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Mieterhaftung wegen Verletzung des Vermieterpfandrechts

KG Berlin – Az.: 8 U 21/17 – Urteil vom 08.01.2018

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22.12.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 32 O 215/16 – teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass hinsichtlich der im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten beim Amtsgericht … – … – zur Nummer 25 der Tabelle festgestellten Forderung der Klägerin ein Teilbetrag in Höhe von 5.705,00 EUR, gestützt auf den Abschnitt 5 (Miete/Nutzungsentschädigung) und ein Teilbetrag von 3.860,66 EUR, gestützt auf den Abschnitt 6 (Rechtsverfolgungskosten) der Forderungsanmeldung der Klägerin vom 17. Juli 2015 auf dem Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung beruhen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 47 % und der Beklagte 53 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 49 % und der Beklagte 51 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

[1] Die zulässige Berufung des Beklagten hat zum Teil Erfolg. Das Landgericht hat der Klage (nur) insoweit zu Recht stattgegeben, als es festgestellt hat, dass die zur Insolvenztabelle festgestellte Forderung der Klägerin mit Teilbeträgen von 5.705 EUR Miete/Nutzungsentschädigung und 3.860,66 EUR Rechtsverfolgungskosten auf dem Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung beruht. Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet.

[2] Das Landgericht hat zutreffend begründet, dass der Antrag auf Feststellung des Forderungsgrundes gegen den beklagten Insolvenzschuldner gerichtet werden konnte. Dies wird mit der Berufung auch nicht in Frage gestellt.

[3] Der Beklagte rügt ohne Erfolg, die Klagerweiterung, mit welcher der Feststellungsantrag geltend gemacht worden ist, sei ihm nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Der Klagerweiterungsschriftsatz vom 26.10.2016 wurde gemäß richterlicher Verfügung vom 10.11.2016 den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 21.11.2016 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Soweit das Landgericht nach Einsicht in die Akten des Beklagtenvertreters von einem Zustellmangel ausgegangen ist, wäre er angesichts der aktenkundigen Übersendung zum Zwecke der Zustellung ohnehin gemäß § 189 ZPO geheilt. Darüber hinaus ist die Klagerweiterung gemäß § 261 Abs. 2 ZPO jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2016 rechtshängig geworden, hat sich der Beklagte hierauf durch Stellung des Abweisungsantrages aus dem Schriftsatz vom 21.11.2016 eingelassen und auch keine Erklärungsfrist zum Schriftsatz vom 26.10.2016 beantragt.

[4] Soweit die Berufungsbegründung dahin zu verstehen sein sollte, dass eine fehlende Zuständigkeit des Landgerichts Berlin gerügt wird, kann die Berufung gemäß § 513 Abs. 2 ZPO hierauf nicht gestützt werden.

[5] Das Landgericht hat eine Haftung des Beklagten aus vorsätzlich unerlaubter Handlung, nämlich aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 289 StGB (Pfandkehr) zu Recht bejaht.

[6] Die im Antrag aus der Klageschrift aufgeführten Gegenstände wurden vom Beklagten unstreitig aus den Mieträumen entfernt und unterlagen dem Vermieterpfandrecht der Klägerin, die gegenüber dem Beklagten unstreitig Mietzahlungsansprüche u. a. für April bis Juli 2012 und für September 2014 hatte. Ein Vermieterpfandrecht kann gegenüber dem Mieter auch für ältere Mietforderungen geltend gemacht werden, dies ist gemäß § 562d BGB nur gegenüber Drittgläubigern ausgeschlossen. Das Vermieterpfandrecht bestand unabhängig von einer Geltendmachung durch die Klägerin. An dieser Stelle ist daher unerheblich, ob der Beklagte das Inventar – wie mit Schriftsatz der Klägerin vom 26.8.2014 vorgetragen – nach ihrem Hinweis auf das Vermieterpfandrecht im Schreiben vom 22.10.2014 aus dem Mietobjekt entfernt hat oder – wie mit der Berufungsbegründung vorgetragen – schon im September 2014.

