Skip to content
Menü

Mietausfallschaden bei verweigerter Wohnungsbesichtigung

Keine Zahlungspflicht bei verweigerter Wohnungsbesichtigung

Ein kürzlich ergangenes Urteil des Amtsgerichts Delbrück (Az.: 2 C 200/21) befasst sich mit der Frage, ob Mieter verpflichtet sind, Schadensersatz wegen Mietausfalls zu zahlen, wenn sie die Besichtigung der Wohnung durch potenzielle Nachmieter verweigert haben. Das Gericht wies die Klage der Vermieterin ab und entschied, dass die Beklagten keine Zahlungen leisten müssen.

Direkt zum Urteil: Az.: 2 C 200/21 springen.

Keine Verpflichtung zur Zahlung des Mietausfallschadens

Die Klägerin, eine Vermieterin, hatte ihren Mietern gekündigt und forderte Schadensersatz in Höhe von 1.755 Euro, da sie die Wohnung erst später weitervermieten konnte. Sie war der Meinung, die Beklagten seien zur Zahlung des Mietausfallschadens verpflichtet, weil sie die Besichtigung der Wohnung durch potenzielle Nachmieter mehrfach verweigert hatten. Das Gericht entschied jedoch, dass die Mieter keine Zahlungen leisten müssen, da die Vermieterin ihre Kündigung nicht wirksam erklärt hatte.

Mietzahlungsverpflichtung und Gartenpflege

Die Klägerin argumentierte auch, dass die Beklagten zur Zahlung der Mieten für Januar und Februar 2021 verpflichtet seien, da die klägerseits ausgesprochene Kündigung unwirksam gewesen sei und damit das Mietverhältnis nicht beendet habe. Die Eigenkündigung der Beklagten habe erst zu Ende März 2021 Wirksamkeit erlangt. Das Gericht wies diese Argumente zurück. Darüber hinaus behauptete die Klägerin, dass die Beklagten den mitvermieteten Teil des Gartens nicht mehr ausreichend gepflegt hätten und forderte eine Vergütung für ihren eigenen Zeitaufwand. Auch diesen Anspruch wies das Gericht ab.

Das Urteil zeigt, dass die Verweigerung von Wohnungsbesichtigungen durch Mieter nicht zwangsläufig zu einer Zahlungspflicht wegen Mietausfallschadens führt. Vermieter müssen stets darauf achten, dass ihre Kündigungen wirksam sind, um solche Ansprüche geltend machen zu können.

Wohnungsbesichtigung und Mieterrechte

Mieter haben grundsätzlich das Recht, ihre Privatsphäre zu schützen und können daher Besichtigungen der Wohnung ablehnen, wenn diese nicht angemessen begründet oder terminiert sind. Vermieter müssen stets das Interesse der Mieter an ihrer Privatsphäre und das Interesse an einer möglichst schnellen Weitervermietung abwägen. In der Regel sollte eine angemessene Vorankündigung von Wohnungsbesichtigungen und eine Einigung auf einen passenden Termin angestrebt werden.

Kommunikation und Kooperation als Schlüssel

Um Konflikte rund um Wohnungsbesichtigungen zu vermeiden, ist eine offene und respektvolle Kommunikation zwischen Mietern und Vermietern entscheidend. Vermieter sollten ihre Mieter frühzeitig und transparent über die Notwendigkeit von Besichtigungen informieren, während Mieter ihrerseits bemüht sein sollten, bei der Terminfindung kooperativ zu agieren. Eine gute Zusammenarbeit beider Parteien kann dazu beitragen, dass Wohnungsbesichtigungen möglichst reibungslos ablaufen und sowohl Mieter- als auch Vermieterinteressen berücksichtigt werden.

