein Summierungseffekt vor, weil dann die Individualvereinbarung vom 28.06.2012 maßgeblich sei.

Bezüglich des weiteren Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, ihre Anlagen und das Urteil des Amtsgerichtes Dresden vom 12.04.2019 verwiesen.

II.

Die Berufung hat nach übereinstimmender Meinung der Kammer keine Aussicht auf Erfolg.

Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung der Berufungskammer durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

1.

Zu Recht hat das Amtsgericht zunächst festgestellt, dass der Kläger aus dem beendeten Mietvertrag mit dem Beklagten über die Wohnung in der xxx Straße xx in xxx einen Anspruch auf Rückzahlung seines Kautionsguthabens hat.

2.

Der Beklagte konnte jedoch gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen (§§ 387 ff. BGB).

Die Aufrechnung des Beklagten war in Höhe eines Betrages von 638,57 EUR wirksam.

3.

Durch § 10 des Mietvertrages und die Vereinbarung im Übergabeprotokoll vom 28.06.2012 (Anl. K2) tritt kein Summierungseffekt ein, der den Kläger unangemessen belastet.

3.1.

§ 10 des Mietvertrages enthält starre Renovierungspflichten, die zur Folge haben, dass auch die allgemeine Überwälzungsklausel für Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam ist (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, VIII ZR 361/03, zit. n. J.).

3.2.

Nach der Individualvereinbarung vom 28.06.2012 steht fest, dass die streitgegenständliche Wohnung dem Kläger und Frau xxx im unrenovierten Zustand, ohne malermäßige Instandsetzung übergeben wurde. Der Kläger und Frau xxx verpflichteten sich, die Wohnung malermäßig instand zusetzen und erhielten dafür für den Monat Juli 2012 Mietfreiheit. Diese Individualvereinbarung trafen die Parteien in Kenntnis der Regelungen des § 10 des Mietvertrages und auch nach Abschluss des Mietvertrages. Sie waren folglich einig, dass das Kompensationsgeschäft – Mietfreiheit für Juli 2012 – ausreichend ist, um die Aufwendungen des Klägers und von Frau xxx angemessen auszugleichen.

3.3.

Entgegen der Ansicht des Klägers tritt vorliegend keine Summierung (Schönheitsreparaturen laufend und Renovierung am Ende des Mietverhältnisses) ein.

3.3.1.

Ein Summierungseffekt scheitert vorliegend bereits daran, dass die Schönheitsreparaturklausel in § 10 des Mietvertrages unwirksam ist und daher nur die Individualvereinbarung aus dem Übergabeprotokoll vom 28.06.2012 zum Tragen kommt (vgl. BGH, Urteil VIII ZR 71/08, zit. n. J.).

3.3.2

Der BGH hat in der Entscheidung VIII ZR 163/05 die Überlegung angestellt, ob die Unwirksamkeit der Formularklausel zur Schönheitsreparatur nicht zwangsläufig auch die Unwirksamkeit der Individualvereinbarung zur Endrenovierung zur Folge habe. Hierzu hat der BGH dann jedoch nicht entschieden, sondern ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Schadensersatzanspruch deswegen nicht gegeben sei, weil vorliegend die Leistungsaufforderung nicht ausreichend eindeutig gewesen sei.

Es sei nämlich für den Mieter nicht ausreichend erkennbar gewesen, zu welchen Leistungen er nach Auffassung des Vermieters verpflichtet sein sollte (allg. Schönheitsreparaturen nach dem Mietvertrag oder teilweise Endrenovierung).

Dieser Fall weicht jedoch von dem vorliegenden Fall insoweit ab, weil die Parteien die „Endrenovierung“ nicht im Mietvertrag sondern nachträglich im Übergabeprotokoll vom 28.06.2012 vereinbart haben. Damit ist eine Individualvereinbarung getroffen worden, die nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt und auch nicht von der Regelung in § 10 des Mietvertrages abhängig ist.

Jedenfalls bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die isolierte Individualvereinbarung im Übergabeprotokoll vom 28.06.2012, nach der sich der Kläger und Frau xxx bei Übergabe der streitgegenständlichen Wohnung im unrenovierten Zustand zunächst bei Mietfreiheit für den Juli 2012 entschieden, die Wohnung selbstständig malermäßig instand zu setzen. Darüber hinaus übernahmen sie auch bei Beendigung des Mietvertrages das Streichen von Wänden und Decken in weiß.

Diese Renovierungsklausel in dem Übergabeprotokoll vom 28.06.2012 ist in individueller Form nachträglich, nach Unterzeichnung des Mietvertrages erfolgt. Damit haben die Parteien des Mietvertrages durch diese Vereinbarung später eine weitere Abrede hinzugefügt ohne den sonstigen Bestand an Rechten und Pflichten aus dem Mietvertrag zu verändern.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!