[7] Es handelte sich um eingebrachte Sachen des Mieters. Das Inventar stand nach dem Vortrag des Beklagten in seinem Eigentum; er macht in der Berufungsbegründung (Seite 7) geltend, alle Gegenstände selbst bezahlt zu haben. Soweit die Klägerin an einem Teil des streitgegenständlichen Inventars gemäß § 18 Abs. 5 des Franchisevertrages der Parteien Sicherungseigentum erlangt haben sollte, erfüllte der Abtransport den Tatbestand der Unterschlagung (§ 246 StGB) und wäre mithin gleichfalls eine unerlaubte Handlung.

[8] Die Gegenstände waren pfändbar im Sinne von § 562 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie unterlagen keinem Pfändungsschutz gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Sie waren nicht zur Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit erforderlich, denn unstreitig hatte der Beklagte sein Geschäft aufgegeben, bevor er die Sachen aus den Mieträumen verbrachte. Mikrowelle, Spüle, Handwaschbecken/Ausgusskombination und Kühlschrank fallen auch nicht unter § 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, denn sie waren zuvor im Gewerbebetrieb des Beklagten eingesetzt und er konkretisiert in keiner Weise, dass sie seinem persönlichen Gebrauch oder Haushalt gedient hätten. Der Einwand, das Inventar werde im Sinne von § 812 ZPO in seinem Haushalt gebraucht und durch dessen Verwertung könne nur ein zum Wert außer allem Verhältnis stehender Wert erzielt werden, ist ebenfalls unsubstantiiert und ohnehin unerheblich, weil das Vermieterpfandrecht auch § 812 ZPO unterfallende Gegenstände erfasst (Zöller/Stöber, 32. Auflage, § 812 ZPO Rn. 1).

[9] Das Vermieterpfandrecht ist nicht gemäß § 562a Satz 1 BGB erloschen, weil die Sachen ohne Wissen der Klägerin aus den Mieträumen entfernt wurden. Selbst wenn dies schon im September 2014 geschehen sein sollte, wahrt der am 3.12.2014 eingereichte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Frist des § 562b Abs. 2 BGB. Es ist vom Vorbringen der Klägerin auszugehen, dass sie erst (durch Hinweis eines anderen Franchisepartners) am 29.11.2014 von der Entfernung des Inventars erfahren hat. Auch wenn den Vermieter die Beweislast für die Rechtzeitigkeit seiner Rechtsverfolgung (vgl. Staudinger/Emmerich, BGB, Bearb. 2014, § 562b Rn. 24) und damit für seine Unkenntnis trifft, kommt sie – wie auch bei anderen negativen Tatbestandsmerkmalen (vgl. BGH, Beschluss vom 20.6.2017 – VI ZR 505/16 – m. w. N.) – erst auf konkretes Vorbringen des Mieters zur Kenntniserlangung zum Tragen, an dem es hier fehlt. Kenntnis der Klägerin von Umständen, die den Beklagten zur Geschäftsaufgabe veranlassten, steht einer Kenntnis von der Entfernung des Inventars nicht gleich.

[10] Der Einwand des Beklagten, der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung vom 2.12.2014 habe die Frist des § 562b Abs. 2 BGB nicht wahren können, denn er habe zu diesem Zeitpunkt keine Verfügungsgewalt mehr über die streitigen Gegenstände und einen Teil an die Insolvenzverwalterin herausgegeben gehabt, ist unschlüssig, da das Insolvenzverfahren erst am 12.6.2015 eröffnet worden ist. Auf die Bestimmtheit des Herausgabeverlangens im Verfügungsantrag kommt es für den vorliegenden Rechtsstreit in diesem Zusammenhang nicht an. Zur Fristwahrung genügt jedes Verhalten des Vermieters, mit dem er den Willen, sein Pfandrecht aufrecht zu erhalten und geltend zu machen, in einem gerichtlichen Verfahren deutlich nach außen betätigt (KG OLGE 27, 156, 157; Staudinger/Emmerich, BGB, Bearb. 2014, § 562b Abs. 19 m. w. N.).

