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Kündigungserklärung gegenüber allen Mietern notwendig?

LG Frankfurt/Main, Az.: 2-11 S 9/18, Urteil vom 11.06.2018

In dem Rechtsstreit hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2018 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichtes Frankfurt am Main vom 01.12.2017, Az.: 33 C 2525/17 (31), wie folgt, abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, die Wohnung … Frankfurt, am E. …, 1. Stock, Größe 125 qm, bestehend aus 4,5 Zimmern, Küche, 2 Dielen, 2 Bädern, Keller zu räumen und nebst Wohnungsschlüsseln an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 958,19 Euro zu zahlen.

Die Kosten der ersten Instanz und der Berufungsinstanz haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung jedoch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 13.500 Euro abwenden, wenn die Klägerin nicht vorher Sicherheitsleistung in gleicher Höhe leistet.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zu 31.01.2019 eingeräumt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.400,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Räumung von Wohnraum und die Zahlung vorgerichtlicher Kosten.

Kündigungserklärung gegenüber allen Mietern notwendig?
Foto: athirati/Bigstock

Die Klägerin vermietete mit Mietvertrag vom 21.03.2004 die streitgegenständliche Wohnung Am E. …, 1. Stock, in Frankfurt am Main an den Beklagten zu 2. Im Mietvertrag waren außerdem als Mieter aufgeführt Frau H. A. (die Mutter des Beklagten zu 2) sowie M3. A. (der Bruder des Beklagten zu 2).

Die Beklagte zu 1 ist die Ehefrau des Beklagten zu 2 und zog später in die Wohnung ein.

Die Beklagten haben zusammen 3 Kinder, die 2007, 2008 bzw. 2009 geboren wurden. Nachdem sich die Beklagten getrennt hatten, zog der Beklagte zu 2 zunächst in die Z.straße 38 und von dort aus in die H.straße 99 in Frankfurt. Dort wohnt er seit 15.06.2017. Den Umzug in die Z.straße teilte der Beklagte zu 2 der Klägerin mit, nicht jedoch den Umzug in die H.straße 99.

Der Bruder des Beklagten zu 2, M3. A., war bereits im Jahr 2007 aus der Wohnung ausgezogen. Die Mutter des Beklagten zu 2, H. A., zog zumindest im Jahr 2014 aus der streitgegenständliche Wohnung aus, nach Behauptung der Klägerin bereits im Dezember 2012. Beide teilten der Klägerin weder ihren Auszug noch eine neue Adresse mit.

Die Miete für die streitgegenständliche Wohnung beträgt 950,00 Euro monatlich zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 310,00 Euro. Die Klägerin sprach mit Schreiben vom 12.06.2017 eine Abmahnung wegen Mietrückständen aus. Das Schreiben wurde per Einschreiben-Rückschein an die Adresse Z.straße 38 in Frankfurt am Main gesendet. Es wurde von dem Beklagten zu 2 nicht abgeholt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.07.2017 (Bl. 21-22 der Akte) sprach die Klägerin wegen Mietrückständen in Höhe von 2.919,44 Euro (Stand Anfang Juli 2017) die fristlose Kündigung aus. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin legte das Kündigungsschreiben am 07.07.2017 in den Briefkasten Z.straße 38 ein. Der Briefkasten war gekennzeichnet mit B./M2.. An der Klingelanlage stand lediglich der Name B.. Das Kündigungsschreiben erreichte den Beklagten zu 2 nicht. Das Kündigungsschreiben, adressiert an die Beklagte zu 1, legte der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin in den Briefkasten der streitgegenständlichen Wohnung ein.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, es läge eine wirksame Zustellung der Kündigung vor. Wenn der Beklagte zu 2 zum Zeitpunkt der Kündigung seinen Wohnsitz verlagert hatte, hätte er dafür Sorge tragen müssen, dass das Schild am Briefkasten in der Z.straße 38 entfernt werde. Die Mutter des Beklagten zu 2 wohne schon seit 5 Jahren und der Bruder schon seit 10 Jahren nicht mehr in der Wohnung. Nach einem so langen Zeitraum sei es rechtsmissbräuchlich, sich darauf zu berufen, die Kündigung sei nicht gegenüber allen Mietern erfolgt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich von den Beklagten Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nebst vorgerichtliche Anwaltskosten begehrt, die Beklagten haben Klageabweisung, hilfsweise Gewährung einer Räumungsfrist, beantragt.

