Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- AG Bottrop Urteil: Abschleppkosten auf Mietgrundstück – Vermieter muss Kosten wegen Schikane selbst tragen
- Streit um Parken auf Mietgrundstück in Bottrop: Mieter nutzt Firmenwagen wiederholt zum Abstellen
- Vermieter lässt mehrfach abschleppen: Eskalation und Klage auf Kostenerstattung
- Urteil Amtsgericht Bottrop: Vermieter erhält keine Abschleppkosten zurück
- Grenzen der Selbsthilfe: Schikane und Treu und Glauben im Mietverhältnis entscheidend
- Kein Ersatz für Pfosten und keine Haftung des Fahrzeughalters im konkreten Fall
- Fazit des Gerichts: Kommunikation vor Selbsthilfe im Mietverhältnis geboten
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet mietvertragliche Rücksichtnahmepflicht und wie wirkt sie sich auf das Verhalten von Vermietern und Mietern aus?
- Unter welchen Umständen darf ein Vermieter ein Fahrzeug auf einem Mietgrundstück abschleppen lassen und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
- Was bedeutet das Schikaneverbot im Mietrecht und wie grenzt es sich von berechtigten Interessen des Vermieters ab?
- Welche Rechte hat ein Mieter, wenn der Vermieter unberechtigt ein Fahrzeug abschleppen lässt?
- Inwieweit haftet der Arbeitgeber eines Mieters für das Verhalten seines Angestellten im Mietverhältnis, insbesondere bei der Nutzung eines Firmenwagens?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 8 C 126/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Bottrop
- Datum: 28.11.2024
- Aktenzeichen: 8 C 126/24
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümer des Grundstücks, der die Erstattung von Abschleppkosten und weiteren Kosten forderte.
- Beklagte: Der Mieter des Klägers (Beklagter zu 1) und die Arbeitgeberin des Mieters, die Halterin des Fahrzeugs (Beklagte zu 2). Beide forderten Klageabweisung.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Grundstückseigentümer vermietete eine Wohnung mit Garage. Der Mieter parkte ein Firmenfahrzeug wiederholt auf dem Grundstück, nicht in der angemieteten Garage. Daraufhin ließ der Eigentümer das Fahrzeug mehrmals abschleppen und forderte die entstandenen Kosten vom Mieter und dessen Arbeitgeberin als Fahrzeughalterin.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob ein Grundstückseigentümer die Kosten für das Abschleppen eines auf seinem Grundstück abgestellten Fahrzeugs vom Mieter oder Fahrzeughalter verlangen kann, wenn ein Mietverhältnis besteht. Dabei ging es insbesondere um die Grenzen des Selbsthilferechts bei bestehenden vertraglichen Beziehungen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Klage des Grundstückseigentümers auf Erstattung der Abschleppkosten und weiterer Kosten vollständig ab. Der Kläger musste die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass dem Kläger kein Anspruch auf Kostenerstattung zusteht. Dies liegt daran, dass er sein Selbsthilferecht als Grundstückseigentümer schikanös und unter Verstoß gegen Treu und Glauben ausgeübt hat. Die bestehende mietvertragliche Beziehung begründete besondere Rücksichtnahmepflichten, denen der Kläger nicht nachkam, indem er sofort abschleppen ließ statt den Mieter zunächst abzumahnen.
- Folgen: Die Beklagten (Mieter und Halterin) müssen die vom Kläger geforderten Abschlepp- und weiteren Kosten nicht bezahlen. Der Kläger trägt stattdessen die gesamten Kosten des Gerichtsverfahrens.
Der Fall vor Gericht
AG Bottrop Urteil: Abschleppkosten auf Mietgrundstück – Vermieter muss Kosten wegen Schikane selbst tragen
Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Bottrop (Az. 8 C 126/24 vom 28.11.2024) beleuchtet die Grenzen des Selbsthilferechts eines Grundstückseigentümers gegenüber seinem Mieter.

Konkret ging es um die Frage, ob ein Vermieter die Abschleppkosten für ein Fahrzeug ersetzt verlangen kann, das sein Mieter – bzw. dessen Arbeitgeber als Fahrzeughalter – wiederholt auf dem gemeinsam genutzten Grundstück abgestellt hat. Das Gericht wies die Klage des Vermieters vollständig ab und betonte die Bedeutung der mietvertraglichen Rücksichtnahmepflichten und das Schikaneverbot.
Streit um Parken auf Mietgrundstück in Bottrop: Mieter nutzt Firmenwagen wiederholt zum Abstellen
Der Grundstückseigentümer eines mit Wohnhaus und Garagen bebauten Areals in Bottrop stand im Zentrum des Rechtsstreits. Er hatte eine Wohnung samt dazugehöriger Garage auf diesem Grundstück an einen Mieter vermietet. Dessen Arbeitgeberin, die ebenfalls verklagt wurde, war die Halterin eines Firmenfahrzeugs (Mercedes Sprinter), welches sie dem Mieter zur dienstlichen und möglicherweise auch privaten Nutzung überlassen hatte. Problematisch wurde die Situation dadurch, dass der Mieter diesen Firmenwagen wiederholt auf dem Grundstück des Vermieters parkte, offenbar außerhalb der angemieteten Garage oder zugewiesener Stellflächen. Dieses wiederholte Abstellen des Fahrzeugs führte zu erheblichem Unmut beim Eigentümer.
Vermieter lässt mehrfach abschleppen: Eskalation und Klage auf Kostenerstattung
Der Grundstückseigentümer sah sich durch das wiederholte Parken in seinen Rechten verletzt und griff zur Selbsthilfe, indem er das Fahrzeug mehrfach kostenpflichtig abschleppen ließ:
- In der Nacht zum 02.01.2024 um 23:42 Uhr beauftragte er ein erstes Abschleppunternehmen. Hierfür entstanden Kosten in Höhe von 333,20 Euro.
- Am 07.02.2024 um 14:45 Uhr ließ er das Fahrzeug erneut durch einen anderen Abschleppdienst entfernen, was Kosten von 357,00 Euro verursachte.
- Ein dritter Vorfall ereignete sich am 25.02.2024 um 16:19 Uhr. Der Eigentümer beauftragte wiederum ein Abschleppunternehmen. Bevor der Abschleppwagen jedoch das Fahrzeug aufladen konnte, entfernte der Mieter den Wagen selbst. Für die vergebliche Anfahrt stellte das Unternehmen dem Eigentümer 119,00 Euro in Rechnung.
Die Gesamtkosten für diese drei Aktionen beliefen sich somit auf 809,20 Euro, welche der Grundstückseigentümer zunächst selbst beglich.
Im Anschluss versuchte der Eigentümer, diese Kosten vom Mieter und dessen Arbeitgeberin zurückzufordern. Bereits nach dem ersten Abschleppen forderte er den Mieter schriftlich zur Zahlung auf (Schreiben vom 03.01.2024, Frist bis 17.01.2024). Nach dem zweiten Vorfall schaltete der Eigentümer einen Anwalt ein. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.02.2024 wurde der Mieter nicht nur zur Unterlassung des Parkens aufgefordert, sondern auch zur Zahlung der bis dahin angefallenen Abschleppkosten sowie zur Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 159,94 Euro (Frist bis 22.02.2024). Schließlich wandte sich der Eigentümer mit Schreiben vom 05.03.2024 auch direkt an die Arbeitgeberin als Fahrzeughalterin und forderte die Übernahme der Abschleppkosten (Frist bis 15.03.2024).
Zusätzlich zu den Abschleppmaßnahmen installierte der Eigentümer im Februar 2024 zwei Pfosten auf seinem Grundstück, um weiteres Falschparken zu verhindern. Die Kosten hierfür beliefen sich auf insgesamt 91,98 Euro (2 x 45,99 Euro).
Da weder der Mieter noch dessen Arbeitgeberin die Forderungen beglichen, zog der Grundstückseigentümer vor Gericht. Er beantragte zuletzt, den Mieter und dessen Arbeitgeberin als Gesamtschuldner (also beide haftend, bis die Summe einmal gezahlt ist) zur Zahlung der Abschleppkosten von 809,20 Euro (leicht abweichend im Antrag: 811,70 Euro, vermutlich durch Zinsberechnung oder Rundung) nebst Zinsen sowie der Anwaltskosten von 159,94 Euro nebst Zinsen zu verurteilen. Beide Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Zur Klärung der Umstände des dritten Vorfalls am 25.02.2024 hörte das Gericht zwei Zeugen an.
Urteil Amtsgericht Bottrop: Vermieter erhält keine Abschleppkosten zurück
Das Amtsgericht Bottrop entschied zugunsten des Mieters und dessen Arbeitgeberin: Die Klage wurde vollumfänglich abgewiesen. Das bedeutet, der Grundstückseigentümer bleibt auf den Abschleppkosten in Höhe von 809,20 Euro sowie den Anwaltskosten sitzen. Er muss zudem die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass die Beklagten theoretisch sofort Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen ihrer Kosten einleiten könnten, der Kläger dies aber durch Hinterlegung einer Sicherheit abwenden kann.
Grenzen der Selbsthilfe: Schikane und Treu und Glauben im Mietverhältnis entscheidend
Die zentrale Begründung des Gerichts für die Klageabweisung liegt in der Begrenzung des Selbsthilferechts des Grundstückseigentümers. Zwar kann ein Anspruch auf Ersatz von Abschleppkosten grundsätzlich aus verschiedenen Rechtsgrundlagen entstehen – etwa als Schadensersatz wegen Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung von Rücksichtnahmepflichten aus dem Mietvertrag), aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB, wenn das Abschleppen im mutmaßlichen Interesse des Störers liegt) oder wegen einer unerlaubten Handlung bzw. Besitzstörung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 858 BGB).
Das Gericht ließ jedoch offen, welche dieser Grundlagen theoretisch einschlägig wäre. Entscheidend war vielmehr, dass die Ausübung des Rechts, eine Besitzstörung durch Abschleppen zu beseitigen, nicht schrankenlos ist. Sie wird begrenzt durch das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankerte Schikaneverbot (§ 226 BGB) und die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Eine Rechtsausübung ist schikanös und damit unzulässig, wenn sie keinen anderen Zweck verfolgt, als dem anderen Schaden zuzufügen. Treu und Glauben verlangt eine redliche und anständige Rechtsausübung unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Gegenseite.
Nach eingehender Prüfung des Sachverhalts und der Beweisaufnahme kam das Gericht zu der Überzeugung (§ 286 ZPO), dass der Grundstückseigentümer diese Grenzen überschritten hatte. Es stellte fest, dass der Eigentümer das Fahrzeug in schikanöser Weise abschleppen ließ, vorrangig mit dem Ziel, den Mieter zu sanktionieren und ihm Kosten aufzubürden. Für diese Überzeugung reichte dem Gericht ein „für das praktische Leben brauchbarer Grad der Gewissheit“.
Besonders relevant war dabei der Umstand, dass es sich bei den beteiligten Parteien nicht um Fremde handelte. Zwischen dem Eigentümer und dem Mieter bestand ein Mietverhältnis über eine Wohnung und eine Garage auf demselben Grundstück. Aus diesem Vertrag ergeben sich nach § 241 Abs. 2 BGB wechselseitige Rücksichtnahmepflichten. Diese Pflichten wirken sich auch darauf aus, wie der Vermieter auf (vermeintliche) Besitzstörungen durch den Mieter reagieren darf. Er kann nicht genauso vorgehen wie gegenüber einem unbekannten Falschparker.