Das Urteil des Amtsgerichts Delbrück verdeutlicht die Wichtigkeit wirksamer Kündigungen und die Bedeutung von Kommunikation und Kooperation im Mietverhältnis. Mieter sollten ihre Rechte kennen und angemessen wahren, während Vermieter stets bemüht sein sollten, die Interessen ihrer Mieter zu berücksichtigen und eine einvernehmliche Lösung bei Wohnungsbesichtigungen anzustreben.

Benötigen Sie Hilfe in einem ähnlichen Fall? Jetzt Ersteinschätzung anfragen oder Beratungstermin vereinbaren: 02732 791079.


Das vorliegende Urteil

AG Delbrück – Az.: 2 C 200/21 – Urteil vom 01.02.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Forderungen aus einem beendeten Mietverhältnis.

Die Beklagten waren ab dem 01.04.2020 Mieter der Paterrewohnung der Klägerin in E,. Mitvermietet war auch ein Teil des Gartens der Immobilie. Es war eine monatliche Warmmiete in Höhe von 690 Euro vereinbart.

Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 29.07.2020 (vgl. Bl. 64 der Akte) zum 31.10.2020. Die Parteien waren sich über die Wirksamkeit der Kündigung zunächst nicht einig. Nachdem die Beklagten zum 01.01.2021 eine neue Wohnung gefunden und gegenüber der Klägerin ihren Auszug zum 31.12.2020 angekündigt hatten, kündigten die Beklagten vorsorglich ihrerseits das Mietverhältnis, weil nicht klar war, ob die Klägerin die selbst ausgesprochene Kündigung noch gegen sich wirken lassen wollte. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das vorgerichtliche Anwaltsschreiben der Beklagten vom 14.12.2020 (Bl. 102 f. der Akte) Bezug genommen. Die Wohnung wurde dann tatsächlich am 30.12.2020 von den Beklagten an die Klägerin übergeben.

Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten aus dem beendeten Mietverhältnis Schadensersatzansprüche in Höhe von 1.755 Euro geltend. Einen Teilbetrag in Höhe von 1.380 Euro machte die Klägerin bereits vorgerichtlich mit Anwaltsschriftsatz vom 19.02.2021 (Bl. 11 f. der Akte) mit Fristsetzung bis zum 05.03.2021 geltend, woraufhin die Beklagten allerdings keinerlei Zahlungen erbrachten.

Die Klägerin behauptet, dass die Beklagten gegenüber der Klägerin mehrfach verweigert hätten, die streitgegenständliche Wohnung mit Interessenten für eine Anmietung nach dem erfolgten Auszug der Beklagten zu besichtigen. Die Klägerin habe die Beklagten mehrfach hierzu aufgefordert, was jedoch immer wieder von den Beklagten abgelehnt worden sei. Teilweise sei dies per WhatsApp geschehen – wobei diesbezüglich auf den Auszug aus dem WhatsApp-Chat Bl. 8 der Akte Bezug genommen wird -, teilweise sei dies in persönlichen Gesprächen erfolgt. Die Klägerin behauptet weiter, dass wegen der Verweigerungshaltung der Beklagten die Wohnung erst nach dessen Auszug erneut zur Vermietung habe angeboten werden können. Eine Weitervermietung habe deshalb erst zum 01.03.2021 erfolgen können. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagten deshalb zur Erstattung des in den Monaten Januar und Februar erlittenen Mietausfallschaden, welchen die Klägerin in Anlehnung an die mit den Beklagten seinerzeit vereinbarte Warmmiete mit monatlich 690 Euro, mithin mit insgesamt 1.380 Euro beziffert, verpflichtet seien. Hilfsweise vertritt die Klägerin die Ansicht, dass die Beklagten bereits deshalb zur Zahlung der Mieten für Januar und Februar 2021 verpflichtet seien, weil die klägerseits ausgesprochene Kündigung unwirksam gewesen sei und damit das Mietverhältnis nicht beendet habe. Die Eigenkündigung der Beklagten habe erst zu Ende März 2021 Wirksamkeit erlangt, weshalb in den Monaten Januar und Februar 2021 noch eine Mietzahlungsverpflichtung bestanden habe.

