Skip to content
Menü

Mieterhöhung – Beurteilung des Wohnwertmerkmals Breitbandkabelanschluss

AG Tempelhof-Kreuzberg, Az.: 25 C 188/14, Urteil vom 30.05.2014

1. Der Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete für die von ihm in der J-Straße. 3, Vorderhaus, linker Aufgang, 2. Etage, links, Berlin, innegehaltene Wohnung von 411,37 € um 13,37 € auf 424,74 € mit Wirkung ab dem 01.10.2013 zuzustimmen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 3/5 und der Beklagte zur 2/5.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird auf 399,12 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist aufgrund des Mietvertrages vom 16.05.1978 Vermieter, der Beklagte ist Mieter der im Tenor zu 1) bezeichneten Wohnung; die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete in Anspruch.

Die Miete ist als Bruttokaltmiete vereinbart, diese beträgt seit mehr als drei Jahren unverändert 411,37 € monatlich. Auf die Betriebskosten zahlt der Beklagte monatlich einen Vorschuss in Höhe von 91,75 €.

Die Wohnung hat eine mietvertraglich vereinbarte Größe von 64,16 m² und ist mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet; die Bezugsfertigkeit bestand vor 1918.

Die Wohnanschrift ist nach dem Straßenverzeichnis zum Berliner Mietspiegel 2013 als einfache Wohnlage einzustufen.

Die Fenster der Wohnung sind überwiegend isolierverglast. Die Wohnung verfügt über einen Breitbandkabelanschluss mit entsprechenden Breitbandkabeldosen, mangels Vertrags des Mieters mit einem Anbieter erfolgt jedoch keine Signaleinspeisung

Der Heizungskessel der zur Wohnung gehörenden Heizungsanlage wurde 1993 erneuert.

Mit Schreiben vom 25.07.2013, dem Beklagten zugegangen am 29.07.2013 forderte die Kläger den Beklagten unter Einordnung der Wohnung unter das Mietspiegelfeld G1 zur Zustimmung zur Erhöhung der Miete um 61,71 € von 411,27 € auf 473,08 € ab dem 01.10.2013 auf. In der zum 23.01.2014 erhobenen Klage begrenzt die Klägerin ihr Mieterhöhungsverlangen von 411,37 € um 33,26 € auf 444,63 € mit Wirkung zum 01.10.2013.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete für die von ihm in der J-Straße. 3, Vorderhaus, linker Aufgang, 2. Etage, links, Berlin, innegehaltene Wohnung von 411,37 € um 33,26 € auf 444,63 € mit Wirkung ab dem 01.10.2013 zuzustimmen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Tatsache, dass er zur Nutzbarmachung des Breitbandkabelanschlusses noch einen Vertrag mit einem Unternehmen abschließen muss, begründe das Vorliegen des Negativmerkmals “Weder Breitbandkabelanschluss noch Gemeinschaftssatelliten – /Antennenanlage”.

Zudem ändere der Austausch des Heizkessels nicht daran, dass insgesamt eine “Heizanlage mit ungünstigem Wirkungsgrad (Einbau/Installation vor 1984)” im Sinne des Mietspiegels 2013 vorläge.

Entscheidungsgründe

Mieterhöhung - Beurteilung des Wohnwertmerkmals Breitbandkabelanschluss
Symbolfoto: Von Albert Pego /Shutterstock.com

Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht nach § 558 b Abs. 2 BGB erhoben. Die Ermäßigung des Mieterhöhungsverlangens löst auch keine neue Überlegungsfrist gemäß § 558b Abs. 2 BGB aus. Es handelt sich nicht um ein Aliud sondern nur um ein Minus.

Die Klage ist jedoch nur teilweise begründet.

Die Klägerin hat aufgrund des Erhöhungsverlangens vom 25.07.2013 nur einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete von 411,37 € um 13,37 € auf 424,74 €.

Das für die Wohnung aufgrund deren Bezugsfertigkeit vor 1918, der Ausstattung mit Bad, Sammelheizung und Innen-WC sowie der Größe von 64,16 m² einschlägige Mietspiegelfeld G1 des Berliner Mietspiegels 2013 gibt als Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete (Nettokaltmiete) einen Betrag von 5,19 €/m² sowie eine Spanne zwischen 4,11 und 6,75 €/m² aus.

