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Kostenersatz für Dübellöcherverschließung und Fototapetenentfernung

AG Pinneberg – Az.: 84 C 141/17 – Urteil vom 25.07.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 864,66 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.11.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger zu Händen ihrer Rechtsschutzversicherung (ÖRAG Rechtsschutzversicherung AG) vorprozessuale Rechtsanwaltskosten von 177,60 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2017 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 54 % und die Beklagte 46 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

6. Der Streitwert wird auf 1.865,74 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Mietvertrag.

Die Kläger waren Mieter, die Beklagte Vermieterin einer Wohnung in Wedel. Beginn des Mietverhältnisses war der 01.12.2015. Es endete zum 31.07.2017. Die Wohnung hat eine Größe von 165 m². Der Mietvertrag enthält eine Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf die Mieter. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag gemäß Anlage K, Bl. 64 ff. d. A. verwiesen. Bei Übergabe der Wohnung an die Beklagten war diese frisch renoviert und weiß gestrichen.

Nach ihrem Einzug in die Wohnung strichen die Kläger im Wohnzimmer zwei Wände in einem hellen beige. Die übrigen Wände beklebten sie mit einer beigefarbenen Tapete, die ein Backsteinmuster zeigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K7, Bl. 25 d. A. verwiesen. Die Kläger gaben die Wohnung unrenoviert zurück.

Bei Rückgabe der Wohnung fertigten die Parteien ein Übergabeprotokoll an. Dieses wurde von beiden Parteien unterzeichnet. Aus dem Protokoll ergibt sich, dass sich im Wohnzimmer 7 Dübellöcher, im Schlafzimmer 11 Dübellöcher, im Zimmer 1 22 Dübellöcher, im Zimmer 2 15 Dübellöcher, in der Küche 30 Dübellöcher, im Flur 8 Dübellöcher und im Bad 5 Dübellöcher befanden. Im Hinblick auf die Steinmustertapete im Wohnzimmer ist angekreuzt: renovierungsbedürftig. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K1, Bl. 7 ff. d. A. verwiesen. Die Beklagte ließ die Wohnung renovieren. Hierfür entstanden Kosten in Höhe von 1.865,74 € brutto. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage Bl. 19 ff. d. A. verwiesen.

Zu Beginn des Mietverhältnisses leisteten die Kläger eine Kaution. Mit Schreiben vom 25.09.2017 rechnete die Beklagte über die Kaution ab und rechnete mit Schadenersatzansprüchen von 1.865,74 € auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 4, Bl. 17 d. A. verwiesen. Den Restbetrag zahlte die Beklagte aus. Die Kläger forderten die Beklagte erfolglos zur Rückzahlung einbehaltenen Kaution auf und beauftragten sodann den Klägervertreter, welcher die Beklagte nochmals erfolglos zur Auszahlung aufforderte.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Schönheitsreparaturklausel aus dem Mietvertrag unwirksam sei. Die Anzahl der Dübellöcher entspreche dem vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung. Sie behaupten, dass abgesehen von den Außenwänden die Wände lediglich aus Rigips gewesen seien, so dass es nicht möglich gewesen sei, schwere Bilder, Spiegel oder Regale zu nageln oder zu kleben. Im Wohnzimmer hätten fünf gerahmte Bilder gehangen. Im Schlafzimmer sei der Fernseher an der Wand befestigt gewesen und eine Gardinenstange sowie zwei Bilder. Es sei nicht möglich gewesen den Fernseher aufzustellen, da sonst der entsprechende Schrank vor dem Fenster gestanden hätte. Beim Zimmer 1 habe es sich um ein Abstellzimmer gehandelt ohne Fenster. Hier seien Regale aufgehängt worden. Diese Regale seien bereits vorhanden gewesen. Regale zum Aufstellen hätten die Kläger sonst kaufen müssen. Im Zimmer 2 seien sechs Spiegel angebracht gewesen sowie zwei Regale. In der Küche seien vor allem Regalbretter angeschraubt gewesen, diese hätten mangels Platzes nicht gestellt werden können. Sie seien erforderlich gewesen, da es anderenfalls nicht genug Stauraum gegeben hätte. Im Flur hätten zwei ausklappbare Wäscheständer übereinander gehangen sowie ein Spiegel und eine Lampe. Im Bad habe ein Wandregal sowie ein Schminkspiegel gehangen sowie eine Aufhängemöglichkeit in der Dusche.

Kostenersatz für Dübellöcherverschließung und Fototapetenentfernung
(Symbolfoto: Von Olya Detry/Shutterstock.com)

Die Tapete im Wohnzimmer sei von heller Farbe gewesen, die sich farblich harmonisch mit dem beigen Anstrich ergänzt habe.

Die Kläger beantragen,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an sie zur gesamten Hand 1.865,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.09.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, die Zahlung von 309,40 € nebst Zinsen seit dem 17.11.2017 außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin (ÖRAG Rechtschutzversicherung AG) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet in der Wohnung hätten sich insgesamt 132 Dübellöcher befunden. Auch die Dübel selbst seien nicht entfernt worden, versehentlich seien bei Übergabe nicht alle Löcher notiert worden. Sie habe die Kläger bereits mit Schreiben vom 29.04.2017 darauf hingewiesen, dass die Tapete vor dem Auszug entfernt werden müsse. Die Kläger hätten mit Email vom 24.07.2017 eine Beseitigung der Schäden verweigert. Im Übergabetermin am 31.07.2017 habe sie die Kläger nochmals darauf hingewiesen, dass die Tapete und die Dübellöcher zu entfernen seien. Dies hätten die Kläger abgelehnt.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Fototapete keine übliche Gestaltung darstelle und so nicht zu tolerieren sei. Die Nachmieter hätten die Tapete aufgrund der auffälligen Gestaltung auch nicht haben wollen.