Desweiteren behauptet die Klägerin, dass die Beklagten den mitvermieteten Teil des Gartens ab Juli 2020 nicht mehr hinreichend gepflegt hätten. Die nach Ansicht der Klägerin erforderlichen Arbeiten habe sie deshalb selbst ausgeführt und hierfür einen Zeitaufwand von insgesamt 16 Stunden aufgebracht. Sie ist der Ansicht, dass die Beklagten verpflichtet seien, diesen Zeitaufwand mit einem Stundensatz in Höhe von 15 Euro zu vergüten.

Letztlich behauptet die Klägerin, dass die Wohnung in einem äußerst verschmutzten Zustand zurückgegeben worden sei. Es sei erforderlich gewesen, die Wohnung mit einem Aufwand von neun Stunden intensiv zu reinigen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagten auch diesen Zeitaufwand im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs mit einem Stundensatz in Höhe von 15 Euro zu vergüten hätten.

Mit der am 22.06.2021 bei Gericht eingegangen und den Beklagten am 27.08.2021 zugestellten Klage beantragt die Klägerin, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.755,00 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.03.2021 zu zahlen, sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten mit 280,60 nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, nicht zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet zu sein. Eine ordnungsgemäße Aufforderung zur Ermöglichung von Besichtigungsterminen habe es nicht gegeben, weshalb die Beklagten insofern auch keine Pflichtverletzung begangen haben könnten. Reinigungsarbeiten durch die Klägerin seien nicht erforderlich gewesen, weil die Wohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand zurückgegeben worden sei. Vorsorglich erheben die Beklagten die Einrede der Verjährung.

Das Gericht hat die Parteien persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen P, Frau U, Herr U, L und L und durch Inaugenscheinnahme von der Beklagten zu 1 gefertigter Fotos und Videos. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 11.01.2022 (Bl. 135 ff. der Akte) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen gegenüber den Beklagten die geltend gemachten Ansprüche aus keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1.

Die Klägerin hat gegenüber den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung eines Mietausfallschadens in Höhe von 1.380 Euro.

Voraussetzung für einen jeden Schadensersatzanspruch ist, dass dem Anspruchsgegner eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Insbesondere haben die Beklagten entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch eine Pflichtverletzung begangen, indem sie ein Besichtigungsrecht der Klägerin vereitelt hätten. Jedenfalls hat die Klägerin dies nicht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts bewiesen.

Zwar ist es dem Grunde nach richtig, dass einem Vermieter ein Besichtigungsrecht an der vermieteten Wohnung zusteht. Ein solches kann insbesondere zum Ende eines Mietverhältnisses auch darauf gestützt werden, dass die Wohnung Interessenten für eine Anschlussvermietung gezeigt wird. Allerdings hat der Vermieter im Rahmen der Ausübung des Besichtigungsrechts auch auf die Belange der Mieter Rücksicht zu nehmen. So muss das Besichtigungsrecht an den Werktagen (von Montag bis Freitag) zur Tageszeit ausgeübt werden. Der Vermieter muss seine Besichtigungsabsicht rechtzeitig – im Regelfall ca. 14 Tage vorher – anzeigen. Der Besichtigungszweck ist so anzugeben, dass der Mieter über den räumlichen und zeitlichen Umfang der Besichtigung informiert wird. Der Vermieter muss sein Informationsinteresse „bündeln“, so dass der Mieter nicht mehr als nach den Umständen unvermeidlich beeinträchtigt wird. Auf mehrere aufeinander folgende Besichtigungstermine muss sich der Mieter grundsätzlich nicht einlassen (vgl. Blank/Börstinghaus/Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 535 Rn. 340 m.w.N.). Eine diesen Vorgaben entsprechende Ankündigung der Ausübung des Besichtigungsrechts hat die Klägerin unstreitig nicht gegenüber den Beklagten abgegeben. Die Beklagten waren mithin nicht verpflichtet, sich diesbezüglich mit der Klägerin ins Benehmen zu setzen, weshalb sie dadurch denklogisch auch keine Pflichtverletzung begehen konnten. Nach eigenem Vorbringen war die Klägerin auch überhaupt nicht in der Lage, nach den vorstehenden Vorgaben eine Besichtigung zu verlangen. Denn jedenfalls hätte sie einen (oder mehrere) Termin(e) vorschlagen müssen und hierbei auch eine entsprechende Vorlaufzeit einhalten müssen. Sie hat die streitgegenständliche Wohnung nach ihren Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung jedoch erst im Januar 2021 inseriert und auch dann haben sich ihren Angaben entsprechend er st die ersten Interessenten gemeldet. Dies bedeutet, dass im zweiten Halbjahr 2020 noch gar kein Anlass für eine Besichtigung der Wohnung bestand, weil es noch gar keine Interessenten für eine Anschlussanmietung vorhanden waren.

