LG Schweinfurt – Az.: 11 T 61/21 – Beschluss vom 21.06.2021
In Sachen wegen Räumung und Herausgabe hier: Kostenbeschwerde erlässt das Landgericht Schweinfurt – 1. Zivilkammer – am 21.06.2021 folgenden Beschluss
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 16.04.2021, 10 C 1106/20, unter Ziff. 1. abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagten die Räumung und Herausgabe einer durch die Beklagten angemieteten Wohnung klageweise geltend gemacht. Die Parteien haben hierbei um die Wirksamkeit einer vom Kläger ausgesprochenen Kündigung des Wohnraummietverhältnisses wegen Eigenbedarfs gestritten.
Das Amtsgericht Schweinfurt hat Termin bestimmt und Zeugen geladen. Kurz vor dem Termin am 12.04.2021 haben die Beklagten die Wohnung an den Kläger herausgegeben. Die Parteien haben den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Vernehmung der Zeugen wurde nicht mehr durchgeführt.
Das Amtsgericht Schweinfurt hat mit Beschluss vom 16.04.2021 den Beklagten als Gesamtschuldnern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und zur Begründung ausgeführt, die Beklagtenseite habe die strittige Forderung (Rückgabe der Wohnung) ohne Einwendungen bezahlt und hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass die Forderung der Klägerseite berechtigt gewesen sei. Eine vorbehaltlose und freiwillige, d.h. nicht zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, erfolgte Erfüllung der Klageforderung spreche im Allgemeinen für deren Bestand und Durchsetzbarkeit.
Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 26.04.2021, eingegangen bei Gericht am 28.04.2021, sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 16.04.2021 eingelegt und beantragt, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben. Das Ergebnis des Rechtsstreits sei zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses offen gewesen, das Gericht habe eine Beweisaufnahme durchführen wollen.
Das Amtsgericht Schweinfurt hat der sofortigen Beschwerde der Beklagten mit Beschluss vom 28.04.2021 nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 16.04.2021 ist zulässig und begründet. Die Kosten des Rechtsstreits sind gegeneinander aufzuheben.
Bei übereinstimmender Erledigterklärung ist gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die vom Gericht ursprünglich angeordnete Beweisaufnahme durch Einvernahme von Zeugen hinsichtlich des Vorliegens von Eigenbedarf bzw. der Kenntnis hiervon wurde wegen des Auszugs der Beklagten aus der Wohnung nicht mehr durchgeführt. Der Ausgang des Rechtsstreits hing von der Durchführung dieser Beweisaufnahme ab, da die Parteien im Kern um die Wirksamkeit der Kündigung wegen Eigenbedarfs gestritten haben. Da der Ausgang des Rechtsstreits somit offen war sind die Kosten gegeneinander aufzuheben.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagten durch die Räumung und Herausgabe der Wohnung vor dem Termin die Klageforderung erfüllt haben. In dem angegriffenen Beschluss wird zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der Zahlung einer Geldforderung regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass hiermit auch die Berechtigung der Forderung zum Ausdruck gebracht werden soll. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass Geldzahlungen jedenfalls außerhalb des persönlichen Nahbereichs regelmäßig nur dann erfolgen, wenn hierzu eine Verpflichtung besteht. Bei der Räumung und Herausgabe einer Wohnung ist dies jedoch grundlegend anders. Es kann viele Gründe geben, eine Wohnung zu räumen und herauszugeben, z.B. wenn die Mieter schlichtweg eine größere, günstigere oder aus anderen Gründen für sie besser geeignete Wohnung gefunden haben. Hieraus lassen sich, eben anders als bei der Erfüllung einer Geldforderung, keine Rückschlüsse darauf ziehen, ob die ausziehenden Mieter vom Bestehen des Räumungsanspruchs bzw. der Wirksamkeit der Kündigung des Mietvertrages ausgehen. Dementsprechend wird auch in der Kommentarliteratur ausgeführt, dass ein allgemeiner Grundsatz, wonach die Kosten stets der Partei aufzuerlegen seien, die sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begibt, nicht anzuerkennen ist (Zöller – Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 91a Rn. 25 m.w.N.).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO.