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Mieterhöhung aufgrund eines Mietspiegels

AG Schöneberg, Az.: 14 C 139/17

Urteil vom 28.02.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags zuzüglich 10% leistet.

Tatbestand

Mieterhöhung aufgrund eines Mietspiegels
Foto: axelbueckert/Bigstock

Die Beklagten sind Mieter einer 104,08 qm großen Wohnung im Haus L. Straße in … B., gelegen im 4. Obergeschoss rechts. Die Klägerin hatte die Immobilie erworben. Das Haus war erstmals vor 1919 bezugsfertig. Die Wohnung verfügt über eine Sammelheizung sowie ein Bad mit InnenWC. Im Bad befindet sich ein wandhängendes WC mit in der Wand eingelassenem Spülkasten und eine von der Badewanne getrennte Duschkabine. In zwei der drei Zimmer der Wohnung ziert Stuck in Form einer Mittelrosette und einem umlaufenden Abschlussband die Decke. An die Küche ist eine kleine Speisekammer mit Durchlauferhitzer angeschlossen. Das größte Zimmer der Wohnung ist ein Durchgangszimmern, ein sog. Berliner Zimmer. Der Energieverbrauchskennwert des Hauses beträgt 101 kWh /(qma). Im Hof des Hauses sind an das Mauerwerk Fahrradhalter zum Fahrradeinschub angeschraubt (siehe Fotos Bl. 44 der Akte).

Die Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung betrug Anfang Juni 2017 823,26 Euro und war seit über fünfzehn Monaten unverändert. Mit Schreiben vom 21.06.2017 ersuchte die Hausverwaltung im Namen der Klägerin die Beklagten um Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete um 78,49 Euro auf 901,75 Euro mit Wirkung ab dem 01.09.2017. Die Beklagten verweigerten die Zustimmung.

Die Klägerin behauptet, das Badezimmer der Wohnung sei größer als 8 qm und der Balkon messe 4,07 qm. Sie ist der Auffassung, dass der Stuck der Wohnung die Voraussetzungen einer aufwendigen Deckenverkleidung im Sinne des Berliner Mietspiegels 2017 erfülle und die Fahrradständer im Hof ebenfalls dessen Anforderungen entsprechen. Deshalb meint sie, durch die ausgesprochene Mieterhöhung entspreche die verlangte Miete der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem Berliner Mietspiegel 2017.

Am 27.09.2017 ist die Klageschrift bei Gericht eingegangen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für die auf dem Grundstück … ., im 4. Obergeschoss rechts innegehaltene Wohnung, von bisher 823,26 Euro um 78,49 Euro auf 901,75 Euro mit Wirkung ab dem 01.09.2017 zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, das Bad weise eine Größe von 7,52 qm und der Balkon von 3,05 qm auf. Überdies sind sie der Auffassung, die Speisekammer sei zu klein und der Stuck zu geringfügig, um den Anforderungen eines wohnwerterhöhenden Merkmals im Sinne des Berliner Mietspiegels 2017 entsprechen zu können. Der Energiekennverbrauchskennwert erhöhe sich ihrer Meinung nach aufgrund des Durchlauferhitzers um 20 kWh /(qma) und die Fahrradständer halten sie nicht für ausreichend im Sinne des Mietspiegels.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Die Klägerin hat die Klagefrist des § 558 b Abs. 2 BGB eingehalten. Aufgrund des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens bei den Beklagten Ende Juni 2017 lief die Klagefrist bis einschließlich 30.11.2017. Bereits am 27.09.2017 ist die Klageschrift bei Gericht eingegangen und damit anhängig gemacht und auch alsbald zugestellt worden.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 1 BGB zu, da die Beklagten bereits einen Mietzins schulden, der die ortsübliche Vergleichsmiete nicht unterschreitet.

Zum Zeitpunkt des Mieterhöhungsverlangens war die Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung zwar seit 15 Monaten nicht erhöht (§ 558 Abs. 1 BGB). Auch die Kappungsgrenze des § 557 Abs. 3 BGB ist eingehalten.

Die Wohnung befindet sich in mittlerer Wohnlage und ist im Berliner Mietspiegel 2017 in das Rasterfeld K 1 einzuordnen. Dies sieht eine Spanne für die ortsübliche Vergleichsmiete von 4,38 Euro/qm – 10,18 Euro/qm bei einem Mittelwert von 6,39 Euro/qm vor. Der seitens der Klägerin angestrebte Quadratmeterpreis der Nettokaltmiete beträgt 8,66 Euro/qm. Damit liegt die begehrte Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung um 60 % über dem Mittelwert, was in Anbetracht der dem Urteil zugrunde zulegenden Wohnwertmerkmale in der Spanneneinordnung zu beanstanden ist. Derzeit schulden die Beklagten eine Nettokaltmiete auf einen Quadratmeterwert von 40% über dem Mittelwert, d. h. 7,91 Euro/qm, was bereits der ortsüblichen Vergleichsmiete entspricht. Es sind nämlich drei Merkmalgruppen der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels 2017 ausgeglichen und zwei positiv:

Die Merkmalgruppe 1 des Berliner Mietspiegels 2017 ist positiv zu bewerten. Es liegen die wohnwerterhöhenden Merkmale eines wandhängenden WCs mit in der Wand eingelassenem Spülkasten und eine von der Badewanne getrennte Duschkabine vor. Damit kommt es auf die Größe des Badezimmers nicht mehr an.

