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Kündigung Mietvertrage wegen Eigenbedarfs für Mieter eine Härte im Sinne des § 574 BGB

Über zehn Jahre lebte sie in der Wohnung, dann kam Post vom Vermieter: Eigenbedarf. Für eine Mieterin in Brandenburg platzte der Traum vom sicheren Zuhause – nun muss sie packen, entschied das Gericht.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 30 C 99/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: AG Brandenburg
  • Datum: 27.03.2025
  • Aktenzeichen: 30 C 99/23

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Vermieter der Wohnung, der nach Erwerb des Grundstücks in den bestehenden Mietvertrag eingetreten ist.
  • Beklagte: Die alleinige Mieterin der Wohnung seit dem 01.01.2010, basierend auf einem Mietvertrag vom 17.11.2009. Sie wohnt dort mit ihrer Tochter.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Beklagte mietete seit Anfang 2010 eine 101,81 m² große Wohnung (3 ½ Zimmer, Küche, Flur, Bad, Kellerraum Nr. 1) im Obergeschoss des Hauses M…, 1… B…. Der Kläger wurde später durch den Kauf des Grundstücks ihr Vermieter.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagte, die genannte Wohnung zu räumen und an den Kläger herauszugeben. Der Beklagten wurde eine Frist zur Räumung bis zum 30. April 2025 eingeräumt.
  • Folgen: Die Beklagte muss die Wohnung bis zum 30.04.2025 verlassen und die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil kann sofort vollstreckt werden (vorläufige Vollstreckbarkeit). Die Beklagte kann die Vollstreckung der Räumung durch eine Sicherheitsleistung von 2.000,00 Euro und die Vollstreckung der Kosten durch eine Sicherheitsleistung von 2.100,00 Euro vorläufig abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung für die Räumung erhöht sich ab Mai 2025 monatlich um 950,73 Euro. Der Streitwert wurde auf 6.608,76 Euro festgesetzt.

Der Fall vor Gericht


Räumungsklage nach Eigenbedarfskündigung erfolgreich

Überraschte Mieterin liest Eigenbedarf Kündigung im Flur. Mietrecht & Mieterschutz.
Räumungsklage nach Eigenbedarfskündigung | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Amtsgericht Brandenburg hat entschieden, dass eine Mieterin ihre langjährig bewohnte Wohnung räumen muss. Der Vermieter hatte wegen Eigenbedarfs gekündigt, da er die Wohnung für seine Schwester und deren Familie benötigt. Das Gericht wies den Härteeinwand der Mieterin zurück, gewährte ihr jedoch eine Räumungsfrist.

Der Hintergrund des Mietverhältnisses

Die betroffene Mieterin bewohnte seit dem 1. Januar 2010 eine 101,81 m² große 3 ½-Zimmer-Wohnung im Obergeschoss eines Hauses in Brandenburg. Sie lebte dort gemeinsam mit ihrer Tochter, die zum Zeitpunkt des Urteils ein freiwilliges soziales Jahr absolvierte. Der Kläger war nicht der ursprüngliche Vermieter, sondern erwarb das Grundstück später und trat somit in den bestehenden Mietvertrag ein (Kauf bricht nicht Miete, § 566 BGB).

Die Kündigung wegen Eigenbedarfs

Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis erstmals mit Schreiben vom 18. April 2022 fristgerecht zum 31. Januar 2023. Als Grund gab er Eigenbedarf gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB an. Er benötige die Wohnung dringend für seine Schwester, deren Lebensgefährten und dessen zwei Kinder. Dieser Bedarf wurde im Kündigungsschreiben ausführlich dargelegt.

Begründung des Eigenbedarfs durch den Vermieter

Zur Untermauerung seines Anspruchs führte der Kläger an, dass seine im Erdgeschoss desselben Hauses lebende Mutter nach einer Operation im Februar 2022 auf familiäre Unterstützung angewiesen sei. Die Schwester des Klägers, für die die Wohnung benötigt wird, lebte zuvor mit ihrem Partner in einer kleinen 62 m² Wohnung im 5. Stock ohne Aufzug in Potsdam.

Aufgrund einer eigenen Erkrankung war die Schwester zum Zeitpunkt der Klage in einem Seniorenzentrum untergebracht. Der Umzug in die streitgegenständliche Wohnung würde es der Schwester und ihrer Familie ermöglichen, sich angemessen um die pflegebedürftige Mutter im Erdgeschoss zu kümmern und gleichzeitig selbst adäquaten Wohnraum zu beziehen.

Der Widerspruch der Mieterin und der Härteeinwand

Die Mieterin legte mit Schreiben vom 24. November 2022 Widerspruch gegen die Kündigung ein. Sie berief sich auf die Sozialklausel des § 574 BGB und machte geltend, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für sie eine unzumutbare Härte darstellen würde.

Als Härtegründe führte sie anfangs an, dass ein Umzug einen Schulwechsel für ihre damals noch schulpflichtige Tochter bedeuten würde. Weiterhin verwies sie auf ihre berufliche Wiedereingliederung, die eine spontane Betreuungsmöglichkeit erfordere. Zudem sei sie seit einem ärztlichen Eingriff im Oktober 2020 dauerhaft krank und dadurch körperlich sowie psychisch belastet. Ihr Fokus liege auf der Rückkehr ins Berufsleben, deren Erfolg noch ungewiss sei.