Diese haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Kündigung sei mangels Zugang einer Kündigungserklärung unwirksam. Der Beklagte zu 2 habe sich umgemeldet. Zudem müsse die Kündigung gegenüber allen Mietern ausgesprochen werden. Eine Kündigung sei ausdrücklich nicht gegenüber den weiteren Mietern H. A. und Herrn M3. ausgesprochen worden.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 01.12.2017 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Kündigung vom 06.07.2017 das Mietverhältnis mangels Zugang der Kündigungserklärung nicht beendet habe. Die Beklagte zu 1 sei selbst nicht Mietvertragspartei, so dass die Kündigung ihr gegenüber wirkungslos sei. Die Kündigung gegenüber dem Beklagten zu 2 sei diesem nicht zugegangen. Es könne auch nicht von einer Zugangsfiktion ausgegangen werden. Die Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt und insbesondere den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichtes Frankfurt am Main vom 01.12.2017 (Az.: 33 C 2525/17 (31)) gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen.

Gegen das am 13.12.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.01.2018 Berufung eingelegt. Diese Berufung hat sie mit Schriftsatz vom 12.02.2018 begründet.

Mit der Berufungsbegründung hat die Klägerin das streitgegenständliche Mietverhältnis gegenüber dem Beklagten zu 2 wegen Mietrückständen in Höhe von 3.702,44 Euro (Rückstand Oktober 2016 bis September 2017) erneut fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Die Berufungsbegründung ist dem Beklagtenvertreter am 22.02.2018 zugegangen.

Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin den erstinstanzlichen Vortrag. Sie erklärt ausdrücklich, dass sie das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang anfechte.

Soweit sich die Beklagten darauf berufen würden, dass die Kündigung nicht gegenüber allen Mietern ausgesprochen worden sei, sondern nur gegenüber dem Beklagten zu 2, so sei dies rechtsmissbräuchlich.

Das Amtsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die unter der Adresse Z.strasse 38 eingeworfene Kündigung dem Beklagten zu 2 nicht zugegangen sei. Eine Kündigung sei eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Diese werde gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam, wenn sie dem Empfänger zugehe. Der Beklagte zu 2 habe es versäumt, der Klägerin den Wohnungswechsel mitzuteilen, zudem habe der Beklagte zu 2 den Briefkasten unter der Adresse Z.straße 38 mit seinem Namen belassen. Von daher habe ihn die Obliegenheit getroffen, den Briefkasten täglich zu leeren. Wenn er diese Pflicht verletzte, stelle dies eine Zugangsvereitelung dar und der Empfänger sei so zu behandeln, als sei ihm der Brief 3 Tage nach der Benachrichtigung zugegangen. Das Amtsgericht lasse völlig unberücksichtigt, dass der Briefkasten mit dem Namen des Beklagten zu 2 versehen gewesen sei. Das Amtsgericht verkenne auch die Voraussetzungen für eine Zugangsfiktion. Ein Zugang sei dann zu unterstellen, wenn der Empfänger die Kündigung nicht abhole, obwohl er nach der Sachlage mit einer derartigen Erklärung rechnen musste. Ein Mieter, der in Zahlungsverzug sei, müsse mit einer Kündigung rechnen. Eine Kündigung sei als zugegangen anzusehen, wenn der Mieter treuwidrig bei Zahlungsverzug den Zugang verhindere.

Die Klägerin stütze ihr Räumungsverlangen zudem auch auf die in der Berufungsinstanz ausgesprochene Kündigung.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten werden unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichtes Frankfurt am Main, Az.: 33 C 2525/17 (31) verurteilt, die Wohnung in … Frankfurt am Main, Am E. …, 1. Stock, Größe 125 qm, bestehend aus 4,5 Zimmern, Küche, 2 Dielen, 2 Bädern und Keller zu räumen und nebst Wohnungsschlüsseln an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil.

