Skip to content
Menü

Klage gegen die übrigen Eigentümer der WEG – Klagegegner

AG Berlin-Mitte – Az.: 22 C 36/21 WEG – Urteil vom 19.04.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger und die Klägerin haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und die Klägerin können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger und die Klägerin sind Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft und gemeinsam Eigentümer einer Wohnung der Anlage.

Auf der Versammlung der Eigentümer und Eigentümerinnen vom 23.9.2021 wurden die Beschlussanträge zu den Tagesordnungspunkten 10 („Beschluss über das Aufstellen einer Klimaanlage für die Wohnung SFL DG links/QG DG T5“) und 11 („Beschluss über das Anbringen einer Klimaanlage an der Fassade für die Wohnung im QB EG rechts“), für deren Einzelheiten auf die Abschrift des Protokolls vom 23.9.2021 (Anlage K1, Bl. 11 ff. d.A.) verwiesen wird, mehrheitlich angenommen.

Gegen die oben genannten Beschlüsse wenden sich der Kläger und die Klägerin mit der am 19.10.2021 bei Gericht eingegangene Klage.

Der Kläger und die Klägerin sind der Auffassung, dass die Klagefrist sei gewahrt sei, es habe sich beim ursprünglichen Rubrum der Klageschrift um einen Schreibfehler gehandelt. Außerdem seien die angegriffenen Beschlüsse nichtig. Das Thema Klimaanlage (rechtliche Vorgaben, genaue Bauplanung, Folgen Lärm und Immissionsgrenzwerte) sei unzureichend aufgearbeitet worden. Sie behaupten, die Klimaanlagen erzeugten tieffrequenten Infraschall, der in der Nachbarschaft zu Dauerstress führe. Zudem seien nunmehr andere Geräte, als beschlossen, installiert worden.

Der Kläger und die Klägerin haben die Klage, die am 19.10.2021 bei Gericht eingegangen ist, zunächst laut Rubrum gegen „die übr. Wohnungseigentümer der WEG … vertr. durch die B… H. GmbH, d.w.v. durch GF.: … Str. .. in …“ erhoben. Mit Schriftsatz vom 16.12.2021 hat die Klägerseite mitgeteilt, dass sich die Klage gegen die „Wohnungeigentümergemeinschaft der WEG … Berlin“, die Beklagten zu 2), richtet.

Der Kläger und die Klägerin beantragen,

1. festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 23.9.2021 Tagesordnungspunkt 10 Beschluss über das Aufstellen einer Klimaanlage die die WE SFL Dachgeschoss links/QG Dachgeschoss T5 (Beschlussantrag Herr …) nichtig ist;

2. festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 23.09.2021 Tagesordnungspunkt 11 Beschluss über das Anbringen einer Klimaanlage an der Fassade im II Innenhof im Bereich EG/I.OG WE QG EG rechts (Beschlussantrag Herr von K.) nichtig ist;

3. hilfsweise, den Beschluss über das Aufstellen einer Klimaanlage für die WE SFL Dachgeschloss links/QG Dachgeschoss T5 (Beschlussantrag Herr …) für ungültig zu erklären;

4. Hilfsweise, den Beschluss über das Anbringen einer Klimaanlage an der Fassade im II. Innenhof im Bereich EG/I.OG WE QG EG rechts (Beschlussantrag Herr von K.) für ungültig erklären.

Die Beklagte zu 2) beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klagefrist sei versäumt.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Zulässig ist zunächst die mit Schriftsatz vom 16.12.2021 erklärte Auswechslung der Beklagtenpartei, als Klageänderung. Gegenüber der ursprünglichen Beklagten zu 1) ist wie nach einer Klagerücknahme zu verfahren (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 263 ZPO, Rn. 23).

Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Klägers handelte es sich bei der Bezeichnung der Beklagtenseite im Rubrum der Klageschrift vom 19.10.2021 auch nicht um einen bloßen Schreibfehler, welche im Wege der Rubrumsberichtigung korrigierbar wäre.

