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Kündigung Gewerberaummietvertrag durch Grundstückserwerber

OLG Karlsruhe – Az.: 7 U 110/16 – Urteil vom 05.07.2017

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 29. April 2016 – 6 O 89/15 – wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Beklagte unter Abweisung des Zinsanspruchs im Übrigen Zinsen gemäß Ziffer 2 des Tenors dieses Urteils lediglich wie folgt zu zahlen hat:

aus 959,06 EUR vom 05.08.2014 bis 03.09.2014, aus 3.087,66 EUR vom 04.09.2014 bis zum 05.10.2014, aus 5216,26 EUR vom 06.10.2014 bis zum 04.11.2014, aus 7.344,86 EUR vom 05.11.2014 bis zum 03.12.214 sowie aus 9.473,46 EUR seit dem 04.12.2014.

II. Die auf Zahlung von 137.000,00 EUR nebst 9 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit gerichtete Widerklage wird als unzulässig abgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt mit der Klage Räumung und Herausgabe eines gewerblichen Mietobjektes sowie Zahlung rückständigen Mietzinses für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 9.473,46 EUR. Widerklagend beansprucht die Beklagte Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung in Höhe von 95.128,83 EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 38.870,10 EUR.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug einschließlich der dort gestellten Anträge sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Mit im Senatstermin vom 22.03.2017 übergebenem Schriftsatz vom 21.03.2017 (II 271-275), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Beklagte ihre Widerklage um entgangenen Gewinn in den Jahren 2012 bis einschließlich 2015 erweitert und beantragt, an die Klägerin weitere 137.000,00 EUR nebst 9 % Zinsen hieraus über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Zurückweisung der Berufung und Abweisung der erweiterten Widerklage.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift vom 22.03.2017 (II 263 ff.).

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Erweiterung der Widerklage ist unzulässig.

A. Zur Klage:

1. Die Klägerin hat gemäß § 546 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Mietobjektes. Das Mietverhältnis der Parteien wurde aufgrund der ordentlichen Kündigung der Klägerin vom 22.01.2014 (AH I, K30) zum 30.09.2014 beendet.

a) Die Klägerin konnte das Mietverhältnis ordentlich kündigen, weil die gemäß §§ 550, 578 Abs. 1, Abs. 2 BGB erforderliche Schriftform des für längere Zeit als ein Jahr abgeschlossenen Mietvertrags nicht eingehalten wurde.

aa) Gemäß § 550 BGB, auf den § 578 BGB für gewerbliche Mietverhältnisse verweist, müssen Mietverträge mit einer Vertragsdauer von mehr als einem Jahr schriftlich geschlossen werden. Wird die Formvorschrift nicht eingehalten, gilt der Vertrag für unbestimmte Zeit und kann als solcher ordentlich gekündigt werden. Der Formvorschrift des § 550 BGB, die gemäß § 578 Abs. 1, Abs. 2 BGB für gewerbliche Mietverträge entsprechend gilt, unterliegt grundsätzlich der gesamte Vertragsinhalt, soweit er mietvertragliche Regelungen enthält, für die § 566 BGB gilt. Mindestinhalt sind die wesentlichen Bedingungen eines Mietverhältnisses, nämlich Vertragspartner, Mietgegenstand, Mietpreis und Dauer (Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl. 2017, § 550, Rdnr.10 m. w. N.). Die Vorschrift des § 550 BGB will in erster Linie sicherstellen, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Vertrag ersehen kann. Darüber hinaus dient § 550 BGB dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien sicherzustellen und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen (BGH NJW 2014, 1087 (1089)). Maßgebender Normzweck ist der Schutz des Grundstückserwerbers zum Ausgleich für dessen Bindung an den Mietvertrag nach § 566 BGB (MünchKomm/Bieber, BGB, 12. Aufl. 2012, § 550, Rdnr.2). Diese Norm soll sicherstellen, dass der Erwerber die Bedingungen, zu denen er in ein Mietverhältnis eintritt, im Grundsatz aus der Mietvertragsurkunde ersehen kann. Ist das infolge formunwirksamer, zum Beispiel nur mündlicher Abreden nicht der Fall, so hat er die Möglichkeit, sich vorzeitig durch ordentliche Kündigung von dem Mietvertrag zu lösen. Nach der gesetzlichen Konzeption soll der Erwerber in diesen Fällen nicht allein auf Schadensersatzansprüche verwiesen werden, sondern ihm soll ein ordentliches Kündigungsrecht zustehen, um die aus der Mietvertragsurkunde nicht in allen maßgeblichen Einzelheiten erkennbaren Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis beenden zu können (BGH NJW 2014, 1087 (1090)). Das aus § 550 S. 1 BGB folgende Erfordernis der Schriftform gilt für sämtliche wesentlichen Abreden der Parteien, aus denen sich nach ihrem Willen der Vertrag zusammensetzen soll (Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2011, § 550, Rn.24, 28). Deshalb bedürfen grundsätzlich Ergänzungen oder Änderungen des Mietvertrags gleichfalls der Schriftform, wenn sie für die Parteien wesentliche Punkte betreffen. Es spielt dabei grundsätzlich keine Rolle, ob die Pflichten der Parteien verschärft oder erleichtert werden. Der Formmangel eines Änderungsvertrags zu einem Miet- oder Pachtvertrag führt dazu, dass der zunächst unter Beachtung der Form geschlossene ursprüngliche Vertrag nunmehr gleichfalls der Schriftform entbehrt und als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt (BGH NJW 1994, 1649 (1651)). Von dem Formerfordernis ausgenommen werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sogenannte unwesentliche Änderungen. Abreden, die für den Inhalt des Vertrags, auf den die Parteien sich geeinigt haben, von nur nebensächlicher Bedeutung sind, unterliegen nicht diesen (strengen) Anforderungen (OLG Köln, 1 U 28/15). Auch wenn der Schutz des § 550 BGB nicht umfassend sein kann (vgl. dazu BGH, NJW 2013, 3361 Tz. 25 m.w.N.), soll der Erwerber durch das Schriftformerfordernis davor geschützt werden, sich auf einen Mietvertrag einzulassen, dessen wirtschaftliche Bedingungen sich, etwa infolge einer vereinbarten Mietreduzierung, anders als erwartet darstellen. Ist das infolge formwidriger, z.B. nur mündlicher Abreden gleichwohl der Fall, so hat er nach der gesetzlichen Konzeption des § 550 BGB die Möglichkeit, sich vorzeitig durch ordentliche Kündigung von dem Mietvertrag zu lösen (BGH, NJW 2014, 2102 ff., Tz. 30 m.w.N., juris).

