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Mieterhöhung aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen – Voraussetzungen

LG Berlin, Az.: 67 S 81/17, Beschluss vom 16.05.2017

In dem Rechtsstreit hat die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin am 16.05.2017 beschlossen:

Es wird darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 9. Februar 2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 25 C 264/15 – durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

I.

Die vorrangige Prüfung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO ergibt, dass die Berufung zulässig ist. Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft. Die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind eingehalten.

II.

Mieterhöhung wegen Modernisierung
Foto: : Scott/Bigstock

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

1. Das Amtsgericht hat die Klägerin auf die Widerklage der Beklagten unter anderem mit zutreffender Begründung zur Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Beträge wegen unwirksamer Modernisierungsmieterhöhung aufgrund des Fahrstuhlanbaus und wegen der Gebrauchsbeeinträchtigung aufgrund des Wegfalls des Trockenraumes im Dachboden verurteilt. Ferner hat das Amtsgericht festgestellt, dass die Miete für die streitgegenständliche Wohnung nicht aufgrund der Modernisierungsmieterhöhung nach dem Fahrstuhlanbau erhöht wurde. Die Berufung der Kläger rechtfertigt keine andere Entscheidung.

a) Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass wegen der vor dem 1. Mai 2013 angekündigten Modernisierung das BGB in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden ist. Auch nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. war eine Mieterhöhung aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen möglich, wenn durch diese der Gebrauchswert der Wohnung nachhaltig erhöht oder die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert wurden. Beides ist jedoch zur Überzeugung der Kammer im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall.

Denn die Wohnung der Beklagten ist im ersten Obergeschoss gelegen, und auf dieser Etage ist ein Haltepunkt des Fahrstuhles nicht eingebaut worden. Ein Gebrauchsvorteil für eine Wohnung liegt nur dann vor, wenn sie aufgrund des Einbaus eines Fahrstuhls besser, schneller oder barrierefrei zu erreichen ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Ein barrierefreier, ebenerdiger Zugang für gehbehinderte Personen oder Mieter mit Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen war weder zuvor gegeben, noch nach der Modernisierung, denn statt der bisher zu überwindenden Treppenstufen aufwärts müssen nunmehr die Treppenstufen abwärts vom Haltepunkt des Fahrstuhles zwischen dem 1. und 2. Obergeschoss überwunden werden, was einen ebensolchen Nachteil darstellt, auch wenn sich die Zahl der Treppenstufen verringert haben könnte. Eine Zeitersparnis beim Erreichen der Wohnung ist ebenfalls nicht gegeben, denn während der Zugang zur Wohnung zuvor direkt über das Treppenhaus nach oben erfolgte, müssen die Mieter nunmehr an der Treppe vorbei zu dem an der Rückseite des Hauses angebauten Fahrstuhl laufen, dort auf das Erscheinen der Fahrstuhlkabine warten, nach oben fahren und sodann vom Haltepunkt des Fahrstuhls eine Treppe abwärts über eine halbe Etage zur Wohnungstür laufen. Diesen Umweg müssen die Mieter auch nehmen, um schwere Lasten mittels des Fahrstuhls in ihre Wohnung zu transportieren, so dass sich aufgrund des längeren Weges und der Wartezeiten auch insofern kein Gebrauchsvorteil ergibt. Da der Fahrstuhl nicht das Kellergeschoss erschließt, entfällt auch ein möglicher Gebrauchsvorteil, der im Erreichen eines Kellerraumes oder einer Tiefgarage liegen könnte. Der vormals mit vermietete Trockenboden im Dachgeschoss ist nicht mehr nutzbar, so dass auch ein möglicher Gebrauchsvorteil durch das Erreichen des Trockenbodens mit einem Wäschekorb nicht erleichtert gegeben ist. Allein das erleichterte Erreichen von Wohnungen in den oberen Etagen zu Besuchszwecken stellt keinen hinreichend spürbaren Gebrauchsvorteil für die streitgegenständliche Wohnung, sondern einen für jedermann und die in den oberen Geschossen wohnenden Mieter zu nutzenden Vorteil dar.