Erstes Abschleppen (Januar): Fehlende Abmahnung und Zweifel an Dringlichkeit
Bezüglich des ersten Abschleppvorgangs in der Nacht des 02.01.2024 sah das Gericht bereits im Zeitpunkt des Abschleppens um 23:42 Uhr einen Verstoß gegen Treu und Glauben. Der vom Eigentümer als Grund angeführte Umstand, das Fahrzeug würde die Sicht aus seinem Wohnzimmerfenster beeinträchtigen, erschien dem Gericht angesichts der späten Stunde im Januar (Dunkelheit) und der vorgelegten Fotos zweifelhaft und nicht ausreichend konkret dargelegt.
Vor allem aber hätte der Eigentümer aufgrund der mietvertraglichen Beziehung und der damit verbundenen Rücksichtnahmepflicht anders handeln müssen. Bevor er zur kostspieligen Maßnahme des Abschleppens griff, wäre es geboten gewesen, den Mieter zunächst formal abzumahnen. Er hätte ihn auffordern müssen, das vertragswidrige Parken zukünftig zu unterlassen, eventuell verbunden mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Auch die Einleitung gerichtlicher Schritte auf Unterlassung wäre eine angemessenere Vorgehensweise gewesen. Die Situation sei eben nicht mit dem Parken durch unbekannte Dritte vergleichbar, bei denen ein sofortiges Abschleppen oft das einzige effektive Mittel ist.
Dritter Abschleppversuch (Februar): Ignorieren der Umzugssituation unzulässig
Auch der versuchte Abschleppvorgang am 25.02.2024 wurde vom Gericht als Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) gewertet. Zwar wusste der Mieter zu diesem Zeitpunkt nach den vorherigen Abschleppaktionen und dem Anwaltsschreiben vom 12.02.2024 genau, dass der Eigentümer das Parken nicht duldete und mit Konsequenzen zu rechnen war.
Jedoch ergab die Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung (Zeugen F und S) glaubhaft, dass sich der Mieter an diesem Tag mitten im Umzug befand. Er nutzte den Firmenwagen, um Gegenstände aus seiner Wohnung (die laut Gericht in einem oberen Stockwerk lag) in das Fahrzeug zu laden, welches vor dem Erdgeschossfenster des Eigentümers stand. Dem Eigentümer wäre es daher ohne Weiteres möglich gewesen, den Mieter direkt anzusprechen und ihn zur Entfernung des Wagens aufzufordern. Laut Zeugenaussage fand ein solches Gespräch oder eine Aufforderung jedoch nicht statt; stattdessen wurde direkt der Abschleppdienst gerufen.
Das Gericht betonte, dass das Mietverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt war und der Auszug des Mieters somit auch im Interesse des Vermieters lag. Unter diesen Umständen durfte der Mieter nach Treu und Glauben davon ausgehen, dass er das Fahrzeug zum Zwecke des Beladens für den Umzug vorübergehend auf dem Grundstück würde abstellen (im Rechtssinne: halten) dürfen, ohne sofort abgeschleppt zu werden.
Kein Ersatz für Pfosten und keine Haftung des Fahrzeughalters im konkreten Fall
Die Kosten für die im Februar 2024 errichteten Pfosten (insgesamt 91,98 Euro) muss der Eigentümer ebenfalls selbst tragen. Das Gericht stellte fest, dass zu diesem Zeitpunkt das Mietverhältnis über Wohnung und Garage noch bestand. Der Mieter hatte unwidersprochen vorgetragen, dass die Pfosten seinen unmittelbaren Besitz an der gemieteten Garage störten. Eine solche Maßnahme während des laufenden Mietverhältnisses, die den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt, ist nicht zulässig und kann keine Ersatzansprüche begründen.
Auch gegenüber der Arbeitgeberin als Fahrzeughalterin (Beklagte zu 2)) verneinte das Gericht einen Anspruch auf Kostenerstattung. Grundsätzlich kann der Halter eines Fahrzeugs, das eine Besitzstörung verursacht, als sogenannter Zustandsstörer auf Beseitigung und unter Umständen auch auf Kostenerstattung in Anspruch genommen werden. Allerdings gelten auch hier die Grenzen des Schikaneverbots (§ 226 BGB) und von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Da die Unzulässigkeit der Abschleppmaßnahmen bereits im Verhältnis zum Mieter (Fahrer) aufgrund der besonderen Umstände des Mietverhältnisses festgestellt wurde, konnte auch gegenüber der Halterin kein Anspruch auf Ersatz der durch diese unzulässigen Maßnahmen entstandenen Kosten bestehen.
Da die Hauptforderung (Abschleppkosten) unbegründet war, wurden auch die Nebenforderungen – also die Zinsen und die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten – abgewiesen.
Fazit des Gerichts: Kommunikation vor Selbsthilfe im Mietverhältnis geboten
Das Urteil des Amtsgerichts Bottrop unterstreicht eindrücklich, dass das Selbsthilferecht eines Grundstückseigentümers, insbesondere das kostspielige Abschleppenlassen von Fahrzeugen, im Kontext eines bestehenden Mietverhältnisses erheblichen Einschränkungen unterliegt. Die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten aus dem Mietvertrag (§ 241 Abs. 2 BGB) sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Schikaneverbots (§ 226 BGB) und von Treu und Glauben (§ 242 BGB) fordern vom Vermieter ein Vorgehen, das die berechtigten Interessen des Mieters berücksichtigt. Bevor zu einschneidenden und teuren Maßnahmen wie dem Abschleppen gegriffen wird, sind in der Regel mildere Mittel wie eine klare Kommunikation, eine Abmahnung oder die Einleitung gerichtlicher Schritte auf Unterlassung vorzuziehen. Handelt der Vermieter unverhältnismäßig oder gar schikanös, bleibt er auf den entstandenen Kosten sitzen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt deutlich, dass Vermieter bei Parkproblemen mit Mietern nicht sofort zu extremen Maßnahmen wie dem Abschleppen greifen dürfen. Die mietvertraglichen Rücksichtnahmepflichten und das Schikaneverbot erfordern zunächst mildere Mittel wie klare Kommunikation oder formale Abmahnungen. Besonders in Situationen wie einem Umzug müssen Vermieter angemessene Toleranz zeigen und können nicht wie bei fremden Falschparkern verfahren. Dieses Urteil stärkt die Position von Mietern gegenüber unverhältnismäßigen Selbsthilfemaßnahmen und betont die Bedeutung verhältnismäßigen Handelns in Mietverhältnissen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet mietvertragliche Rücksichtnahmepflicht und wie wirkt sie sich auf das Verhalten von Vermietern und Mietern aus?