bb) Die Klägerin beruft sich fürsorglich (vgl. Schriftsatz vom 01.05.2015, S. 8 ff, I 74 ff., Schriftsatz vom 17.10.2016, S. 3 ff., II 187 ff.) auf den Vortrag der Beklagten, Gegenstand des Mietvertrages sei aufgrund mündlicher Absprachen zwischen ihrem Ehemann, dem Zeugen B., und der Voreigentümerin im Untergeschoss nicht ein Abstellraum, sondern ein Atelier und Lagerraum für hochwertige Damenkollektionen gewesen bzw. ein Aufenthaltsraum („Sozialraum“), wie von der Beklagten bereits im ersten Rechtszug behauptet (vgl. Schriftsatz vom 30.03.2015, S. 2/15, I 28/41) und weiterhin in der Berufung vorgetragen (vgl. Schriftsatz vom 26.08.2016, S. 5/12, II 39/53). Es sei vereinbart gewesen, dass die damalige Vermieterin auf ihre Kosten in den Atelierräumen im UG einen Starkstromanschluss verlege und Arbeitsleuchten sowie den Anschluss für eine Küche installiere (vgl. a.a.O., I 28).

Dabei handelt es sich um eine für einen Erwerber wie die Klägerin wesentliche Nebenabrede, die dem Schriftformerfordernis unterliegt (vgl. BGH, NJW 2016, 311 ff., Tz. 29 ff., juris BGH, WuM 2017, 131 ff., Tz. 9, juris). Ein Erwerber muss auch unter Berücksichtigung des hier vereinbarten Vertragszwecks nach dem Mietvertrag nicht davon ausgehen, dass er als Vermieter für die im UG im Mietvertrag als Nebenräume bezeichneten bzw. nach dem als Bestandteil des Mietvertrags beigefügten Lageplänen als Abstellraum bzw. Flur bezeichneten Räumlichkeiten im Kellergeschoss, für die nach der als Vertragsbestandteil beigefügten Baubeschreibung ein Nivellierestrich vorgesehen war sowie ein staubbindender Anstrich und weiß gestrichene Wände, die Nutzungsmöglichkeit als Atelier und Produktionsräume mit sechs Arbeitsplätzen bzw. Sozialraum schuldet. Allein aus der Angabe des Nutzungszwecks folgt nicht eine Vereinbarung, dass auch die Räumlichkeiten im Untergeschoss bzw. nach der Baubeschreibung dem Kellergeschoss zu Produktionszwecken oder als Atelier nutzbar sind. Im Mietvertrag werden sie vielmehr als Nebenräume bezeichnet. Im Lageplan (Anlage 1b zum Mietvertrag) werden die Räumlichkeiten im Untergeschoss als Abstellraum und – diesem von der Wendeltreppe aus gesehen vorgelagert – als Flur bezeichnet. Ein Abstellraum unterscheidet sich indes begrifflich von einer Produktionsstätte bzw. einem betrieblichen Sozialraum. Die Vertragsparteien haben danach hinsichtlich der Qualität zwischen den Räumen im EG und denjenigen im UG differenziert (vgl. auch: BGH, NJW 2012, 3173 ff., Tz. 22: Vermietung von Kellerräumen als Lager). Räumlichkeiten im Kellergeschoss dienen üblicher Weise der Lagerung von Gegenständen bzw. Waren, nicht jedoch als Produktionsstätte und Aufenthaltsräume für Menschen. Weder aus dem Vertrag, noch den ihm angefügten Lageplänen und der Baubeschreibung ergibt sich, dass die im Vertrag als geplante Nutzung angegebene Anfertigung auch im Kellergeschoss möglich sein sollte bzw. nur dort möglich ist. Durch die von der Beklagten behaupteten mündlichen Absprachen zwischen dem Vormieter und dem Vorvermieter, die im schriftlichen Mietvertrag keinen hinreichenden Ausdruck gefunden haben, werden – wie nicht zuletzt die von ihr im Hinblick auf die fehlende Nutzungsmöglichkeit der Räume im UG geltend gemachte Mietminderung und Schadensersatzforderungen zeigen – für einen Erwerber des Mietobjektes erhebliche, aus dem schriftlichen Mietvertrag nicht ersichtliche Risiken begründet. Für die Klägerin hat sich genau das Risiko verwirklicht, vor dem § 550 BGB sie schützen soll.

