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Jahrelange vorbehaltlose Zahlung nicht gekennzeichneter Betriebskostenarten

AG Freiburg – Az.: 11 C 290/19 – Urteil vom 19.05.2021

In dem Rechtsstreit wegen Mietnebenkosten/auch Renovierungskosten hat das Amtsgericht Freiburg im Breisgau aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2020 für Recht erkannt:

1 Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 64,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 23.12.2018 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 94 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 6 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen sich jedoch durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die jeweils andere Partei nicht zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.046,49 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von den Beklagten Begleichung einer Nebenkostennachforderung aus einem Wohnungsmietverhältnis.

Die Beklagten mieteten bei den Rechtsvorgängern des Klägers mit schriftlichem Mietvertrag vom 27.06.1998 eine Wohnung in der ……… an. In § 2 des Mietvertrags findet sich bezüglich der Nebenkosten eine abschließende Regelung. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Anlage B5 (AS 173 – 181) verwiesen.

Im Sommer 2017 wurden an der Heizungsanlage Wartungsarbeiten durchgeführt. Heizung und Warmwasser musste im Oktober und November mit einem Leihgerät sichergestellt werden.

Der Kläger rechnete am 23.11.2018 die Nebenkostenperiode 01.11.2017 bis 31.10.2018 gegenüber den Beklagten ab. In die Abrechnung sind für Grundsteueranteile 282,08 Euro, für Gebäude-, Sach- und Haftpflichtversicherung 194,82 Euro, für die Gartenpflege 504,76 Euro und für Heizkosten/Warmwasser 2224,83 Euro eingestellt; das Saldo endet unter Abzug der Vorauszahlungen von 2160 Euro mit einer Nachforderung von 1046,49 Euro.

Nachdem keine Zahlung erfolgte, wurde diese mit Schreiben vom 08.12.2018 angemahnt und eine Frist bis zum 22.12.2018 gesetzt.

Mit Schriftsatz vom 19.09.2019 rügte der Beklagtenvertreter, dass lediglich Heizkosten/Warmwasser nach der vertraglichen Vereinbarung umlagefähig seien.

Der Kläger ist der Auffassung, die umgelegten Positionen seien nach dem Vertrag umlagefähig. Dies gälte zumindest im Hinblick auf Fußnote 4 in § 2, wo es heißt: „Unter die Betriebskosten fallen die in der Anlage im Einzelnen aufgezählte Kosten.“

Zumindest aber läge eine stillschweigende Betriebskostenvereinbarung durch jahrelange Zahlung durch die Beklagten vor.

Die Kosten seien auch in der Höhe entstanden.

Der Kläger beantragt, die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1046,49 Euro Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 23.12.2018 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass nach § 2 des Mietvertrages Grundsteuer, Gartenpflege und Versicherungen nicht umlagefähig sind.

Die Beklagten behaupten, im Betrag für Heizkosten und Warmwasser seien nicht bereinigte Instandsetzungskosten enthalten, weshalb der Betrag deutlich höher wäre, als in den Jahren zuvor. Der Kläger hätte bereits im Juli dafür sorgen müssen, dass die Heizungsanlage erneuert wird. Stromkosten für die Heizung wären dann nicht im Winterbetrieb entstanden. Zudem hätte die Notversorgung allenfalls 2 Wochen dauern dürfen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

I. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Nachzahlungsanspruch in Höhe von 64,83Euro nach §§ 556, 535 Abs. 2 BGB.

1. Die Positionen Grundsteuer, Versicherungen und Gartenpflege können nicht auf die Beklagten umgelegt werden.

Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten grundsätzlich eine formell wirksame Nebenkostenabrechnung fristgerecht erstellt, § 556 Abs. 3 BGB. Die Beklagten haben gegenüber dieser Abrechnung jedoch Einwendungen erhoben, unter anderem wurde vorgetragen, die genannten Posten seien nicht abrechnungsfähig.

Diese Einwendung wurde mit Schriftsatz vom 19.09.2019 erhoben, somit innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 BGB.

Sie greift auch im Ergebnis durch: Die Umlage der genannten Positionen ist nicht vertraglich vereinbart.

Im § 2 des Mietvertrags ist nicht etwa geregelt, dass alle oder sämtliche Betriebskosten im Sinne des § 27 der zweiten Berechnungsverordnung umgelegt werden können, ebenfalls ist dort nicht geregelt, dass der nachstehende Text nur noch Bedeutung für die Vorauszahlungen haben soll. Der Text lautet wie folgt:

„Neben der Miete werden folgende Betriebskosten i.S.d. § 27 der zweiten Berechnungsverordnung umgelegt und durch Vorauszahlungen … erhoben.“

Nach Wortlaut und Grammatik sollen also tatsächlich nur die nachstehend aufgeführten Betriebskosten überhaupt umgelegt werden.