Erneute Kündigung zur Sicherheit

Um jeglichen Formfehlern vorzubeugen, sprachen die Anwälte des Klägers mit Schreiben vom 19. April 2023 vorsorglich eine weitere, inhaltlich gleichlautende Eigenbedarfskündigung aus, unter Beifügung einer Originalvollmacht. Dies ist eine übliche Vorgehensweise, um die Wirksamkeit der Kündigung sicherzustellen.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Brandenburg

Das Gericht folgte der Argumentation des Klägers und verurteilte die Beklagte zur Räumung und Herausgabe der Wohnung. Es befand die Eigenbedarfskündigung für wirksam und den geltend gemachten Bedarf als nachvollziehbar und begründet.

Abwägung der Interessen

Im Kern solcher Verfahren steht immer eine Abwägung der Interessen des Vermieters an der Durchsetzung seines Eigenbedarfs gegen die Interessen des Mieters am Fortbestand des Mietverhältnisses. Der Gesetzgeber erkennt Eigenbedarf als legitimen Kündigungsgrund an, schützt Mieter aber durch die Härteklausel des § 574 BGB.

Obwohl die genauen Entscheidungsgründe im vorliegenden Auszug nicht detailliert wiedergegeben sind, lässt das Urteil darauf schließen, dass das Gericht den Eigenbedarf des Klägers als überwiegend ansah. Die Notwendigkeit, der pflegebedürftigen Mutter im selben Haus durch die Schwester zu helfen, sowie der eigene Wohnbedarf der Schwester und ihrer Familie wurden offenbar als stichhaltig bewertet.

Berücksichtigung der Härte durch Räumungsfrist

Das Gericht erkannte jedoch die schwierige Situation der Mieterin an. Zwar wurden ihre Härtegründe nicht als ausreichend erachtet, um die Kündigung gänzlich unwirksam zu machen, doch gewährte das Gericht ihr eine Räumungsfrist bis zum 30. April 2025. Diese Frist soll der Mieterin ermöglichen, in zumutbarer Weise Ersatzwohnraum zu finden und den Umzug zu organisieren.

Kosten und Vollstreckbarkeit

Die Kosten des Rechtsstreits wurden der unterlegenen Mieterin auferlegt. Das Urteil ist zudem vorläufig vollstreckbar. Das bedeutet, der Vermieter könnte die Räumung theoretisch auch vor Ablauf der Frist oder bei einem möglichen Rechtsmittelverfahren durchsetzen. Die Mieterin kann dies jedoch durch Zahlung einer Sicherheitsleistung (2.000 Euro für die Wohnung, 2.100 Euro für die Kosten) vorerst abwenden.

Interessant ist die Regelung zur Sicherheitsleistung für die Hauptsache: Diese erhöht sich ab Mai 2025 monatlich um die Bruttomiete von 950,73 Euro. Dies sichert den Vermieter gegen Mietausfälle ab, falls die Mieterin trotz Urteil nicht auszieht und die Vollstreckung verzögert wird. Der Streitwert wurde auf 6.608,76 Euro festgesetzt, was der Jahresnettokaltmiete entspricht.

Bedeutung des Urteils für Betroffene

Was bedeutet das für Mieter?

Dieses Urteil verdeutlicht, dass auch langjährige Mietverhältnisse und persönliche Härten Mieter nicht in jedem Fall vor einer Kündigung wegen Eigenbedarfs schützen. Entscheidend ist die Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit des vom Vermieter dargelegten Bedarfs sowie die gerichtliche Abwägung der gegenseitigen Interessen.

Mieter, die mit einer Eigenbedarfskündigung konfrontiert sind, sollten diese genau prüfen (lassen). Insbesondere die formellen Anforderungen an das Kündigungsschreiben sind streng. Ein Widerspruch unter Berufung auf Härtegründe muss fristgerecht und substantiiert erfolgen (§ 574b BGB). Das bedeutet, die Gründe müssen detailliert dargelegt und gegebenenfalls belegt werden.

Auch wenn der Härteeinwand die Kündigung nicht verhindert, kann er, wie hier geschehen, zu einer längeren Räumungsfrist führen. Die Suche nach angemessenem Ersatzwohnraum, gerade in angespannten Wohnungsmärkten, bleibt jedoch eine große Herausforderung für betroffene Mieter.

Was bedeutet das für Vermieter?

Für Vermieter bestätigt das Urteil, dass Eigenbedarf ein starkes Kündigungsrecht darstellt, sofern er ernsthaft besteht und korrekt geltend gemacht wird. Die Gründe für den Bedarf müssen im Kündigungsschreiben klar benannt werden und der Wahrheit entsprechen. Vorgeschobener Eigenbedarf kann zur Unwirksamkeit der Kündigung und sogar zu Schadensersatzansprüchen führen.