Im Übrigen hat die Beklagte selbst vorgetragen, es sei vereinbart gewesen, dass die damalige Vermieterin auf ihre Kosten in den Atelierräumen im UG einen Starkstromanschluss verlege und Arbeitsleuchten sowie den Anschluss für eine Küche installiere (vgl. Schriftsatz vom 30.03.2015, S. 2, I 28). Treffen die Mietvertragsparteien Vereinbarungen zu am Mietobjekt vorzunehmenden Um- und Ausbauarbeiten und dazu, wer diese vorzunehmen und wer die Kosten zu tragen hat, so liegt die Annahme nicht fern, dass diesen Abreden vertragswesentliche Bedeutung zukommt (BGH, NJW 2016, 311 ff., Tz. 29 m.w.N., juris). Davon ist hier auszugehen. Die Beklagte begründet u.a. damit ihren Anspruch darauf, dass die Räumlichkeiten im Untergeschoss als Produktionsstätte und Sozialraum vermietet worden seien. Einer eventuellen Formbedürftigkeit der Abreden zu den Umbaumaßnahmen steht im Übrigen nicht entgegen, dass die Maßnahmen gegebenenfalls im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss durchgeführt werden sollten. Auch dann stünde nicht ohne weiteres fest, dass diese Abreden einen potenziellen Grundstückserwerber keinesfalls beträfen oder jedenfalls keine längere Gültigkeitsdauer als ein Jahr hätten. Die Pflicht des Vermieters zur Vornahme einschließlich Kostentragung kann sich ebenso ohne weiteres noch nach der Jahresfrist des § 550 S. 2 BGB auswirken (BGH, a.a.O., Tz. 32). Dies zeigt sich schon daran, dass bei Mängeln der Mieter sich auf sein Minderungsrecht berufen kann.

cc) Dem Schriftformverstoß im Sinne von § 550 BGB steht auch nicht die sog. doppelte Schriftformklausel des § 24 Abs. 2 des Mietvertrages entgegen. Die Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin nicht darauf berufen, die den Nutzungszweck erweiternde, nicht in schriftlicher Form erfolgte Vertragsänderung sei wegen der sog. doppelten Schriftformklausel unwirksam, so dass es am Schriftformverstoß im Sinne des § 550 BGB fehle. Die Klausel bleibt jedenfalls wegen des Vorrangs der Individualvereinbarung nach § 305 b BGB wirkungslos (BGH, WuM 2017, 131 ff., Tz. 12 ff, juris). Nichts anderes ergibt sich daraus, dass Klauselverwenderin hier die Vorvermieterin war. Zum einen wirkt § 305 b BGB nicht nur zu Ungunsten des Verwenders. Zum anderen gebietet der Schutzzweck des § 550 BGB, dass die Klägerin als Erwerberin nicht sowohl an die nicht schriftlich geschlossene Individualabrede als auch an die vereinbarte Laufzeit gebunden ist (BGH, a.a.O., Tz. 21).

dd) Dass die Klägerin ihre Kündigung vom 22.01.2014 wegen Schriftformmangels noch mit einem anderen Schriftformmangel begründet hat, ändert an ihrer Wirksamkeit nichts. Denn es handelt sich um eine ordentliche Kündigung, bei der es einer Angabe von Gründen nicht bedarf. Im Übrigen ist ein Nachschieben der bereits bei Ausspruch der Kündigung vorliegenden o.g. Gründe zulässig. Auch hat die Klägerin erneut während des Rechtsstreits mit Anwaltsschriftsatz vom 01.06.2015 (I 77), dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugegangen am 16.06.2015 (I 92), die ordentliche Kündigung zum 31.12.2015 ausgesprochen.

b) Die Berufung auf den Formmangel verstößt nicht gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB.

aa) Insbesondere ist sie unter Berücksichtigung der Erwerberstellung der Klägerin (§ 566 BGB) nicht deshalb treuwidrig (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 550 Rn. 12), weil die Vertragsparteien im Mietvertrag in § 24 Abs.3 für den Fall eines Formmangels Nachholung vereinbart haben (BGH, NJW 2014, 2102 ff., Tz. 29 ff. m.w.N., juris).

bb) Auch die bloße Bereitschaft der Klägerin, nach Auftreten der Feuchtigkeit im Untergeschoss die im Tatbestand des angefochtenen Urteils S. 4 näher aufgeführten Arbeiten ab dem 12.09.2013 durchführen zu lassen, führt nicht dazu, dass ihre Berufung auf den Schriftformmangel treuwidrig wäre. Sie sollten im Wesentlichen der Verhinderung weiteren Feuchtigkeitseintritts dienen.

