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Kündigung Mietvertrag wegen Weigerung von Badezimmersanierungsarbeiten

AG Hannover – Az.: 512 C 4547/21 – Urteil vom 20.10.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Vermieterin, der Beklagte ist Mieter einer Wohnung in der …straße … in … Hannover-Ricklingen. Grundlage des Mietverhältnisses ist ein mit dem früheren Eigentümer des mit dem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks geschlossener schriftlicher Mietvertrag vom 26.11./30.11.2010, wegen dessen Inhalts auf die Kopie Anlage K1 Blatt 9-14 der Akten verwiesen wird.

Es handelt sich um eine im 1. Obergeschoss gelegene etwa 47 m² große 2-Zimmer-Wohnung nebst Küche und Bad und Kellerraum. Die Netto-Miete beträgt derzeit 363,35 €. Die Betriebskostenvorauszahlungen betragen derzeit 75 €.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Räumung und Herausgabe der Wohnung zum Ablauf des 31.1.2022, nachdem sie die Kündigung des Mietverhältnisses mit Schreiben vom 13. 4. 2021 ordentlich mit gesetzlicher Frist gekündigt hatte. Wegen des Inhaltes des Kündigungsschreibens wird auf die Kopie Anlage K2 Blatt 15-19 der Akten verwiesen.

Die Klägerin stützt ihre Kündigung auf eine Pflichtverletzung des Beklagten, nämlich seine auch nach Abmahnung fortbestehende Weigerung, umfangreiche Arbeiten im Badezimmer der Wohnung zu dulden.

Dieses etwa 1,3m × 2,9m messende Badezimmer ist an Boden und Wänden gefliest, verfügt über eine auf dem Boden stehende Toilette mit Spülkasten, einer auch als Dusche genutzten Badewanne, ein Waschbecken und einen Heizkörper. Im Bereich der Decke sind die von den darüber liegenden Wohnungen führenden Abflussrohre über Putz liegend. Teils finden sich an den Wänden Wasserschäden. Wegen des weiteren Zustandes des Badezimmers wird auf die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Skizze und die von ihm vorgelegten Lichtbilder, die mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen wurden, verwiesen (Anlage zum Protokoll Hülle Blatt 59 der Akten).

Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 31. Juli 2020 angekündigt, im November 2020 Modernisierungsmaßnahmen in der von dem Beklagten angemieteten Wohnung durchführen zu wollen. Dabei teilte die Klägerin mit: „Das Badezimmer erhält neue Wand- ohne Bodenfliesen. Bei den Wandfliesen handelt es sich um weiße Fliesen, der Boden erhält Fliesen in Anthrazit. Anstelle des bisherigen Heizkörpers erhält das Blatt einen zeitgemäßen „Handtuchheizkörper“. Das bisherige Stand-WC wird zu einem wandhängenden umgerüstet. Die anschließend notwendigen Malerarbeiten erhöhen ebenfalls den Wohnwert. Ihr Vermieter wird ferner die Wasserleitungen auswechseln. Auf diesem Weg wird sich auch die Situation des Wasserdrucks in ihrer Wohnung verbessern lassen.“ Die Klägerin teilte in dem Schreiben weiter mit, dass mit Kosten der Modernisierungsmaßnahmen von rund 16.000 € brutto mit einem Instandsetzungsanteil von 1500 € zu rechnen sei, sodass sich die Kaltmiete von heute 363,35 € um voraussichtlich 96,35 € auf 459,70 € erhöhen werde. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf die Kopie Anlage K3 Blatt 19-21 verwiesen.

Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 16.8.2020 (Anlage K4 Blatt 22) und führte aus, nicht gegen die Instandhaltung aber gegen die Modernisierung Widerspruch zu erheben. Auf mit Anwaltsschreiben vom 31. 8. 2020 (Anlage K5 Blatt 23,24) an den Beklagten gerichtete Anfrage antwortete dieser mit Schreiben vom 3.9.2020 (Anlage K6 Blatt 25) weiterhin widersprechend. Mit Anwaltsschreiben vom 14.9.2020 (Anlage K7, Blatt 26,27) drohte die Klägerin dem Beklagten eine Kündigung des Mietverhältnisses wegen Verweigerung der Arbeiten an und erteilte ihm eine Abmahnung. Der Beklagte reagierte mit Schreiben vom 16.9.2020 (Anlage K8 Blatt 29), dass er Instandsetzungsarbeiten nicht mehr widerspreche. Einer Modernisierung stimme er nur unter Bedingungen zu, insbesondere dürfe es keine Mieterhöhung geben und die Arbeiten nicht zu lange dauern. Die Klägerin ließ sich mit Schreiben vom 30.9.2000 (Anlage K9 Blatt 29,30 der Akten) mit einer Durchführung der Arbeiten im Mai 2021 mit der Bitte um konkrete Terminvorschläge für einverstanden erklären, beharrte jedoch auf einer danach anstehenden Mieterhöhung. Nachdem der Beklagte auf dieses Schreiben der Klägerin nicht reagierte, wurde ihm mit Schreiben vom 10.11.2020 (Anlage K 10 Blatt 31,32 der Akten) erneut eine Abmahnung erteilt.

Mit Schreiben vom 23.11.2020 (Anlage K 11, Blatt 33-35 der Akten) erfolgte eine weitere im wesentlichen dem Schreiben vom 31.7.2020 (Anlage K3) entsprechende Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen im Badezimmer des Beklagten. Die Arbeiten sollten ab Anfang Mai 2021 durchgeführt werden, würden ca. 12-15 Arbeitstage in Anspruch nehmen und tagsüber von 7:30 bis 17:00 Uhr ausgeführt.

Mit Schreiben vom 3. Februar und 25.2.2021 kündigte die Klägerin eine Vorbegehung der Wohnung für den 6.4.2021, 10:00 Uhr an (Anlagen K 12 und K 13). Der Klägerin und den von ihr hinzugezogenen Handwerkern wurde kein Zutritt zur Wohnung gewährt. Dies führte schließlich zur Kündigung gemäß Schreiben vom 13.4.2021 (Anlage K2). Dieser Kündigung widersprach der Beklagte mit Schreiben vom 10.5.2021 (Anlage K 15, Blatt 40 der Akten).

Mit ihrer Klage macht die Klägerin ihre Forderung auf künftige Räumung der Wohnung gerichtlich geltend. Sie ist der Ansicht, eine dauerhafte Fortführung des Mietverhältnisses sei ihr nicht zumutbar. Die Verhinderung der Durchführung der Arbeiten trotz Abmahnung rechtfertigten die Kündigung.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, mit Ablauf des 31.1.2022 die Wohnung in der …straße …, 1. OG Mitte in … Hannover, bestehend aus 2 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Flur, zu räumen oder die Klägerin herauszugeben,

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 246,27 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin wolle ihn aus der Wohnung setzen, um sie zu sanieren und teuer weiter zu vermieten. Erforderlichen Reparaturen wolle er sich nicht verweigern. Diese könnten in höchstens 2 Tagen erledigt werden. Die Durchführung von umfangreichen Arbeiten über einen längeren Zeitraum seine ihm nicht zumutbar. Er könne in dieser Zeit die Wohnung nur eingeschränkt nutzen, er könne dann nicht duschen. Auch für seine 2 Katzen seien derart umfangreiche und langandauernde Arbeiten nicht zumutbar.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der an ihn vermieteten Wohnung. Ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung setzt gemäß § 546 BGB eine Beendigung des Mietverhältnisses voraus. Gleiches gilt für die daneben stehenden sachenrechtlichen Anspruchsnormen, die voraussetzen, dass der Beklagte kein Besitzrecht an der Wohnung im Sinne des § 986 BGB hat. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, da das Mietverhältnis durch die erklärte Kündigung vom 13.4.2021 nicht zum Ablauf des Monates Januar 2022 beendet wurde und damit auch das Besitzrecht des Beklagten an der Wohnung fortbesteht.

Mietvertragskündigung wegen Weigerung von Badezimmersanierungsarbeiten
(Symbolfoto: Breadmaker/Shutterstock.com)

Eine ordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist setzt gemäß § 573 BGB ein berechtigtes Interesse des Vermieters voraus. Dabei kommt als berechtigtes Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietverhältnisses hier nur eine schuldhafte und nicht unerhebliche Verletzung der dem Beklagten obliegenden vertraglichen Pflichten in Betracht, § 573 Abs. 2 Nummer 1 BGB.