Das Urteil zeigt auch die Bedeutung einer sorgfältigen Begründung, insbesondere wenn es um die Unterstützung von nahen Familienangehörigen geht. Die räumliche Nähe (Mutter im selben Haus) und die bisherige unzureichende Wohnsituation der Bedarfsperson (Schwester) waren hier offenbar zentrale Punkte für die gerichtliche Entscheidung. Vermieter müssen sich jedoch auf eine genaue Prüfung durch das Gericht und mögliche Härteeinwände der Mieter einstellen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass ein berechtigter Eigenbedarf des Vermieters für Familienmitglieder mit gesundheitlichen Einschränkungen eine wirksame Kündigungsgrundlage darstellt, auch wenn der Mieter selbst Härtefallgründe geltend macht. Besonders schwerwiegend wird der Eigenbedarf bewertet, wenn die einziehende Person aufgrund gesundheitlicher Probleme (hier: Mobilitätseinschränkungen nach schwerer Erkrankung) auf eine barrierearme Wohnung angewiesen ist und zudem eine Betreuungssituation für ein anderes Familienmitglied vorliegt. Bei einer Interessenabwägung zwischen Mieter und Vermieter können selbst relevante soziale Härtefallgründe wie ein Schulwechsel oder berufliche Wiedereingliederung hinter einem medizinisch begründeten Eigenbedarf zurücktreten müssen.

Benötigen Sie Hilfe?

Eigenbedarfskündigung erhalten? Ihre Rechte kennen.

Sie bewohnen seit langer Zeit eine Mietwohnung und haben eine Eigenbedarfskündigung erhalten? Die Situation ist belastend, besonders wenn persönliche Umstände wie Krankheit, Kinder oder eine schwierige Wohnmarktlage hinzukommen. Die Anforderungen an eine wirksame Kündigung sind jedoch hoch, und es gibt zahlreiche formelle und inhaltliche Aspekte, die einer genauen Prüfung bedürfen.

Lassen Sie sich von uns beraten, um Ihre individuelle Situation rechtlich fundiert zu bewerten. Wir analysieren Ihre Kündigung, prüfen mögliche Härtegründe und unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte – sei es durch eine einvernehmliche Lösung oder vor Gericht. So schaffen wir gemeinsam die Grundlage für eine informierte und sichere Entscheidung.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Eigenbedarf genau und wann darf ein Vermieter deswegen kündigen?

Eigenbedarf bedeutet, dass Ihr Vermieter die von Ihnen gemietete Wohnung selbst nutzen möchte oder für bestimmte nahe Angehörige oder Haushaltsangehörige benötigt. Es ist einer der häufigsten Gründe, warum Vermieter ein Mietverhältnis kündigen dürfen. Gesetzlich ist dies in § 573 Absatz 2 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt.

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam:

Wer kann den Eigenbedarf geltend machen?

Der Vermieter kann die Wohnung nicht für irgendjemanden beanspruchen. Der Eigenbedarf muss für folgende Personen bestehen:

  • Den Vermieter selbst: Wenn er die Wohnung als Hauptwohnsitz, Zweitwohnung oder auch für berufliche Zwecke benötigt.
  • Enge Familienangehörige: Dazu zählen insbesondere Kinder, Eltern, Enkel, Großeltern und Geschwister des Vermieters. Auch Nichten und Neffen können dazugehören, wenn eine enge soziale Bindung zum Vermieter besteht.
  • Angehörige seines Haushalts: Das sind Personen, die schon länger mit dem Vermieter zusammenleben, wie zum Beispiel der Ehepartner, eingetragene Lebenspartner oder auch Pflegekinder.
  • Haushalts- und Pflegepersonal: Wenn der Vermieter oder ein naher Angehöriger auf Pflege oder Unterstützung im Haushalt angewiesen ist und diese Person in der Wohnung leben soll, um die Versorgung sicherzustellen.

Was sind die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung?

Damit eine Kündigung wegen Eigenbedarfs gültig ist, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:

  • Ernsthafter und nachvollziehbarer Nutzungswunsch: Der wichtigste Punkt ist, dass der Vermieter die Wohnung wirklich und ernsthaft für sich oder die berechtigte Person benötigt. Der Wunsch muss vernünftig und nachvollziehbar sein. Ein nur vorgeschobener Grund, um Sie als Mieter loszuwerden, ist unzulässig.
    • Beispiel für nachvollziehbare Gründe: Der Vermieter braucht eine größere Wohnung wegen Familienzuwachs; die Tochter möchte für ihr Studium in die Stadt ziehen; die Eltern benötigen eine barrierefreie Wohnung im Erdgeschoss; der Vermieter will näher an seinem Arbeitsplatz wohnen.
  • Konkrete Angaben im Kündigungsschreiben: Der Vermieter muss Ihnen schriftlich kündigen. In diesem Schreiben muss er genau begründen, warum er die Wohnung benötigt. Er muss angeben, welche Person (mit Namen) einziehen soll und welche konkreten Gründe für den Bedarf vorliegen. Je detaillierter die Begründung, desto besser können Sie die Ernsthaftigkeit prüfen.
  • Kein Rechtsmissbrauch: Die Kündigung darf nicht rechtsmissbräuchlich sein. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Vermieter eine andere, vergleichbare Wohnung im selben Haus frei hat, die den Bedarf genauso gut decken würde, oder wenn der Bedarf nur für eine sehr kurze Zeit besteht.

Was bedeutet „ernsthaft“ und „nachvollziehbar“?

Der Vermieter muss vernünftige, plausible Gründe für seinen Nutzungswunsch darlegen. Die Gerichte prüfen im Streitfall genau, ob der angegebene Bedarf tatsächlich besteht und nicht nur ein Vorwand ist.

  • Nicht ausreichend ist zum Beispiel der Wunsch, die Wohnung nur gelegentlich als Ferienwohnung oder Gästeunterkunft zu nutzen.
  • Auch ein weit überhöhter Wohnbedarf (z.B. eine Einzelperson beansprucht eine sehr große Familienwohnung ohne plausible Erklärung) kann kritisch gesehen werden.

Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Der Vermieter muss seinen Wunsch, die Wohnung zu nutzen, konkret darlegen und im Zweifel auch beweisen können. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist also kein einfacher Weg für den Vermieter, einen Mietvertrag zu beenden, sondern an klare rechtliche Hürden gebunden.


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Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn mein Vermieter Eigenbedarf anmeldet?

Wenn Ihr Vermieter Ihnen wegen Eigenbedarfs kündigt, bedeutet das nicht automatisch, dass Sie sofort ausziehen müssen. Das Gesetz schützt Mieter und gibt Ihnen bestimmte Rechte. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nur unter strengen Voraussetzungen wirksam.

Das Recht auf Information und Prüfung

Ihr Vermieter muss die Kündigung schriftlich aussprechen und detailliert begründen, warum er oder eine begünstigte Person die Wohnung benötigt (§ 573 Abs. 3 BGB). Sie haben das Recht zu erfahren:

  • Für welche Person der Eigenbedarf geltend gemacht wird (z. B. der Vermieter selbst, seine Kinder, Eltern oder Enkel).
  • Aus welchem konkreten Grund diese Person die Wohnung benötigt (z. B. Umzug aus beruflichen Gründen, Gründung eines eigenen Haushalts).

Diese Begründung muss nachvollziehbar und plausibel sein. Fehlt eine ausreichende Begründung oder ist sie nur vorgeschoben, kann die Kündigung unwirksam sein. Sie haben das Recht, die Kündigung genau auf diese Punkte sowie auf formale Fehler (z. B. Einhaltung der Kündigungsfrist) zu prüfen. Die Kündigungsfrist richtet sich nach der Dauer Ihres Mietverhältnisses (§ 573c BGB).

Das Widerspruchsrecht (Sozialklausel)

Auch wenn die Eigenbedarfskündigung formal korrekt ist und der Grund tatsächlich besteht, können Sie der Kündigung unter bestimmten Umständen widersprechen. Dies ist in § 574 BGB geregelt und wird oft als „Sozialklausel“ bezeichnet.

Sie können Widerspruch einlegen, wenn der Auszug für Sie, Ihre Familie oder andere Haushaltsangehörige eine besondere Härte bedeuten würde, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Eine solche Härte kann beispielsweise vorliegen bei:

  • Hohem Alter
  • Schwerer Krankheit oder Gebrechlichkeit
  • Schwangerschaft
  • Bevorstehendem Examen
  • Langer Mietdauer und starker Verwurzelung im Umfeld
  • Fehlendem zumutbaren Ersatzwohnraum trotz intensiver Suche

Ob eine Härte vorliegt, wird immer im Einzelfall geprüft. Es findet eine Abwägung statt: Ihre Interessen am Verbleib in der Wohnung werden gegen die Interessen des Vermieters am Bezug der Wohnung abgewogen.

Fristen für den Widerspruch

Wenn Sie der Kündigung wegen einer besonderen Härte widersprechen möchten, müssen Sie dies schriftlich tun. Ganz wichtig ist die Frist: Der Widerspruch muss Ihrem Vermieter spätestens zwei Monate vor dem Ende der Kündigungsfrist zugehen (§ 574b Abs. 2 BGB).

Beispiel: Endet Ihr Mietverhältnis laut Kündigungsschreiben am 31. Juli, muss Ihr Widerspruch spätestens am 31. Mai beim Vermieter sein.

Versäumen Sie diese Frist, können Sie die Härtegründe in einem eventuell folgenden gerichtlichen Räumungsverfahren in der Regel nicht mehr erfolgreich geltend machen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Gründe für die Härte erst später entstanden sind oder Sie die Frist unverschuldet versäumt haben.

Wenn Sie eine Eigenbedarfskündigung erhalten, stehen Ihnen also verschiedene Möglichkeiten offen, diese zu prüfen und gegebenenfalls darauf zu reagieren. Die Einhaltung der Widerspruchsfrist ist dabei von zentraler Bedeutung.


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Was bedeutet „soziale Härte“ im Zusammenhang mit einer Eigenbedarfskündigung und welche Umstände können als solche gelten?

Die „soziale Härte“ ist ein wichtiger Begriff aus dem Mietrecht, der im Zusammenhang mit einer Kündigung wegen Eigenbedarfs durch den Vermieter relevant wird. Sie gibt Ihnen als Mieter unter bestimmten Umständen das Recht, der Kündigung zu widersprechen, auch wenn der Eigenbedarf des Vermieters grundsätzlich berechtigt ist.

Das Gesetz (§ 574 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB, oft auch „Sozialklausel“ oder „Härteklausel“ genannt) sagt: Sie können der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für Sie, Ihre Familie oder einen anderen Angehörigen Ihres Haushalts **eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der bere


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Was passiert, wenn ich der Eigenbedarfskündigung widerspreche und eine soziale Härte geltend mache?

Wenn Sie einer Eigenbedarfskündigung widersprechen und geltend machen, dass der Auszug für Sie eine besondere soziale Härte darstellen würde (nach § 574 Bürgerliches Gesetzbuch), bedeutet das nicht automatisch, dass die Kündigung unwirksam ist oder Sie in der Wohnung bleiben können. Ihr Widerspruch ist zunächst eine Erklärung Ihrerseits, dass Sie die Kündigung aus bestimmten Härtegründen nicht akzeptieren.