Die Merkmalgruppe 2 ist unstreitig ausgeglichen.

Auch in der Merkmalgruppe 3 überwiegen wohnwerterhöhende Merkmale. Zunächst verfügt die Wohnung über einen Abstellraum. Zwar ist die Speisekammer mit einer Grundfläche von 40 x 40 m klein, zumal geschmälert durch den Durchlauferhitzer. Der Berliner Mietspiegel 2017 stellt aber keine Mindestanforderungen auf. Grenze ist daher der Wortlaut. Bei den gegebenen Maßen kann man durchaus noch von einem Abstellraum sprechen, zumal der Mietspiegel diesen mit einem Einbauschrank gleich setzt. Überdies ist durch den Stuck in zwei Zimmern eine aufwendige Deckenverkleidung in der überwiegenden Zahl der Räume gegeben. Die Größenverhältnisse der Zimmer sind nach den Anforderungen des Mietspiegels irrelevant. Auch genügt der vorliegende Umfang an Stuck. Der Berliner Mietspiegel 2017 verlangt nämlichen keinen aufwendigen Stuck, sondern eine „aufwendige Decken- und/oder Wandverkleidung (z. B. Stuck…) in gutem Zustand“. Dies ist hier gegeben. Der Stuck allein mag bei einer bloßen sehr einfachen Mittelrosette nicht ausreichen, vorliegend handelt es sich aber um darüber hinausgehende, filigrane Stuckverziehrungen. Dem steht nur ein wohnwertminderndes Merkmal, nämlich der schlechte Schnitt aufgrund des Durchgangszimmers, gegenüber. Daher kann dem Wunsch der Parteien, ein Sachverständigengutachten über die Balkongröße einzuholen, aufgrund der Entscheidungsreife nicht entsprochen werden. Dies um so mehr, als es aufgrund der beiden übrigen ausgeglichenen Merkmalgruppen ohnehin nicht auf die Merkmalgruppe 3 ankommt.

Die Merkmalgruppe 4 ist neutral zu bewerten. Zunächst ist nicht vom Vorliegen des Merkmals „Fahrradstellplätzen mit Anschließmöglichkeit außerhalb des Gebäudes auf dem Grundstück“ auszugehen. Die an die Wand geschraubten Einschubständer mögen eine Stellmöglichkeit bieten – so das Risiko eines verzogenen Reifens in Kauf genommen wird -, nicht jedoch eine ausreichende Anschließmöglichkeit. Von einer solchen ist nur dann auszugehen, wenn ein Anschließen am Fahrradrahmen möglich ist. Anderenfalls ist ein ausreichender Diebstahlschutz nicht gegeben. Räder können leicht gelöst werden, ein Diebstahl des „Restfahrrades“ ist häufig zu beobachten. Bei den vorliegenden Fahrradständern zum Einschub kann aber nur unter Verwendung von Mühen und Spiralschlössern oder ähnlichem ein Anschließen am Fahrradrahmen ermöglicht werden, was nicht zumutbar ist. Weiterhin ist vorliegend auch nicht das wohnwerterhöhende Merkmal eines Energieverbrauchskennwertes kleiner als 120 kWh/(qma) gegeben. Zwar ist der Energieverbrauchskennwert des Hauses mit 101 kWh/(qma) tatsächlich geringer. Aufgrund der Warmwasserbereitung in der streitgegenständlichen Wohnung durch einen Durchlauferhitzer liegt aber eine dezentrale Wasserversorgung vor, so dass entsprechend dem Berliner Mietspiegel 2017 ein Aufschlag von 20 kWh/(qma) vorzunehmen ist, was zu einem zugrunde zulegenden Energieverbrauchskennwert von 121 kWh/(qma) führt.

Schließlich ist auch die Merkmalgruppe 5 unstreitig neutral zu bewerten.

Dementsprechend berechnet sich die ortsübliche Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung wie folgt:

Nettokaltmiete für das Mietspiegelfeld k 1 Mittelwert: 6,39 Euro/qm

– 40 %iger Aufschlag: 1,516 Euro/qm

ergibt eine zulässige Nettokaltmiete in Höhe von 7,91 (7,906) Euro/qm.

Multipliziert mit der Wohnungsgröße von 104,08 qm errechnet sich eine ortsübliche Vergleichsmiete in Höhe von 823,26 Euro, die die Beklagten bereits schulden und bezahlen.

Die Nebenentscheidungen beruhen im Hinblick auf die Kosten auf § 91 ZPO und bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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