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Mieteranspruch auf Untervermietung?

AG Berlin-Mitte – Az.: 7 C 44/20 – Urteil vom 25.08.2021

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Mitte durch den Richter am Amtsgericht ### aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.06.2021 für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, der Untervermietung des Schlaf- und Wohnzimmers (Anlage K01) der im 4. Obergeschoss links gelegenen Wohnung im Hause ### zuzustimmen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.473,56 Euro, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger sind seit dem 1. August 2015 Mieter einer Dreizimmerwohnung im Hause #### mit einer Wohnfläche von ca. 127 m2. Derzeit leben die Kläger und ihre zwei Kinder in Kassel, wo der Kläger zu 1) auch seiner derzeitigen Arbeit nachgeht. Bis zum

31. Dezember 2019 untervermieteten die Kläger die Wohnung mit Zustimmung der von den Beklagten beauftragten Hausverwaltung an den Zeugen ###. Der von diesem an die Kläger entrichtete Untermietzins beträgt 1.412,26 Euro nettokalt zzgl. 300,00 Euro Nebenkostenvorauszahlung.

Eine Fortsetzung des Untermietverhältnisses über den 31. Dezember 2019 hinaus lehnten die Beklagten ab. Mit Schreiben der Hausverwaltung der Beklagten vom 20. Februar 2020 mahnte diese die Kläger wegen unberechtigter Gebrauchsüberlassung ab und forderte diese auf, die Überlassung zu beenden. Nachdem die Kläger dem nicht nachkamen, kündigten die Beklagten das Mietverhältnis mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Mai 2020 fristlos, hilfsweise fristgemäß wegen unberechtigter Gebrauchsüberlassung.

Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Zustimmung zur Untervermietung eines Teils der Wohnung weiter.

Die Kläger behaupten, sie hätten ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung und damit einen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten. Der Kläger zu 1) sei selbstständiger Unternehmer und derzeit befristet in Kassel tätig. Die Klägerin zu 2) habe Familie in Berlin, weshalb sie sich häufiger in Berlin aufhalten würden. Spätestens im Sommer 2022, zur Einschulung des 1. Kindes, sei geplant, den Lebensmittelpunkt wieder vollständig nach Berlin zu verlegen. Die Untervermietung diene auch der Reduzierung von Wohnkosten.

Die Kläger beantragen, die Beklagten zu verurteilen, der Untervermietung des Schlaf- und Wohnzimmers (Anlage K01) der im 4. Obergeschoss links gelegenen Wohnung im Hause ###, an Herrn ### zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen, widerklagend, die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von ihnen innegehaltenen Wohnräume im Hause ###, 4. 0G, Vorderhaus links, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, Flur, 2 Balkonen und Kellerraumes 29 mit einer Wohnfläche von ca. 127,07 m2 zu räumen und geräumt an die Kläger herauszugeben.

Die Kläger beantragen, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, dem Zeugen ### sei die gesamte Wohnung überlassen worden. Die Kläger würden auch zukünftig kein Zimmer der Wohnung nutzen. Die Kläger hätten ihren Lebensmittelpunkt-nach Kassel verlegt, wo sie auch gemeldet seien.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben über den Umfang der Untervermietung und das berechtigte Interesse der Kläger durch Vernehmung der Zeugen ###. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Juni 2021, Blatt 113 ff. der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Widerklage ist zulässig aber unbegründet. Die Kläger haben einen Anspruch gegen die Beklagten auf Zustimmung zur. Untervermietung; diese können von den Klägern die Räumung der Wohnung hingegen nicht verlangen.

I.

1. Die Kläger können von den Beklagten die Erlaubnis zur Untervermietung der streitgegenständlichen Wohnung in dem beantragten Umfang gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen.

Gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraumes einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entsteht Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Kläger ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung haben.

Als berechtigt ist jedes, auch höchstpersönliche Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (BGH, Urteil vom 23. November 2005 – VIII ZR 4/05 -), d.h. wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen (BGH, Beschluss vom 03.10.1984 – VIII ARZ 2/84 NJW 1985; 130). Die Voraussetzungen des § 553 BGB sind unter Berücksichtigung des mieterschützenden Zwecks der Regelung auszulegen. Danach ist ein großzügiger Maßstab anzulegen. Das Mietverhältnis soll gerade auch dann aufrechterhalten werden, wenn der Mieter den Wohnraum teilweise einem anderen zum Gebrauch überlassen möchte. Der Gesetzeszweck, dem Mieter die Wohnung zu erhalten, bestimmt deshalb die Auslegung des Begriffs „berechtigtes Interesse“ und sein Verhältnis zu dem in § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten Zumutbarkeitserfordernis (BGH, a.a.O.; BGH, Urteil vom 11.6.2014 – VIII ZR 349/13 -). Soweit durch die beabsichtigte Untervermietung schützenswerte Belange des Vermieters berührt werden, sind diese gemäß § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit zu berücksichtigen und gegen die Interessen des Mieters abzuwägen (vgl. BGH, a.a.O.; LG Berlin, Beschluss vom 08. Juli 2014 – 63 S 152/14).

