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Mieterhaftung für Pflichtverletzungen des Untermieters

LG Berlin, Az.: 65 S 318/15

Urteil vom 04.11.2015

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 05.08.2015 – 5 C 23/15 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden als Gesamtschuldner neben dem bereits rechtskräftig dazu verurteilten Beklagten zu 3) verurteilt, die Wohnung in der … Straße 2, … Berlin, 5. OG rechts und links, bestehend aus fünf Zimmern nebst Küche, Bad und Diele und einer Gesamtwohnfläche von 180 m² zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten zu 1) bis zu 3) haben die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 29.02.2016 eingeräumt.

Gründe

Mieterhaftung für Pflichtverletzungen des Untermieters
Foto: TeroVesalainen/ Bigstock

Auf die Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.

Die gemäß §§ 511ff. ZPO zulässige und gemäß §§ 517, 520 ZPO form- und fristgemäß eingelegte und begründete Berufung ist auch in der Sache erfolgreich und rechtfertigt gemäß §§ 513, 529, 546 ZPO eine andere Entscheidung.

Die Klägerin hat auch gegenüber den Beklagten zu 1) und zu 2) einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in der … Straße 2, § 546 Abs. 1 BGB. Die Beklagten haben der Klägerin gegenüber kein fortdauerndes Recht zum Besitz an der Wohnung; das Mietverhältnis ist gemäß §§ 573 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 542 BGB beendet.

Das Mietverhältnis ist jedenfalls durch die fristgemäß erklärte Kündigung vom 08.01.2015 mit Ablauf des 31.07.2015 beendet worden, § 573c Abs. 1 BGB. Die Kündigungsfrist zum Ende des übernächsten Monats war um drei Monate verlängert, da das Mietverhältnis seit 2008 bestand und damit im Zeitpunkt der Kündigung länger als 5 Jahre andauerte.

Die Klägerin hatte ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gem. § 573 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB. Die vom Beklagten zu 3) als Untermieter der Beklagten zu 1) und zu 2) vorgenommene weitere Untervermietung, seine – jedenfalls teilweise – vorgenommenen Betrugshandlungen gegenüber Dritten stellten erhebliche Pflichtverletzungen aus dem Mietverhältnis dar. Den Beklagten war eine einer gewerbsmäßigen Untervermietung über eine Internetplattform gleichkommende Besitzeinräumung an wechselnde Dritte nicht gestattet, sondern nur die Untervermietung an einen solventen Untermieter, eine Gebrauchsüberlassung an Dritte war damit nur in Bezug auf den Beklagten zu 3) vertragsgemäß. Dessen systematische Vermarktung der 180 m2 großen Wohnung bestehend aus 5 Zimmern, die die Beklagten zu 1) und 2) gemeinsam mit ihren Kindern in dem bereits 2008 begründeten Mietverhältnis bis zum Berufungsverfahren nicht bewohnt haben und die Gebrauchsüberlassung von Teilen der Wohnung an Dritte sowie die Betrugshandlungen zur Erlangung von Kautionszahlungen von Mietinteressenten in mindestens zwei Fällen stellen Pflichtverletzungen dar, die beim Gebrauch der Mietsache – das heißt im Zusammenhang mit der Ausnutzung des unmittelbaren Besitzes an ihr – erfolgten.

Das Vorbringen der Klägerin über die Handlungen des Beklagten zu 3) hatten die Beklagten in erster Instanz nicht bestritten. Soweit sie im Schriftsatz vom 19.05.2015 die Betrugshandlungen zugestehen und meinen, dass diese erkennen ließen, dass eine Gebrauchsüberlassung an Dritte damit nicht vorgelegen habe, widerspricht das der ersten Verteidigung gegen die Klage, wonach der Beklagte zu 1) wechselnde Gäste in der Wohnung wahrgenommen, aber der Erklärung des Beklagten zu 3), es handele sich um Logierbesuch, womit offenbar ausgedrückt werden sollte, dass es sich nicht um Untermieter des Untermieters handeln sollte, Glauben geschenkt habe.

Eine sachliche Grundlage dafür hatte der Beklagte aber offenbar nicht: Die mit den Fotos aus dem Internetportal dargestellten Räumlichkeiten lassen eine – sparsame – Einrichtung der Zimmer erkennen, geeignet zur Überlassung an Dritte, aber keine verschiedenen Wohnfunktionen entsprechende Möblierung. Damit konnte schon nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte sein Gästezimmer oder ein Sofa im Wohnzimmer für Besuch von Freunden oder Familienmitgliedern zur Verfügung gestellt hatte.

Eine Überlassung, auch tageweise, von Zimmern an – bezahlende – Feriengäste ist aber nicht von einer Untermieterlaubnis gedeckt (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 – VIII ZR 210/13, zit. nach juris). Weder das noch die Ausnutzung der Wohnung zu betrügerischen Zwecken zur Erlangung von Zahlungen muss die Klägerin hinnehmen.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) können sich nicht auf mangelndes (eigenes) Verschulden in Bezug auf die Handlungen des Beklagten zu 3) berufen. Gemäß §§ 540 Abs. 2, 278 BGB haben sie das dem Beklagten zu 3) zur Last fallende Verschulden beim Gebrauch der Mietsache (wie eigenes vertragswidriges Handeln) zu vertreten, dies auch dann, wenn eine Untervermieterlaubnis erteilt worden ist. Der Bundesgerichtshof hat demgemäß bereits entschieden, dass der Mieter dem Vermieter gegenüber dafür eintreten muss, dass der Untermieter die Grenzen des Hauptmietvertrags verletzt (BGH Urt. v. 10.05.2000 – XII ZR 149/98, in: NJW 2000, 3203). Fehlende Kenntnis von dessen Aktivitäten zur Verwendung und Untervermietung der Wohnung schützt sie deshalb nicht.

Die erhebliche Schwere der Vertragspflichtverletzung wird auch durch die zeitnah von den Beklagten am 15.01.2015 erklärte fristlose Kündigung des Untermietverhältnisses nicht (mehr) abgemildert. Die Klägerin muss die hier vorgenommene Verwertung der Wohnung keinesfalls hinnehmen.

Den Beklagten ist allerdings, nachdem sie im Vertrauen auf den Bestand der Entscheidung des Amtsgerichts während des Berufungsverfahrens mit ihren drei Kindern erstmals in die Wohnung eingezogen sind, eine Frist zur Räumung einzuräumen, § 721 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat sich dabei vorrangig an den Interessen der von dem Streit tangierten Kinder leiten lassen und die Frist so bemessen, dass ein gegebenenfalls (erneut) erforderlicher er Schulwechsel in längeren Ferien erfolgen kann.

Die übrigen Nebenentscheidungen fußen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Gründe zur Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, da die Bewertung der Schwere der Pflichtverletzung von den Umständen des Einzelfalls bestimmt wird und keine über diesen Einzelfall hinausgehende Bedeutung grundsätzlicher Art besitzt.

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