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Kündigung der Mietwohnung wegen Zahlungsverzug – nach Abmahnung nicht mehr möglich

LG Berlin, Az.: 67 S 166/17, Beschluss vom 26.09.2017

In dem Rechtsstreit hat die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin am 26.09.2017 beschlossen:

Die Berufung des Klägers gegen das am 29. Mai 2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wedding – 9 C 670/16 – wird auf dessen Kosten nach einem Wert von bis 8.000,00 EUR zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des angefochtenen Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10% leisten.

Gründe:

I.

Kündigung der Mietwohnung wegen Zahlungsverzug - nach Abmahnung nicht mehr möglich
Foto: : AntonioGuillem/Bigstock

Die Parteien streiten um die Räumung und Herausgabe einer an die Beklagten vermieteten Wohnung. Die Räumungsklage des Klägers hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere der erstinstanzlich gestellten Anträge, wird auf das erstinstanzliche Urteil des Bezug genommen.

Gegen das ihm am 31. Mai 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. Juni 2017 eingegangene und begründete Berufung des Klägers.

Er ist der Auffassung, die von ihm bereits im ersten Rechtszug geltend gemachten verhaltensbedingten Kündigungen seien der Auffassung des Amtsgerichts zuwider wirksam. Außerdem finde das Mietverhältnis durch seine erstmals im zweiten Rechtszug ausgesprochene Eigenbedarfskündigung vom 6. Juli 2017 (Bl. I/144-147 d.A.) seine Beendigung.

Er beantragt, unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von ihnen innegehaltene Wohnung im Gebäude X sowie den dazugehörigen Kellerraum zu räumen und geräumt an ihn, den Kläger, herauszugeben den Kläger von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 808,13 EUR freizustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin war gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 aus den Gründen des Hinweisbeschlusses als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Die Stellungnahme des Klägers vom 23. August 2017 rechtfertigt keine ihm günstigere Beurteilung.

Der auf § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB gestützten Zahlungsverzugskündigung vom 11. November 2016 ist der Erfolg bereits deshalb versagt, weil sie vor Ablauf der in der (Ab-)Mahnung des Klägers vom 4. November 2016 gesetzten Zahlungsfrist erklärt wurde.

Mit dem Ausspruch einer befristeten (Ab-)Mahnung erklärt der Kündigende konkludent den Verzicht auf das Recht zur außerordentlichen und ordentlichen Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen. Er gibt mit einer (Ab-)Mahnung zu erkennen, er sehe das Vertragsverhältnis noch nicht als so gestört an, dass er es nicht mehr fortsetzen könne. Auf das dafür maßgebliche Motiv kommt es dabei nicht an (st. Rspr., vgl. nur BAG, Urt. v. 12. Mai 2011 – 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 m.w.N.).

Der Kläger hat mit der (Ab-)Mahnung vom 4. November 2016 darum gebeten, „die säumigen Beträge bis zum 14. Oktober 2016 zu überweisen“. Darin lag ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung vor Ablauf der gesetzten Frist. Der mit einer (Ab-)Mahnung verbundene Verzicht auf ein Kündigungsrecht erfasst auch das Recht, aus einem Grund im Verhalten des Vertragspartners zu kündigen, der sich aus dem betreffenden Sachverhalt ergibt. Denn dem Kündigenden ist es im Falle der (Ab-)Mahnung verwehrt, zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung ausschließlich den der (Ab-)Mahnung zugrunde liegenden Sachverhalt heranzuziehen (vgl. BAG, a.a.O. m.w.N.).

Das Amtsgericht hat das Schreiben vom 4. November 2016 zutreffend dahingehend ausgelegt, dass den Beklagten darin eine erst am 14. November 2016 endende Zahlungsfrist eingeräumt wurde. Bei einer Abmahnung handelt es sich um eine empfangsbedürftige geschäftsähnliche Handlung, auf die die Regelungen über Willenserklärungen entsprechende Anwendung finden (vgl. Niemann, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2017, § 626 Rz. 30 m.w.N.). Bei Anwendung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB ist das Schreiben seinem Wortlaut zuwider dahingehend auszulegen, dass der Kläger den Beklagten darin keine zum Zeitpunkt der Mahnung bereits abgelaufene Zahlungsfrist zum „14. Oktober 2016“, sondern eine solche zum 14. November 2016 setzen wollte. Das entsprach auch der Fristsetzung im Schreiben vom 7. Oktober 2016, in dem der Kläger ebenfalls eine – in die Zukunft gerichtete – Frist zum 14. des Monats gesetzt hatte. Tragfähige Anhaltspunkte für die von der Berufung bemühte Auslegung, die Fristsetzung sei ihrem Wortlaut zuwider dahingehend auszulegen, dass die Zahlungsfrist bereits am 11. November 2016 endete, fehlen. Sie wären dem Kläger ohnehin unbehelflich, da die Kündigung ausweislich seines eigenen Vortrags am 11. November 2016 ausgesprochen und zugestellt wurde und damit zeitlich immer noch der Reichweite des mit der (Ab-)Mahnung einhergehenden temporären Kündigungsverzichts bis zum Ablauf der Zahlungsfrist unterfiel.

Soweit der Kläger seinen Räumungsanspruch auf die Schriftsatzkündigung vom 24. Januar 2017 stützt, ist diese aus den Gründen des Hinweisbeschlusses nicht nur mangels vorheriger Abmahnung unwirksam; auch nach erfolgter Abmahnung hatte der den Beklagten zur Last gelegte Pflichtverstoß des mehrfachen verbotswidrigen Parkens ihres Pkw auf dem streitgegenständlichen Grundstück im Dezember 2016 noch nicht das hinreichende Gewicht, um eine kündigungsbedingte Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Wohnraummietverhältnisses zu rechtfertigen.

Die erstmals im zweiten Rechtszug ausgesprochene Eigenbedarfskündigung führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn in einem Fall wie dem vorliegenden, in welchem beabsichtigt ist, die den erstinstanzlichen Streitgegenstand betreffende Berufung durch einen einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, verliert die Klageerweiterung entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO ihr Wirkung, wenn die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen wird (BGH, Urt. v. 3. November 2016 – III ZR 84/15, NJW-RR 2017, 56, Tz. 14). So liegt der Fall hier. Im Übrigen kann der Kläger mit einem auf diese Kündigung gestützten Räumungsbegehren schon deshalb nicht durchdringen, weil die darin gesetzte Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist und keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, die eine für eine Verurteilung zur künftigen Räumung erforderliche Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung i. S. d. § 259 ZPO begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1, 41 Abs. 1, Abs. 2 GKG.

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