Nach der Wohnwertmerkmalseinordnung in den Merkmalsgruppen des Berliner Mietspiegels 2013 ergibt sich, dass die ortsübliche Vergleichsmiete – den fiktiven Nettokaltmietenanteil betreffend – für die Wohnung des Beklagten 5,19 €/m² beträgt und sich damit unter Einrechnung des Betriebskostenanteils in Höhe von 1,43 €/m² für die Wohnung des Beklagten eine ortsübliche Vergleichsmiete von 6,62 €/m² ergibt.

Im Ergebnis entspricht die ortsübliche Vergleichsmiete dem Durchschnittswert zuzüglich des Betriebskostenanteils da sowohl ein Positivmerkmal als auch ein Negativmerkmal vorliegt und diese Merkmale einander somit ausgleichen.

Im Einzelnen:

Die Merkmalgruppe Bad ist aufgrund des fehlenden Fensters unstreitig negativ, die Merkmalgruppen Küche und Wohnumfeld unstreitig neutral zu bewerten.

Die Merkmalgruppe Wohnung ist im Ergebnis positiv, da das von der Klägerin geltend gemachte wohnwerterhöhende Merkmal “Überwiegend Isolierverglasung (Einbau ab 1987)” nicht durch das wohnwertmindernde Merkmal “Weder Breitbandkabelanschluss noch Gemeinschaftssatelliten-/Antennenanlage” ausgeglichen wird.

Die Wohnung des Beklagten ist mit einem Breitbandkabelanschluss ausgestattet, der für den Beklagten jedoch nur dann nutzbar ist, wenn er mit einem dritten Anbieter einen Vertrag abschließt, der ein Rundfunksignal ist das Kabel einspeist. Für das Vorliegen des Negativmerkmals “Weder Breitkabelanschluss noch Gemeinschaftssatelliten-/Antennenanlage” ist indes erforderlich, dass ein entsprechender technischer Anschluss im Sinne des Vorhandenseins der entsprechenden Kabelverlegung sowie der Breitbandkabeldosen fehlt. Die Tatsache allein, dass der Mieter zur Herbeiführung der Nutzbarkeit auf seine Kosten einen Vertrag abschließen muss, ist demgegenüber für die Annahme des Negativmerkmals nicht ausreichend.

Dies ergibt sich bereits aus einem Vergleich dieses Negativmerkmals mit dem Positivmerkmal zur Merkmalgruppe Wohnung “Rückkanalfähiger Breitbandkabelanschluss (Nutzung ohne zusätzliche vertragliche Bindung des Mieters mit Dritten)”.

Für das Vorliegen des Positivmerkmals ist schon nach dem Wortlaut des Mietspiegels 2013 erforderlich, dass die Nutzung des Anschlusses ohne weitere vertragliche Bindung des Mieters möglich ist. Entsprechend wird auch in der Rechtsprechung das Vorliegen des Merkmals verneint, falls der Mieter zusätzliche Verträge auf seine Kosten abzuschließen hat (vgl. AG Tempelhof-Kreuzberg, Urt. v. 29.02.2012, Az.: 5 C 406/11; AG Lichtenberg, Urt. v. 18.10.2012, Az.: 16 C 96/12; AG Charlottenburg Urt. v. 28.06.2013, Az.: 213 C 497/12 bezüglich des wortgleichen Merkmals im Mietspiegel 2011).

Eine entsprechende Formulierung findet sich bezüglich des Negativmerkmals “Weder Breitbandkabelanschluss noch Gemeinschaftssatelliten-/Antennenanlage” im Mietspiegel 2013 nicht, was indiziert, dass das bloße Erfordernis eines Vertragsschlusses das Negativmerkmal nicht begründet.

