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Mieterhöhung bei Verteilung der Kosten der Hausfassadendämmung auf alle Mieter

LG Berlin – Az.: 63 S 277/18 – Urteil vom 10.09.2019

Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.8.2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 107 C 7/18 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet. Der Tod der Klägerin hat das Verfahren gemäß §§ 239 Abs. 1, 246 Abs. 1 ZPO nicht unterbrochen.

Die Frage einer ausreichenden Begründung der Mieterhöhung gemäß § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB kann offen bleiben, ebenso, ob es sich bei der Wärmedämmung der Hoffassade im Hinblick auf die streitgegenständliche Wohnung im Dachgeschoss, die nicht an die gedämmten Bereiche angrenzt, um eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 555b BGB handelt. Denn jedenfalls entspricht der Umlagemaßstab unter Einbeziehung der Fläche der Wohnung der ehemaligen Klägerin nicht wie gemäß §§ 559b Abs. 1 Satz 2, 559 Abs. 3 BGB erforderlich billigem Ermessen.

Danach gilt, dass soweit Kosten nur für einzelne Wohnungen entstanden sind, auch nur die jeweiligen Kosten in Ansatz zu bringen sind. Soweit Kosten für mehrere Wohnungen angefallen sind, wie z.B. Gerüstkosten, Wärmedämmung, Zentralheizungseinbau oder auch notwendige Architektenhonorare, sind diese vom Vermieter gemäß § 559 Abs. 3 BGB angemessen zu verteilen. Der Vermieter kann dazu im Rahmen der §§ 315, 316 BGB nach billigem Ermessen einen Verteilungsschlüssel bestimmen. Gemäß § 315 Abs. 3 Satz 3 BGB kann die Verteilung nur auf Billigkeit überprüft werden. Ist die Verteilung im Einzelfall unbillig so ist das Erhöhungsverlangen trotzdem formell wirksam, es ist nur materiell fehlerhaft. Das Gericht hat dann gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung einer der Billigkeit entsprechenden Verteilung im Zahlungsverfahren vorzunehmen (vgl. LG Berlin, Urteil vom 22. Oktober 2013 – 63 S 108/13 –, juris; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 14. Aufl. 2019, BGB § 559 Rn. 75). Die Vertragspartei, die gemäß § 315 Abs. 1 BGB die Bestimmung zu treffen hat, hat dies nach billigem Ermessen zu tun. Dabei ist nicht nur ein einziges „richtiges“ Ergebnis denkbar. Dem Bestimmungsberechtigten steht ein Ermessensspielraum zu; die Bestimmung ist erst dann durch das Gericht zu ersetzen, wenn die durch § 315 Abs. 3 BGB – mit dem Hinweis auf die Billigkeit – gezogenen Grenzen überschritten sind, nicht dagegen schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 19. Mai 2005 – I ZR 299/02, BGHZ 163, 119 Tz. 44).

Vorliegend entspricht eine Verteilung der Kosten für die Fassadendämmung auch auf die Dachgeschosswohnung der Klägerin nicht mehr der Billigkeit, weil die Wohnung nicht von der Dämmung profitiert. Eine Beteiligungsfähigkeit der Wohnung der Klägerin an den Kosten würde dann außer Zweifel stehen, wenn sie an einer Zentralheizung angeschlossen wäre, da eine Reduzierung des Verbrauchs dann allen Wohnungen zugutekommen würde (vgl. LG Halle (Saale), Urteil vom 08. August 2002 – 2 S 42/01 –, Rn. 38 – 39, juris). Dies ist jedoch nicht der Fall, da die Wohnung mit einem Ofen beheizt wird.

Mieterhöhung bei Verteilung der Kosten der Hausfassadendämmung auf alle Mieter
(Symbolfoto: Von DUO Studio/Shutterstock.com)

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann auch nicht ohne weitere Darlegung angenommen werden, dass die Dachgeschosswohnung nach der Dämmung der unterhalb liegenden Fassade mehr als zuvor von der Beheizung der unteren Wohnungen profitieren würde. Wenn die unteren Wohnungen etwa vor der Dämmung bis auf 21 Grad beheizt wurden, ist anzunehmen, dass dies auch nach der Dämmung der Fall ist, nur mit weniger Energieeinsatz. Die Wärmemenge, die durch die Beheizung mit denselben Temperaturen in den unteren Wohnungen im Dachgeschoss ankommt, dürfte jedoch vorher und nachher die gleiche sein. Dass sich durch die Dämmung die Wärmedurchlasswerte der Wohnung der Klägerin geändert hätten, wird von der Beklagten nicht behauptet.

Die Aussicht darauf, dass die Wohnung der Klägerin in einem nicht bekannten zukünftigen Zeitpunkt an eine – was streitig ist und offen bleiben kann – schon vorhandene oder erst noch zu schaffende Zentralheizung angeschlossen werden wird, reicht nicht aus, um die Folgen einer ungewissen, zukünftigen Energieeinsparung vorwegzunehmen und die Wohnung ab März 2017 mit Kosten zu belasten (vgl. zur fernliegenden Außenwanddämmung bei einer Einzelofenheizung LG Berlin, Urteil vom 19. Februar 2014 – 65 S 56/12 –, Rn. 14 – 15, juris; KG Urt. v. 20.4.2006 – 8 U 204/05, GE 2006, 714; Blank, WuM 2008, 311).

Die von der Beklagten zitierte Entscheidung der Kammer – LG Berlin, Urteil vom 22. Oktober 2013 – 63 S 108/13 –, juris – betrifft einen anderen Sachverhalt. Dort wurden Kosten für eine Dachgeschossdämmung zu Unrecht nur auf die Mieter des Dachgeschosses umgelegt, obwohl das ganze Haus davon profitiert. Mithin war der Grundsatz, dass Maßnahmen, die allen zugutekommen, von allen getragen werden sollen, verletzt. Vorliegend geht es jedoch im Gegenteil darum, dass einzelne Mieter (ehem. Klägerin) nicht an Maßnahmen (Dämmung) beteiligt werden sollen, von denen sie ausgeschlossen sind bzw. davon nicht profitieren (Energieeinsparung). Soweit in der Entscheidung ferner auch eine Wohnung mit Gasetagenheizung und einer Fläche von 63,40 m² an den Kosten beteiligt wurde, obwohl kein Anschluss an die Zentralheizung bestand, wurde dies damit begründet, dass die auf diese Wohnung entfallende Fläche verhältnismäßig geringfügig war und nicht auszuschließen sei, dass zukünftig auch dort eine Umstellung auf eine Zentralheizung erfolgen würde. Die letztgenannte Auffassung wird vorliegend dahin modifiziert, dass zumindest Anhaltspunkte für einen Zeitpunkt des Anschlusses an die Zentralheizung vorliegen müssen, die hier jedoch fehlen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe, gemäß 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, lagen nicht vor.

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