Skip to content
Menü

Kautionsrückzahlungsanspruchs – Fälligkeit und Aufrechnung mit Mietzahlungsansprüchen

LG Tübingen, Az.: 1 S 97/16, Urteil vom 10.01.2017

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Calw – 8 C 148/16 – vom 22. Juli 2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 485,07 € nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 590,- € vom 5. Oktober 2015 bis 10. Oktober 2016, aus weiteren 590,- € vom 5. November 2015 bis 10. Oktober 2016 und aus 485,07 € seit 11. Oktober 2016 zu zahlen.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 201,71 € von 4. Februar 2016 bis 10. Oktober 2016 zu zahlen.

3.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 60 %, die Beklagte 40 %.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Berufungswert: bis 1.180 €

Gründe

I.

Von der Darlegung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Absatz 2, 313 a Absatz 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nummer 8 EGZPO abgesehen.

II.

Kautionsrückzahlungsanspruchs – Fälligkeit und Aufrechnung mit Mietzahlungsansprüchen
Foto: Zerbor/Bigstock

Zutreffend hat das Amtsgericht entschieden, dass der Kautionsrückzahlungsanspruch der Beklagten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2016 noch nicht fällig war und er deshalb (noch) nicht wirksam zur Aufrechnung gegen den Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Nettokaltmieten für Oktober und November 2015 in Höhe von 1180,- € gestellt werden konnte. Die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB endete erst am 31. Dezember 2016. Mit dem Amtsgericht geht die Kammer davon aus, dass dem Vermieter im Regelfall jedenfalls eine Prüfungs- und Organisationszeit von sechs Monaten zusteht. Nachdem das Abrechnungsschreiben der Firma … vom 7. Juni 2016 datiert (Bl. 100 d.A.), konnte von der Klägerin nicht verlangt werden, noch im ersten Halbjahr 2016 abzurechnen.

III.

Durch die im Laufe des Berufungsverfahrens vorgenommene Nebenkostenabrechnung und die damit verbundenen Prozesserklärungen der Klägerin im Schriftsatz vom 4. Oktober 2016 (Bl. 96 ff. d.A.) hat sich die Situation geändert:

1.

Die Klägerin hat ihrerseits gegen den seit ihrer Abrechnung dem Grunde nach fällig gewordenen Kautionsrückzahlungsanspruch mit folgenden Gegenforderungen – in dieser Reihenfolge – aufgerechnet:

a) 80,- € Garagenmiete Oktober und November 2015

b) Nachzahlungsbetrag Nebenkosten 2015 145,47 €

c) Stromkosten 58,46 €

d) vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten (vom AG tituliert) 201,71 €

e) Kostenerstattungsanspruch erste Instanz 563,51 € zuzüglich Zinsen

f) Reinigungskosten Teppichboden 100,16 €

g) Mietzinsanspruch Oktober und November 2016 1180,- €.

2.

Hierzu im Einzelnen:

Die Positionen a), b) und g) sind unstreitig.

Dass die von der Beklagten zu zahlenden Stromkosten (Pos. c) angefallen sind, wurde von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer dargelegt. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden (Pos. d) hat das Amtsgericht zurecht zugesprochen. Die angesetzte 1,3 Geschäftsgebühr ist nicht zu beanstanden. Der Vortrag der Beklagen zu „ein- und derselben Angelegenheit“ unter Bezugnahme auf die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts Dr. Reimold (Bl. 112 d.A.) ist erstmals in der Berufungsinstanz erfolgt und deshalb nicht zuzulassen (§ 531 Abs. 2 ZPO).

Mit dem Kostenerstattungsanspruch (Pos. e) kann die Klägerin nicht aufrechnen, weil dieser nicht rechtskräftig festgesetzt ist. Solange – wie hier – kein rechtskräftiger Kostenfestsetzungsbeschluss vorliegt, kommt eine Aufrechnung nur in Betracht, wenn der Anspruch dem Grund und der Höhe nach unbestritten ist (BGH NJW 2013, 2975 Rn. 11). Dies ist hier nicht der Fall, da die Beklagte das Urteil vom 22.7.2016 und damit auch die Kostengrundentscheidung, die Grundlage des Kostenerstattungsanspruchs ist, angefochten hat.

Was die Kosten der Teppichreinigung anbelangt (Pos. f), fehlt es gegen das Bestreiten der Beklagten an ausreichenden Darlegungen der Klägerin zum konkreten Schaden. Dies umso mehr als erstinstanzlich noch fast 2390,- € Schadenersatz für einen angeblich notwendigen Komplettaustausch verlangt wurden.

3.

Der Klägerin stehen also zu: 80,- € + 145,47 € + 58,46 € + 201,71 € + 1180,- € = 1665,64 €.

Zieht man hiervon den Kautionsrückzahlungsanspruch der Beklagten samt Zinsen in Höhe von 1180,57 € ab, ergibt sich ein der Klägerin verbleibender Zahlungsanspruch von 485,07 €.

Die Aufrechnung beseitigt die Verzugsfolgen und bringt damit auch den Anspruch auf Verzugszinsen gem. § 398 BGB rückwirkend auf den Zeitpunkt zum Erlöschen, in welchem sich die Forderungen aufrechenbar gegenüberstanden (vgl. BGH NJW 2003, 3134, juris Rn. 20). Dies war hier der Zugang der Abrechnung über die Kaution und damit der Zugang des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 4. Oktober 2016, der nach üblichen Postlaufzeiten am 11. Oktober 2016 erfolgt sein dürfte. Mit Zugang dieses Schriftsatzes wurde der Kautionsrückzahlungsanspruch fällig mit der Folge, dass hinsichtlich der Forderungen der Klägerin, mit denen sie gegen die Kaution aufrechnete, der Anspruch auf Verzugszinsen am 11. Oktober 2016 erlosch. Damit waren die eingeklagten und durch das angefochtene Urteil zugesprochenen Forderungen bis einschließlich 10. Oktober 2016 zu verzinsen; danach war nur noch der über den Kautionsanspruch hinausgehende Teil der eingeklagten Mietrückstände zu verzinsen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO. Die zur Aufrechnung gestellte und im Prozess fällig gewordene Forderung der Beklagten auf Rückzahlung der Kaution hat, soweit sie nicht ihrerseits durch die klägerische (Gegen-)Aufrechnung erloschen ist, die Klagforderung zu Fall gebracht und deshalb zum Unterliegen der Klägerin geführt. Die sich daran knüpfende negative Kostenfolge hätte abgewandt werden können, wenn die Hauptsache für erledigt erklärt worden wäre. Eine solche Erklärung ist nicht erfolgt.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!