2. Die Klägerin hat gemäß § 535 Abs. 2 BGB für die Zeit vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014 und gemäß § 546a Abs. 1 BGB für die Zeit vom 01.10.2014 bis zum 31.12.2014 Anspruch auf die eingeklagte und vom Landgericht mit im Wesentlichen zutreffender Begründung, die sich der Senat nach eigener Prüfung zu eigen macht, zugesprochene rückständige Miete in Höhe von 9.473,46 EUR.

a) Das Landgericht hat unter zutreffender Berücksichtigung der für die Berechnung der Minderung zu berücksichtigenden Maßstäbe und Umstände des Falles ausführlich begründet, dass und warum die Minderung auch unter Berücksichtigung einer vollständigen Gebrauchtsaufhebung der gesamten Räume im Untergeschoss und der von der Beklagten behaupteten Abreden hinsichtlich der Nutzung einen monatlichen Betrag in Höhe von 300,00 EUR nicht übersteigt. Es hat sich einen eigenen Eindruck von den Räumlichkeiten verschafft, der im Übrigen mit den vorgelegten Lichtbildern (vgl. Bericht B. vom 23.08.2014, Anhang, AH II, B4; Protokoll R. vom 23.11.2015, S. 4, AH II, Anl. 4) übereinstimmt. Danach hat es überzeugend ausgeführt, dass die Wertigkeit der Räume im Untergeschoss gegenüber denjenigen im Erdgeschoss erheblich abfällt. Eine hinreichende Beleuchtung ist nur mittels künstlichem Licht möglich, die Möglichkeit einer natürlichen Belüftung sehr eingeschränkt, die Leitungen sind über Putz verlegt. Der Vorraum ist aufgrund der räumlichen Verhältnisse nur sehr eingeschränkt als Nutz- bzw. Lagerfläche zu gebrauchen. Auch der Senat hält selbst unter Berücksichtigung der hervorgehobenen Bedeutung von Lager- und Arbeitsflächen für den Betreiber eines gewerblichen Geschäftes und dem mit ihrem Wegfall einhergehenden Grad der Betriebsbeeinträchtigung die Reduzierung der Bruttomiete von 2.463,66 EUR um 300,00 EUR pro Monat für angemessen. Dabei geht der Senat, wie auch das Landgericht, davon aus, dass in den Räumlichkeiten im EG in der Zeit vom 01.04.2014 bis zum 31.12.2014 keine Feuchtigkeit oder Schimmelbildung vorhanden war, die sich auf ihre Nutzbarkeit in einem eine Mietminderung rechtfertigenden Umfang ausgewirkt hat. Dass die Gebrauchstauglichkeit des gesamten Mietobjektes jedenfalls im Jahre 2014 keinesfalls vollständig aufgehoben war und die Räumlichkeiten im EG für die Beklagte nicht wegen fehlender Funktionsfähigkeit der Räume im UG nutzlos waren, ergibt sich im Übrigen auch aus dem eigenen Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 21.03.2017, S. 2, II 273) und der dazu vorgelegten Umsatzübersicht des Steuerberaters K. (II 277), wonach die Beklagte noch im Jahre 2014 einen Umsatz in Höhe von 109.000,00 EUR erzielte und damit etwas weniger als die Hälfte des Umsatzes des Jahres 2011 in Höhe von 227.500,00 EUR. Dies lässt sich zwanglos in Übereinstimmung bringen mit den Ausführungen des privaten Sachverständigen der Beklagten B., der bei seiner Besichtigung am 21.08.2014 keinen schimmelartigen Geruch und keinen Schimmel im EG festgestellt hat und lediglich ausführt, es sei die Besorgnis nicht ungerechtfertigt, dass bei permanent anhaltenden hohen Wandoberflächen- und Raumluftfeuchten ein Schimmelpilzbefall und/oder schimmelartiger Geruch drohen könne (Gutachten B. vom 23.08.2014, S. 3, AH II, B4). Darauf, ob die von der privaten Gutachterin R. auch im EG gemessenen Werte (vgl. Protokoll Besichtigung Frau R. vom 23.11.2015, AH II, Anl. 4) zum Zeitpunkt ihrer Besichtigung eine massiv vorhandene Feuchtigkeit in den Wänden belegen, kommt es für den streitigen Zeitraum nicht an.

b) Die Beklagte kann sich nicht mehr auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB berufen. Dieses Recht ist jedenfalls mit Wirksamwerden der ordentlichen Kündigung zum 01.10.2014 entfallen.

Das Leistungsverweigerungsrecht des § 320 BGB dient dazu, auf den Schuldner (Vermieter) – vorübergehend – Druck zur Erfüllung der eigenen, im Gegenseitigkeitsverhältnis zur geltend gemachten Mietforderung stehenden Verbindlichkeit auszuüben. Deshalb endet das Zurückbehaltungsrecht nicht nur bei Beseitigung des Mangels, sondern auch – unabhängig von einer Mangelbeseitigung – bei einer – hier nach dem oben Gesagten eingetretenen – Beendigung des Mietverhältnisses (BGH, NJW 2015, 3087 ff., Tz. 61, juris).

c) Der Anspruch der Klägerin auf rückständige Miete in Höhe von 9.473,46 EUR ist – wie das Landgericht zutreffend ausführt – nicht gemäß §§ 387, 389 BGB infolge Aufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch aus §§ 812 Abs. 1, 535 Abs. 2, 536 Abs. 1 BGB wegen überzahlter Miete im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2013 in Höhe von insgesamt 32.397,39 EUR erloschen. Einem Erlöschen steht schon entgegen, dass die Aufrechnung wegen eines vertraglichen Aufrechnungsverbots nicht zulässig ist.

aa) Die vertragliche Beschränkung des Aufrechnungsrechts in § 5 Abs. 4 des formularmäßigen Gewerberaummietvertrages auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen ist rechtlich wirksam (OLG Köln, ZMR 2012, 946, juris Tz. 4). Auch die Kombination mit der Vorauszahlungsklausel in § 5 Abs. 1 des Mietvertrages begegnet hier – anders als bei der Wohnraummiete – keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. Erman/Wagner, BGB, 14. Aufl., § 387, Rn. 41 m.w.N.).