Im Mietrecht gibt es ein wichtiges Prinzip: die mietvertragliche Rücksichtnahmepflicht. Dieses Prinzip leitet sich aus einem allgemeinen Grundsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches ab, der besagt, dass Vertragspartner aufeinander Rücksicht nehmen müssen. Im Mietvertrag bedeutet das konkret: Vermieter und Mieter sind verpflichtet, die Interessen des jeweils anderen zu berücksichtigen. Ziel ist es, dass beide Seiten den Mietvertrag so erfüllen, dass der andere Vertragspartner nicht unzumutbar beeinträchtigt oder belästigt wird.
Was bedeutet die Pflicht für Mieter und Vermieter?
Diese Pflicht ist gegenseitig. Das heißt, sowohl der Mieter als auch der Vermieter müssen aufeinander Rücksicht nehmen.
Für Sie als Mieter bedeutet das: Sie sind verpflichtet, das Mietobjekt und die dazugehörigen Einrichtungen (wie Treppenhaus, Garten, Keller) sorgfältig zu behandeln und Schäden zu vermeiden. Sie müssen außerdem darauf achten, dass Sie andere Mieter im Haus oder den Vermieter selbst nicht unangemessen stören, zum Beispiel durch Lärm zu bestimmten Zeiten. Auch bei der Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen müssen Sie die Belange der anderen berücksichtigen.
Für Sie als Vermieter bedeutet das: Sie sind verpflichtet, die Mietsache in einem Zustand zu erhalten, der dem vertragsgemäßen Gebrauch entspricht. Sie müssen sicherstellen, dass der Mieter die Wohnung in Ruhe nutzen kann und nicht durch unnötige oder unangemessene Maßnahmen gestört wird. Dazu gehört zum Beispiel, dass Sie geplante Besichtigungen oder Reparaturen rechtzeitig ankündigen und die Privatsphäre des Mieters achten.
Beispiele aus dem Alltag
Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in einem Mehrfamilienhaus.
- Als Mieter müssen Sie Rücksicht auf die Nachbarn nehmen und zum Beispiel die Ruhezeiten einhalten. Es gehört zur Rücksichtnahmepflicht, laute Musik nicht zu spät am Abend zu spielen oder Partylärm in einem angemessenen Rahmen zu halten.
- Als Vermieter müssen Sie bei Reparaturen Rücksicht auf den Mieter nehmen. Sie können nicht einfach unangekündigt in der Wohnung erscheinen, sondern müssen Termine vereinbaren. Auch bei größeren Arbeiten, die Lärm verursachen, sollten Sie versuchen, die Beeinträchtigung für den Mieter so gering wie möglich zu halten.
- Ein weiteres Beispiel ist die Nutzung von Gemeinschaftsflächen: Jeder Mieter hat ein Recht darauf, diese zu nutzen, muss aber gleichzeitig darauf achten, dass er die Nutzung durch andere nicht übermäßig einschränkt oder die Flächen verschmutzt.
Was passiert bei Verstoß gegen die Pflicht?
Hält sich eine Seite – sei es der Mieter oder der Vermieter – nicht an diese Rücksichtnahmepflicht und führt dies zu einer erheblichen Beeinträchtigung der anderen Partei, kann das rechtliche Folgen haben. Je nach Schwere des Verstoßes können daraus zum Beispiel Ansprüche auf Schadensersatz entstehen. In besonders schwerwiegenden Fällen kann ein wiederholter oder erheblicher Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht sogar eine Kündigung des Mietvertrages rechtfertigen.
Kurz gesagt, die mietvertragliche Rücksichtnahmepflicht ist ein zentrales Element eines funktionierenden Mietverhältnisses. Sie fordert von beiden Parteien ein Verhalten, das die berechtigten Interessen des anderen nicht ignoriert, um ein friedliches Zusammenleben und die ordnungsgemäße Nutzung der Mietsache zu ermöglichen.
Unter welchen Umständen darf ein Vermieter ein Fahrzeug auf einem Mietgrundstück abschleppen lassen und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
Ein Vermieter darf ein Fahrzeug auf einem Mietgrundstück abschleppen lassen, wenn es dort unberechtigt parkt und dadurch das Grundstück beeinträchtigt wird. Dies basiert auf dem sogenannten Selbsthilferecht des Vermieters als Eigentümer oder Besitzers des Grundstücks.
Wann liegt unberechtigtes Parken vor?
Unberechtigtes Parken liegt typischerweise vor, wenn ein Fahrzeug auf einem Grundstück steht, ohne dass der Fahrer oder Halter dazu berechtigt ist. Das kann der Fall sein bei:
- Fahrzeugen, die nicht zum Mietobjekt gehören (weder Mieter noch Besucher mit Erlaubnis).
- Fahrzeugen von Mietern oder deren Besuchern, die auf fremden, klar zugewiesenen Stellplätzen parken.
- Fahrzeugen, die Zugänge, Rettungswege oder andere gemeinschaftlich genutzte Flächen blockieren und so den Vermieter, andere Mieter oder Lieferanten behindern.