[11] Das Vermieterpfandrecht fällt unter § 289 StGB und es stellt ein “Wegnehmen” im Sinne dieser Vorschrift dar, eine Sache dem tatsächlichen Herrschafts- und Gewaltverhältnis des Vermieters über sein Grundstück und seinem Selbsthilferecht (§ 561 BGB) zu entziehen (vgl. BayObLG, Urteil vom 9.4.1981 – RReg 5 St 53/81 – NJW 1981, 1745; OLG Koblenz, Urteil vom 11.10.1990 – 1 Ss 247/90 – OLG St StGB § 289 Nr. 1; Fischer, StGB, 64. Auflage, § 289 Rn. 2 und 4; Heine/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 29. Auflage, § 289 Rn. 9 mit weiteren Nachweisen auch zu Gegenstimmen). Der Senat schließt sich der Begründung des BayObLG (a. a. O.) an:

“Die unterschiedliche Auslegung des Begriffs ”Wegnehmen” bei § 242 StGB und § 289 StGB rechtfertigt sich aus der abweichenden Zielsetzung beider Strafvorschriften: Während § 242 StGB das Eigentum und zusätzlich den Gewahrsam schützt, will § 289 StGB verhindern, dass bestimmte Sicherungs- oder Nutzungsrechte vereitelt werden. Da aber – wie z. B. gerade beim Pfandrecht des Vermieters – das Bestehen eines solchen Sicherungsrechts nicht vom Besitz am Sicherungsgut abhängig ist, verlöre § 289 StGB insoweit jede Bedeutung, wenn man unter ”Wegnehmen” nur einen Bruch fremden Gewahrsams verstehen wollte. Ein hinreichender Schutz wäre dann auch nicht durch § 288 StGB (Vereiteln der Zwangsvollstreckung) gewährleistet; denn diese Bestimmung greift erst bei einer dem Täter ”drohenden Zwangsvollstreckung“ ein, der Pfandgläubiger muss aber schon vorher geschützt sein. ”Wegnehmen” bedeutet deshalb bei § 289 StGB nichts anderes als ”dem Machtbereich des Berechtigten entziehen”.”

[12] Der Beklagte hat, auch wenn er dies in Abrede stellt, das Vermieterpfandrecht der Klägerin vorsätzlich und in rechtswidriger Absicht verletzt und damit den Tatbestand des § 289 StGB auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

[13] Zum einen ist das gesetzliche Vermieterpfandrecht in § 10 Z. 1 des Unter-Mietvertrages der Parteien angesprochen. Zum anderen hat die Klägerin in ihrem Kündigungsschreiben vom 22.10.2014 unübersehbar darauf hingewiesen, dass sie ihr Vermieterpfandrecht an allen in den Betrieb des Beklagten eingebrachten Gegenständen geltend macht und dem Beklagten damit untersagt ist, irgendwelche Gegenstände ohne ausdrückliches vorheriges Einverständnis der Klägerin aus den Geschäftsräumen zu entfernen. Dass dem Beklagten dieser Hinweis entgangen wäre, macht er selbst nicht geltend und erscheint auch ausgeschlossen, zumal er anwaltlich vertreten war und sein Prozessbevollmächtigter mit Schreiben vom 28.10.2014 (Anlage K 8) auf das Kündigungsschreiben reagiert hat.

[14] Entsprechend dem Vortrag im erstinstanzlichen Schriftsatz der Klägerin vom 26.10.2016 ist davon auszugehen, dass der Beklagte das Inventar erst nach dem Schreiben vom 22.10.2014 aus den Mieträumen entfernt hat. Soweit er mit der Berufungsbegründung erstmals geltend macht, dies sei im September 2014 geschehen, kann dieses Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht berücksichtigt werden. In erster Instanz hat er hierzu – entgegen seiner Darstellung im Schriftsatz vom 3.8.2017 – nicht vorgetragen und dies war nachlässig. Der Beklagte hat auf den entsprechenden Hinweis im Beschluss vom 13.7.2017 auch nichts zu seiner Entschuldigung vorgebracht.