Der Weg zur Räumungsklage

Hält Ihr Vermieter trotz Ihres Widerspruchs an der Kündigung fest, muss er in der Regel den nächsten Schritt gehen, um die Wohnung zurückzuerhalten: Er muss Klage auf Räumung bei dem zuständigen Amtsgericht einreichen. Ohne ein gerichtliches Urteil darf der Vermieter Sie nicht einfach aus der Wohnung setzen.

Ablauf des Gerichtsverfahrens

  1. Klageeinreichung: Der Vermieter reicht die Räumungsklage beim Gericht ein und begründet, warum die Kündigung seiner Meinung nach wirksam ist und kein ausreichender Härtefall vorliegt, der die Fortsetzung des Mietverhältnisses rechtfertigt.
  2. Ihre Möglichkeit zur Verteidigung: Das Gericht stellt Ihnen die Klageschrift zu. Sie haben dann die Möglichkeit, sich gegen die Klage zu verteidigen. Sie können dem Gericht Ihre Sicht der Dinge darlegen und Beweise für Ihre Härtegründe vorlegen (z.B. ärztliche Atteste, Nachweise über fehlenden Ersatzwohnraum). Sie können sich in diesem Verfahren auch durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, müssen dies aber im Verfahren vor dem Amtsgericht nicht zwingend tun.
  3. Prüfung durch das Gericht: Das Gericht prüft nun sorgfältig beide Seiten. Es untersucht, ob die Eigenbedarfskündigung überhaupt wirksam ist (z.B. ob der Eigenbedarfsgrund wirklich besteht und ausreichend dargelegt wurde). Gleichzeitig prüft es die von Ihnen genannten Härtegründe.
  4. Interessenabwägung: Ein zentraler Punkt ist die Abwägung der Interessen: Die Interessen des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses werden gegen Ihre Interessen an der Fortsetzung abgewogen. Das Gericht entscheidet, wessen Interessen überwiegen.
  5. Mündliche Verhandlung: Meistens findet eine mündliche Verhandlung statt, in der beide Parteien ihre Argumente nochmals vortragen können.
  6. Urteil: Am Ende des Verfahrens fällt das Gericht ein Urteil. Es kann die Räumungsklage abweisen, wenn die Kündigung unwirksam ist oder Ihre Härtegründe überwiegen. Sie dürften dann in der Wohnung bleiben. Oder das Gericht gibt der Klage statt und verurteilt Sie zur Räumung der Wohnung. In diesem Fall setzt das Gericht oft eine angemessene Räumungsfrist fest (§ 721 Zivilprozessordnung), die Ihnen Zeit gibt, eine neue Wohnung zu suchen.

Kosten des Verfahrens

Ein Gerichtsverfahren verursacht Kosten: Gerichtskosten und möglicherweise Anwaltskosten für beide Seiten. Grundsätzlich gilt: Die Partei, die den Prozess verliert, muss die gesamten Kosten tragen – also die Gerichtskosten und die Anwaltskosten der Gegenseite sowie die eigenen Anwaltskosten (§ 91 Zivilprozessordnung). Dies stellt ein finanzielles Risiko dar.

Möglichkeit eines Vergleichs

Nicht jedes Verfahren endet mit einem Urteil. Mieter und Vermieter können sich jederzeit – auch noch während des laufenden Gerichtsverfahrens – auf einen Vergleich einigen. Ein Vergleich ist eine einvernehmliche Lösung, mit der beide Seiten leben können. Darin kann zum Beispiel geregelt werden, wann Sie ausziehen, ob Sie eine finanzielle Unterstützung (Abfindung) für den Auszug erhalten oder andere individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Bei einem Vergleich werden die Kosten des Verfahrens oft geteilt oder nach der Vereinbarung geregelt.


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Welche Fristen muss ich bei einer Eigenbedarfskündigung beachten und was passiert, wenn ich diese versäume?

Bei einer Eigenbedarfskündigung sind für Sie als Mieter verschiedene Fristen relevant. Das Einhalten dieser Fristen ist sehr wichtig, da ein Versäumnis Nachteile haben kann.

Kündigungsfrist des Vermieters

Zunächst muss sich Ihr Vermieter an die gesetzlichen Kündigungsfristen halten, wenn er Ihnen wegen Eigenbedarfs kündigt. Diese Fristen richten sich danach, wie lange Sie schon in der Wohnung wohnen (§ 573c BGB):

  • Bis zu 5 Jahre Mietdauer: Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate.
  • Mehr als 5 Jahre Mietdauer: Die Kündigungsfrist beträgt 6 Monate.
  • Mehr als 8 Jahre Mietdauer: Die Kündigungsfrist beträgt 9 Monate.

Damit die Kündigung zum Ende eines bestimmten Monats wirksam wird, muss sie Ihnen spätestens am dritten Werktag dieses Monats zugehen. Samstage gelten dabei in der Regel als Werktage.

Was passiert, wenn der Vermieter die Frist nicht einhält? Eine zu kurz bemessene Kündigungsfrist macht die Kündigung nicht automatisch unwirksam. Sie gilt dann aber als zum nächstmöglichen, korrekten Termin ausgesprochen. Beispiel: Kündigt der Vermieter bei 10 Jahren Mietdauer mit nur 3 Monaten Frist, ist die Kündigung meist trotzdem gültig, aber erst zum Ablauf der korrekten Frist von 9 Monaten.