Wenn ein Fahrzeug unberechtigt parkt, stört es den rechtmäßigen Gebrauch des Grundstücks oder eines Teils davon (zum Beispiel den gemieteten Stellplatz eines anderen Mieters). Diese Störung kann dem Vermieter das Recht geben, selbst einzuschreiten.
Voraussetzungen für das Abschleppen
Bevor ein Vermieter ein Fahrzeug abschleppen lassen darf, müssen in der Regel bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, um sicherzustellen, dass das Abschleppen verhältnismäßig ist:
- Keine andere zumutbare Möglichkeit: Der Vermieter sollte versuchen, den Fahrer oder Halter des Fahrzeugs ausfindig zu machen, um ihn aufzufordern, das Fahrzeug wegzufahren, wenn dies mit zumutbarem Aufwand möglich ist und die Situation nicht sofortiges Handeln erfordert (z.B. bei einer Blockade eines Rettungswegs).
- Ankündigung (falls möglich): Oft wird verlangt, dass das unberechtigte Parken angekündigt wurde. Dies kann durch gut sichtbare Schilder am Grundstückseingang oder auf dem Parkplatz geschehen, die darauf hinweisen, dass unberechtigt parkende Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden. Bei einer akuten Blockade kann das Abschleppen aber auch ohne vorherigen individuellen Warnhinweis zulässig sein.
- Dokumentation: Um später beweisen zu können, dass das Abschleppen notwendig und rechtmäßig war, sollte der Vermieter die Situation dokumentieren. Dazu gehören Fotos des falsch parkenden Fahrzeugs, die den genauen Standort, das Kennzeichen und die Art der Behinderung zeigen. Auch das Datum und die Uhrzeit sind wichtig.
Kosten des Abschleppens
Die Kosten für das Abschleppen und gegebenenfalls die Verwahrung des Fahrzeugs hat in der Regel der Halter oder der Fahrer des Fahrzeugs zu tragen, der das unberechtigte Parken verursacht hat. Der Vermieter tritt in Vorleistung und kann die Kosten dann vom Verursacher zurückfordern.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Vermieter darf abschleppen lassen, wenn ein Fahrzeug unberechtigt auf seinem Grundstück parkt und dies zu einer spürbaren Beeinträchtigung führt. Wichtige Schritte vorher sind der Versuch der Kontaktaufnahme (wenn möglich), eine Ankündigung (oft durch Beschilderung) und eine sorgfältige Dokumentation der Parksituation.
Was bedeutet das Schikaneverbot im Mietrecht und wie grenzt es sich von berechtigten Interessen des Vermieters ab?
Das Schikaneverbot ist ein wichtiger Grundsatz im deutschen Recht, der auch im Mietrecht gilt. Es besagt vereinfacht ausgedrückt, dass niemand ein Recht ausüben darf, wenn der einzige Zweck dieser Ausübung darin besteht, jemand anderem Schaden zuzufügen oder ihn zu ärgern, ohne dass man selbst ein vernünftiges, eigenes Interesse daran hat. Juristen sprechen hier von der „missbräuchlichen Rechtsausübung“. Grundlage dafür ist § 226 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Schikane versus berechtigtes Interesse
Der Kernpunkt liegt in der Abgrenzung: Handelt der Vermieter aus einem berechtigten Interesse oder nur aus Schikane?
- Berechtigtes Interesse: Ein Vermieter hat in der Regel ein berechtigtes Interesse, wenn seine Handlung einen nachvollziehbaren, sachlichen Grund hat, der im Zusammenhang mit der Mietsache oder der Verwaltung des Eigentums steht. Dazu gehören zum Beispiel notwendige Reparaturen, die Instandhaltung des Gebäudes, die Abwendung von Schäden, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften oder auch die Geltendmachung vertraglicher Rechte. Auch die Durchführung von Besichtigungen zu bestimmten Anlässen (z. B. vor einer Neuvermietung, bei begründetem Verdacht auf Schäden) kann ein berechtigtes Interesse sein.
- Schikane: Von Schikane spricht man, wenn der Vermieter ein Recht oder eine Befugnis ganz überwiegend oder ausschließlich dazu nutzt, den Mieter zu belästigen, zu benachteiligen oder zu ärgern, obwohl er selbst keinen vernünftigen, sachlichen Grund für sein Handeln hat oder das eigene Interesse im Vergleich zum Schaden des Mieters verschwindend gering ist. Es geht also um das Motiv des Vermieters und die fehlende oder unwesentliche eigene Berechtigung jenseits der Schädigungsabsicht.
Wie Gerichte entscheiden
Wenn es darum geht, ob das Handeln eines Vermieters Schikane ist, prüfen Gerichte den Einzelfall sehr genau. Sie wägen die Interessen des Vermieters gegen die Beeinträchtigung des Mieters ab.
Dabei stellen sich Gerichte Fragen wie:
- Gab es einen nachvollziehbaren Grund für die Handlung des Vermieters?
- War die Handlung notwendig oder zumindest sinnvoll aus Sicht der Verwaltung des Eigentums?
- Welches Motiv hatte der Vermieter mutmaßlich?
- Wie schwerwiegend ist die Beeinträchtigung für den Mieter?
- Steht das vom Vermieter verfolgte Interesse (falls überhaupt vorhanden) in einem angemessenen Verhältnis zur Belastung des Mieters?
Ein typisches Beispiel für Schikane könnte sein, wenn ein Vermieter ohne konkreten Anlass ständig verlangt, die Wohnung zu besichtigen, nur um den Mieter zu stören. Oder wenn er einer kleinen, unschädlichen Veränderung in der Wohnung (die mietvertraglich vielleicht zustimmungspflichtig wäre) die Zustimmung verweigert, obwohl ihm dadurch keinerlei Nachteile entstehen und es nur darum geht, den Mieter zu gängeln.
