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Kündigung wegen unerlaubter Untervermietung

LG Berlin – Az.: 63 S 517/10 – Urteil vom 01.07.2011

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11. August 2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 11 C 310/09 – abgeändert und neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von einer Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

1. Die statthafte (§ 511 Abs. 1 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung ist zulässig.

2. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung, da das Mietverhältnis nicht beendet ist. Die Kündigung der Klägerin vom 27.10.2009 ist unwirksam, da weder ein wichtiger Grund (§ 543 Abs. 1 BGB) noch ein berechtigtes Interesse (§ 573 Abs. 1 BGB) an einer Beendigung des Mietverhältnisses bestehen. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts haben die Beklagten eine unerlaubte Gebrauchsüberlassung der Wohnung an die Beklagten zu 3) und 4) substantiiert bestritten. Legt man den Vortrag der Beklagten zu Grunde, so halten sich diese lediglich in den Frühlings- und Sommermonaten zum überwiegenden Teil auf ihrem Altersruhesitz auf. Es ist zweifelhaft, ob hierin bereits eine Gebrauchsüberlassung an einen Dritten – hier die Beklagten zu 3) und 4) – gesehen werden kann, zumal die Beklagte zu 3) unstreitig bereits seit Anmietung der Wohnung … ebenfalls dort ihren Lebensmittelpunkt hat.

Selbst wenn man angesichts der längerfristigen Abwesenheit der Beklagten zu 1) und 2) eine teilweise Gebrauchsüberlassung annähme, wäre eine Kündigung nicht berechtigt, da die Beklagten nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Erteilung dieser Gebrauchsüberlassung hätten. Eine Unzumutbarkeit der Überlassung im Sinne von § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB ist von der Klägerin weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Der Anspruch der Beklagten zu 1) und 2) hängt auch nicht davon ab, ob diese in der Wohnung noch ihren Lebensmittelpunkt haben (BGH, Urt. 23.11.2005 – VIII ZR 4/05, Grundeigentum 2006, 249).

Zwar verletzt ein Mieter, der eine Untervermietung vornimmt, ohne die erforderliche Erlaubnis seines Vermieters einzuholen, seine vertraglichen Pflichten auch dann, wenn er letztlich einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat (BGH, Urt. v. 02.02.2011 – VIII ZR 74/10, Grundeigentum 2011, 401 m.w.N.), doch ist die Frage, ob in einem derartigen Fall der Vertragsverletzung ein die ordentliche Kündigung rechtfertigendes Gewicht zukommt, anhand einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist. Hierbei kommt es auch auf die Gründe an, die den Mieter dazu bestimmen, einem Dritten ohne die Genehmigung des Vermieters den Gebrauch der Mietsache zu überlassen; insbesondere eine bewusste Missachtung der Belange oder der Person des Vermieters kann der Vertragsverletzung Gewicht verleihen (BGH, a.a.O.). Eine solche bewusste Missachtung der Belange oder der Person der Klägerin ist jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht erkannt werden, dass die Beklagten zu 1) und 2) durch die Unterlassung der Erlaubniseinholung zum Ausdruck gebracht hätten, dass mögliche Einwände der Klägerin gegen eine Gebrauchsüberlassung für sie nicht von Interesse wären. Es liegt vielmehr nahe, dass die Beklagten zu 1) und 2) die (teilweise) Überlassung der Wohnung an ihre dort seit Vertragsbeginn wohnende Tochter und deren Lebensgefährten als zulässige und nicht genehmigungsbedürftige Aufnahme von Familienangehörigen angesehen haben. Deshalb kommt hier dem möglichen Pflichtverstoß, der allein in einer nicht eingeholten (aber zu erteilenden) Genehmigung liegt, allein nicht das für eine Kündigung erforderliche Gewicht zu.

Eine vollständige Gebrauchsüberlassung, auf deren Genehmigung die Beklagten zu 1) und 2) keinen Anspruch hätten, liegt jedenfalls nicht vor. Die Beklagten zu 1) und 2) können nach wie vor ihre Sachherrschaft über die Wohnung auszuüben, auch wenn diese nach eigenem Vortrag längere Zeit ortsabwesend sein mögen (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, MietR 10. Aufl., § 553 Rn. 8). Die Klägerin ist für ihre Behauptung, dass eine vollständige Untervermietung bzw. Gebrauchsüberlassung vorliege, beweisfällig geblieben. Soweit die Klägerin als Zeugen den Handwerker benannt hat, der am 28. und 30.04.2009 Arbeiten in der streitgegenständlichen Wohnung durchgeführt hat, sind die behaupteten Wahrnehmungen des Zeugen von vornherein ungeeignet, den erforderlichen Beweis zu erbringen. Der Umstand, dass die Beklagten zu 1) und 2) zum Zeitpunkt der Arbeiten nicht in der Wohnung anwesend waren, besagt nichts über die Besitzverhältnisse an der Wohnung (vgl. § 856 Abs. 2 BGB). Soweit auch die Aufteilung und Einrichtung der Wohnung nach Ansicht des Handwerkers keine Hinweise auf weitere Bewohner gab, steht dies im Einklang mit dem Vortrag der Beklagten zu 1) und 2), dass sie sich im Frühling hauptsächlich auf ihrem Alterswohnsitz aufhalten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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