§ 556b Abs. 2 S. 1 BGB steht dem Aufrechnungsverbot nicht entgegen. Zwar besagt diese Vorschrift, dass der Mieter entgegen einer vertraglichen Bestimmung gegen eine Mietforderung mit einer Forderung auf Grund der §§ 536a, 539 BGB oder aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen zu viel gezahlter Miete aufrechnen oder wegen einer solchen Forderung ein Zurückbehaltungsrecht ausüben kann, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit der Miete in Textform angezeigt hat; eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist gemäß § 556b Abs. 2 S. 2 BGB unwirksam. Doch ist § 556b Abs. 2 BGB ausschließlich auf Wohnraummietverhältnisse anwendbar (OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 81 m.w.N.).

cc) Die Voraussetzungen für ein Eingreifen des Aufrechnungsverbotes liegen vor. Es ist zwischen den Parteien streitig, ob die in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2013 die Voraussetzungen für die von der Beklagten geltend gemachte Mietminderung vorlagen.

dd) Der vertragliche Ausschluss der Aufrechnung wirkt auch über die Vertragsbeendigung hinaus (OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1020 f., juris Tz. 29 m.w.N.). Denn der Schutzzweck des Aufrechnungsverbots besteht darin, einseitig das Interesse des Vermieters daran zu sichern, dass dieser die laufenden Mieteinnahmen regelmäßig und ungeachtet von Einwendungen des Mieters erhält, die der Mieter auf wirkliche oder vermeintliche Gegenansprüche stützt, und ein langwieriges Prozessieren zur Durchsetzung der Mietansprüche möglichst weitgehend zu vermeiden. Das Interesse des Vermieters daran, die Mietforderungen möglichst problemlos durchsetzen zu können, endet auch nicht mit Beendigung des Mietverhältnisses. Es besteht deshalb kein Anlass, das vertraglich uneingeschränkt vereinbarte Aufrechnungsverbot abweichend von seinem Wortlaut einschränkend auszulegen. Andernfalls bestünde die Gefahr einer Besserstellung des vertragsuntreuen Mieters, welcher, insbesondere wenn er am Mietverhältnis nicht festhalten möchte, bereits Monate vor Beendigung des Vertrages unter Berufung auf Gegenforderungen seine Zahlungen einstellt (OLG Düsseldorf, Grundeigentum 2016, 857 ff., juris Tz. 79 m.w.N.).

ee) Der Berufung auf den vertraglichen Ausschluss der Aufrechnung steht § 536d BGB nicht entgegen. Die Beklagte behauptet ohne hinreichende Substanz, die Klägerin habe den Mangel arglistig zu verschleiern versucht, indem sie durch scheinbare Maßnahmen den Eindruck erweckt habe, der Mangel werde nachhaltig beseitigt, in Wahrheit durch diese jedoch im Gegenteil den Schaden in den Seitenwänden durch Anbringung von Rigipswänden massiv vergrößert habe (vgl. Schriftsatz vom 06.11.2015, S. 9 ff., I 137 ff; S. 20 ff., I 150 ff; Schriftsatz vom 26.11.2015, S. 4, I 166). Selbst, wenn es sich insoweit um unsachgemäße Sanierungsarbeiten gehandelt haben sollte, bietet dies keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhalten. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, die für arglistiges Verhalten erforderliche subjektive Komponente. Die Beklagte bietet dafür auch keinen hinreichenden Beweis an. Das von ihr beantragte Sachverständigengutachten (vgl. I 148/I 166/I 169) ist nicht geeignet, Beweis für die subjektive Komponente zu erbringen.

d) Der vom Landgericht ausgeurteilte Zinsanspruch gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB i. V. m. § 5 Abs. 1, Abs. 3 des Mietvertrages hinsichtlich der rückständigen Mietzinsforderung in Höhe von 9.473,46 EUR ist hingegen unter Berücksichtigung eines Zurückbehaltungsrechts der Beklagten gemäß § 320 BGB nur teilweise begründet. Die Beklagte geriet erst am 05.08.2014 in Verzug, weil zuvor zu ihren Gunsten ein Zurückbehaltungsrecht bestand.

aa) Das Landgericht übersieht, wie die Berufung in anderem Zusammenhang zutreffend rügt, dass die Beklagte hinsichtlich der unstreitig in der Zeit 01.04.2014 bis zum 31.12.2014, für welche die Klägerin Mietzahlungen begehrt, in dem Kellerraum vorhandenen Feuchtigkeit nicht nur Minderung geltend machen kann, sondern daneben die Nichterfüllung des Vertrags gemäß § 320 BGB. Die Einrede des nichterfüllten Vertrags hindert den Eintritt des Verzugs (BGH, NJW-RR 2007, 1021 f., Tz. 24, juris). Dabei hemmt bereits das Bestehen des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 320 BGB den Zahlungsverzug, der Mieter braucht dies nicht ausdrücklich vorgerichtlich geltend zu machen (BGH, ZMR 1993, 320; BGH, NJW 1966, 200, juris Tz. 26; juris PK/Schur, § 556b Rn. 27; Erman/Westermann, BGB, 14. Aufl., § 320 Rn. 16).