Widerspruchsfrist für Mieter (Sozialklausel)

Wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für Sie, Ihre Familie oder einen anderen Angehörigen Ihres Haushalts eine besondere Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist, können Sie der Kündigung widersprechen (§ 574 BGB). Solche Härtegründe können z.B. hohes Alter, schwere Krankheit, Schwangerschaft, bevorstehende Prüfungen, fehlender Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen oder eine lange Mietdauer sein.

Für diesen Widerspruch gibt es eine sehr wichtige Frist: Sie müssen den Widerspruch schriftlich erklären und er muss dem Vermieter spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses zugehen (§ 574b Abs. 2 BGB).

  • Beispiel: Wenn Ihr Mietverhältnis laut Kündigungsschreiben am 31. August enden soll, muss Ihr schriftlicher Widerspruch spätestens am 30. Juni bei Ihrem Vermieter sein.

Was passiert, wenn Sie diese Widerspruchsfrist versäumen? Das ist entscheidend: Wenn Sie die Frist für den Widerspruch versäumen, können Sie sich im Normalfall später nicht mehr auf soziale Härtegründe berufen, auch nicht in einem möglichen Gerichtsverfahren (Räumungsklage). Sie verlieren Ihr Recht, die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus Härtegründen zu verlangen. Nur in Ausnahmefällen, etwa wenn der Vermieter Sie im Kündigungsschreiben nicht korrekt über Ihr Widerspruchsrecht und die Frist informiert hat, kann der Widerspruch eventuell noch später erfolgen.

Wie werden Fristen berechnet?

Die Berechnung von Fristen erfolgt nach den §§ 187 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Vereinfacht gesagt:

  • Der Tag, an dem das Ereignis stattfindet, das die Frist auslöst (z.B. der Zugang der Kündigung oder das im Kündigungsschreiben genannte Mietvertragsende), zählt bei der Berechnung der Frist nicht mit.
  • Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist erst mit dem Ablauf des nächsten Werktages.

Räumungsfrist nach Gerichtsverfahren

Wenn Sie trotz wirksamer Kündigung nicht ausziehen und der Vermieter erfolgreich eine Räumungsklage führt, wird das Gericht Sie zur Räumung verurteilen. In diesem Urteil kann das Gericht Ihnen auf Antrag eine angemessene Räumungsfrist gewähren (§ 721 ZPO). Diese Frist soll Ihnen Zeit geben, eine neue Wohnung zu finden und den Umzug zu organisieren. Die Dauer hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (z.B. Ihre persönlichen Verhältnisse, die Situation auf dem Wohnungsmarkt).

Das Versäumen von Fristen, insbesondere der Widerspruchsfrist, kann also gravierende Folgen haben und dazu führen, dass Sie Ihr Zuhause verlassen müssen, obwohl vielleicht Härtegründe vorliegen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB)

Dies ist ein gesetzlich anerkannter Grund, warum ein Vermieter einen Mietvertrag kündigen darf (berechtigtes Interesse). Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter die vermietete Wohnung für sich selbst, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts (wie im Text die Schwester) vernünftigerweise benötigt. Die Gründe müssen im Kündigungsschreiben nachvollziehbar und konkret dargelegt werden; im Text war dies der Bedarf der Schwester zur Pflege der Mutter im selben Haus und ihr eigener unzureichender Wohnraum. Ein nur vorgetäuschter Bedarf ist unwirksam und kann sogar zu Schadensersatzansprüchen des Mieters führen.
Beispiel: Ein Vermieter kündigt, weil seine Tochter nach dem Studium eine eigene Wohnung braucht und in die vermietete Wohnung einziehen soll.


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Sozialklausel (§ 574 BGB)

Dies ist ein Schutzrecht für Mieter, das ihnen erlaubt, einer an sich wirksamen Kündigung (wie der Eigenbedarfskündigung) zu widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses eine besondere Härte bedeuten würde. Diese Härte muss unzumutbar sein, auch wenn man die berechtigten Interessen des Vermieters berücksichtigt. Die Mieterin im Text berief sich auf diese Klausel (Härteeinwand) wegen ihrer Tochter, ihrer beruflichen Wiedereingliederung und ihrer Gesundheit. Das Gericht prüft dann in einer Abwägung der Interessen, wessen Belange überwiegen.
Beispiel: Ein hochbetagter, schwer kranker Mieter, der seit 40 Jahren in der Wohnung lebt, in der Umgebung sozial verwurzelt ist und nachweislich keine andere Wohnung finden kann, könnte sich erfolgreich auf die Sozialklausel berufen.


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Abwägung der Interessen

Dies beschreibt den Vorgang, bei dem ein Gericht die schutzwürdigen Belange beider Parteien (hier Vermieter und Mieterin) gegenüberstellt und gewichtet. Bei einer Eigenbedarfskündigung mit Härteeinwand nach § 574 BGB wiegt das Gericht das Interesse des Vermieters an der Erlangung der Wohnung (z.B. zur Nutzung durch Angehörige) gegen das Interesse des Mieters am Fortbestand des Mietverhältnisses (z.B. wegen Krankheit, Verwurzelung, fehlendem Ersatzwohnraum). Das Gericht entscheidet dann auf Basis der konkreten Umstände, welches Interesse im Einzelfall überwiegt. Im Text überwog das Interesse des Vermieters, was zur Verurteilung zur Räumung führte, allerdings mit einer langen Räumungsfrist als Teilanerkennung der Mieterinteressen.