Ein Abweichen von den vorgenannten Vorgaben für ein wirksames Besichtigungsverlangen käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Beklagten eindeutig und endgültig erklärt hätten, einem Besichtigungsverlangen selbst dann nicht nachkommen zu wollen, wenn es ordnungsgemäß vorgebracht werden würde. Dann wäre der trotzdem unternommene Versuch einer ordnungsgemäßen Ankündigung als „reine Förmelei“ zu bezeichnen und wohl entbehrlich gewesen. Hiervon ist das Gericht nach der persönlichen Anhörung der Parteien und der durchgeführten Beweisaufnahme jedoch nicht überzeugt. Zunächst ist insoweit zu beachten, dass der vorgelegte WhatsApp-Chatverlauf eine solche den vorstehenden Maßgaben entsprechende Verweigerungshaltung der Beklagten nicht belegt. Die dortige Äußerung der Beklagten zu 1, dass die Klägerin das „nicht machen“ könne und sie es dann doch „versuchen“ könne, beziehen sich auf die vorherige Ankündigung der Klägerin, dass die Wohnung zeitnah wieder angeboten werden solle. Zwar ist dann auch noch die Rede davon, dass für eine dann möglicherweise erforderlich werdende Besichtigung die Wohnung gut zu lüften sei. Die Hauptaussage besteht allerdings darin, dass die Wohnung überhaupt angeboten werden soll. In Bezug hierauf hat die Beklagte zu 1 ihre ablehnende Haltung deutlich zum Ausdruck gebracht. Jedenfalls hat sie nicht hinreichend deutlich in Aussicht gestellt, die Wohnung nicht für einen formal ordnungsgemäß angekündigten Besichtigungstermin zur Verfügung zu stellen. Nichts anderes gilt für die klägerseits behaupteten persönlichen Gespräche zu diesem Thema. Zwar hat die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung ausgesagt, dass sie die Beklagte zu 1 konkret um die Vereinbarung von Besichtigungsterminen gebeten hätte und diese sodann ausdrücklich eine Besichtigung der Wohnung verweigert hätte. Dies hält das Gericht allerdings nicht für glaubhaft. Allenfalls wird es so gewesen sein, wie es der klägerseits benannte Zeuge L ausgesagt hat: Die Beklagte zu 1 hat sich auf ein Gespräch mit der Klägerin überhaupt nicht eingelassen, wenn ihr von der Klägerin aufgelauert wurde. Sie ist schweigend weitergegangen. Dies ist im Übrigen angesichts des seinerzeit bereits belasteten Verhältnisses zwischen den Parteien auch nicht verwunderlich. Jedenfalls gilt in rechtlicher Hinsicht, dass Schweigen kein Erklärungswert hat. Aus purem Schweigen eine – dann auch noch allumfassend und endgültig aufgenommene – Ablehnung zu konstruieren, ist nicht zulässig. Insgesamt kann mithin nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten sich auch einem formal ordnungsgemäßen Besichtigungsverlangen wiedersetzt hätten. Zwar haben sie deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie davon nicht begeistert gewesen wären. Dass sie eine ordnungsgemäß angekündigte Besichtigung dann tatsächlich verweigert hätten, ist – auch vor dem Hintergrund, dass die Beklagten zu dieser Zeit bereits anwaltlich vertreten waren, weshalb davon auszugehen, dass sie ein formales Besichtigungsverlangen ihrem Anwalt geschildert hätten und dieser den Beklagten sehr wahrscheinlich ihre Mitwirkungspflichten verdeutlicht hätte – keinesfalls zwingend. Eine ordnungsgemäße Aufforderung wäre deshalb nicht nur reine Förmelei gewesen. Da sie unterblieben ist, kommt ein hierauf gestützter Schadensersatzanspruch nicht in Betracht.