bb) Zwar haben die Parteien in § 5 Abs. 4 des Mietvertrags, worauf das Landgericht hinweist, ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten dahingehend ausgeschlossen, dass es nur wegen unstreitiger oder rechtskräftig festgestellter Forderungen geltend gemacht werden darf. Diese Regelung verstößt in AGB, die – wie hier – gegen einen Unternehmer verwendet werden, entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gegen § 307 BGB (BGH, NJW 2011, 514 f., Tz. 21 m.w.N., juris; vgl. auch: OLG Hamm, NJW-RR 2017, 208, Tz. 8 zur Aufrechnung). Dem Senat erschließt sich nicht, wie die Berufung darauf kommt (II 87), bei dieser auch vom Landgericht zitierten Entscheidung des BGH würde es sich um einen nicht einschlägigen Hinweisbeschluss vom 14.12.2010 handeln. Die anderen von der Berufung angeführten Entscheidungen (BGH, XII ZR 30/15; BGH, XII ZR 54/05) betreffen ersichtlich anders gelagerte Klauseln.

Das Landgericht beachtet insoweit jedoch nicht hinreichend, dass der Mangel hinsichtlich des Kellerraums unstreitig ist. Die Klägerin war deshalb grundsätzlich aus dem Mietvertrag zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustandes verpflichtet (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 873 (874).

Das Zurückbehaltungsrecht war jedoch ab dem 05.08.2014 ausgeschlossen. Denn der Anspruch der Beklagten auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes ist seit dem 04.08.2014 streitig im Sinne der vertraglichen Regelung über den Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts, weil die Klägerin sich darauf beruft, die sog. Opfergrenze sei überschritten und eine Abdichtung unmöglich (vgl. Schreiben der Klägerin vom 30.07.2014 (AH I, K8); Schriftsatz vom 01.06.2015, S. 16/17, I 82/83). Es mag zwar sein, dass allein der Umstand, dass die Höhe der Mangelbeseitigungskosten streitig ist, ein Eingreifen des Zurückbehaltungsrechts nicht hindert (vgl. BGH, a.a.O., wo die Höhe der Kosten für sich auch streitig war). Hier liegt der Sachverhalt jedoch anders, denn die Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung oder das Überschreiten der Opfergrenze lässt den Anspruch auf Mangelbeseitigung und damit das Recht aus § 320 BGB entfallen. Das Verbot der Aufrechnung und des Zurückbehaltungsrechts soll gerade derartige Streitigkeiten zugunsten des Vermieters vermeiden. Die Berufung auf die Opfergrenze verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB: Denn es ist nicht ersichtlich, dass sie missbräuchlich erfolgt. Es ist nicht fernliegend, dass angesichts des von der Beklagten verlangten Kostenvorschusses in Höhe von 95.128,78 EUR (vgl. Schriftsatz vom 06.11.2015, S. 13-16, I 143-146) ein Überschreiten gegeben ist. Im Übrigen konnte die Beklagte nach der eindeutigen Ablehnung der Mangelbeseitigung durch die Klägerin in deren Schreiben vom 30.07.2014 nicht mehr erwarten, dass der Vermieter seiner Verpflichtung auf Beseitigung des Mangels unter dem Druck der Leistungsverweigerung nachkommen wird (vgl. BGH, NJW 2015, 3087 ff., Tz. 63, juris).

Die Berechtigung zur Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts ist jedoch im Hinblick auf die vertragliche Regelung erst zu dem Zeitpunkt entfallen, als der Beklagten das Schreiben der Klägerin 30.07.2014 (AH I, K8) zugegangen ist, in dem sich die Klägerin erstmals auf eine Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung bzw. ein Überschreiben der Opfergrenze berief. Der Senat geht unter Berücksichtigung gewöhnlicher Postlaufzeiten davon aus, dass dieses Schreiben der Beklagten binnen drei Werktagen und mithin bis zum 04.08.2014 zugegangen ist. Mit dem Wegfall des Zurückbehaltungsrechts werden die gesamten zunächst zu Recht einbehaltenen Beträge grundsätzlich sofort zur Zahlung fällig (BGH, NJW 2015, 3087 ff., Tz. 61, juris). Der Verzug entfiel hier nicht wegen eines fehlenden Verschuldens der Beklagten erst zu einem späteren Zeitpunkt. Denn die Beklagte musste angesichts ihrer Forderung jederzeit damit rechnen, dass sich die Klägerin auf eine Überschreitung der Opfergrenze berufen würde (vgl. BGH, WuM 2014, 681, Tz. 4 f., juris).

ff) Bei der gemäß § 320 Abs. 2 BGB an dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) orientierten Beurteilung, in welcher Höhe und in welchem zeitlichem Umfang dem Mieter einer mangelbehafteten Wohnung neben der Minderung (§ 536 BGB) das Recht zusteht, die (geminderte) Miete zurückzuhalten, verbietet sich jede schematische Betrachtung. Die Frage ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden (BGH, NJW 2015, 3087 ff., Tz. 59, juris). Der Senat hält hier unter Berücksichtigung der o.g. Bedeutung der Räumlichkeiten im Untergeschoss und deren Beschaffenheit einen Betrag in Höhe des dreifachen Minderungsbetrags monatlich, mithin 900,00 EUR, für angemessen.

gg) Ausgehend davon ist eine Zinspflicht wegen Verzugs mit Beträgen erst ab dem 05.08.2014 wie folgt eingetreten:

aus 959,06 EUR vom 05.08.2014 bis 03.09.2014,

aus 3.087,66 EUR vom 04.09.2014 bis zum 05.10.2014,

aus 5216,26 EUR vom 06.10.2014 bis zum 04.11.2014,

aus 7.344,86 EUR vom 05.11.2014 bis zum 03.12.214 sowie

aus 9.473,46 EUR seit dem 04.12.2014.