Umgekehrt ist das Betreten der Wohnung zur Reparatur eines Wasserhahns oder die jährliche Ablesung der Heizkostenverteiler in der Regel keine Schikane, selbst wenn es für Sie als Mieter kurz unpraktisch ist, da hier ein klares, berechtigtes Interesse des Vermieters vorliegt.
Das Schikaneverbot schützt Mieter also davor, dass Vermieter ihre rechtlichen Möglichkeiten oder Befugnisse missbrauchen, um ihnen das Leben schwer zu machen, wenn dafür kein objektiver Grund besteht.
Welche Rechte hat ein Mieter, wenn der Vermieter unberechtigt ein Fahrzeug abschleppen lässt?
Wenn Ihr Fahrzeug vom Vermieter oder in dessen Auftrag von Ihrem angemieteten Stellplatz oder einem Bereich, der Ihnen vertraglich zur Nutzung überlassen ist, unberechtigt abgeschleppt wurde, kann dies verschiedene rechtliche Konsequenzen haben. Ein unberechtigtes Abschleppen bedeutet, dass keine ausreichende rechtliche Grundlage für diese Maßnahme bestand. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Sie Ihr Fahrzeug korrekt auf einem Ihnen zugewiesenen Stellplatz geparkt hatten.
Welche Ansprüche können Sie haben?
In solchen Fällen stehen Ihnen als Mieter grundsätzlich folgende mögliche Ansprüche zu:
1. Erstattung der Abschleppkosten: Der wichtigste Anspruch ist oft die Erstattung der Kosten, die durch das unberechtigte Abschleppen entstanden sind. Wenn der Vermieter Ihr Fahrzeug ohne rechtlichen Grund entfernen lässt, greift er in Ihr Eigentum oder Ihren rechtmäßigen Besitz am Fahrzeug ein. Dies kann eine sogenannte unerlaubte Handlung darstellen. Der Vermieter ist dann grundsätzlich verpflichtet, Ihnen den Schaden zu ersetzen, der Ihnen entstanden ist. Dieser Schaden umfasst in erster Linie die Kosten für das Abschleppen und die eventuelle Verwahrung des Fahrzeugs, die Sie tragen mussten, um Ihr Fahrzeug zurückzuerhalten. Stellen Sie sich vor, Ihr Auto wurde rechtmäßig auf Ihrem gemieteten Stellplatz geparkt, und trotzdem lässt der Vermieter es abschleppen. Die Kosten, die Sie für die Rückholung zahlen, sind ein direkter Schaden, der vom Vermieter zu ersetzen wäre.
2. Unterlassung weiterer Abschleppmaßnahmen: Sie können auch verlangen, dass der Vermieter zukünftig keine weiteren unberechtigten Abschleppmaßnahmen gegen Ihr Fahrzeug durchführen lässt. Dieser Anspruch auf Unterlassung dient dazu, weitere Störungen Ihrer Nutzung des Mietobjekts und Ihres Fahrzeugs zu verhindern. Dies ist relevant, wenn die Gefahr besteht, dass der Vermieter erneut unberechtigt handeln könnte.
3. Mögliche Mietminderung: Wenn der Stellplatz Teil Ihres Mietvertrages ist und das unberechtigte Abschleppen dazu führt, dass Sie Ihren Stellplatz nicht oder nur eingeschränkt nutzen können, kann unter Umständen auch eine Mietminderung in Betracht kommen. Eine Mietminderung ist möglich, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch eingeschränkt ist. Die unberechtigte Entfernung des Fahrzeugs vom Stellplatz kann eine solche Einschränkung darstellen, wenn sie die Nutzung des Stellplatzes beeinträchtigt.
Wie können Sie Ihre Rechte geltend machen?
Um Ihre Rechte geltend zu machen, ist es ratsam, den Vermieter zunächst schriftlich zu informieren. In einem solchen Schreiben, oft als Abmahnung bezeichnet, schildern Sie den Vorfall, legen dar, warum das Abschleppen Ihrer Meinung nach unberechtigt war, und fordern den Vermieter zur Erstattung der Kosten auf sowie zur Unterlassung zukünftiger, unberechtigter Maßnahmen. Setzen Sie hierfür eine angemessene Frist.
Reagiert der Vermieter nicht oder lehnt er Ihre Forderungen ab, kann es notwendig werden, die Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Dies kann eine Klage auf Schadensersatz für die entstandenen Kosten oder eine Klage auf Unterlassung sein.
Es ist wichtig zu dokumentieren, wann und wo Ihr Fahrzeug abgeschleppt wurde und welche Kosten Ihnen entstanden sind. Auch der Mietvertrag, insbesondere die Regelungen zum Stellplatz, ist relevant.
Inwieweit haftet der Arbeitgeber eines Mieters für das Verhalten seines Angestellten im Mietverhältnis, insbesondere bei der Nutzung eines Firmenwagens?
Ein Arbeitgeber kann unter bestimmten Umständen für Schäden haftbar sein, die sein Arbeitnehmer verursacht, auch im Zusammenhang mit einem Mietverhältnis. Diese Haftung leitet sich aus dem Gedanken ab, dass jemand, der einen anderen (den Arbeitnehmer) beauftragt, eine Aufgabe zu erledigen, eine Verantwortung dafür trägt, dass dies ordentlich geschieht. Juristisch spricht man hier von der Haftung für sogenannte Verrichtungsgehilfen.
Wann haftet der Arbeitgeber für seinen Angestellten?
Ein Arbeitgeber haftet für Schäden, die sein Arbeitnehmer einem Dritten (wie einem Vermieter oder Nachbarn) zufügt, wenn der Schaden „bei Gelegenheit der Verrichtung“ entstanden ist. Das bedeutet: Das schädigende Verhalten muss in einem funktionalen Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, die der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber ausführt. Es muss also eine Verbindung zwischen der Arbeit und dem schädigenden Verhalten geben.
