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Kündigung Geschäftsraummietvertrag – Verschiebung des Fälligkeitszeitpunkts der Miete

LG Hamburg, Az.: 316 O 310/13, Urteil vom 20.03.2014

1. Der Beklagte wird verurteilt, die ca. 86 qm großen Gaststättenräume bzw. Kellerräume, belegen im Hochparterre und Kellergeschoss des Gebäudes L… Platz in H… einschließlich der Nebenräume und Toiletten sowie der im Hintergarten des Grundstückes L… Platz, H…, belegenen Fläche bis zum 31. März 2014 zu räumen und geräumt an die Klägerin spätestens am 31. März 2014 herauszugeben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung der Herausgabe der Räume kann der Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 11.700,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Räumung von Gaststättenräumen.

Mit Datum vom 15.01.2010 schlossen der Beklagte als Mieter und die Rechtsvorgänger der Klägerin einen Mietvertrag über die im Tenor genannten Räumlichkeiten zum Betrieb einer Gaststätte. Als monatlicher Mietzins war ein Betrag von 975,00 € vereinbart, der gemäß § 6 Nr. 1 spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten war, nach denen er bemessen ist. Nach § 4 Nr. 3 des Mietvertrages läuft das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit und endet am 15.01.2020. Für die näheren Einzelheiten des Mietvertrages wird auf die Anlage K1 verwiesen. Mündlich vereinbarten die Mietvertragsparteien, dass der Mietzins zur Monatsmitte gezahlt werden könne. Nachdem die Klägerin durch Eigentumserwerb in den Mietvertrag auf Vermieterseite eingetreten war, sprach sie mit Schreiben vom 16.08.2013 die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs aus und begründete diesen mit einem Mietrückstand für Juli 2013 in voller Höhe und für August 2013 mit einem Betrag von 146,25 €. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.09.2013 sprach die Klägerin die Kündigung zum 31.03.2014 unter Berufung auf die Kündigungsfristen nach § 580 a Abs. 2 BGB aus und berief sich auf einen durch die mündliche Abänderung des Fälligkeitstermins der Mietzinszahlung herbeigeführten Schriftformmangel nach § 550 BGB.

Die Klägerin meint, die Fälligkeitsregelungen seien wesentliche, der Schriftform nach § 550 BGB unterliegende Vertragsbestimmungen.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die ca. 86 qm großen Gaststättenräume bzw. Kellerräume, belegen im Hochparterre und Kellergeschoss des Gebäudes L… Platz in H… einschließlich der Nebenräume und Toiletten sowie der im Hintergarten des Grundstückes L… Platz, H…, belegenen Fläche bis zum 31. März 2014 zu räumen und geräumt an die Klägerin spätestens am 31. März 2014 herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die nach § 257 ZPO zulässige Klage auf künftige Räumung ist auch begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe der Mietsache aus § 546 BGB, denn das Mietverhältnis ist durch die Kündigungserklärung vom 23.09.2013 wirksam zum 31.03.2014 beendet worden.

Die Kündigung ist wirksam. Das ausweislich der Vertragsurkunde befristete Mietverhältnis gilt wegen Nichteinhaltung der Schriftform gem. §§ 578 Abs. 1, 550 als für unbestimmte Zeit geschlossen mit der Folge, dass es vorzeitig durch die ordentliche Kündigung vom 23.09.2013 wirksam zum 31.03.2014 beendet werden konnte (§ 580 a Abs. 2 BGB).

Die Schriftform nach § 550 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur dann gewahrt, wenn sich alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere der Mietgegenstand, der Mietzins, sowie die Dauer und die Parteien des Vertragsverhältnisses aus der Urkunde ergeben (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 25. Juli 2007 – XII ZR 143/05 – Rz 17 mwN, zitiert nach juris). Abreden, die für den Vertragsinhalt lediglich von nebensächlicher Bedeutung sind, bedürfen hingegen nicht der Schriftform (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 12. März 2008 – VIII ZR 71/07 mwN). Spätere Abänderungen des Ursprungsvertrags bedürfen ebenfalls der Schriftform, solange es sich nicht bloß um unwesentliche Änderungen handelt (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 19.09.2007, Az.: XII ZR 198/05). Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei einer Verschiebung des Fälligkeitszeitpunkts um zwei Wochen um eine wesentliche Vertragsbedingung, die mangels schriftlicher Vereinbarung dazu führt, dass der Mietvertrag gemäß § 550 BGB zwischen den Parteien als auf unbestimmte Zeit geschlossen anzusehen ist.