B. Zur Widerklage:

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, die sich der Senat nach eigener Überprüfung zu Eigen macht, hat das Landgericht die dort erhobene Widerklage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Erweiterung der Widerklage im Berufungsrechtszug ist gemäß § 533 ZPO nicht zulässig.

1. Der geltend gemachte Vorschussanspruch besteht nicht.

Ein Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Vorschusses zur Durchführung der Mangelbeseitigungarbeiten gemäß §§ 536a Abs. 2, 242 BGB in Höhe von 95.128,73 EUR steht der Beklagten schon deshalb nicht zu, weil das Mietverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Klägerin nach dem oben Gesagten zum 30.09.2014 beendet wurde. Nach Beendigung des Mietverhältnisses kann die Beklagte als Mieterin, wie das Landgericht zutreffend ausführt, einen Vorschuss nicht mehr beanspruchen.

2. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf den im ersten Rechtszug bereits geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von 38.870,10 EUR.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, die sich der Senat nach eigener Prüfung zu Eigen macht, hat das Landgericht die Widerklage auch insoweit abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es erschöpft sich in der Wiederholung des Vorbringens aus dem ersten Rechtszug, das jedoch eine Abänderung der Entscheidung nicht rechtfertigt.

a) Das Recht der Beklagten auf Schadensersatz wegen anfänglicher Mängel ist entgegen der Berufung wirksam gemäß § 9 Abs. 1 des Mietvertrags ausgeschlossen.

§536a BGB ist dispositiv, so dass individualvertraglich abweichende Abreden grundsätzlich zulässig sind. Die verschuldensunabhängige Garantiehaftung des § 536a Abs. 1 1. Alt. BGB kann auch durch Formularverträge wirksam abbedungen werden (BGH, NJW 2010, 3152 ff., Tz. 22 m.w.N., juris). Die Klausel ist entgegen der Berufung nicht überraschend im Sinne von § 305c BGB. Der Ausschluss der Garantiehaftung für anfängliche Mängel der Mietsache ändert zwar die gesetzlich in § 536a BGB vorgegebene Rechtslage ab. Eine solche vertragliche Vereinbarung ist aber durchaus gebräuchlich und nicht ungewöhnlich. Sie steht hier auch nicht an versteckter Stelle (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 26 f.), sondern im Zusammenhang mit der Regelung über den vereinbarten Zustand des Mietobjektes. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB liegt nicht vor (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 29), denn die Regelung ist klar und verständlich und lässt wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Die Klausel ist aus sich heraus verständlich und es ist lediglich ergänzend die gesetzliche Vorschrift hinzufügt. Anders als die Beklagte meint, ist die Klausel auch nicht deshalb überraschend bzw. greift der Vorrang der Individualabrede, weil die Mietsache nach § 1 des Mietvertrages für einen bestimmten Zweck genutzt werden soll. Die bloße Vereinbarung eines Nutzungszwecks steht nicht in Widerspruch zum Ausschluss der Haftung für anfängliche Mängel. Danach scheidet eine Haftung für die im Schriftsatz der Beklagten vom 06.11.2015, S. 18 ff. (I 148 ff.) angeführten Gegenstände, wie das Landgericht zu Recht darlegt, aus.

Zutreffend hat das Landgericht weiter ausgeführt, dass einer Haftung insoweit gemäß § 254 BGB auch ein Eigenverschulden der Beklagten bei der Schadensentstehung entgegensteht, welches ein etwaiges Verschulden der Klägerin bzw. vorherigen Vermieterin weit überwiegt. Denn die Beklagte hat nach ihrem eigenen Vortrag die in hohem Maße feuchtigkeitsempfindlichen Gegenstände in den zum Mietobjekt gehörigen Räumlichkeiten im UG eingelagert, obwohl ihr bekannt war, dass dort zu diesem Zeitpunkt in erheblichem Umfang Feuchtigkeit vorhanden war, dass mehrere dort aufgestellte Trocknungsgeräte täglich geleert werden mussten.

b) Auch soweit die Beklagte ihren Anspruch damit begründet, die Klägerin habe pflichtwidrig, um Sanierungsmaßnahmen durchführen zu können, die Auslagerung der Ware in wegen Feuchtigkeit ungeeignete Räumlichkeiten vorgenommen, hat das Landgericht die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Um welche Gegenstände es sich konkret gehandelt hat, lässt sich dem Vortrag der Beklagten weiterhin nicht hinreichend entnehmen. Im Übrigen überwiegt auch insoweit das Eigenverschulden der Beklagten ein etwaiges Verschulden der Klägerin derart, dass dieses vollständig zurücktritt. Die Beklagte, die nach ihrem eigenen Vortrag im Schriftsatz vom 07.04.2016 (I 231 ff.) den Wert und die Empfindlichkeit ihrer Waren im Auge hatte, und der die nach ihrem Vortrag völlige Ungeeignetheit der für die Zwischenlagerung vorgesehenen Räumlichkeiten bewusst war, hat zwar nach ihren Behauptungen protestiert, letztendlich aber ersichtlich eine entsprechende Zwischenlagerung der Ware hingenommen. Damit hat sie sehenden Auges eine Beschädigung der Ware und der weiteren Gegenstände in Kenntnis ihres Wertes in Kauf genommen. Ohne Erfolg beanstandet die Berufung auch, das Landgericht habe ohne ausreichende Grundlage festgestellt, dass die Beklagte das Ansinnen auf eine schützende Abdeckung ihrer Waren während der weitergehenden Sanierungsarbeiten abgelehnt habe. Dies folgt bereits daraus, dass das Landgericht dies als unstreitig festgestellt hat und die Beklagte einen Tatbestandsberichtigungsantrag nicht gestellt hat, § 314 ZPO. Ihr Gegenteiliges Vorbringen in der Berufung (vgl. Schriftsatz vom 26.08.2016, S. 60, II 149) unterliegt deshalb der Zurückweisung gemäß § 531 Abs. 2 ZPO.

