AG Tempelhof-Kreuzberg – Az.: 20 C 226/16 – Urteil vom 30.01.2017
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in die Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung in der S Straße 82 a in … Berlin. Der Beklagte hatte am 09.07.2014 mit der Voreigentümerin der … einen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen. Unter § 3.2 des Vertrages vereinbarten die Parteien:
„Der Vermieter wird von sich aus das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen.
Er kann jedoch in Ausnahmefällen das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen ordentlich kündigen, wenn berechtigte Interessen eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen.
Die fristlose Kündigung richtet sich nach Nr.9 AVB (Anlage2). Im Übrigen gelten für die außerordentliche Kündigung die gesetzlichen Bestimmungen.“
Die Klägerin erwarb das Wohnhaus aufgrund notariellem Kaufvertrags vom 05.11.2015 und wurde am 09.02.2016 als neue Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen.
Die zuletzt vereinbarte Miete in Höhe von 383,49 € brutto wurde vom Job-Center bis einschließlich Oktober 2016 an die Voreigentümerin gezahlt. Am 09.11.2016 überwies die … die Mieten für August 2016 bis Oktober 2016 an die Klägerin. Am 20.07.2016 wurden die Mieten für Juni und Juli 2016 an die Klägerin ausgezahlt.
Wegen der offenen Mieten für Juni und Juli 2016 hatte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 07.07.2016 fristlos und hilfsweise fristgemäß gekündigt.
Mit Schriftsatz vom 15.07.2016 wiederholte die Klägerin sowohl die fristlose als auch die fristgemäße Kündigung. Am 09.08.2016 informierte der Beklagte das Job-Center über den Eigentümerwechsel.
Mit Schreiben vom 23.11.2016 kündigte die Klägerin erneut fristlos und fristgemäß wegen unpünktlicher Mietzahlungen des Beklagten, gleiches geschah mit Schriftsatz vom 28.11.2016, welches sich auf wahrheitswidrigen Sachvortrag bezieht.
Die Klägerin trägt vor, dass sie den Beklagten mit Schreiben vom 29.01.2016 und 08.02.2016 über den Eigentumsübergang informiert habe. Des weiteren sei der Beklagte mit Schreiben vom 19.05.2016 und 13.06.2015 gemahnt worden. Die fristlose Kündigung vom 07.07.2016 enthalte auch eine Abmahnung wegen unpünktlicher Mietzahlung. Der Beklagte habe wahrheitswidrig bestritten, Schreiben der Klägerin nicht erhalten zu haben . Auch dies berechtige sie zur Kündigung.
Die Klägerin stellt die Anträge:
1. Der Beklagte wird verurteilt, die ca.41,90 m² große Wohnung S Straße 82a, … Berlin, 2.OG Mitte/links zu räumen und an die Klägerin geräumt herauszugeben.
hilfsweise:
Der Beklagte wird verurteilt, die ca.41,90 m² große Wohnung S Straße 82a, … Berlin, 2.OG Mitte/links zum 28.02.2017 zu räumen und an die Klägerin geräumt herauszugeben.
Der Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.
Er ist der Auffassung, dass ihm das Verschulden des Job-Centers nicht anzulasten sei. Das Bestreiten Schriftstücke nicht erhalten zu haben, rechtfertige auch keine Kündigung.
Hinsichtlich des Sachvortrags im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Klägerin steht ein Räumungsanspruch gemäß § 546 Abs.1 BGB gegen den Beklagten nicht zu.
Sowohl die fristlose Kündigung vom 07.07.2016 als auch die vom 15.07.2016 sind nach Zahlung am 20.07.2016 unwirksam geworden.
Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf eine fristgemäße Kündigung gemäß § 573 Abs.1, Abs.2 BGB stützen. Zwar ist der Beklagte durch die Nichtzahlung der Mieten für Juni und Juli 2016 in Verzug geraten, dieser Verzug kann in dem hier vorliegenden Sonderfall jedoch die Kündigung nicht begründen. Die Parteien haben ergänzend zu den gesetzlichen Kündigungsvorschriften unter §3.2 des Mietvertrags vereinbart, dass eine ordentliche Kündigung nur in Ausnahmefällen, wenn berechtigte Interessen des Vermieters dies notwendig machen, erfolgen darf. Diese Vereinbarung zwischen den Parteien hat Vorrang vor der gesetzlichen Regelung des § 573 Abs.1, Abs.2 BGB. Zwar fordert auch der § 573 Abs.1 S.1 BGB ein berechtigtes Interesse des Vermieters. Die vertragliche Regelung macht eine Kündigung darüber hinaus von den Kriterien der Notwendigkeit und der Ausnahme abhängig.
Im vorliegenden Fall wurden die Miete stets pünktlich vom Job-Center an den ursprünglichen Vermieter gezahlt, der dann auch die erhaltenen Mieten weitergeleitet hat. Die Klägerin hat daher keinen Verlust erlitten und es drohte auch ein solcher nicht. Die Klägerin war zu keinem Zeitpunkt von einem Mietausfall bedroht. Ein solcher drohender Mietausfall würde die Notwendigkeit einer Kündigung begründen.
Es kann dahinstehen, ob der Beklagte über den Eigentümerwechsel ausreichend informiert worden ist. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, führt alleine die zunächst unterlassene Mitteilung an das Job-Center nicht dazu, dass ein Ausnahmefall im Sinne von §3.2 des Mietvertrags gegeben ist. Im Gegenteil kommt es gerade bei Eigentümerwechseln immer mal wieder zu Verzögerungen bei den Mietzahlungen weil Dritte , wie hier das Job-Center, die Mietzahlungen leisten und nicht unmittelbar auch die entsprechenden Informationen bezüglich der Eigentümerwechsel reagieren.
Es fehlt im vorliegenden Fall sowohl an der Notwendigkeit als auch an einem Ausnahmefall.
Die Kündigung vom 23.11.2016 ist ebenfalls unbegründet. Der Beklagte hat am 09.08.2016 das Job-Center über den Eigentümerwechsel informiert. Dennoch überwies dieses die Mieten bis einschließlich Oktober (pünktlich) weiter an den Voreigentümer. Dies stellt naturgemäß eine unpünktliche Mietzahlung (weil Nichtzahlung) an die Klägerin dar. Es fehlt jedoch an einem Verschulden des Beklagten. Der Beklagte hat seiner Informationspflicht genügt. Das Job-Center ist kein Erfüllungsgehilfe des Beklagten.
Die Kündigung aus dem Schriftsatz vom 28.11.2016 ist desgleichen unbegründet, da das bloße Bestreiten Schreiben nicht erhalten zu haben keinen derartigen wahrwidrigen Tatsachevortrag beinhaltet, der es rechtfertigt, darauf eine Kündigung zu stützen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.7, 711 ZPO.