Die Klage ist zugestellt worden am 16.11.2017. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen xxx. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 06.07.2018, Bl. 93 d.A. verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagten in Höhe von 1.865,74 € einen Anspruch auf Rückzahlung der restlichen Kaution aus dem Mietvertrag.

Die Beklagte kann mit einem Schadenersatzanspruch gemäß den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 i. V. m. § 553 BGB in Höhe von 1.001,08 € aufrechnen wegen der Renovierungsarbeiten im Wohnzimmer. Eine Verletzung von Nebenpflichten aus dem Mietverhältnis liegt vor. Zwischen den Parteien bestand ein Schuldverhältnis in Form eines Mietvertrags. Die Kläger haben Nebenpflichten aus diesem Schuldverhältnis verletzt. Eine Verletzung von Nebenpflichten liegt vor, wenn der Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch überschreitet, so dass Schäden verursacht werden, die außerhalb des mietrechtlichen Leistungsprogramms stehen. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Wohnung in einem Zustand zurückgegeben wird, der es nicht ermöglicht, die Dekoration allein mit den üblichen Vorarbeiten zu erneuern, sondern zusätzliche Arbeiten notwendig sind. Dies ist vorliegend der Fall. Im Wohnzimmer waren zwei Wände mit einer Steinmustertapete tapeziert. Die Tapete war in einem beigen Ton und stellte eine gemauerte Wand dar, die übrigen zwei Wände waren beige gestrichen. Die Gestaltung war ungewöhnlich und sehr auf einen persönlichen Geschmack zugeschnitten. Auch wenn die Farbe vergleichsweise hell gewesen wäre, handelt es sich nicht nur um einen hellen Farbanstrich, sondern um eine sehr unruhige Wandgestaltung, die sich über die Hälfte des Zimmers erstreckte. Bei der Bewertung ist auch zu berücksichtigen, dass die Wandfarbe sehr unruhig ist und nicht unbedingt zu bereits vorhandenen Möbeln, Teppichen oder Bildern des durchschnittlichen Nachmieters passt, sondern eine derartige Wandgestaltung die Einrichtung eines Zimmer vorgibt. Diese Gestaltung war auch nicht mit dem üblichen Vorarbeiten zu entfernen, sondern die Tapete musste abgelöst, hierbei entstehende Schäden mussten ausgebessert werden und sodann musste der gesamte Raum einheitlich gestrichen werden, da zwei Wände in beige gestrichen waren, um ein sodann einheitliches Bild zu erhalten. Das Verschulden wird gem. § 280 I S. 2 BGB wird vermutet. Die Kläger haben sich nicht entlastet. Unstreitig sind für die Arbeiten im Wohnzimmer folgende Kosten entstanden:

Tapete entfernen: 254,24 €

Anschlussfugen versiegeln:         20,00 €

Neu tapezieren: 567,00 €

zzgl. Mwst insgesamt: 1.001,08 €.

Mit weiteren Forderungen kann die Beklagte nicht aufrechnen. Es fehlt an entsprechenden Aufrechnungsforderungen. Die Beklagte hat gegen die Kläger insbesondere keine Schadensersatzansprüche wegen der vorhandenen nicht beseitigten Dübellöcher. Hierbei kann offen bleiben, ob die Anzahl der Dübellöcher in den einzelnen Zimmern den vertragsgemäßen Gebrauch überschritten haben und sich der Anspruch nach den §§ 280 I, 241 II BGB richten würde oder nicht. Im letzteren Fall würde es sich um eine Schönheitsreparatur handeln. Die Klausel unter § 15 des Mietvertrags ist unwirksam, so dass die Beklagte zur Beseitigung verpflichtet wäre. Auch für den Fall des übermäßigen Vorhandenseins fehlt es an einem Schaden. Wie bereits oben dargelegt liegt eine Pflichtverletzung vor, wenn die Wohnung in einem Zustand zurückgegeben wird, der es nicht ermöglicht die Dekoration allein mit den üblichen Vorarbeiten zu erneuern. Soweit also übermäßige Dübellöcher durch die normalen Mal- inkl. Vorarbeiten beseitigt werden, sind diese ohnehin anfallenden Arbeiten nicht erstattungsfähig. Erstattungsfähig sind lediglich weitere Kosten, die durch zusätzlich erforderliche Maßnahmen entstehen. Insofern wären lediglich die Kosten für das Verschließen derjenigen Dübellöcher zu erstatten, welche den vertragsgemäßen Gebrauch überschritten hätten. Das Verschließen eines Dübellochs dauert nach gerichtlicher Schätzung wenige Sekunden, messbare Zusatzkosten dürften daher ausgeschlossen sein.

Die Forderung ist wegen der erheblichen Zuvielforderung gem. den §§ 286, 288 BGB ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ausgleich der für die vorprozessuale Wahrnehmung ihrer Interessen entstandenen Rechtsanwaltskosten in folgender Höhe:

Gegenstandswert: 864,66 €

1,6-Gebühr gem. Ziff. 2300 VV-RVG + Erhöhungsgebühr: 128,00 €

Auslagenpauschale gem. Ziff. 7002 VV-RVG:     20,00 €

19 % MwSt.: 29,60 €

Summe brutto: 177,60 €.

Die Zinsentscheidung folgt aus dem §§ 286, 288 BGB.

Die Nebenentscheidung folgen aus den §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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