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Räumungsfrist (§ 721 ZPO)

Auch wenn ein Gericht entscheidet, dass die Kündigung wirksam ist und der Mieter ausziehen muss (Räumungsurteil), kann es dem Mieter auf Antrag eine zusätzliche Frist zum Auszug gewähren. Diese Räumungsfrist (geregelt in § 721 der Zivilprozessordnung, ZPO) soll eine unbillige Härte für den Mieter vermeiden und ihm ausreichend Zeit geben, angemessenen Ersatzwohnraum zu finden und den Umzug zu organisieren. Im vorliegenden Fall gewährte das Gericht der Mieterin eine Frist bis zum 30. April 2025, obwohl ihr Härteeinwand die Kündigung selbst nicht unwirksam machte. Die maximale Dauer beträgt in der Regel ein Jahr, kann aber unter Umständen verlängert werden.


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Vorläufig vollstreckbar (§§ 708 ff. ZPO)

Diese Eigenschaft eines Urteils bedeutet, dass die darin festgelegte Verpflichtung (hier die Räumung der Wohnung) sofort durchgesetzt werden kann, auch wenn das Urteil noch nicht endgültig rechtskräftig ist (z.B. weil die Frist für Rechtsmittel wie Berufung noch läuft oder ein Rechtsmittel eingelegt wurde). Der Vermieter könnte also grundsätzlich die Zwangsräumung betreiben, selbst wenn die Mieterin das Urteil noch anfechten würde. Das Gesetz sieht dies für bestimmte Urteile vor (z.B. Räumungsurteile, § 708 Nr. 7 ZPO), um den Gläubiger zu schützen. Die Vollstreckung kann jedoch oft durch eine Sicherheitsleistung abgewendet werden.


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Sicherheitsleistung (§ 711 ZPO)

Dies ist ein Geldbetrag oder eine andere Sicherheit (z.B. Bankbürgschaft), die eine Partei hinterlegen muss, meist im Zusammenhang mit der vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Urteils. Im Text kann die Mieterin als unterlegene Partei durch Zahlung einer Sicherheitsleistung (2.000 € für die Wohnung, 2.100 € für die Kosten) die sofortige Zwangsvollstreckung der Räumung durch den Vermieter abwenden, obwohl das Urteil vorläufig vollstreckbar ist (§ 711 ZPO). Diese Sicherheit dient dazu, den Gläubiger (hier den Vermieter) vor möglichen Nachteilen zu schützen, die ihm durch die vorläufige Verhinderung oder Verzögerung der Vollstreckung entstehen könnten (z.B. Mietausfall, falls sich das Urteil später doch noch ändert).

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 573 BGB – Ordentliche Kündigung des Vermieters: Dieser Paragraph regelt, dass ein Vermieter einen Mietvertrag kündigen kann, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches berechtigtes Interesse kann beispielsweise Eigenbedarf sein, wenn der Vermieter die Wohnung für sich oder seine Familie benötigt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger hat die Kündigung auf Eigenbedarf für seine Schwester und deren Familie gestützt, was grundsätzlich ein legitimer Kündigungsgrund nach § 573 BGB sein kann.
  • § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB – Eigenbedarf als berechtigtes Interesse: Hier wird konkretisiert, dass Eigenbedarf des Vermieters für sich selbst, Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts ein berechtigtes Interesse an der Kündigung darstellt. Familienangehörige in diesem Sinne sind beispielsweise Kinder, Eltern oder Geschwister des Vermieters. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger argumentiert mit dem Bedarf seiner Schwester und ihrer Familie, was unter den Begriff der Familienangehörigen im Sinne des Eigenbedarfs fällt und vom Gericht als potenziell ausreichend anerkannt wurde.
  • § 574 BGB – Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung (Sozialklausel): Dieser Paragraph ermöglicht Mietern, einer Kündigung zu widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen, wenn die Kündigung für sie oder ihre Familie eine unzumutbare Härte darstellen würde. Dabei werden verschiedene persönliche Umstände des Mieters berücksichtigt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte hat Widerspruch gegen die Kündigung eingelegt und eine unzumutbare Härte aufgrund der Situation ihrer Tochter, ihrer eigenen gesundheitlichen Probleme und der beruflichen Wiedereingliederung geltend gemacht. Das Gericht hat diese Härte jedoch nicht als ausreichend unzumutbar angesehen, um die Kündigung aufzuheben.
  • § 721 ZPO – Räumungsfrist: Dieses Gesetz erlaubt es dem Gericht, dem Mieter eine angemessene Frist für die Räumung der Wohnung zu gewähren. Die Räumungsfrist soll dem Mieter Zeit geben, eine neue Wohnung zu finden und den Umzug zu organisieren, um unbillige Härten zu vermeiden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat der Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 30. April 2025 gewährt, was ihr etwas Zeit verschafft, die Wohnung zu verlassen und sich neu zu orientieren, bevor die Räumung vollstreckt werden kann.
  • § 91 ZPO – Kosten des Rechtsstreits: Grundsätzlich trägt die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits, was sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten der Gegenseite umfasst. Dies soll verhindern, dass die obsiegende Partei finanzielle Nachteile durch den Rechtsstreit erleidet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Beklagte den Rechtsstreit verloren hat, wurde sie dazu verurteilt, die Kosten des Verfahrens zu tragen, was ihre finanzielle Belastung zusätzlich erhöht.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Mieter bei Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs trifft Mieter oft unerwartet, besonders nach langer Wohndauer. Plötzlich steht der Verlust des Zuhauses im Raum. Es ist wichtig, die Situation richtig einzuschätzen und die eigenen Rechte zu kennen.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Kündigungsschreiben formal prüfen
Der Vermieter muss die Kündigung schriftlich erklären und detailliert begründen. Es muss klar hervorgehen, für welche Person(en) die Wohnung benötigt wird (z. B. der Vermieter selbst, Kinder, Eltern) und warum diese Person(en) die Wohnung brauchen (konkreter Bedarf). Prüfen Sie, ob diese Angaben vollständig und nachvollziehbar sind.

