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Mieterhöhung bei Modernisierung durch Wärmedämmung und Darlegung des Energiespareffekt

AG Wedding, Az.: 6a C 281/13

Urteil vom 19.03.2014

1. Es wird festgestellt, dass sich die monatliche Bruttokaltmiete für die von den Klägern bewohnte Mietwohnung in der Liegenschaft im ab dem 01. Mai 2014 von 207,18 Euro um 45,77 Euro auf 252,95 Euro und nicht um 143,18 Euro auf 350,37 Euro erhöht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner 32 % und die Beklagte 68 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Mieterhöhung bei Modernisierung durch Wärmedämmung und Darlegung des Energiespareffekt
Foto: addingt/bigstock

Die Kläger sind Mieter und die Beklagte ist Vermieterin der 64,52 m² großen, im der Liegenschaft gelegenen Mietwohnung.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2011, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K1 (Bl. 6-8 d. A.) Bezug genommen wird, kündigte die Beklagte umfassende Modernisierungsmaßnahmen an und zwar die Dach“sanierung“, den Vollwärmeschutz der Fassadenflächen sowie den Anbau von Balkonen.

Mit Schreiben vom 26. August 2013, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K2 (Bl. 9-10 d. A.) Bezug genommen wird, kündigte die Beklagte eine Mieterhöhung in Höhe eines errechneten Modernisierungszuschlages von insgesamt 143,19 Euro auf 350,37 Euro (brutto/kalt) ab dem 01. Mai 2014 an. Die Gesamtkosten für die Errichtung der Balkone in Höhe von 214.684,97 Euro wurden nur auf die 43 Wohnungen umgelegt, die mit einem Balkon ausgestattet wurden.

Andere Mieter der Liegenschaft erhielten von der Beklagten mit dem Mieterhöhungsverlangen gleichzeitig Angebote, bei einer schriftlichen Erklärung des Einverständnisses hierüber bis zum 31. Oktober 2013 den verlangten Modernisierungszuschlag auf die Hälfte des verlangten Betrages reduzieren zu können.

Die Kläger meinen, die Mieterhöhungserklärung vom 26. August 2013 sei aus formalen Gründen nichtig. Die Angabe der Gesamtbeträge für die drei Modernisierungsmaßnahmen (Fassadendämmung, Dachdämmung und Balkonerrichtung) sei nicht ausreichend, denn innerhalb der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen hätte nochmals nach Gewerken unterteilt werden müssen. Nur so sei für die Mieter erkennbar, ob in den Gesamtkosten Kostenanteile für Instandsetzungen enthalten seien, die zum Abzug hätten gebracht werden müssen. Die Beklagte hätte mit der Mieterhöhungserklärung zum Nachweis der umgelegten Kosten die Rechnungen der beteiligten Unternehmer vorlegen müssen. Die Mieterhöhung sei nicht ausreichend erläutert worden. Die Erläuterungen zur Energieeinsparung hinsichtlich der Fassaden- sowie Dachdämmung seien nur pauschal. Im Modernisierungsankündigungsschreiben hätte die geplante Mieterhöhung für jede einzelne Maßnahme ausgewiesen werden müssen.

Auch sei der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Die Beklagte schikaniere die missliebigen Kläger, weil sie als einzige Mieter der Liegenschaft keine Reduzierung des Mieterhöhungsbetrages anboten bekamen. Die Kosten des Balkonanbaus hätten nicht nur auf die mit einem Balkon versehenen Wohnungen umgelegt werden dürfen, sondern auf die gesamte Wohnfläche.

Die Kläger behaupten, die Kosten der durchgeführten Instandsetzungsarbeiten an Fassade und Dach seien nicht von den Modernisierungskosten in Abzug gebracht worden. Vor Durchführung der Fassadenarbeiten seien die Fassadenflächen rissig gewesen und der Putz sei abgebröckelt. Auch das Dach sei sanierungsbedürftig gewesen. Auch die Sockelkosten, die für die Instandhaltung angefallen seien, seien nicht abgesetzt worden. Dies gelte auch für den Balkonanbau, denn die Sockelkosten der hierfür nötigen Gerüste, die eben auch zur Instandsetzung des Daches und der Fassade notwendig gewesen seien, hätten noch nicht einmal anteilig als Modernisierungskosten umgelegt werden können. Die Gesamtkosten für die Errichtung der Balkone habe nicht 214.684,97 Euro betragen.

Die Kläger beantragen, festzustellen, dass sich die monatliche Bruttokaltmiete für die von den Klägern bewohnte Mietwohnung in der im nicht ab dem 01. Mai 2014 von 207,18 Euro um 143,18 Euro auf 350,37 Euro erhöht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Kläger liege nicht vor. Die Reduzierung des Modernisierungszuschlages sei Mietern mit jüngeren Mietverträgen und höheren Mieten zur Vereinheitlich des Mietniveaus angeboten worden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst den eingereichten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige negative Feststellungsklage ist teilweise begründet und im Übrigen unbegründet. Die monatliche Bruttokaltmiete für die von den Klägern bewohnte Mietwohnung in der Liegenschaft im wird ab dem 01. Mai 2014 von 207,18 Euro um 45,77 Euro auf 252,95 Euro erhöht (§§ 559, 559 b BGB a. F.). Wegen der mit Schreiben vom 21. Juni 2011 angekündigten Modernisierungsmaßnahmen hat die Beklagte mit Mieterhöhungsverlangen vom 26. August 2013 die Miete zum 01. Mai 2014 wirksam um 45,77 Euro erhöht. Das Modernisierungsankündigungsschreiben vom 21. Juni 2011 ist den Klägern noch vor dem 30. April 2013 zugegangen, so dass § 559 b BGB noch in der alten Fassung anzuwenden ist.

Die negative Feststellungsklage der Kläger war insoweit begründet, wie sie sich auf die Umlage der Kosten der Dach- und Fassadenmodernisierung in Höhe von insgesamt 97,42 Euro pro Monat bezieht. Das Mieterhöhungsverlangen vom 26. August 2013 ist insoweit unwirksam, denn sie genügt den formalen Voraussetzungen des § 559 b Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. nicht. Die Beklagte hat die behauptete Energieeinsparung im Erhöhungsschreiben vom 26. August 2013 nicht hinreichend begründet. Mindestens erforderlich für eine plausible Darlegung des Energieeinspareffektes ist jedenfalls die Angabe der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) der renovierten Außenbauteile (vgl. Schmidt-Futterer, 10. Auflage, § 559 b Rn. 22; BGH WuM 2006, 157; LG Berlin MM 2008, 370; LG Hamburg WuM 2009, 124; AG Karlsruhe DWW 2009, 148). Dies ist hier unterblieben. Der Mangel der Mieterhöhungserklärung kann auch nicht nachträglich im Prozess geheilt werden. Eine „Nachbesserung“ der Erklärung im Prozess ist – anders als bei einem Zustimmungsverlangen zur Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 b Abs. 3 Satz 1 BGB – nicht möglich (LG Berlin ZMR 2001, 188; MünchKommBGB/Artz, 4. Aufl., § 559 b Rdnr. 12). Für eine Mieterhöhung nach § 559 BGB – wie hier – fehlt eine § 558 b Abs. 3 Satz 1 BGB entsprechende Vorschrift. Es besteht auch kein Bedürfnis für eine Zulassung nachgeschobener Erläuterungen im Prozess, denn der Vermieter kann eine Mieterhöhung mit einer ausreichenden Erläuterung im Sinne des § 559 b Abs. 1 BGB jederzeit neu erklären. Eine erneute Mieterhöhungserklärung hat die Beklagte jedoch nicht abgegeben.

Die negative Feststellungsklage war jedoch betreffend die aus dem Anbau der Balkone resultierende Mieterhöhung unbegründet. Das Mieterhöhungsverlangen vom 26. August 2013 erfüllte insoweit die formalen und inhaltlichen Anforderungen.