Der Kündigung mit der Berufungsschrift vom 12.12.2017 werde widersprochen.

Es werde die Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten für den Ausspruch der Kündigung bestritten. Zudem liege eine Klageänderung vor, die nicht sachdienlich sei.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird ergänzend auf alle Schriftsätze der Parteien einschließlich aller eingereichter Anlagen, der Inhalt der mündlichen Verhandlungen in erster und zweiter Instanz in Bezug genommen.

II.

Die Berufung wurde form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache hat sie Erfolg.

Die Klägerin hat gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung, gegenüber den Beklagten zu 2 aus § 546 Abs. 1 BGB und gegenüber Beklagten zu 1 aus § 546 Abs. 2 BGB. Hinsichtlich der Beklagten zu 1 folgt der Anspruch aus § 546 Abs. 2 BGB, da sie nie Mieterin der Wohnung war, diese aber weiterhin bewohnt.

Das streitgegenständliche Mietverhältnis ist durch fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB beendet worden. Die Kündigung wurde spätestens wirksam mit Zugang der Klageschrift vom 07.08.2017 gegenüber dem Beklagten zu 2 erklärt. Die Klageschrift ist dem Beklagten zu 2 am 09.09.2017 zugestellt worden.

Der Ausspruch der Kündigung gegenüber den beiden anderen im Mietvertrag vom 21.03.2004 angeführten Mietern war zur Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich. Soweit die Beklagten sich darauf berufen, ist dieses als Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) einzustufen. Grundsätzlich gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses, d.h. gegenüber dem Mieter abzugebende Erklärungen, somit auch die Kündigung, sind gegenüber allen Mietern abzugeben, da sie alle zusammen die Mieterseite bilden (vgl. BGH NJW 1972, 249). Ausnahmsweise gilt dieser Grundsatz jedoch nicht, wenn im Einzelfall das Festhalten an dem Erfordernis unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben als überspitzt formalistisch erscheint (BGH, Beschluss vom 14.09.2010, Az.: VIII ZR 83/10; OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.12.1990, Az.: 20 REMiet/90). Dies kann dann anzunehmen sein, wenn die Mitmieter die Wohnung seit Jahren endgültig verlassen und aufgegeben haben, ohne dies dem Vermieter mitzuteilen und ihre neue Anschrift mitzuteilen. Bei Vorliegen besonderer Umstände nach Treu und Glauben kann es ausnahmsweise zulässig sein, wenn die Kündigung nur gegenüber dem in der Wohnung verbliebenen Mitmieter erklärt worden ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.12.1990, Az.: 20 REMiet 2/90). Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 14.09.2010 (BGH a.a.O.) ausdrücklich klargestellt, dass die Frage, ob in dem Berufen auf den Umstand, dass die Kündigung nicht gegenüber allen Mietern erklärt worden ist, ein Verstoß gegen Treu und Glauben anzunehmen ist, weitgehend von der dem Tatrichter übertragenen Würdigung der betreffenden Einzelumstände abhängt. Die Kammer kommt vorliegend nach Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis, dass es als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, wenn sich die Beklagten auf diesen formalen Fehler der Kündigung berufen. Der Bruder des Beklagten zu 2 ist unstreitig bereits 2007 aus der Wohnung ausgezogen. Die Mutter des Beklagten lebt zumindest seit 2014 nicht mehr dort. Neue Anschriften sind der Klägerin nicht mitgeteilt worden, obwohl hierzu eine Verpflichtung bestanden hätte. Auch der Beklagte zu 2 ist schließlich ebenfalls aus der Wohnung ausgezogen und hat der Klägerin seinen letzten Wohnungswechsel nicht mitgeteilt, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre. Somit waren alle Mieter aus der Wohnung ausgezogen, ohne dass der Klägerin die aktuellen Zustellungsanschriften der Mieter mitgeteilt worden waren. Die Klägerin hat die Kündigung dann an die ihr bekannte Adresse des Beklagten zu 2 und sicherheitshalber auch an die in der Wohnung verbliebene Person, d.h. die Beklagte zu 2, gerichtet, auch wenn diese nicht Mieterin war. Nach alledem erscheint es nach Treu und Glauben gerechtfertigt, den Beklagten das Berufen auf den formalen Fehler der Kündigung zu versagen. Soweit die Beklagten sich darauf berufen, dass die Mutter des Beklagten doch erst 2014 aus der Wohnung ausgezogen sei und sich seitdem sporadisch in der Wohnung aufhalte, kann dies an der Beurteilung nichts ändern. Auch die Mutter lebt somit zumindest seit über 3 Jahren nicht mehr in der Wohnung. Eine neue Anschrift der Mutter wurde der Klägerin ebenso wie die des Bruders, der schon vor 10 Jahren ausgezogen ist, nicht mitgeteilt. Soweit die Beklagten nun im Berufungsverfahren nach der mündlichen Verhandlung vortragen, dass sich die Mutter auch nach ihrem Auszug immer mal wieder für einige Wochen in der Wohnung aufgehalten habe, ist dieser Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert. In der ersten Instanz würde mit Schriftsatz vom 17.11.2017 lediglich vorgetragen, dass sich die Mutter sporadisch in der Wohnung aufhalte. Sporadisch sagt nichts Konkretes über die Dauer und Häufigkeit aus.