[15] Im Übrigen fällt in diesem Zusammenhang auf, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem LG Düsseldorf am 28.10.2014 (s. Anlage K 5) bzw. mit Anwaltsschreiben vom gleichen Tage (Anlage K 8) anbot, das Geschäft mit sämtlichem Inventar – wie es steht und liegt – an die Klägerin herauszugeben und alle darin befindlichen Gegenstände zu übereignen. Ferner beruft sich der Beklagte zu Unrecht darauf, eine Räumung bereits im September 2014 würde sich aus dem Gutachten der Insolvenzverwalterin vom 9.6.2015 (Anlage K 10) ergeben. Im Gegenteil heißt es in dem Gutachten, welches sich insbesondere auf ein Gespräch der Insolvenzverwalterin mit dem Beklagten bezieht, am 22.10.2014 seien die Telefone in der Filiale in … -… auf Geheiß der Klägerin abgestellt und der Geschäftsbetrieb dort eingestellt worden und das Inventar sei vom Beklagten Ende November 2014 größtenteils aus den Geschäftsräumen entfernt worden (Seiten 5, 6 bzw. 9 des Gutachtens). Auch hat der Beklagte vor dem LG Düsseldorf am 28.10.2014 der Angabe des Justiziars … der Klägerin, die Telefone im Geschäft in … seien am 22.10.2014 abgestellt worden, nicht widersprochen und sich dahin eingelassen, den Betrieb danach eingestellt zu haben (Anlage K 5, Seite 2). In Würdigung all dieser Umstände besteht für den Senat kein Zweifel, dass der Beklagte die Sachen erst abtransportiert hat, nachdem er den Hinweis vom 22.10.2014 auf das Vermieterpfandrecht erhalten hatte, und damit das Vermieterpfandrecht in rechtswidriger Absicht verletzt hat.

[16] Die Einstellung des Strafverfahrens mangels rechtzeitigen Strafantrages ist – wie im angefochtenen Urteil ausgeführt – für die Haftung des Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB unerheblich. Ferner hat das Landgericht unter Hinweis auf das Urteil des OLG Bremen vom 22.11.2006 – 1 U 38/06 – OLGR 2007, 232 zutreffend erkannt, dass die Feststellungsklage auch gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Pfandrechtes als sonstiges Recht begründet ist. Insoweit genügt bereits Handeln mit bedingtem Vorsatz.

[17] Aufgrund der Pfandkehr haftet der Beklagte aus unerlaubter Handlung zum einen dafür, dass die Klägerin Gegenstände, die ihrem Vermieterpfandrecht unterlagen, nicht verwerten konnte, um sich wegen ihrer Ansprüche auf Miete und Nutzungsentschädigung in fünfstelliger Höhe zu befriedigen. Der Beklagte schuldete 4 x 1.500 EUR = 6.000 EUR Nettomiete für April bis Juli 2012 und 2 x (1.500 EUR Nettomiete + 200 EUR Betriebskostenvorauszahlung) = 3.400 EUR Miete für September und Oktober 2014. Ferner stand der Klägerin trotz Geltendmachung ihres Vermieterpfandrechtes Nutzungsentschädigung von monatlich 1.700 EUR ab November 2014 zu, nachdem der Beklagte die Mieträume trotz wirksamer fristloser Kündigung des Vertrages nicht herausgab (vgl. Senat, Beschluss vom 6.12.2012 – 8 U 220/12 – MDR 2013, 643).

