AG Siegburg – Az.: 123 C 60/21 – Urteil vom 29.08.2022
Die Beklagten werden verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete für die in der M. straße X, 2. Obergeschoss, ### T. belegene Wohnung von bisher monatlich 560,00 Euro netto zzgl. Nebenkostenvorauszahlung auf nunmehr monatlich 622,50 Euro netto zzgl. Nebenkostenvorauszahlung mit Wirkung ab dem 01.03.2021 zuzustimmen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner 25% und die Beklagten als Gesamtschuldner 75%.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei wegen der Kosten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Kläger sind Vermieter, die Beklagten sind Mieter der im Tenor näher bezeichneten Wohnung. Gem. § 4 Nr. 1 des Mietvertrages zahlen die Beklagten seit Beginn des Mietverhältnisses zum 01.06.2007 eine monatliche Nettokaltmiete von 560,00 EUR pro Monat. Bei der Wohnung handelt es sich um eine Maisonette-Dachgeschosswohnung. Mit Schreiben vom 30.12.2020 forderten die Kläger die Beklagten zur Zustimmung und zur Zahlung einer erhöhten Nettokaltmiete von 644,00 EUR mit Wirkung ab dem 01.03.2021 auf. Zur Ortsüblichkeit der begehrten Miete bezogen sich die Kläger im Mieterhöhungsverlangen auf drei in ihrem Eigentum stehende Vergleichswohnungen:
1) T., M. straße X, 1. Obergeschoss rechts, 77,00 m2, Miete 8,57 EUR pro m2 = monatlich 660,00 EUR.
2) T., M. straße Y, 1. Obergeschoss rechts, 85,00 m2, Miete 8,47 EUR pro m2 = monatlich 720,00 EUR.
3) T., M. straße Z, 1. Obergeschoss, 78,00 m2, Miete 8,72 EUR pro m2 = monatlich 680,00 EUR.
Die Beklagten widersprachen der Erhöhung mit Schreiben vom 26.2.2021.
Die Kläger beantragen, die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettomiete für die in der M. straße X, 2. Obergeschoss, ### T. belegene Wohnung von bisher monatlich 560,00 EUR netto zzgl. Nebenkostenvorauszahlung auf nunmehr monatlich 644,00 EUR netto zzgl. Nebenkostenvorauszahlung mit Wirkung ab dem 01.03.2021 zuzustimmen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlich Sachverständigengutachtens des Sachverständigen C, welches dieser in der Sitzung vom 8.8.2022 mündlich erläutert hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 21.3.2022 (Blatt 160ff. der Akten) sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 8.8.2022 (Blatt 329ff. der Akten) verwiesen. Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst eingereichter Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das formell ordnungsgemäße Mieterhöhungverlangen der Kläger ist überwiegend erfolgreich. Die ortsübliche Vergleichsmiete für die streitgegenständliche Wohnung beträgt 7,98 Euro/qm netto kalt. Die Beklagten sind zur Zustimmung zur Mieterhöhung auf nunmehr 622,50 Euro monatlich netto-kalt ab dem 1.3.2021 verpflichtet.
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gemäß § 558 Abs. 2 BGB gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren vereinbart worden ist. Diese hat der Sachverständige C in seinem Gutachten zutreffend mit 7,98 Euro/qm netto kalt ermittelt.
Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete hat der Sachverständige C zunächst 11 Vergleichswohnungen aus seinem Datenbestand herangezogen und vergleichend bewertet. Nach der Bewertung beträgt den Mittelwert der Nettokaltmieten dieser Wohnungen 8,59 Euro/qm netto kalt. Die vergleichende Bewertung der Wohnungen ist übersichtlich und gut nachvollziehbar. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Passagen des Gutachtens, Blatt 177-185 der Akten verwiesen.