2.

Die Beklagten sind auch nicht deshalb zur Zahlung von 1.380 Euro an die Klägerin verpflichtet, weil sie in den Monaten Januar und Februar mangels wirksamer Beendigung des Mietverhältnisses noch zur Mietzahlung verpflichtet gewesen wären, worauf die Klägerin den diesbezüglichen Zahlungsanspruch hilfsweise gestützt hat.

Der Gekündigte darf auf die Rechtswirkungen der Kündigung vertrauen. Die Berufung des Kündigenden auf die Unwirksamkeit der von ihm erklärten Kündigung verstößt gegen Treu und Glauben, wenn durch die Kündigung ein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen wurde, dass die Gegenseite auf die Vertragsbeendigung vertraut. Der Kündigende muss sich so behandeln lassen, als hätte die unwirksame Kündigung das Mietverhältnis beendet (vgl. Blank/Börstinghaus/Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 542 Rn. 98). So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat das Mietverhältnis zum 31.10.2020 gekündigt. Nur deshalb haben die Beklagten sich auf die Suche nach einer neuen Wohnung gemacht und die Wohnung letztlich geräumt. Jetzt zu behaupten, dass Mietverhältnis habe auch noch im Jahr 2021 bestanden, weil die eigene Kündigungserklärung unwirksam gewesen sei und deshalb weitere Mietzahlungen zu verlangen, ist in erheblichem Maße treuwidrig.

3.

Der Klägerin steht auch kein Schadensersatz in Höhe von 240 Euro (16 Stunden x 15 Euro) wegen selbst durchgeführter Gartenarbeiten zu.

Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass selbst bei einer Übertragung der Pflegearbeiten eines Gartens auf den Mieter von diesem nur solche Arbeiten abverlangt werden, die weder besondere Fachkenntnisse des Mieters noch einen besonderen Zeit- oder Kostenaufwand erfordern, wie beispielsweise das Rasenmähen oder das Umgraben von Beetflächen. Der Mieter unterliegt bei der konkreten Ausgestaltung der Gartenpflege insbesondere nicht der Direktive durch den Vermieter. Dieser kann somit nicht anordnen, welche Pflanzen einzusetzen bzw. zu entfernen sind oder wann Unkraut gejätet werden muss. Vielmehr ist dem Mieter bei vereinbarter Gartennutzung und -pflege gestattet, diese Nutzung sehr weit und individuell auszugestalten (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 15. Aufl. 2021, BGB § 535 Rn. 345 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ist bereits fraglich, ob die Beklagten überhaupt gegen die von ihnen übernommene Verpflichtung zur Gartenpflege verstoßen haben. Zumindest den Rasen haben sie – wenn auch nur nach entsprechender Aufforderung, wie die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung angegeben hat – gemäht. Ob die von der Klägerin behauptete Nichtentfernung von Unkraut bereits ein solches Ausmaß erreicht hat, dass von einer Verwilderung des Gartens auszugehen gewesen wäre oder ob der jeweilige Zustand noch vom weiten Einschätzungsspielraum des zur Gartenpflege verpflichteten Mieters gedeckt war, lässt sich nicht feststellen.