[18] Der Vortrag im Klagerweiterungsschriftsatz vom 26.10.2016, die Klägerin beziffere den möglichen Erlös der vom Beklagten rechtswidrig aus den Betriebsräumen entfernten Gegenstände auf rund 10.000 EUR, hätte zwar für sich allein gesehen nicht die erforderliche Substanz. Die Klägerin hatte aber schon mit der Klage die Sachen näher bezeichnet sowie die Rechnung vom 22.1.2009 (Anlage K 3) vorgelegt, welche die Kaufpreise der streitigen Gegenstände sowie deren Lieferung im Dezember 2008 ausweist. Damit hat sie jedenfalls das Schadensersatzverlangen hinreichend bestimmt und Tatsachen vorgetragen, die eine Schadensschätzung im Wege linearer Abschreibung (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 181; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Auflage, § 251 Rn. 10) ermöglichen. Vortrag zum aktuellen Wert einzelner Gegenstände ist von der Klägerin nicht zu verlangen, denn es handelt sich um Umstände außerhalb ihrer Sphäre und der Beklagte hat durch seine unerlaubte Handlung eine nähere Darlegung und weiteren Beweis seitens der Klägerin vereitelt. Überdies hat der Beklagte bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.11.2017 nichts Konkretes erwidert, sondern im Schriftsatz vom 21.11.2016 lediglich pauschal eingewandt, die Behauptung der Klägerin zu einem möglichen Erlös von 10.000 EUR der aus den Betriebsräumen entfernten Gegenstände sei ein versuchter Prozessbetrug bzw. schlichtweg tatsächlicher und rechtlicher Nonsens.

[19] Der Schadensermittlung sind (nur) diejenigen Gegenstände zugrunde zu legen, deren Entfernung aus den Mieträumen im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht worden ist und die der Klägerin nachfolgend nicht zurückgegeben worden sind. Anzusetzen sind die Positionen 2, 4, 5, 7, 12-15, 19-21, 23, 25, 33, 34, 65, 67 und 68 der Rechnung vom 22.1.2009, die sich (ohne Umsatzsteuer) auf 22.820 EUR summieren.

[20] Dies entspricht dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 26.10.2016, der bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig blieb, mit der Ausnahme, dass von der Rückgabe auch eines Kühlschrankes “… ” (Pos. 26 der Rechnung) auszugehen ist. Gemäß der Quittung vom 6.7.2015, auf die sich der Beklagte im Termin am 20.11.2017 berufen hat, hat er u. a. einen “Getränkekühlschrank” zurückgegeben. Es ist – insbesondere aus den Verträgen der Parteien und der Rechnung vom 22.1.2009 – nicht ersichtlich, dass es sich dabei um ein anderes Gerät gehandelt haben könnte als den Kühlschrank “… ”. Derlei macht auch die Klägerin nicht geltend. Sie hat sich im Schriftsatz vom 26.10.2016 selbst auf das Übergabeprotokoll vom 6.7.2015 (Anlage K 12) berufen. Ihre Einlassung, die Quittung beziehe sich auf die Gegenstände, wegen derer die Klage zurückgenommen ist, trifft (nur) hinsichtlich dieses Gegenstandes und der beiden nachfolgend zu erörternden Sachen nicht zu. Eine Erklärungsfrist hat sie auch auf den Hinweis des Senats, dass die Bedeutung der (im Termin) überreichten Unterlagen näher zu prüfen sein wird, nicht beantragt. Die Rückgabe des Kühlschrankes “… ” ist mithin gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zugrunde zu legen und deshalb ist unschädlich, dass sich der Beklagte darauf so spät berufen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2004 – IX ZR 229/03 – BGHZ 161, 138).