Zudem trägt die Beklagtenseite selbst vor, dass die Mutter des Beklagten zu 2 zumindest im Jahr 2014 aus der Wohnung ausgezogen ist.

Die Klägerin war zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB berechtigt. Der Beklagte zu 2 befand sich zum Zeitpunkt des 06.07.2017 unstreitig mit Mietzahlungen in Höhe von 2.919,44 Euro in Verzug und somit mit Mietforderungen in Verzug, die über 2 volle Monatskaltmieten hinausgehen.

Das Kündigungsschreiben der Klägerin, gerichtet an den Beklagten zu 2, datiert vom 06.07.2017. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieses dem Beklagten zu 2 durch Einwurf in den Briefkasten in der Z.strasse 38 zugegangen ist. Denn es ist es ist anerkannt, dass in der Erhebung der Räumungsklage eine konkludente Kündigungserklärung liegt, wenn mit hinreichender Deutlichkeit der Wille der Klagepartei zu entnehmen ist, die Prozesshandlung solle nicht lediglich der Durchsetzung einer bereits außergerichtlich erklärten Kündigung dienen, sondern daneben auch eine materiell rechtliche Willenserklärung enthalten. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn die Klageschrift konkret auf eine bestimmte Kündigung Bezug nimmt und eine Kopie der Kündigung als Anlage beigefügt ist (BGH, NJW-RR 1997, 203; OLG München, Az: 32 U 1611/17; KG Berlin 23.01.2003, 8 U 340/01; Palandt, BGB, Kurzkommentar, 74. Aufl., Rn. 6 zu § 568 BGB). Dies ist vorliegend gegeben. In der Klageschrift kommt deutlich zum Ausdruck, dass die Klägerin das Mietverhältnis beenden will. Der Klageschrift ist zudem auch die an die Beklagte zu 1 gerichtete Kündigung als Anlage K 15-16 (Bl. 21-22 der Akte) zugefügt worden sowie eine Aktennotiz des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass er am 07.07.2017 ein Kündigungsschreiben auch in den Briefkasten der ihm bekannten Anschrift des Beklagten zu 2 eingelegt hat (Anlage K 17, Bl. 23 der Akte). Es bestehen keine Zweifel, dass dieses Kündigungsschreiben vom Wortlaut identisch war mit dem als Anlage vorgelegten Schreiben. Die Klägerin nimmt in der Klageschrift ausdrücklich Bezug auf diese Kündigungsschreiben. Das Fehlen der Originalunterschrift in der Anlage K 15-16 ist unerheblich, da jedenfalls die Klageschrift die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten enthält, der regelmäßig auch zu einer materiell rechtlichen Willenserklärung, die im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand steht und dem Klagbegehren zum Erfolg verhelfen soll, bevollmächtigt ist (BGH NZM 2000, 382). Die Klageschrift wurde dem Beklagten zu 2 am 09.09.2017 zugestellt und somit auch die Kündigung