Der Bundesgerichtshof hat eine Vereinbarung zwischen den Mietvertragsparteien, in der die Fälligkeit des Mietzinses abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt wurde, als wesentlich angesehen mit der Folge, dass eine bloß mündliche Vereinbarung nicht die Schriftform des § 550 BGB wahrt (vgl. BGH Urteil vom 19.09.2007 Az.: XII ZR 198/05). Durch die Änderung der Fälligkeit in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall konnte allerdings eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs schon nach zwei Monaten und nicht wie nach dem Ursprungsvertrag erst nach fünf Monaten ausgesprochen werden. Auch nach Ansicht des KG Berlin bedarf eine Änderung des Fälligkeitszeitpunkts der Schriftform, wobei in dem vom KG Berlin zu entscheidenden Fall sich die Kündigungsmöglichkeit nur um einen knappen Monat veränderte und sich der monatliche Nettomietzins auf insgesamt 7.015,23 € belief (vgl. das noch nicht rechtskräftige Urteil vom 28.10.2013 des KG Berlin zum Az.: 8 U 181/12, anhängig BGH, Az: XII ZR 193/13). Obwohl die den Urteilen des Bundesgerichtshofs und des KG Berlin zugrundeliegenden Sachverhalte sich vor allem hinsichtlich des Umfangs der Verschiebung des Fälligkeitstermins von dem hier zu entscheidenden Fall unterscheiden, bedarf nach Ansicht des Gerichts auch die hier vorgenommene Verschiebung des Fälligkeitszeitpunkts um rund zwei Wochen der Schriftform, da diese Abrede nicht lediglich von nebensächlicher Bedeutung ist. Die Änderung des Fälligkeitszeitpunkts bezieht sich auf die Erbringung der Hauptleistungspflicht der Mietzinszahlung. Auch wenn die Fälligkeit der Zahlung lediglich um rund zwei Wochen nach hinten verschoben wird, ändern sich die Bedingungen, unter denen bei Zahlungsverzug eine Kündigung ausgesprochen werden kann, denn eine Kündigung ist dann erst rund zwei Wochen später möglich. Dies zeigt gerade auch der hier zu entscheidende Fall, in dem die Klägerin wegen Zahlungsverzugs eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen hatte und diese mit Hinweis auf die Verschiebung des Fälligkeitszeitpunktes zurückgewiesen wurde. Nach Sinn und Zweck des § 550 BGB soll der Erwerber die Bedingungen, zu denen er in das Mietverhältnis eintritt, grundsätzlich aus der Mietvertragsurkunde ersehen können und davor geschützt werden, sich auf einen Mietvertrag einzulassen, dessen wirtschaftliche Bedingungen sich anders als erwartet und finanziell einkalkuliert darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – XII ZR 68/10). Dieser Schutz wird nicht erreicht, wenn sich der geschuldete Zeitpunkt der Mietzinszahlung nicht aus der Mietvertragsurkunde ergibt und der Mietzins dem Vermieter für eigene finanzielle Dispositionen zu einem anderen Zeitpunkt als von ihm kalkuliert zur Verfügung steht.

Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Klägerin seit Dezember 2011 die Zahlung des Mietzinses zum 15. eines jeden Monats geduldet habe. Dieser im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.03.2014 enthaltene Vortrag ist bereits nach § 296 a ZPO zurückzuweisen. Auch inhaltlich steht er der ordentlichen Kündbarkeit des Mietvertrages nicht entgegen. Denn grundsätzlich darf sich jede Partei auf die Nichteinhaltung der für einen Vertrag vorgeschriebenen Schriftform berufen. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB kann nur ausnahmsweise erhoben werden, etwa wenn der Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten hat, sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat oder wenn bei Formnichtigkeit die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wäre (vgl. z.B. BGH Urteil vom 22. Januar 2014 – XII ZR 68/10 ).Auch wenn die Vertragsänderung zugunsten des sich auf die Nichteinhaltung des § 550 BGB berufenden Vertragspartners wirkte, greift der Einwand der Treuwidrigkeit durch. Derartige Fallgestaltungen sind hier jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91Abs. 1, 708 Nr. 7,709 S. 2,711 ZPO.

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