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Kautionsrückzahlungsansprüche Mieter nach Beendigung Mietverhältnis

AG Hamburg-Blankenese – Az.: 531 C 200/19 – Urteil vom 18.12.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 150,00 € (einhundertfünfzig EURO) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 23.05.2019 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin (Mieterin) macht gegenüber der Beklagten (Vermieterin) restliche Kautionsrückzahlungsansprüche nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend.

Die Parteien verband ursprünglich der als Anlage K 1 vorgelegte Mietvertrag für Eigentumswohnungen. In § 3 heißt es:

„Die Grundmiete beträgt monatlich € 430,00 zuzüglich Betriebskosten gemäß § 2 Betriebskostenverordnung € 150,00,

insgesamt € 580,00.“

In Ziffer 5 heißt es: „Der Vermieter rechnet über die Betriebskostenvorauszahlungen jährlich ab. …“

In Ziffer 7 heißt es: „Sind monatliche Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart…“

In § 23 des Mietvertrages ist geregelt, dass die Klägerin „zur Sicherung aller Ansprüche des Vermieters aus diesem Vertrag“ eine Barkaution in Höhe von 1.290,00 € zu leisten hat. Anschließend heißt es:

„Der Vermieter ist berechtigt, die Mietsicherheit nebst Zinsen… teilweise wegen noch abzurechnender Betriebskosten zurückzubehalten.“

Außerdem wurde die Möglichkeit der Mieterin mit Schadensersatzforderungen etc. aufzurechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben eingeschränkt.

Das Mietverhältnis ist beendet. Die Eigentumswohnung wurde von der Klägerin am 11.07.2018 an die Beklagte zurückgegeben.

Am 06.03.2019 rechnete die Beklagte über die Mietkaution ab und machte hierbei einen „Einbehalt für die Betriebskostenabrechnung 2018 in Höhe von 150,00 € gelten“. Der verbleibende Betrag wurde an die Klägerin vorprozessual ausgekehrt.

Mit Schreiben vom 14.03.2019 widersprach die Klägerin dem Einbehalt für die Betriebskostenabrechnung 2018. Hierbei verwies sie darauf, dass in den letzten Jahren ausschließlich Guthaben errechnet wurden.

Wegen des Inhaltes der Betriebskostenabrechnung 2017, die mit einer Nachzahlung von 2,73 € endet, wird auf die Anlage K 5 verwiesen.

Die Klägerin beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist darauf, dass die Betriebskostenabrechnung für 2018 erst bis Ende 2019 erstellt werden müsse.

Die Beklagte rechnet mit einer höheren Nachzahlung für die Klägerin, da diese in den heizintensiven Monaten Januar bis April des Jahres 2018 die Wohnung noch nutzte. Außerdem ist die Beklagte der Auffassung, dass erst nach beschlossenen und „rechtskräftigen“ Abrechnung der Eigentümer die Mieterabrechnung erstellt werden könne.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Der Klägerin steht ein restlicher Kautionsrückzahlungsanspruch aus § 23 des Mietvertrages, § 551 BGB in Verbindung mit der Kautionsabrechnung vom 06.03.2019 in tenorierter Höhe zu.

Schon die Betriebskostenklausel im Formularmietvertrag (§ 3 Ziffer 1, 5 und 7) ist in sich mehrdeutig. Auslegungszweifel gehen hier zu Lasten der Beklagten als Verwender/Vermieter (§ 305c Absatz 2 BGB sowie Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 16. Auflage, Teil 1, Rn. 1205 f.).

§ 3 Ziffer 1 legt lediglich fest, dass die Klägerin „Betriebskosten gemäß § 2 Betriebskostenverordnung“ zu tragen hatte.

In Ziffer 5 des § 3 wird festgestellt, dass der Vermieter über (gemeint: vereinbarte) Betriebskostenvorauszahlungen jährlich abzurechnen hat, während in § 3 Ziffer 7 die Formulierung „sind monatliche Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart“ nur im Sinne von falls monatliche Betriebskosten vereinbart sind, verstanden werden kann. Nur als „wenn monatliche Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart sind“, zu verstehend ist.

Selbst wenn man die Betriebskostenklausel als solche noch als wirksam ansieht, ist bei kundenfeindlichster Auslegung, zumindest für das Abrechnungsjahr 2018, für das die Beklagte eine mögliche Nachzahlung behauptet, von einer Pauschale und nicht von einer Vorauszahlung auszugehen.

Selbst wenn man zugunsten der Beklagten/Vermieterin von einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von monatlich 150,00 € ausgeht, wobei unklar bleibt, wie dieser Betrag auf die zwingend verbrauchsabhängig abzurechnenden Heiz- und Warmwasserkosten sowie die kalten Betriebskosten zu verteilen ist, ergibt sich dennoch kein Zurückbehaltungsrecht zugunsten der Beklagten als Vermieterin.