Es fehlt nicht bereits deshalb an einem berechtigten Interesse der Kläger, als diese derzeit ihren Lebensmittelpunkt in Kassel haben (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2005 – VIII ZR 4/05 -; BGH, Urteil vom 11.6.2014 – VIII ZR 349/13).

Der Erlaubnis steht auch nicht entgegen, wenn die Umstände, die zu einem berechtigten Interesse geführt haben, vom Mieter selbst herbeigeführt worden sind, wie hier die Anmietung einer zweiten Wohnung in Kassel. Ein berechtigtes Interesse an der Überlassung der Wohnung an Dritte kann bestehen, wenn es der finanziellen Entlastung des Mieters von der Belastung durch die Miete für die streitgegenständliche Wohnung dient (vgl. AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 1.9.2011 – 14 C 212/11 -). Dabei liegt ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse nicht nur in Fällen vor, in denen eine Doppelbelastung durch Mietausgaben vorliegt – wie hier – oder in denen der Mieter zwingend auf die Einsparung angewiesen ist. Aufgrund des mieterschützenden Regelungszwecks der Norm reicht vielmehr jedes vernünftige Interesse an einer finanziellen Ersparnis aus, sofern es sich nicht im Bagatellbereich bewegt. Einer Klärung der Einkommensverhältnisse der Kläger bedarf es daher nicht. (vgl. für alles Vorstehende: LG Berlin, Urteil vom 22. September 2017 – 63 S 277/16 -, Rn. 30 – 32).

Vorliegend ist von einem berechtigten Interesse in Form einer Mehrbelastung der Kläger auszugehen, da diese derzeit zwei Wohnungen unterhalten müssen, die streitgegenständliche und die Mietwohnung in Kassel.

Ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung ist darüber hinaus, auch unabhängig von einem finanziellen Interesse, bereits darin zu sehen, dass die Kläger zur Überzeugung des Gerichts beabsichtigen, spätestens im Sommer 2022 wieder vollständig nach Berlin zu ziehen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Rechtsentscheid in Mietsachen vom 03. Oktober 1984 – VIII ARZ 2/84) dürfen die Anforderungen an das vom Mieter darzulegende Interesse nicht überspannt werden. Es genügt ein persönliches, wirtschaftliches oder auch familiäres Interesse (LG Berlin, Urteil vom 22. September 2017 – 63 S 277/16 -, Rn. 33). Die Zeugen ### und ### haben für das Gericht überzeugend und anschaulich geschildert, dass insbesondere die Klägerin zu 2) sehr an Berlin hänge, hier ihre Familie habe und geplant sei, dass das größere der beiden Kinder nächstes Jahr in Berlin eingeschult werde. Insbesondere die Klägerin zu 2) habe den Wunsch, zeitnah nach Berlin zurückzukehren. Für das Gericht ist daher ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Kläger die streitgegenständliche Wohnung erhalten wollen, um im Sommer 2020 in diese zurückziehen zu können.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht ferner davon überzeugt, dass die Kläger lediglich einen Teil der Wohnung untervermieten. Der Zeuge ### hat glaubhaft und für das Gericht anschaulich geschildert, dass er zunächst die gesamte Wohnung angemietet habe, im Jahr 2019 dann jedoch ein neuer Vertrag gemacht worden sei und er und seine Familie nunmehr das kleine Schlafzimmer links vom Flur (Kinderzimmer) nicht mehr nutzen würden. Darin befinde sich ein Schreibtisch, ein Schrank und ein Bett. Dieses Zimmer werde vom Kläger zu 1) genutzt, wenn er in Berlin sei.

2. Die Widerklage ist zulässig aber unbegründet. Die Kündigung der Beklagten wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung hat das Mietverhältnis nicht beendet. Eine unbefugte Gebrauchsüberlassung lag nicht vor, da die Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis gemäß § 553 BGB hatten. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen unter Ziffer I.1. verwiesen werden.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen richten sich nach §§ 91, 708 Nr. 7, 711 ZPO.

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