Anschließend hat der C die streitgegenständliche Wohnung nach dem T.er Mietspiegel von 2021 bewertet und anhand des Mietspiegels eine durchschnittliche übliche Vergleichsmiete von 6,70 Euro/qm netto kalt ermittelt. Nach dem T.er Mietspiegel 2021 (Seite 13) könne die tatsächlich für eine bestimmte Wohnung gezahlte Miete jedoch vom Durchschnitt abweichen. Für die ortsübliche Vergleichsmiete könne – gemäß Mietspiegel T. 2021 – also nicht ein bestimmter Wert angegeben werden, der dann genau einzuhalten wäre. Laut T.er Mietspiegel 2021 sei eine Mietwertspanne von rd. +/-15% vom/zum Durchschnittswert ortsüblich. Für die zu bewertende Wohnung sei – lt. Mietspiegel – eine Mietwertspanne von 5,66 E/qm – 7,71 E/qm ortsüblich. Der Mietwert der hier in Rede stehenden Wohnung bewege sich oberhalb des ermittelten Durchschnittswertes von 6,70 E/qm. Bei der Ermittlung der durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmiete laut Mietspiegel unberücksichtigten Merkmale (Maisonette-Wohnung (Haus in Haus), zusätzlich Gäste-WC, Dachterrasse, Isolierverglasung, keine freiliegenden Versorgungs- und Entsorgungsleitungen, Kabelanschluss, Kacheln oder gleichwertige Versiegelung im Nassbereich, abschließbarer Fahrradabstellraum) sei vorliegend ein Zuschlag von rund 10% zum Durchschnitts-Mietwert angemessen/sachgerecht. Laut Mietspiegel 2021 ergebe sich für die Wohnung eine Vergleichsmiete von 7,36 Euro/qm netto kalt.
Die festgestellte ortsübliche Vergleichsmiete von 7,98 Euro/qm netto kalt ergebe sich aus dem arithmetischen Mittel der anhand der Vergleichswohnungen und des Mietspiegels ermittelten Werte.
Den Einwand der Beklagten, dass die vom Sachverständigen erhöhend angeführten Merkmale nach dem Mietspiegel 2021 der Stadt T. erhoben und ausgewertet worden seien, jedoch keinen plausiblen oder keinen signifikanten Einfluss auf das Mietniveau aufgewiesen hätten, hat der Sachverständige in seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vom 8.8.2021 nachvollziehbar ausgeräumt.
Der T.er Mietspiegel gebe – jedenfalls für die streitgegenständliche Wohnungsgröße – die ortsübliche Vergleichsmiete nicht zutreffend wieder. Die Berücksichtigung von Faktoren, wie etwa Gäste WC oder Dachterrasse bereits im Mittelwert sei nicht plausibel. Auffallend sei, dass die Vergleichsmiete im Mietspiegel für 2021 unter den Werten des Mietspiegels von 2014 liege. Gerade im städtischen Bereich müsse eigentlich mit einer Preissteigerung von mindestens 10% zu rechnen sein. Die Datenerhebung im T.er Mietspiegel dürfte nicht korrekt sein. Über die Ursachen könne er nur spekulieren. Möglich sein könnte, dass auf Daten von Wohngeldbeziehern überproportional zurückgegriffen worden sei. Wenn man hier die wohnwertbestimmenden Merkmale vergleichsweise in den Bonner Mietspiegel einordne, so ergäbe sich durch den Bonner Mietspiegel ein Zuschlag von 1,21 Euro. Das sei auch nachvollziehbar. Völlig unplausibel sei, dass bei einer Wohnung mit Ofenheizung kein Abschlag zu machen sei. Wohnungen wie die vorliegende mit Dachterrasse und Gäste WC ließen sich deutlich besser vermieten als Wohnungen ohne. Gerade für diese beiden Faktoren seien Zuschläge zwingend. Die angeführten 11 Vergleichswohnungen, wiesen alle eine deutlich höhere Miete auf. Wohnungen, wie die von den Beklagten bewohnte für 6 oder 7 Euro pro Quadratmeter konnte er in T. gar nicht finden.
Diese Ausführungen überzeugen das Gericht vollumfänglich. Die nicht vorhandenen oder nur minimalen Preissteigerungen im Vergleich der T.er Mietspiegel von 2014 und 2021 für die streitgegenständliche Wohnungsgröße sind angesichts der gerichtsbekannten Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere im städtischen Bereich in den letzten 8 Jahren unverständlich und unrealistisch. Die vom Sachverständigen dargestellten Mieten der 11 Vergleichswohnungen sind hingegen nachvollziehbar und realistisch. Das Gericht geht daher davon aus, dass die von dem Sachverständigen im Gutachten ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete von 7,98 Euro/qm eher zugunsten der Beklagten von der tatsächlichen ortsüblichen Vergleichsmiete abweicht. Eine durch den Mietspiegel der Stadt T. von 2021 begründete Vermutung (§ 558 d Abs. 3 BGB) ist für die streitgegenständliche Wohnung jedenfalls widerlegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Nebenbestimmungen aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.008,00 EUR festgesetzt.