Eine solche Pflichtverletzung des Beklagten ist nach dem Vortrag der Parteien jedoch nicht gegeben. Diese könnte hier nämlich nur gegeben sein, wenn der Beklagte zu Unrecht die Durchführung der von der Klägerin angekündigten umfangreichen Maßnahmen verweigert hätte. Der Beklagte war jedoch berechtigt, die Durchführung der angekündigten Maßnahmen zu verweigern.

Unter welchen Voraussetzungen der Mieter verpflichtet ist, bauliche Maßnahmen in seiner Wohnung zu dulden, ist in §§ 555a und 555b, 555d BGB geregelt.

Nach § 555d BGB hat der Mieter Modernisierungsmaßnahmen nach § 555b BGB zu dulden. Bei den von der Klägerin beabsichtigten Arbeiten handelt es sich jedoch nicht um eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 555b BGB. Diese könnten vorliegend allein Maßnahmen im Sinne des § 555b Nummer 4 BGB sein, nämlich Maßnahmen, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen.

Die von der Klägerin beabsichtigten Maßnahmen erhöhen jedoch den Gebrauchswert der Wohnung nicht.

Insbesondere liegt in der Ausstattung des Badezimmers mit neuen Wand- und Bodenfliesen keine Erhöhung des Gebrauchswerts im Sinne dieser Regelung vor. Zwar kann die Ausstattung eines Badezimmers mit neuen Wand- unter Bodenfliesen eine Erhöhung des Gebrauchswertes mit sich bringen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn die Wohnung zuvor nicht mit dieser Ausstattung versehen war. Die in Augenschein genommenen Lichtbilder belegen jedoch, dass das Badezimmer bereits mit Bodenfliesen und Wandfliesen versehen war. Es ist auch nicht dargetan oder ersichtlich, dass die vorhandenen Fliesen erneuerungsbedürftig waren. Demgemäß handelt es sich hier nicht um eine Modernisierungsmaßnahme, sondern eine von der Regelung des § 555b BGB nicht erfasste Erneuerungsmaßnahme. Es ist nicht vorgetragen und nicht ersichtlich, dass der Gebrauchswert des Badezimmers mit den neuen Fliesen höher wäre, als sein Gebrauchswert mit den vorhandenen Fliesen.

Der Umstand, dass die Klägerin im Badezimmer auch einen Handtuchheizkörper anstelle des bisherigen Platten Heizkörpers und auch das Stand-WC durch eine wandhängendes WC ersetzen wollte, begründet eine Pflicht des Beklagten zur Durchführung der angekündigten Arbeiten nicht. Zwar könnte es sich insoweit um Modernisierungsmaßnahmen im Sinne der Regelung des § 555b BGB handeln. Die Klägerin wollte jedoch ersichtlich die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Austausch der Fliesen durchführen. Die Erneuerung der Bodenfliesen und der Wandfliesen stellt jedoch hinsichtlich des Aufwandes und der Kosten, aber auch hinsichtlich der durch die Arbeiten verursachten Beeinträchtigungen des Mieters das Schwergewicht der Arbeiten dar.

Demgemäß war der Beklagte auch nicht gemäß § 555a Abs. 1 BGB verpflichtet, die Arbeiten zu dulden. Nach dieser Regelung hat der Mieter Maßnahmen zu dulden, die zur Instandhaltung oder zur Instandsetzung der Mietsache erforderlich sind. Nach dem Vortrag der Parteien ist davon auszugehen, dass als Instandsetzungsmaßnahme lediglich Malerarbeiten zur Beseitigung der Wasserflecken erforderlich waren. Auch diese Instandsetzungsmaßnahme hat neben den beabsichtigten Erneuerungsmaßnahmen untergeordnetes Gewicht.

Demgemäß stellt sich die Weigerung des Beklagten zur Durchführung der beabsichtigten Maßnahmen auch nicht als ein Verstoß gegen Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB dar, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Pflichtwidrigkeit vorliegt. Der Beklagte musste sich auf das Gesamtpaket der beabsichtigten Maßnahmen nicht einlassen. Er hatte zudem deutlich gemacht, mit der Durchführung notwendiger Reparaturarbeiten einverstanden zu sein. Hier war Sache der Klägerin, dem Beklagten zunächst die konkret durchzuführenden Instandsetzung- oder Instandhaltungsmaßnahmen anzukündigen, § 555a Abs. 2 BGB.

Demgemäß ist die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten unbegründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.

 

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