Sofern die Klägerin die Ansicht vertritt, dass der Einbau eines Fahrstuhls immer einen Gebrauchsvorteil für eine Wohnung darstelle und sich zur Begründung auf ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. April 2015 (63 S 362/14; GE 2015, 916) bezieht, vermag das ihrer Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zwar wird dort unter Bezugnahme auf eine Literaturansicht (Bamberger/Roth, BeckOK § 555b BGB, Rn. 30) die Ansicht vertreten, dass der Einbau eines Fahrstuhls grundsätzlich den Gebrauchswert der Mietsache erhöhe. Auch in der genannten Entscheidung wird aber darauf hingewiesen, dass der Komfortgewinn durch einen ebenerdigen Zugang zu den Wohnungen deutlich höher und nicht vergleichbar sei und der Einbau eines Fahrstuhls nur grundsätzlich den Gebrauchswert von Wohnungen erhöhe. Wie stets ist aber auch hier eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen, die im gegenständlichen Verfahren ergibt, dass eine Gebrauchswertsteigerung aufgrund der Lage der Wohnung, der Entfernung zum Fahrstuhl und der Lage der Haltepunkte nicht gegeben ist (in diese Richtung bereits Kammer, Beschl., v. 26. April 2016 – 67 S 78/16, WuM 2016, 424). Auch von einer Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse ist hier nicht auszugehen, da eine solche nur Maßnahmen des Wohnumfeldes umfasst, die allen Wohnungen zu Gute kommen wie beispielsweise die Errichtung von Kinderspielplätzen oder Grünanlagen im Außenbereich (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage, § 555b Rn. 76). An diesen Voraussetzungen fehlt es, da der Fahrstuhl der Wohnung der Beklagten gerade nicht im vorgenannten Sinne zu Gute kommt.

b) Aus den dargestellten Gründen hat das Amtsgericht auch zutreffend festgestellt, dass die vereinbarte Miete für die streitgegenständliche Wohnung nicht aufgrund der Modernisierungsmaßnahme durch den Fahrstuhlanbau erhöht wurde.

Von der Erhöhungsmöglichkeit nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. zu trennen ist die hier nicht entscheidungserhebliche Frage, ob der Einbau eines Fahrstuhls der streitgegenständlichen Art vom Mieter einer niedergeschossig gelegenen Wohnung – zumindest nach § 242 BGB – zu dulden ist, auch wenn damit für ihn ein spürbarer Gebrauchsvorteil nicht verbunden ist.

c) Gleichfalls zutreffend hat das Amtsgericht einen Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Rückzahlung rechtsgrundlos gezahlter Miete aufgrund des Wegfalls des Trockenbodens und der damit einhergehenden Einschränkung des Wohngebrauchs in Höhe von 2% bejaht. Dabei kann offen bleiben, ob sich der Anspruch aus § 573b Abs. 4 BGB oder § 536 Abs. 1 BGB ergibt.

Nach § 305c Abs. 2 BGB ist im gegenständlichen Verfahren zu Lasten der Klägerin aufgrund der mehrdeutigen Formulierung des § 1 Abs. 1 des Mietvertrages im Wege der gebotenen Auslegung von der für die Beklagten günstigsten Variante der Mitvermietung dieses Nebenraumes auszugehen.

Auch die Kammer geht davon aus, dass die Beklagten aufgrund des Mietvertrages die Gelegenheit hatten, ihre Wäsche nicht in der Wohnung oder auf dem Balkon trocken oder einen Wäschetrockner anschaffen zu müssen, sondern dafür den Trockenboden nutzen konnten. Dabei ist es auch unerheblich, ob sie von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht haben oder lediglich die Möglichkeit der Nutzung vorhanden war. Denn ein Mieter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die angemietete Sache auch zu nutzen. Für viele Mieter stellt die Möglichkeit der Nutzung eines Trockenraumes auch einen Vorteil dar, insbesondere weil ein Wäschetrockner in Anschaffung und Betrieb nicht unerhebliche Kosten verursacht und Platz beansprucht und ein aufgestellter Wäscheständer nicht nur das ästhetische Empfinden des Mieters stört und Platz erfordert, sondern ihn auch zu einer häufigeren Lüftung der Räume zwingt, um ein angemessenes Raumklima zu erhalten. Die Höhe der Minderung hält die Kammer mit 2% für angemessen, aber auch ausreichend.

III.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die fehlende Erfolgsaussicht offensichtlich ist. Insbesondere waren in der Berufung keine neuen Aspekte zu berücksichtigen. Für das Berufungsgericht haben sich keine schwierigen Rechtsfragen ergeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Eine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt nicht vor. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

IV.

Es ist beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf insgesamt 6.246,97 Euro festzusetzen, wovon auf den Feststellungsanspruch (12 x 126,99 Euro =) 1.523,88 Euro und auf die Zahlungsansprüche 4.063,68 Euro und 659,41 Euro entfallen.

V.

Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben. Wird die Berufung (aus Kostengründen, Nr. 1222 KV) zurückgenommen?

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