Entgegen der Auffassung der Kläger musste im Modernisierungsankündigungsschreiben vom 21. Juni 2011 die geplante Mieterhöhung für jede einzelne Maßnahme nicht ausgewiesen werden. Wegen § 559 b Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. führt das Unterlassen der Mitteilung der zu erwartenden Mieterhöhung nicht zur Nichtigkeit der Modernisierungsankündigung/Mieterhöhung, sondern nur zur Verschiebung des Wirkungszeitpunktes der Mieterhöhung um sechs Monate, wirkt also erst ab dem 9. Monat, der dem Zugang des Erhöhungsverlangens folgt (Schmidt-Futterer, a. a. O., § 559 b Rn. 47-52). Die Beklagte begehrt danach hier zu Recht eine Mieterhöhung ab dem 01. Mai 2014.

Die Kläger haben einen konkreten Instandsetzungsbedarf an Dach und Fassade zum Zeitpunkt der Modernisierungsmaßnahme nicht mit der erforderlichen Substanz vorgetragen. Allein der Hinweis auf die Formulierung der Beklagten im Ankündigungsschreiben vom 21. Juni 2011 wie „Dachsanierung“ und „Sanierung des Daches“ sowie die pauschale Behauptung der Kläger, die Fassadenflächen seien rissig gewesen und der Putz habe gebröckelt, reicht insoweit nicht aus. Soweit der Mieter im Prozess behauptet, die geltend gemachten Modernisierungskosten seien ganz oder teilweise Instandsetzungskosten, handelt es sich um ein qualifiziertes Bestreiten durch den Mieter. Dazu muss der Mieter zunächst substantiiert vortragen, wo welche Schäden sich befunden haben sollen, erst dann ist es Aufgabe des Vermieters, dies zu widerlegen (BGH WuM 2004, 154, 155). Konkrete Schäden am Dach oder an den Fassadenteilen, an die die Balkone montiert wurden, haben die Kläger jedoch nicht dargelegt.

Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie nicht verpflichtet war, im Modernisierungsmieterhöhungsschreiben die einzelnen Kostenpositionen der Gewerke detaillierter aufzuführen. Die Kläger haben das Recht, Einsicht in die Rechnungsunterlagen zu nehmen, wovon sie bisher jedoch keinen Gebrauch gemacht haben (vgl. Schmidt-Futterer, a. a. O., § 559 b Rn. 16 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Die Behauptung der Kläger, die Gesamtkosten für die Errichtung der Balkone habe nicht 214.684,97 Euro betragen entbehrt ebenfalls der erforderlichen Substanz. Das einfache Bestreiten der Kostenposition ist unstatthaft. Es ist den Klägern zuzumuten, vorab Einsicht in die Abrechnungsunterlagen zu nehmen und anschließend konkrete Einwendungen gegen die angesetzten Kosten zu erheben.

Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist nicht gegeben. Es unterliegt keinen Bedenken, dass die Kosten des Balkonanbaus nur auf die mit einem Balkon versehenen Wohnungen umgelegt worden sind und nicht auf die gesamte Wohnfläche. Erforderlich ist insoweit lediglich, dass die Kosten angemessen verteilt werden. Dabei stellt die Umlage der Kosten auf die Mieter, die allein unmittelbar in den Genuss der Vorteile des Balkons geraten, einen praktikablen und nachvollziehbaren Umlagemaßstab dar. Auch die anschließende Verteilung nach der Anzahl der Wohnungen und nicht nach der jeweiligen Wohnfläche ist sachgerecht und damit nicht unangemessen.

Auch ist nicht zu erkennen, dass die Beklagte die Kläger als missliebige Mieter schikaniert, weil diese als einzige Mieter der Liegenschaft keine Reduzierung des Mieterhöhungsbetrages angeboten bekamen. Die Beklagte hat dazu nachvollziehbar und durchaus sachgerecht auf das unterschiedliche Mietniveau in der Liegenschaft verwiesen. Völlig zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die 100 %ige Umlage die Kläger aufgrund ihrer günstigen Miete weitaus weniger belastet, als die Mieter, die aufgrund jüngerer Mietverträge eine weitaus höhere Miete zahlen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 17. März 2014 enthält keinen neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag, so dass ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung oder die Gewährung einer ergänzenden Stellungnahme für die Kläger nicht erforderlich war.

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