Hierauf kommt es allerdings letztlich auch gar nicht an. Denn selbst wenn man annehmen wollte, dass die Beklagten ihrer Gartenpflegeverpflichtung nicht hinreichend nachgekommen wären, käme allenfalls die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB in Betracht. Zwingende Voraussetzung hierfür ist gemäß § 281 BGB eine ausdrückliche Aufforderung zur Nacherfüllung mit entsprechender angemessener Nachfristsetzung. Dass es eine solche gegeben hätte, trägt nicht einmal die Klägerin vor. Sie hat schlicht irgendwann selbst „Hand angelegt“, weil sie den Anblick – unter Zugrundelegung ihrer eigenen Vorstellungen einer angemessenen Gartenpflege, welche offensichtlich deutlich höher als diejenigen der Beklagten waren – nicht mehr ertragen konnte. Dabei hätte sie den an die Beklagten vermieteten Teil des Gartens überhaupt nicht ohne weiteres betreten dürfen. Jetzt hierfür im Nachgang auch noch Geld zu verlangen, erscheint impertinent. Einen Anspruch hat sie hierauf mangels erfolgter Nachfristsetzung jedenfalls nicht.

4.

Auch ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 135 Euro (9 Stunden x 15 Euro) für nach dem Auszug der Beklagten von der Klägerin durchgeführte Reinigungsarbeiten steht dieser nicht zu.

Mangels einer besonderen Vereinbarung – eine solche wird klägerseits nichts vorgetragen – schuldet der Mieter bei Rückgabe der Wohnung keine besonderen Reinigungsmaßnahmen. Selbst wenn vertraglich vereinbart ist, dass die Mietsache „ordnungsgemäß gereinigt“ an den Vermieter zurückzugeben ist, so schuldet der Mieter keine Grundreinigung, sondern lediglich „die übliche Reinigung von dem sich allmählich ansammelnden Schmutz“ (vgl. Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 546 Rn. 44 mit Verweis auf die Rspr. des BGH). Das bedeutet bei der Raummiete in der Regel Ausfegen bzw. Saugen der Räume, Entfernen von groben Verunreinigungen an Böden, Wänden und Decken, Abwischen von Heizkörpern, Fensterrahmen, Türen und Sanitäranlagen, wobei beispielsweise das Putzen der Fenster nicht mehr geschuldet ist (vgl. BeckOK MietR/Klotz-Hörlin, 26. Ed. 1.11.2021, BGB § 546 Rn. 48 m.w.N.). Streng genommen hat die Klägerin nicht einmal vorgetragen, dass es eine Vereinbarung zur „ordnungsgemäß gereinigten“ Rückgabe der Wohnung gegeben hat. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht allerdings ohnehin davon überzeugt, dass die Wohnung in einem ordnungsgemäß gereinigten Zustand im vorbenannten Sinne zurückgegeben worden ist. Dies folgt aus den übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen der Zeugen P, Herr und Frau U und L. Auch auf den in Augenschein genommenen Fotos und Videos war eine durchaus ordnungsgemäß gereinigte Wohnung zu erkennen. Dass sich an den Wänden im Badezimmer „überall Schimmel und Stockflecken“ befunden hätten, wie die Klägerin dies im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung geäußert hat, konnte gerade nicht festgestellt werden. Die diesbezüglichen Aussagen der Klägerin erachtet das Gericht deshalb als nicht glaubhaft. Selbst der von der Klägerseite benannte Zeuge L hat im Rahmen seiner Aussage mehrfach ausgeführt, dass die Wohnung durchaus gereinigt war. Offensichtlich hat die Klägerin deutlich höhere Ansprüche an die Sauberkeit einer Wohnung als der Schnitt der Gesellschaft. Daraus folgt aber nicht, dass bei einer normalen Wohnungsrückgabe auch kleinste Staubpartikel aus Spalten einer Zierblende an den Zimmertüren zu entfernen gewesen wären. Ein Abwischen der Türen genügte, was offensichtlich – auch nach Aussage des Zeugen L – geschehen ist. Dass es zu Schimmelbildungen im Badezimmer gekommen wäre, hat die Klägerin nicht bewiesen. Ihrer entsprechenden Einlassung standen die Äußerungen der Beklagten und der beklagtenseits benannten Zeugen entgegen. Insbesondere die Zeugin E und Herr U haben glaubhaft bekundet, hierauf besonders geachtet zu haben, weil es diesbezüglich bereits in der Vergangenheit Auseinandersetzungen mit der Klägerin gegeben habe. Für die Verunreinigung einer Tür durch Farbspritzer gilt selbiges. Auch diesbezüglich liegt eine „Aussage-gegen-Aussage“-Konstellation vor, so dass das Gericht nicht vom Erwiesensein dieser Behauptung ausgehen kann.