[21] Soweit in der Quittung vom 6.7.2015 “1 Übergabetisch” und “1 Ständer (incl. 4 große und 1 kleinen Pizzastapler)” aufgeführt sind, ist nicht ersichtlich, dass es sich um Sachen handelt, die Gegenstand der Klage sind oder gewesen sind. Ein “Übergabetisch Induktionsstation … ” ist lediglich in § 18 (5) des Franchisevertrages der Parteien und in diesem Zusammenhang auf Seite 4 der Klageschrift angesprochen, ohne dass der Klageantrag (auf Herausgabe bzw. nachfolgend auf Feststellung) hierauf bezogen worden wäre. Auch die im Termin am 20.11.2017 vorgelegte Auflistung zurückgegebener Sachen, die im Übrigen vom Beklagten stammt und von daher keinen Beweiswert hat, enthält – abgesehen von dem Getränkekühlschrank – keine Gegenstände, auf deren Entziehung die Klage gestützt ist.

[22] Dem Beklagten ist nicht unter Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben, zumal dieser gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen wäre. Es war nachlässig, dass der Beklagte in erster Instanz nicht vorgetragen hat, was er zurückgegeben haben will. Ferner wäre das Vorbringen gemäß § 296 Abs. 2, § 525 ZPO zurückzuweisen. Nachdem der Senat im Beschluss vom 13.7.2017 zu Tz. 15 aufgelistet hat, wegen welcher Gegenstände die Klage begründet erscheint, war es grob nachlässig, dass der Beklagte hierzu entgegen § 282 Abs. 2 ZPO nicht durch vorbereitenden Schriftsatz rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat.

[23] Der Senat schätzt gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO, dass die im Dezember 2008 gelieferten Sachen, als ihre Verwertung durch die Klägerin Ende 2014 vereitelt wurde, nach einer Nutzungszeit von sechs Jahren einen Wiederbeschaffungswert von 25 % des Kaufpreises hatten, d. h. 5.705 EUR. Dabei legt der Senat eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von durchschnittlich acht Jahren zugrunde, wie sie in der “AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter” vom 15.12.2000 (BStBl. I 1532) für Gaststätteneinbauten, Wirtschaftsgüter der Ladeneinrichtungen und Kühleinrichtungen angesetzt ist. Ein weitergehender Abschlag ist bei der Schadensbemessung nach der freien Überzeugung des Gerichts gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht geboten, zumal es sich offenbar um typisches Franchise-Inventar der Klägerin handelt und mutmaßlich in diesem Rahmen hätte verwertet werden können.

[24] Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals eingewandt hat, er habe nur einen Verkaufserlös von 2.300 EUR erzielt, dringt er hiermit nicht durch und ist seinem Antrag auf Beiziehung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft … – Az. … – nicht nachzugehen. Erstens ist nicht ersichtlich, dass die vorgelegte Aufstellung alle hier interessierenden Gegenstände betrifft; die Positionen 12, 13, 33, 34 und 65 der Rechnung vom 22.1.2009 sind anscheinend nicht umfasst. Zweitens ist fraglich, ob der Beklagte für die weggeschafften Gegenstände deren tatsächlichen Wert erlöst hat, zumal in der Aufstellung keine Einzelpreise angegeben sind. Drittens handelt es sich lediglich um eine vom Beklagten gefertigte Liste und ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Ermittlungsakte mehr zu entnehmen wäre. Viertens wäre das Vorbringen, wenn es erheblich wäre, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil es nachlässig war, dass der Beklagte in erster Instanz nicht konkret zum Wert der Sachen vorgetragen hat, und er trotz entsprechenden Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung nichts zur Entschuldigung der Verspätung vorgebracht hat. Fünftens wäre das Vorbringen gemäß § 296 Abs. 2, § 525 ZPO ausgeschlossen, weil es nach dem diesbezüglichen Hinweis des Senats (Beschluss vom 13.7.2017, Tz. 14) grob nachlässig war, hierzu nicht rechtzeitig vor dem Termin vorzutragen.

[25] Als weiterer Schaden aus der unerlaubten Handlung des Beklagten sind der Klägerin die geltend gemachten Verfahrenskosten von 3.860,66 EUR entstanden. Die Klägerin war zur Wahrung ihres Vermieterpfandrechtes im Hinblick auf § 562b Abs. 2 Satz 2 BGB bzw. § 926 ZPO gehalten, das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durchzuführen bzw. die Herausgabeklage einzureichen. Im angefochtenen Urteil ist auch zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte die der Klägerin durch die Klagerhebung entstandenen Anwalts- und Gerichtskosten verursacht und zu ersetzen hat, auch wenn die Klage danach durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig geworden ist.