Im Kontext eines Mietverhältnisses und der Nutzung eines Firmenwagens bedeutet das:
- Wenn der Arbeitnehmer mit dem Firmenwagen auf dem Mietgrundstück parkt und dabei Schäden verursacht (z.B. an der Einfahrt oder am Gebäude), kann dies unter die Haftung des Arbeitgebers fallen, da die Nutzung des Wagens zum Parken auf dem Grundstück im Zusammenhang mit dem dortigen Wohnen des Arbeitnehmers stehen kann, was wiederum oft mittelbar durch das Arbeitsverhältnis ermöglicht oder bedingt wird (z.B. Wohnortwahl wegen Arbeitsplatz).
- Wenn der Arbeitnehmer den Firmenwagen für eine Dienstfahrt nutzt und dabei Schäden an fremdem Eigentum verursacht, die dann mittelbar das Mietverhältnis betreffen (z.B. durch Störungen), kann dies ebenfalls relevant sein.
- Wichtig ist immer der Zusammenhang zur Arbeitstätigkeit. Ein rein privater Gebrauch des Firmenwagens, der keinerlei Verbindung mehr zur eigentlichen Arbeitsaufgabe oder der Nutzungserlaubnis im Rahmen des Arbeitsverhältnisses hat, kann die Haftung des Arbeitgebers ausschließen. Die Abgrenzung ist hier oft schwierig und hängt vom genauen Einzelfall und der Ausgestaltung der Firmenwagenregelung ab.
Hat der Arbeitgeber eine Pflicht zur Überwachung?
Ja, der Arbeitgeber hat eine Sorgfaltspflicht bei der Auswahl, Anleitung und Überwachung seiner Arbeitnehmer. Er kann der Haftung entgehen, wenn er beweisen kann, dass er diesen Pflichten nachgekommen ist. Das nennt man Exkulpation.
- Sorgfältige Auswahl: Hat der Arbeitgeber geprüft, ob der Arbeitnehmer für die Tätigkeit geeignet ist (z.B. beim Fahrer: Führerschein vorhanden)?
- Sorgfältige Anleitung: Hat der Arbeitgeber klare Anweisungen gegeben, wie bestimmte Tätigkeiten auszuführen sind oder wie der Firmenwagen zu nutzen ist?
- Sorgfältige Überwachung: Hat der Arbeitgeber die Einhaltung der Regeln kontrolliert? Die Intensität der Überwachung hängt von der Tätigkeit ab.
Wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er all diese Sorgfaltspflichten erfüllt hat und der Schaden trotz dieser Sorgfalt entstanden ist, haftet er in der Regel nicht für das Fehlverhalten des Arbeitnehmers.
Wann muss der Arbeitgeber für Fehlverhalten einstehen?
Der Arbeitgeber muss für das Fehlverhalten seines Arbeitnehmers einstehen, wenn:
- Das Fehlverhalten bei Gelegenheit der Verrichtung (im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit) erfolgte und
- Der Arbeitgeber nicht nachweisen kann, dass er seine Sorgfaltspflichten bei Auswahl, Anleitung und Überwachung des Arbeitnehmers erfüllt hat.
Der Arbeitnehmer selbst haftet für eigenes schuldhaftes Verhalten grundsätzlich immer persönlich nach den allgemeinen Regeln des Schadensersatzrechts (§ 823 BGB). Die Haftung des Arbeitgebers tritt unter den genannten Voraussetzungen hinzu oder kann ihn anstelle des Arbeitnehmers treffen.
Für die Beurteilung, ob im konkreten Fall eine Haftung des Arbeitgebers besteht, sind stets die genauen Umstände des schädigenden Ereignisses und die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses (insbesondere bezüglich der Firmenwagennutzung und der Weisungsbefugnis) entscheidend.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Selbsthilferecht
Das Selbsthilferecht erlaubt es einem Grundstückseigentümer oder Besitzenden, bei einer unerlaubten Besitzbeeinträchtigung ohne Einschaltung eines Gerichts unmittelbar selbst tätig zu werden, um seinen Besitz zu schützen oder wiederherzustellen. Im vorliegenden Fall wollte der Vermieter das wiederholt unberechtigt abgestellte Fahrzeug durch Abschleppen entfernen, um eine Besitzstörung zu beheben. Dieses Recht ist jedoch nicht uneingeschränkt und unterliegt Grenzen, etwa dem Schikaneverbot (§ 226 BGB) und den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB), insbesondere bei bestehenden Vertragsverhältnissen wie einem Mietverhältnis.
Beispiel: Ein Nachbar parkt wiederholt auf Ihrem Privatparkplatz; Sie können nach Ankündigung und erfolglosem Versuch der Kontaktaufnahme das Fahrzeug abschleppen lassen, dürfen dabei aber nicht übermäßig oder schikanös handeln.
Schikaneverbot (§ 226 BGB)
Das Schikaneverbot verbietet es, ein Recht in einer Weise auszuüben, die ausschließlich oder überwiegend dazu dient, einem anderen Schaden zuzufügen oder ihn zu belästigen, ohne ein berechtigtes Interesse zu verfolgen. Im Mietrecht schützt es Mieter davor, dass Vermieter ihre Befugnisse missbräuchlich einsetzen, etwa durch wiederholtes und kostspieliges Abschleppen ohne sachlichen Grund. Die Ausübung eines Rechts, die nur der Schikane dient, ist daher unzulässig und führt dazu, dass der Schädiger die Kosten selbst tragen muss.
Beispiel: Ein Vermieter lässt den Wagen eines Mieters mehrfach abschleppen, obwohl mildere Mittel zur Behebung des Problems möglich wären, und verfolgt damit hauptsächlich das Ziel, den Mieter zu schikanieren.