Daran ändert auch die Fußnote 4, die sich auf das Wort „Betriebskosten“ bezieht, nichts. Durch die Fußnote soll lediglich erläutert werden, welche Kosten mit dem Begriff „Betriebskosten“ gemeint sind. Sie macht aber keine Aussage darüber, welche dieser Betriebskosten umgelegt werden sollen.

Sodann sind im Vertrag einzelne Positionen unterstrichen, nämlich Wasserversorgung und Entwässerung, Zentralheizung, Warmwasserversorgung, Schornstein- und Kaminreinigung. „Inspektion“ ist handschriftlich eingefügt. Aufgeführt, aber nicht unterstrichen, ist die Grundsteuer.

Nicht aufgeführt sind Versicherungen und Gartenpflege.

Damit sind bereits aufgrund des Wortlauts der Regelung Versicherungen und Gartenpflege nicht umlagefähig. Nach dem objektiven Empfängerhorizont ist auch die Grundsteuer nicht umlagefähig, da es an einer Unterstreichung fehlt. Aus Sicht des Gerichts erschließt sich nicht, welche andere Bedeutung das Unterstreichen haben sollte, als die, die umlagefähigen Posten zu kennzeichnen.

Auch von einer stillschweigenden Betriebskostenvereinbarung, derzufolge auch weitere Positionen umgelegt werden dürfen, kann nicht ausgegangen werden. Zwar zahlten die Beklagten in der Vergangenheit auch auf Nachzahlungsforderungen wegen der Gartenpflege. Hieraus kann aber kein Rechtsbindungswille dahingehend geschlossen werden, die vertragliche Vereinbarung – zu ihren Ungunsten – abzuändern.

Ein Änderungsvertrag, der eine erweiterte Umlage von Betriebskosten zum Gegenstand hat, kann zwar grundsätzlich auch stillschweigend zu Stande kommen. Erforderlich ist dafür aber, dass der Vermieter nach den Gesamtumständen davon ausgehen kann, dass der Mieter einer Umlage weiterer Betriebskosten zustimmt. Dafür reicht es grundsätzlich nicht aus, dass der Mieter Betriebskostenabrechnungen unter Einbeziehung bisher nicht vereinbarter Betriebskosten lediglich nicht beanstandet. Außerdem lässt sich aus der Sicht des Mieters der Übersendung einer Betriebskostenabrechnung, die vom Mietvertrag abweicht, schon nicht ohne weiteres der Wille des Vermieters entnehmen, eine Änderung des Mietvertrags herbeizuführen. Selbst wenn er daraufhin eine Zahlung erbringt, kommt darin zunächst allein die Vorstellung des Mieters zum Ausdruck, hierzu verpflichtet zu sein. Anders verhält es sich, wenn auf Grund besonderer Umstände der Änderungswille des Vermieters für den Mieter erkennbar ist (BGH, Urteil vom 10. 10. 2007 – VIII ZR 279/06) Solche besonderen Umstände sind im vorliegenden Fall jedoch nicht ersichtlich.

2. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Betriebskostennachzahlung für die Posten Wasserversorgung, Entwässerung, Zentralheizung und Warmwasserversorgung in Höhe von 64,83 Euro. Nach der vertraglichen Vereinbarung sind diese Posten umlagefähig. Hierfür fielen Kosten in Höhe von 2224,83 Euro an.

Dass diese Kosten deshalb in der genannten Höhe entstanden, weil der Kläger gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hätte, ist nicht ersichtlich. Weder ist vorgetragen, dass ihn ein Verschulden am Ausfall der Heizung traf, noch ist ausreichend substantiiert dargelegt, durch welches alternative Verhalten er die Kosten für den Betrieb des Leihgeräts hätte reduzieren können. Ebenfalls nicht dargetan ist, ob ein Austausch der Heizung in den Sommermonaten überhaupt schon angezeigt war. Offensichtlich kam es zu einer Wartung bereits im Sommer, zu einem Ausfall jedoch erst im Oktober 2017, zumindest wurde nichts anderes vorgetragen.

Nach Abzug der geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 2160 Euro ergibt sich ein Saldo in Höhe von 64, 83 Euro.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

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