⚠️ ACHTUNG: Formale Fehler können die Kündigung unwirksam machen. Schon das Fehlen einer plausiblen Begründung kann ein Angriffspunkt sein.


Tipp 2: Begründung des Eigenbedarfs kritisch hinterfragen
Der vom Vermieter angegebene Grund für den Eigenbedarf muss ernsthaft und nachvollziehbar sein. Nicht jeder Wunsch des Vermieters rechtfertigt eine Kündigung. Der Bedarf muss zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs bestehen und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist andauern.

Beispiel: Der Vermieter kündigt, weil seine Tochter aus dem Ausland zurückkehrt und eine Wohnung sucht. Dies ist ein anerkannter Eigenbedarfsgrund. Kündigt er jedoch nur vage, weil er „die Wohnung vielleicht mal braucht“, ist das oft nicht ausreichend.

⚠️ ACHTUNG: Ein nur vorgetäuschter Eigenbedarf macht die Kündigung unwirksam. Dies ist im Nachhinein jedoch oft schwer zu beweisen (z. B. wenn die Wohnung nach Auszug doch nicht wie angekündigt genutzt, sondern teuer neu vermietet oder verkauft wird).


Tipp 3: Gesetzliche Kündigungsfristen kontrollieren
Auch bei einer wirksamen Eigenbedarfskündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen, die sich nach der Dauer des Mietverhältnisses richten (§ 573c BGB). Je länger Sie in der Wohnung gewohnt haben, desto länger ist die Frist (bis zu 9 Monate bei über 8 Jahren Wohndauer).

⚠️ ACHTUNG: Die im Kündigungsschreiben genannte Frist muss korrekt sein. Eine zu kurz bemessene Frist führt zwar nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, es gilt dann aber automatisch die korrekte gesetzliche Frist.


Tipp 4: Widerspruch wegen sozialer Härte prüfen (Härteeinwand)
Sie können der Kündigung widersprechen, wenn der Auszug für Sie oder Ihre Familie eine unzumutbare Härte darstellen würde (§ 574 BGB). Gründe können hohes Alter, schwere Krankheit, Behinderung, Schwangerschaft, bevorstehende Examina, lange Wohndauer verbunden mit starker Verwurzelung oder die Unmöglichkeit, angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zu finden, sein.

⚠️ ACHTUNG: Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und dem Vermieter spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist zugehen. Die Gründe für die Härte müssen konkret dargelegt werden.


Tipp 5: Rechtzeitig Rechtsrat einholen
Eine Eigenbedarfskündigung ist eine ernste Angelegenheit mit weitreichenden Folgen. Aufgrund der Komplexität und der oft kurzen Fristen sollten Sie sich umgehend nach Erhalt der Kündigung juristisch beraten lassen, z. B. durch einen Fachanwalt für Mietrecht oder einen Mieterverein. Nur so können Ihre Chancen und Risiken individuell bewertet werden.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Auch wenn Sie schon sehr lange in der Wohnung leben (wie im Fall: über 10 Jahre), schützt das allein nicht vor einer wirksamen Eigenbedarfskündigung. Ebenso kann ein neuer Eigentümer, der das Haus kauft und in den Mietvertrag eintritt („Kauf bricht nicht Miete“, § 566 BGB), unter den gesetzlichen Voraussetzungen Eigenbedarf geltend machen. Sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen und Sie verlieren, müssen Sie neben der Räumung auch die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Gericht kann jedoch eine angemessene Räumungsfrist gewähren, wie im vorliegenden Fall bis zum 30.04.2025 geschehen.

Checkliste: Eigenbedarfskündigung erhalten

  • [ ] Kündigungsschreiben auf Vollständigkeit geprüft (Schriftform, Absender, Empfänger, Unterschrift)?
  • [ ] Begründung für Eigenbedarf klar und nachvollziehbar dargelegt (Wer braucht die Wohnung? Warum?)?
  • [ ] Gesetzliche Kündigungsfrist korrekt berechnet und eingehalten?
  • [ ] Widerspruchsmöglichkeit wegen sozialer Härte geprüft (Frist: 2 Monate vor Mietende!)?
  • [ ] Zeitnah Rechtsberatung (Anwalt, Mieterverein) in Anspruch genommen?

Das vorliegende Urteil


AG Brandenburg – Az.: 30 C 99/23 – Urteil vom 27.03.2025


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