Selbst wenn man in dem Zugang der Klageschrift keine wirksame Kündigung sehen würde, läge eine solche zumindest in der Zustellung des Berufungsbegründungsschreibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 12.12.2017 an den Beklagtenvertreter. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin war im Berufungsverfahren auch zur Abgabe dieser materiell-rechtlichen Erklärung bevollmächtigt. Nach allgemeiner Rechtsauffassung berechtigt eine Prozessvollmacht auch zur Abgabe materiell-rechtlicher Erklärungen, die im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand des Prozesses stehen und dem Klagebegehren zum Erfolg verhelfen sollen (BGH, NZM 2000, 382). Mit der Berufungsbegründung hat die Klägerin erneut die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung gegenüber dem Beklagten zu 2 ausgesprochen. Die unbestrittenen Zahlungsrückstände betrugen zu diesem Zeitpunkt 3.702,44 Euro. In der Stützung des Klagebegehrens auch auf die im Berufungsverfahren erklärte Kündigung liegt keine unzulässige Klageänderung, da zumindest Sachdienlichkeit gegeben ist (§ 533 ZPO).

Die Kammer hat auf den entsprechenden Antrag der Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31.01.2019 eingeräumt (§ 721 ZPO). Im vorliegenden Fall erachtet es die Kammer unter Berücksichtigung der familiären Situation und der angespannten finanziellen Situation der Beklagten angemessen, eine großzügige Räumungsfrist zu gewähren. Die Beklagten haben 3 schulpflichtige Kinder, die zwischen 9 und 11 Jahren sind. Sie sind geschieden und leben beide von Sozialhilfe. Der Beklagte zu 2 ist zu 50 % schwerbehindert. Er selbst hat lediglich ein Zimmer angemietet. Aufgrund der familiären und finanziellen Situation ist es angesichts des angespannten Wohnraums in Frankfurt mit nachvollziehbar erhöhten Schwierigkeiten verbunden, einen angemessen Ersatzwohnraum für die Beklagte zu 1 und ihre 3 Kinder zu finden. Die Beklagten haben auch bereits seit Oktober 2017 einen Makler eingeschaltet und die Beklagte zu 1 ist zudem bei der Sozialstation „Schutz gegen Obdachlosigkeit“ im Gallusviertel gemeldet. Somit haben die Beklagten auch bereits gezeigt, dass sie sich um eine Ersatzwohnung bemühen. Nach alledem erachtet die Kammer eine Räumungsfrist bis zum 31.01.2019 als angemessen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 Euro gemäß §§ 280, 286 BGB, die auf dem Zahlungsverzug der Beklagtenseite und der aufgrund dessen berechtigten außerordentlichen Kündigung beruhen. Zwar hat die Klägerin in ihrem Berufungsantrag nicht ausdrücklich, förmlich beantragt, die Beklagten auch zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu verurteilen. Doch ist es grundsätzlich ausreichend, wenn sich dieser Antrag aus der Berufungsbegründung ergibt (s. Zöller-Heßler, ZPO-Kommentar, § 20, Rn. 28). Der Antrag auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten wurde klägerseits bereits erstinstanzlich gestellt und mit dem erstinstanzlichen Urteil abgewiesen. Aus der Berufungsbegründung der Klägerin vom 12.12.2018 geht ausdrücklich hervor, dass das Urteil vollumfänglich angefochten wird und klägerseits auch der Antrag auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten weiter verfolgt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Entscheidung beruht maßgeblich auf den Umständen des Einzelfalls; die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch das Revisionsgericht. Die Entscheidung weicht nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 41 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG.

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