Eine Berichtigung des Rubrums nach § 319 ZPO ist zwar nach h.M. auch dann möglich, wenn die klagende Partei die andere Partei versehentlich falsch bezeichnet hat. Maßgeblich für die Abgrenzung zur Parteiänderung ist die Auslegung der gewählten Bezeichnung für die Beklagte (BGH BeckRS 2015, 12068 Rn. 21; NJW 2011, 1453 Rn. 12). Es kommt darauf an, welcher Sinn der prozessualen Erklärung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus der empfangenden Sicht beizulegen ist (BGH NJW-RR 2013, 1169 Rn. 14; 2013, 394 Rn. 13). Es gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen konnten. Bei der Auslegung sind die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben und der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen (BGH BeckRS 2017, 116566 Rn. 20; NJW-RR 2013, 394 Rn. 13; NJW 2011, 1453; NJW-RR 2008, 582). Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist (BAG NZA-RR 2015, 380 Rn. 13; BGH MDR 2008, 524).

Eine solche Auslegung ergibt hier, dass sich die Klage ursprünglich und gemäß des eindeutigen Wortlauts – entsprechend der bis zum 30.11.2020 geltenden Rechtslage – gegen die übrigen Eigentümer und Eigentümerinnen der WEG richten sollte. Auch die Einreichung der Liste der übrigen Eigentümer und Eigentümerinnen (der Kläger und die Klägerin selbst sind nicht aufgeführt) stützt diese Auslegung. Die Einreichung dieser Anlage ergäbe ansonsten keinen Sinn.

Die damit jetzt sich nur noch gegen die Beklagte zu 2) richtende Klage ist jedoch unbegründet, da die Klagefrist des § 45 S. 1 WEG nicht eingehalten wurde.

Die ursprüngliche Klageschrift war ungeeignet, die Klagefrist zu wahren, da sie gegen die falschen Beklagten gerichtet war. Gemäß § 44 Abs. 2 S. 1 WEG n.F. ist die Beschlussanfechtungsklage nunmehr gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und -eigentümerinnen und nicht mehr gegen die übrigen Eigentümer und Eigentümerinnen der Gemeinschaft zu richten. Der Parteiwechsel mit Schriftsatz vom 16.12.2021 nach Ablauf der Klagefrist von einem Monat nach § 45 WEG n.F. war nicht geeignet, die Klagefrist zu wahren. Soweit der BGH im Urteil vom 6.11.2009 (Az.: V ZR 73/09) für das alte Recht entschieden hatte, dass ein Parteiwechsel von der Wohnungseigentümergemeinschaft auf die übrigen Eigentümer auch nach Ablauf der Klagefrist möglich und fristwahrend sei, kann dies nicht auf die spiegelbildliche Situation nach dem neuen Recht übertragen werden, denn der BGH hat in der genannten Entscheidung darauf abgestellt, dass der Verwalter, der auf jeden Fall in der Klageschrift benannt sein muss, gesetzliche Zustellungsvollmacht sowohl für die Gemeinschaft als auch für die einzelnen Eigentümer hat (vgl. Ziffer 16 der Entscheidungsgründe des BGH). Diese Erwägung trägt hier gerade nicht (AG Charlottenburg, Urteil vom 16. April 2021 – 73 C 8/21 -; so auch: Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 45 Rn. 22).

Auch eine Nichtigkeit der Beschlüsse vom 23.9.2021, die ungeachtet des Fristablaufs geltend gemacht werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Ein Beschluss ist nach § 23 Abs. 4 WEG nichtig, wenn er gegen eine Vorschrift verstößt, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann. Die Nichtigkeit kann sich ferner daraus ergeben, dass der Beschluss seinem Inhalt nach gegen andere zwingende gesetzliche Vorschriften oder die guten Sitten (§§ 134, 138 BGB) verstößt (BGH NJW 2009, 2132). Nichtig sind insbesondere Beschlüsse, die ohne eine entsprechende Beschlusskompetenz gefasst werden (BeckOK BGB/Hügel, 61. Ed. 1.2.2022, WEG § 23 Rn. 22, 23). Dies ist hier aber nicht der Fall. Die angegriffenen Beschlüsse wurden gemäß § 20 Abs. 1 WEG mit einfacher Mehrheit gefasst, eine Beschlusskompetenz der Eigentümer und Eigentümerinnen über bauliche Veränderungen zu entscheiden, liegt nach neuem Recht vor. Etwaige nicht berücksichtigte Sonderopfer gemäß § 20 Abs. 4 WEG, welche die Kläger und der Kläger aber auch nicht hinreichend dargelegt haben, könnten nur zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führen, nicht zu deren Nichtigkeit.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!