c) Es fehlt auch, wie bereits das Landgericht zutreffend rügt, weiterhin an einer substantiierten Darlegung hinsichtlich der konkret beschädigten Gegenstände, deren Zeitwert sowie des Alters der einzelnen Textilien und der Gegenstände. Auch eine hinreichende Grundlage zur Schätzung eines Mindestschadens gemäß § 287 ZPO ist insoweit nicht vorhanden.

3. Die Erweiterung der Widerklage im zweiten Rechtszug gemäß Schriftsatz vom 21.03.2017 (II 271 f.) ist unzulässig. Die Beklagte kann deshalb nicht Zahlung eines Betrags in Höhe von 137.000,00 EUR für entgangen Gewinn in den Jahren 2012 bis einschließlich 2015 sowie Zinsen verlangen.

a) Anders als die Klägerin meint, steht § 531 Abs. 2 ZPO der Erweiterung der Widerklage allerdings nicht entgegen. Die Änderung oder Erweiterung einer Klage stellt einen selbstständigen prozessualen Angriff dar, der von den Angriffsmitteln im Sinne von §§ 296, 530, 531 ZPO zu unterscheiden ist und deshalb nicht den in diesen Bestimmungen genannten Voraussetzungen über die Zurückweisung oder Zulassung verspäteter Angriffsmittel unterliegt. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klageänderung oder Klageerweiterung richten sich stattdessen nach den §§ 263, 264, 533 ZPO (BGH, NJW 2017, 491 f., Tz. 18 m.w.N., juris vgl. auch: BGH, NJW 1986, 2257 f., juris Tz. 24).

b) Ausgehend davon, erweist sich hier die Erweiterung der Widerklage um den entgangenen Gewinn der Jahre 2012 bis 2015 als gemäß § 533 ZPO unzulässig.

aa) Ein Fall des § 264 ZPO liegt nicht vor. Die Beklagte hat nicht nur gemäß § 264 Nr. 1 ZPO die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt. Sie fordert auch nicht im Sinne des § 264 Nr. 3 ZPO wegen einer später eingetretenen Veränderung einen anderen Gegenstand oder das Interesse. Aber auch § 264 Nr. 2 ZPO ist nicht einschlägig. Denn die Beklagte hat ihren Klageantrag erweitert und den zur Überprüfung durch das Gericht gestellten Lebenssachverhalt hinsichtlich der konkreten Schadensart im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität erweitert. Allerdings ist die Beklagte gemäß § 264 Nr. 2 ZPO berechtigt, innerhalb der gleichen Schadensart ihre Schadensberechnung zu ändern. Denn innerhalb der gleichen Schadensart stellen die verschiedenen Berechnungsgrundlagen lediglich unselbständige Faktoren eines einheitlichen Schadens und Ersatzanspruchs dar, die im Rahmen des Gesamtbetrags austauschbar sind (BGH, NJW-RR 2006, 253 f., Tz. 16 f., juris; BGH, NJW-RR 1991, 1279 f., Tz. juris; 13; OLG Frankfurt, BauR 2010, 667 f. (LS), juris Tz. 23). Hier hat die Beklagte jedoch nicht innerhalb der gleichen Schadensart ihre Berechnung geändert, sondern sie macht eine neue Schadensart geltend. Während sich ihre – auch mit der Berufung weiterverfolgte – Schadensersatzforderung im ersten Rechtszug auf infolge des behaupteten Mietmangels an eingebrachten Gegenständen nach ihrem Vortrag eingetretene Substanzschäden bezieht, begründet sie die Erweiterung der Widerklage im Berufungsrechtszug mit einem Gewinnentgang in den Jahren 2012 bis einschließlich 2015. Dabei handelt es sich nicht mehr um die gleiche Schadensart.

bb) Die Voraussetzungen für eine Zulässigkeit der Widerklage gemäß § 533 ZPO liegen nicht vor. Die Klägerin hat ersichtlich nicht in die Zulässigkeit der Erweiterung eingewilligt, sie rügt den Vortrag vielmehr als verspätet. Der Senat hält die Erweiterung auch nicht für sachdienlich, § 533 Nr. 1 ZPO. Der Rechtsstreit im Übrigen ist entscheidungsreif. Der Senat müsste hinsichtlich des entgangenen Gewinns über einen völlig neuen Streitstoff entscheiden. Auch liegen die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO nicht vor. Denn die Erweiterung der Widerklage kann nicht auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat. Vielmehr ist das Vorbringen der Beklagten zum entgangenen Gewinn neu und von der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 21.04.2017 (II 321 ff.) bestritten.

III.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 22.03.2017 (II 315 f.) bot keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, §§ 156, 296a ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

 

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