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Mieteranspruch auf Installierung einer Trittschalldämmung bei grundlegend saniertem Altbau

AG Hamburg-Blankenese – Az.: 531 C 49/11 – Urteil vom 06.06.2012

1. Die Beklagte wird verurteilt, zwischen der Wohnung des Beklagten im Mietshaus …., und den im selben Haus darüber liegenden Wohnungen, den Trittschallschutz zwischen den Wohnungen so herzustellen, dass der Trittschall den Normtrittschallpegel von 53 dB nicht übersteigt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 72.000,- Euro vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird festgesetzt auf Euro 1.200,–.

Tatbestand

Mieteranspruch auf Installierung einer Trittschalldämmung bei grundlegend saniertem Altbau
Symbolfoto: Von Bannafarsai_Stock/Shutterstock.com

Der Kläger macht als Wohnraummieter Mängelbeseitigungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend.

Die Parteien sind verbunden durch einen Wohnraummietvertrag über eine im 1. OG Mitte des Anwesens … belegene Wohnung.

Der Kläger hatte die Wohnung nach einer grundlegenden Sanierung des Mietobjekts angemietet. Der Baukörper wurde Anfand der 50iger Jahre errichtet und im Jahr 2000 saniert.

Die Beklagte (Seite 2 unten der Klageschrift als Antragsgegnerin bezeichnet) hat die Wohnung mit der Maßgabe vermietet, dass sie im Jahr 2000 errichtet wurde. In der Anlage K 4 (Bl. 8 d.A.) heißt es „Baujahr 2000”.

Die Beklagte hatte Mängelrügen über Wohngeräusche aus den darüber liegenden Wohnungen mit Schreiben vom 26.3.2010 (Anlage K 2, Bl. 5 d.A.) abschlägig beschieden und darauf verwiesen, dass es sich um normale Wohngeräusche handele.

Daraufhin wurde die Beklagte mit Schreiben des Mietervereins zu Hamburg vom 15.4.2010 (An läge K 3, Bl. 6 d.A.) unter Fristsetzung bis 14.5.2010 aufgefordert, dafür zu sorgen, dass eine ordnungsgemäße Lärm- und Trittschalldämmung installiert wird, so daß der Kläger nicht mehr den üblichen Wohngeräuschen seiner Nachbarn ausgesetzt sei.

Wegen der Lärmbeeinträchtigungen wird verwiesen auf die als Anlage K 5 vorgelegte Liste (Lärmprotokoll, Bl. 9 – 19 d.A.).

Der Kläger behauptet, das Mietshaus des Beklagten (Baujahr 1950, größere Sanierung im Jahr 2000) … erreiche nicht den Trittschallschutz, den die DIN 4109 (Ausgabe 1989) vorschreibe. Es werde schon der Wert von 53 dB überschritten; deswegen seien in der Wohnung des Klägers die im Lärmprotokoll aufgelisteten Geräusche störend wahrnehmbar.

Der Kläger ist der Auffassung, er könne erhöhten Trittschallschutz hilfsweise normalen Trittschallschutz (Stand Baujahr 2000) beanspruchen.

Er bezieht sich auf ein Urteil des BGH, das vermeintlich am 30.10.2003 zum Aktenzeichen VIII ZR 355/03 ergangen sein soll.

Der Kläger beantragt, nach Umstellung – Präzisierung – seiner ursprünglichen Klage

die Beklagte zu verurteilen, zwischen der Wohnung des Beklagten … und den im selben Haus darüber liegenden Wohnungen den Trittschallschutz zwischen den Wohnungen so herzustellen, dass der Trittschall den Normtrittschallpegel von 46 dB nicht übersteigt, hilfsweise wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist darauf, dass der erforderliche finanzielle Aufwand für das Herstellen schon des normalen Trittschallschutzes in einem erheblichen und auffälligen Mißverhältnis zum tatsächlichen Nutzen der Mängelbeseitigung für den Kläger stehe. Die Jahresnettomiete des Gesamtobjekts belaufe sich derzeit auf 38.862,36 Euro. Der Verkehrswert der Gesamtimmobilie … belaufe sich auf maximum 600.000,– Euro. Aufgrund einer vorsichtigen Kostenschätzung müßten zur Herstellung des Trittschallschutzes 72.000,– Euro aufgewendet werden.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass damit die Voraussetzungen des § 275 Abs. 2 BGB überschritten sei und die Beklagte sich auf wirtschaftliche Unmöglichkeit berufen könne.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das gemäß Beschluss vom 27.4.2011 eingeholte Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. C. H. (Bl. 53 ff d.A.).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur im tenorierten Umfange begründet.

Der Kläger hat aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB iVm dem Mietvertrag über die im Tenor genannte Wohnung einen Anspruch auf Mängelbeseitigung in Form der Herstellung des Trittschallschutzes entsprechend dem Normtrittschallpegel von 53 dB.

Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich auf wirtschaftliche Unmöglichkeit der Herstellung berufen.

Es kann zugunsten der Beklagten insoweit unterstellt werden, dass die Mängelbeseitigungskosten mindestens 72.000, — Euro betragen oder sogar deutlich mehr. Die Beklagte könnte sich dennoch nicht auf ein Überschreiten der sogenannten „Opfergrenze“ berufen, denn sie hat durch den Abschluss eines Mietvertrages über ein Objekt, das sie selber dem Baujahr 2000 (vgl. Anlage K 4 Bl. 8 d.A.) zugeordnet hat und die nur teilweise vorgenommene aufwändige Sanierung des Gebäudes im Jahre 2000 die maßgebliche Ursache dafür gesetzt, dass die in Bezug auf das Baujahr des Objekts (1950) modernisierten Räume wie ein Neubau aus dem Jahr 2000 zu behandeln sind. Gerade durch die mietvertragliche Beschaffenheitsangabe ist es zu einem negativen Auseinanderfallen von tatsächlichem Ist-Zustand des Gebäudes in Bezug auf den Trittschallschutz und dem vertraglich geschuldeten Soll-Zustand hinsichtlich des Trittschallschutzes gekommen.

Würde die Beklagte sich hier aufgrund ihres eigenen Verursachungsbeitrages auf wirtschaftliche Unmöglichkeit durch Überschreiten der Opfergrenze berufen können, bliebe die Angabe des Baujahrs 2000 und damit die konkludente Beschaffenheitsvereinbarung des höheren Standards von zumindest sehr eingeschränkter Wirkung. Die Beklagte könnte dann den Mieter ausschließlich auf sein Minderungsrecht verweisen. Dies sieht das Mietrecht aber so nicht vor (vgl. auch OLG Naumburg NZBau 2011,104 = NZM 2011, 35).

Die Beklagte schuldet, auch wenn keine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung getroffen ist, die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen, die im Jahr 2000 – dieses Baujahr hat die Beklagte angegeben – für derartige Mietgebäude galten.

Bereits der BGH hat entschieden, dass wenn der Vermieter bauliche Veränderungen vornehme, der Mieter erwarten könne, dass Lärmschutzmaßnahmen getroffen würden, die den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genügen.

Konkret hat der BGH für die Aufstockung eines Hauses zum Trittschallschutz entschieden, dass der Mieter des vormals obersten Geschosses den aktuellen normalen Trittschallschutz beanspruchen könne, nicht jedoch erhöhten Trittschallschutz (vgl. BGH ZMR 2005, 108). Die vom Kläger-Vertreter zitierte Entscheidung des BGH vom 30.10.2003 gibt es nicht.

Auf der selben Linie liegt die Entscheidung BGH ZMR 2009, 836, auch wenn es dort um die schalltechnische Verschlechterung durch Austausch des Bodenbelags in der Oberwohnung ging. Ausdrücklich bestätigt hat der BGH (ZMR 2010, 942) dass ohne eine dahingehende vertragliche Regelung ein Wohnraummieter keinen Anspruch auf einen gegenüber den Grenzwerten zur Zeit er Modernisierung geltenden DIN-Normen erhöhten Schallschutz hat.

DIN-Normen haben zwar keinen Rechtsnormcharakter, sondern sind nur private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter, sie können aber die anerkennten Regeln der Technik wiedergeben.

Die Anforderungen an den Schallschutz unterliegen einer permanenten Veränderung. Die hier einschlägige DIN 4109 stellt nach ihrer Zweckbestimmung den Mindeststandard an Schallschutz dar, der als konkludent zwischen den Parteien vereinbart gilt.

Nach den gerichtlichen schalltechnischen Gutachten des Dipl.-Ing. C. H. vom 5.8.2011 überschreitet das 1950 gebaute im Jahr 2000 grundlegend sanierte Mietobjekt hinsichtlich des Trittschallschutzes mit 59 bzw. 62 dB den normalen Trittschallschutz wie er im Jahr 2000 vom Mieter zu erwarten war und stillschweigend Gegenstand des die Parteien verbindenden Mietvertrages geworden ist.

Diese Feststellungen des Gutachters werden von den Parteien auch nicht angegriffen.

Im Hinblick darauf, dass der Kläger mit dem Hauptantrag einen Trittschallschutz von 46 dB begehrte, laut Urteil ein Trittschallschutz von 53 dB erhält und 49 – 61 dB laut Gutachten dem Istzustand entsprechen, entsprach es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben (§ 92 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit orientiert sich an den vom Gericht geschätzten Mängelbeseitigungskosten wenn die Maßnahmen im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden müssten. In diesem Fall kämen die vom Kläger-Vertreter vorgeschlagenen kostensparenden Maßnahmen mutmaßlich nicht zum Tragen.

 

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