Mietvertragliche Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB)
Die mietvertragliche Rücksichtnahmepflicht verpflichtet sowohl Vermieter als auch Mieter, während der Vertragsdauer die berechtigten Interessen des jeweils anderen zu beachten und nicht zu beeinträchtigen. Sie erweitert die Pflichten aus dem Vertrag um eine Verantwortung für vertragsgerechtes Verhalten über das Schriftliche hinaus. Im vorliegenden Fall verlangt sie vom Vermieter, bei störendem Verhalten des Mieters zunächst auf milde Mittel zu setzen (z. B. Abmahnung, Aufforderung), bevor er zu eigenmächtigen und belastenden Maßnahmen wie Abschleppen greift.
Beispiel: Ein Mieter parkt seinen Firmenwagen regelmäßig falsch auf dem Grundstück, aber anstatt sofort abschleppen zu lassen, muss der Vermieter zunächst kommunizieren und eine Abmahnung aussprechen.
Gesamtschuldner
Gesamtschuldner sind mehrere Schuldner, die gemeinsam für eine Forderung haften, sodass der Gläubiger von jedem einzelnen die vollständige Erfüllung verlangen kann. Im vorliegenden Fall wollte der Vermieter sowohl den Mieter als auch dessen Arbeitgeberin gemeinsam zur Zahlung der Abschleppkosten verpflichten. Das heißt, beide könnten jeweils für die gesamte Summe haften, bis der Gläubiger vollständig befriedigt ist. Dieses Prinzip dient der Sicherstellung, dass der Gläubiger seine Forderung effektiv durchsetzen kann.
Beispiel: Bei Schäden, die von mehreren Personen verursacht wurden, kann der Geschädigte von einem der Beteiligten die volle Schadenssumme fordern, ohne jeden einzelnen nur anteilig in Anspruch nehmen zu müssen.
Unerlaubte Handlung (§ 823 BGB)
Eine unerlaubte Handlung ist ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten, das einem anderen einen Schaden zufügt, und begründet einen Anspruch auf Schadensersatz. Im Kontext des Urteils könnte ein unberechtigtes Abschleppen als Besitzstörung betrachtet werden, wenn das Fahrzeug rechtmäßig auf dem Grundstück steht und dennoch entfernt wird. Dann verletzt der Eigentümer durch die Abschleppmaßnahme das relative Recht des Fahrzeughalters oder Mieters, was eine unerlaubte Handlung darstellt.
Beispiel: Wird ein Eigentum oder Besitz ohne Recht entzogen oder beeinträchtigt, etwa durch unbefugtes Entfernen eines geparkten Autos, kann der Geschädigte Ersatz für die Kosten verlangen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 241 Abs. 2 BGB (Rücksichtnahmepflichten aus dem Schuldverhältnis): Dieser Paragraph verpflichtet die Vertragsparteien, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen angemessen Rücksicht zu nehmen. Insbesondere im Mietverhältnis begründet dies Pflichten, die über die reine Vertragserfüllung hinausgehen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten schränken das Vorgehen des Vermieters gegenüber dem Mieter beim Umgang mit dem parkenden Fahrzeug erheblich ein und verbieten eine unmittelbare und kostenintensive Selbsthilfemaßnahme ohne vorherige mildere Schritte.
- § 242 BGB (Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte): Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz verlangt, dass Rechte redlich und unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen anderer ausgeübt werden. Rechtsmissbrauch oder schikanöses Verhalten sind demnach unzulässig. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hielt das Abschleppen als schikanös und damit unzulässig, weil der Vermieter das Mittel nutzte, um den Mieter zusätzlich zu sanktionieren, anstatt eine vernünftige Lösung zu suchen.
- § 226 BGB (Schikaneverbot): Dieses Verbot untersagt die Ausübung eines Rechts ausschließlich zum Zweck, einem anderen unbilligen Nachteil zuzufügen, ohne dass ein rechtmäßiger Zweck verfolgt wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte eine Überschreitung der Grenzen zulässigen Rechtsverhaltens fest, weil das Abschleppen primär dazu diente, dem Mieter zu schaden und Kosten aufzuerlegen, und nicht zum legitimen Schutz eigener Rechte.
- § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 BGB (unerlaubte Handlung und Besitzstörung): Hiernach ist derjenige schadensersatzpflichtig, der rechtswidrig in den Besitz eines anderen eingreift. Das Abschleppen eines auf fremdem Grundstück abgestellten Fahrzeugs kann einen solchen Besitzentzug darstellen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Zwar könnte das Abschleppen als Besitzstörung gelten, doch die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme hängt von weiteren Umständen ab; im vorliegenden Fall wurde die Maßnahme deshalb nicht als rechtmäßig anerkannt.
- § 677, 683 S. 1, 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag): Diese Vorschriften erlauben unter bestimmten Voraussetzungen Ersatzansprüche, wenn jemand im Interesse eines anderen handelt ohne von diesem beauftragt zu sein. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Abschleppen könnte als Geschäftsführung ohne Auftrag im mutmaßlichen Interesse des Störers angesehen werden, jedoch scheidet ein Ersatzanspruch aus, wenn die Maßnahme unverhältnismäßig und schikanös war.
- § 286 ZPO (Beweiswürdigung): Diese Vorschrift regelt die freie Würdigung der Beweise durch das Gericht mit der Folge, dass das Gericht seinen Überzeugungen folgen darf, sofern sie auf für das praktische Leben brauchbaren Gewissheiten beruhen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht nutzte diese Norm, um aufgrund der Zeugenvernehmungen und Sachlage nachvollziehbar zu entscheiden, dass die Abschleppmaßnahmen schikanös und unverhältnismäßig waren.
Das vorliegende Urteil
AG Bottrop – Az.: 8 C 126/24 – Urteil vom 28.11.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.