Auch wenn das Gericht wie dargestellt bereits davon überzeugt ist, dass den Beklagten in Bezug auf den Reinigungszustand der Wohnung keine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, ist zusätzlich zu beachten, dass auch ein diesbezüglicher Schadensersatzanspruch ohnehin nur dann in Betracht kommt, wenn dem Mieter zuvor eine Frist zur ordnungsgemäßen Reinigung gesetzt worden ist (vgl. Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 546 Rn. 44). Eine solche hat es nicht gegeben, jedenfalls ist hierzu nichts vorgetragen worden. Auch aus diesem Grund besteht der geltend gemachte Anspruch nicht.

5.

Mangels Bestehens eines Hauptanspruchs sind die Beklagten auch nicht zur Verzinsung eines solchen und zur Erstattung von diesbezüglichen vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten samt Zinsen verpflichtet.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

III.

Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

IV.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 1.755 Euro festgesetzt.

Eine Erhöhung des Streitwertes um weitere 1.380 Euro, weil diesbezüglich sowohl eine Entscheidung über den „Hauptantrag“ (Mietausfallschaden) als auch über den „Hilfsantrag“ (Miete wegen ungekündigtem Mietverhältnis) ergangen ist, war nicht vorzunehmen. Zwar erfolgt gemäß § 45 Abs. 1 GKG eine Addition auch dann, wenn derselbe Anspruch hilfsweise auf einen weiteren, selbstständigen Lebenssachverhalt gestützt wird (vgl. Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, I. Streitwerte im gerichtlichen Verfahren im Allgemeinen Rn. 74), was hier wohl im Ansatz zu bejahen wäre. Allerdings ist für die Auslegung von § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG die Erwägung entscheidend, dass eine „wirtschaftliche Werthäufung“ durch Hauptanspruch und Hilfsanspruch gebührenrechtlich zu einer Streitwerterhöhung führen soll. Es kommt daher darauf an, ob die verschiedenen Ansprüche ein wirtschaftlich identisches Interesse oder wirtschaftlich verschiedene Interessen betreffen. Maßgeblich ist insofern, ob beide Ansprüche in der Weise nebeneinander stehen können, dass das Gericht unter Umständen beiden stattgeben kann (vgl. OLG Karlsruhe Beschl. v. 13.6.2006 – 15 W 17/06, BeckRS 2007, 9575 m.w.N.). Das wäre hier nicht der Fall. In beiden Varianten begehrte die Klägerin eine Vergütung für die Wohnung in den Monaten Januar und Februar 2020. Diese wurde zwar einmal auf einen „Mietausfallschaden“ und einmal auf „Miete“ gestützt, es bestand insofern aber ein wirtschaftlich identisches Interesse im vorbenannten Sinne. Keinesfalls hätte der Klägerin eine doppelte „Bezahlung“ der Wohnung zugesprochen werden können.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!