[26] Der Einwand des Beklagten, es sei keine unerlaubte Handlung, dass es zu einem Mietrückstand und zu Rechtsverfolgungskosten gekommen sei, geht ins Leere. Entscheidend ist, dass die Pfandkehr eine unerlaubte Handlung war und Schäden der Klägerin verursacht hat, indem sie sich wegen des Mietrückstandes nicht aus dem Inventar befriedigen konnte und Kosten für die Rechtsverfolgung anfielen.

[27] Die Anschlussberufung, mit der die Klägerin in der Sache ihren Antrag auf Feststellung der Hauptsachenerledigung weiter verfolgt, ist aus den Gründen des angefochtenen Urteils unbegründet, weil die Klage zum Zeitpunkt der Zustellung aufgrund der zwischenzeitlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten unzulässig war. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Insolvenzverwalterin keine Freigabe zugunsten des Beklagten erklärt hat, sondern der Klägerin mit dem Schreiben vom 25.6.2015 (Anlage K 11) unter Verweis auf § 170 Abs. 2 InsO Sachen zur Verwertung überlassen hat. Selbst wenn – wie mit der Anschlussberufung geltend gemacht – die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorgelegen haben sollten, läge eine Freigabe gleichwohl nicht vor. Im Übrigen betrifft das Schreiben vom 25.6.2015 ganz überwiegend Gegenstände, hinsichtlich derer die Klägerin die Klage nicht für erledigt erklärt, sondern zurückgenommen hat.

[28] Der Kostenentscheidung gemäß § 92 Abs. 1 ZPO liegt entsprechend dem Streitwertbeschluss des Senats zugrunde, dass die Klägerin hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens und der anwaltlichen Verhandlungsgebühren erster Instanz mit [(5.705 EUR + 3.860,66 EUR =) 9.565,66 EUR x 25 % =] 2.391,42 EUR : 4.665,17 EUR = 51 % obsiegt und hinsichtlich der übrigen Kosten erster Instanz mit (6.980 EUR : 13.025 EUR =) 54 %.

[29] Die Berufungserwiderung macht zu Recht geltend, dass diejenigen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die auf den zurückgenommenen Teil der Klage entfallen, entgegen dem angefochtenen Urteil gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO dem Beklagten aufzuerlegen sind. Die Klage auf Rückschaffung von Inventarstücken war, als sie am 8.5.2015 eingereicht wurde, zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt – insoweit wird auf die Begründung im Beschluss des Senats vom 15.6.2017 im Verfahren der Parteien 8 U 154/16 Bezug genommen – und begründet und wurde erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 12.6.2015 unzulässig und hinsichtlich der am 6.7.2015 herausgegebenen Gegenstände darüber hinaus unbegründet, bevor die Klage dem Beklagten am 7.7.2015 zugestellt worden ist. Ein Wegfall des Klageanlasses im Sinne von § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO kann auch in einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen (LG Limburg, Urteil vom 25.7.2014 – 2 O 359/10 – zitiert nach juris Tz. 37; Münchener Kommentar/Becker-Eberhard, ZPO, 5. Auflage, § 269 Rn. 59; Ghassemi-Tabar/Delaveaux NZM 2011, 537; Pießkalla ZinsO 2013, 1729, 1731). Der Einwand, dem Schuldner fehle die Prozessführungsbefugnis für das kontradiktorische Verfahren gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (so Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage, § 269 Rn. 18c), schlägt jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit angesichts der zulässigen Inanspruchnahme des Beklagten mit der Klagerweiterung (s. Tz. 2) nicht durch.

[30] Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

[31] Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere folgt der Senat zu § 289 StGB der zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung.

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