Zwar wird vielfach der Einbehalt bei zu erwartenden Betriebskostennachzahlungen im Rahmen der Kautionsabrechnung befürwortet. Dieser soll sich an der Nachforderung aus der letzten Abrechnung zuzüglich eines Sicherheitszuschlages berechnen (vergleiche Lützenkirchen MDR 2019, 260). Im vorliegenden Fall wären dies 2,73 € plus Sicherheitszuschlag, aber nicht 150,00 €.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass hier erst ein Beschluss der Eigentümerversammlung über deren Jahresabrechnung nach § 28 WEG abzuwarten sei sowie dessen „Rechtskraft“ (gemeint Bestandskraft).

Richtig ist, dass ein Vermieter eines Wohnungseigentums grundsätzlich auch dann innerhalb der Jahresfrist des § 556 Absatz 3 Satz 2 BGB über Betriebskostenvorauszahlungen abzurechnen hat, wenn ein Beschluss der Eigentümerversammlung noch gar nicht vorliegt geschweige denn bestandskräftig (vergleiche BGH ZMR 2017, 303).

Eine solche ungeschriebene Voraussetzung ist § 556 BGB nicht zu entnehmen. Auch bei vermieteten Eigentumswohnungen hat eine zeitnahe Abrechnung der Betriebskosten zu erfolgen, die rasch Klarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der gegenseitigen Forderungen der Mietparteien verspricht. Anderenfalls würde der Mieter einer Eigentumswohnung (Wohnungseigentum) gegenüber dem Mieter einer sonstigen frei finanzierten Wohnung benachteiligt.

Auch ein Mieter kann sich nicht darauf berufen, dass der Vermieter zum Beispiel ohne Beschluss der Eigentümergemeinschaft seine Abrechnung erstellt (BGH ZMR 2017, 630).

Hinzukommt, dass die Abrechnung nach § 28 WEG nach dem Einnahmen-Ausgaben-Prinzip, wie es aus dem Steuerrecht bekannt ist, erfolgt, während im Mietrecht üblicherweise nach dem Leistungsprinzip abzurechnen ist, wenn nicht wirksam zwischen den Parteien abweichendes vereinbart wurde (was möglich ist.)

Insoweit heißt es etwa im Hamburger Mietvertrag:

„Bei vermieteten Eigentumswohnungen trägt der Mieter denjenigen Anteil an den vereinbarten Betriebskosten gemäß § 2 Betriebskostenverordnung den die Einzelabrechnung des Wohnungseigentumsverwalters vorgibt, sofern der Mieter hierdurch nicht grob unbillig benachteiligt wird. Daneben trägt er die weiteren Betriebskosten, die außerhalb dieser Abrechnung unmittelbar auf die Wohnung entfallen (zum Beispiel Grundsteuer).“

Insoweit wird verwiesen auf die Entscheidung (AG Hamburg-Blankenese Abt. 532, ZMR 2018, 667 sowie LG Darmstadt ZMR 2016, 444 und BGH ZMR 2017, 630).

Selbst wenn man auch dem nicht folgt, wäre der Vermieter nach Auffassung von Blank, Schmitt-Futterer § 551 BGB, Mietrecht 14. Auflage, 2019, § 551, Rn. 98 f., wäre die Beklagte als Vermieter nur berechtigt ein Zurückbehaltungsrecht wegen fälliger Ansprüche gelten zu machen. Auf jeden Fall dürfte die Beklagte die Abrechnungsfrist des § 556 Absatz 3 Satz 2 BGB nicht in jedem Fall voll ausschöpfen (vergleich AG Hamburg-Barmbek WuM 2010, 153 und AG Frankenthal ZMG 2016, 295).

Eine solch lange Zeit sei dem Mieter kaum zuzumuten. Weiter heißt es bei Blank (a.a.O., Rn. 99): „Nach der hier vertretenen Auffassung kann nur dann ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt werden, wenn dies vertraglich vereinbart wird. … Wird eine solche Klausel formularmäßig getroffen, so muss sich aus ihr der Zeitpunkt ergeben, zu dem die Abrechnung spätestens zu erfolgen hat; anderenfalls ist die Klausel unwirksam, weil nach der insoweit maßgeblichen kundenfeindlichen Auslegung die Abrechnungsfrist ins Belieben des Vermieters gestellt werde. Die Frist darf nicht länger als ein Jahr nach Ablauf der Abrechnungsperiode bemessen werden.“

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass nach Angaben der Beklagten die Eigentümerversammlung bereits am 27.08.2019 stattgefunden hat. Da es nach richtiger Auffassung auf die Bestandskraft dieser Abrechnung überhaupt nicht ankommt, ebenso wenig wie auf deren Existenz, hätte spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung (17.10.2019) die mietrechtliche Nebenkostenabrechnung erfolgen können und müssen.

Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gerechtfertigt.

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