Zwar kommt es für das Vorliegen der Wohnwertmerkmale grundsätzlich auf die konkrete Nutzbarkeit durch den Mieter an. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die konkrete Nutzbarmachung nur noch vom Mieter abhängt (LG Berlin Urt. v. 24.06.2011, Az.: 63 S 347/10; Urt. v. 16.12.2011, Az.: 63 S 170/11). So ist es vorliegend der Fall. Der Abschluss eines entsprechenden Vertrages lässt sich mit der, für die Nutzung ebenfalls erforderlichen, Anschaffung eines Fernseh- oder Radiogerätes durch den Mieter vergleichen.

Hierfür spricht letztlich auch, dass dem Mieter die Wahlmöglichkeit bleibt, ob er seinen vorhandenen Anschluss nutzbar machen möchte oder ob ihm dies die entsprechenden Kosten nicht wert sind.

So hat es auch die Rechtsprechung bezüglich des Mietspiegels 2009 für die Annahme des damaligen Positivmerkmals “Rückkanalfähiger Breitbandkabelanschluss” mangels anderslautender Regelung im Mietspiegel ausreichen lassen, wenn eine entsprechende Kabelanlage im Haus vorhanden war, die sich der Mieter durch entsprechende Verträge nutzbar machen konnte (LG Berlin a. a. O.).

Weiterhin ist die Merkmalgruppe Gebäude im Ergebnis neutral zu bewerten.

Zwischen den Parteien ist mittlerweile unstreitig, dass der zum Gebäude gehörende Heizkessel im Jahr 1993 erneuert wurde. Damit trifft weder das Positivmerkmal ”Einbau einer modernen Heizungsanlage nach dem 01.07.1994”, was unstreitig ist, noch das Negativmerkmal “Heizanlage mit ungünstigem Wirkungsgrad (Einbau/Installation vor 1984)” zu.

Maßgeblich für das Vorliegen des Negativmerkmals ist nach dem Wortlaut und auch nach dem Sinn und Zweck des Merkmals im Mietspiegel, der ungünstige Wirkungsgrad der Heizung. Auch wenn vorliegend nicht die gesamte Heizung sondern lediglich der Heizkessel ausgetauscht wurde, kann das Negativmerkmal vorliegend nicht mehr angenommen werden. Denn der ursprüngliche Heizkessel ist entsprechend § 10 EnEV (Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagetechnik bei Gebäuden) durch Austausch des Heizkessels aufgerüstet worden, sodass sich der jetzige Wirkungsgrad nicht mit dem einer vor 1984 eingebauten und nicht nachgerüsteten Heizung gleichsetzen lässt.

Demgegenüber ist die Klägerin mit ihrem neuen Vortrag im Schriftsatz vom 07.05.2014 zum Vorhandensein einer Dämmung gemäß § 296 a ZPO zurückzuweisen.

Gemäß dem Wortlaut des § 283 S. 2 Alt. 1 ZPO ist ein rechtzeitig eingegangener Schriftsatz zu berücksichtigen. Jedoch hat der Begünstigte nur ein Recht zur Replik, also zur Erwiderung auf den vorher neu eingereichten Schriftsatz; neuer, darüber hinausgehender Vortrag braucht nicht berücksichtigt zu werden. In diesem Fall beruht nämlich der neue Vortrag nicht auf einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht oder des rechtlichen Gehörs, sondern auf einer eigenen prozessualen Sorgfaltspflichtverletzung der Partei (BGH NJW 1993, 134).

Vorliegend ist nicht ersichtlich, weshalb der Vortrag zur Dämmung des Miethauses nicht bereits im Rahmen der Replik oder der mündlichen Verhandlung erfolgt ist, sodass von einer Sorgfaltspflichtverletzung auszugehen ist.

Die Kappungsgrenze von 15 % nach § 558 Abs. 3 BGB i. V. m. der Kappungsgrenzen-Verordnung Berlin vom 07. Mai 2013 (GVBl. 128) ist eingehalten; die nunmehr zu zahlende Miete von 424,74 € beträgt nicht mehr als15 % der zuvor seit drei Jahren unverändert gezahlten Miete von 411,37 € ausgehend von der zu zahlenden Miete ohne Betriebskostenpauschale (vgl. BGH NJW 2004, 1380).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 S.1 ZPO die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708Nr. 11, 711,709 S.2 ZPO.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!