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Mieterhöhung: Darlegungs- und Beweislast des Mieters für ihm zuzurechnende Einbauten

AG Schöneberg, Az.: 107 C 434/12

Urteil vom 16.10.2014

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Erhöhung des Bruttokaltmietzinses für die im Hause A-M-straße in B., Vorderhaus 3. OG, belegenen Mieträume von bisher monatlich 659,49 € auf monatlich 667,– € mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2012 zuzustimmen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger ¾ und die Beklagten ¼ zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags zuzüglich 10% abwenden, sofern nicht die gegnerische Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Mieterhöhung: Darlegungs- und Beweislast des Mieters für ihm zuzurechnende Einbauten
Foto: Pixabay

Der Kläger ist Vermieter, die Beklagten sind Mieter einer Wohnung in der A-M-straße in B. aufgrund eines Mietvertrags vom 28. September 1979, wobei die Größe mit 136,96 qm vereinbart wurde. Auf den in Kopie zur Akte eingereichten Mietvertrag wird Bezug genommen Bl. 6ff d.A. Die Bruttokaltmiete betrug zum 1. Juli 2009 659,49 €. Mit Schreiben vom 11. Juli 2012 forderte der Kläger die Zustimmung zur streitgegenständlichen Mieterhöhung, wobei er auf das damals einschlägige Feld L 1 des Berliner Mietspiegels 2011 Bezug nahm und den Betriebskostenanteil mitteilte, der bei 1,43 € pro qm lag, und hierbei eine Wohnungsgröße von 133,25 qm zugrunde legte. Die Wohnung ist mit zwei Bädern ausgestattet und verfügt somit über 2 Toiletten. In einem Bad befindet sich eine Dusche. Die Wände im Bad sind nicht überwiegend gefliest. Die Küche verfügte bei Anmietung nicht über Warmwasser. Es gibt zwei gefangene Zimmer, die beiden Balkone liegen zur Straße, der eine zur A-M-straße und der andere zur Straße U.d.E. . Die Beklagten bepflanzten auf beiden Balkonen Blumenkästen. Die Wohnung verfügt über Breitbandkabelanschluss, wobei der Rahmenvertrag hierzu 1988 vermieterseits abgeschlossen wurde. Die Wohnung hat eine Kammer und liegt an einer lauten Straße. Das Dach wurde vor ca. 5 Jahren erneuert worden, die rückwärtige Fassade 2012 und die Vorderfassade in 2011.

Der Kläger verlangt mit der am 19. Oktober 2012 nebst Kosten eingereichten Klageschrift, zugestellt am 20. November 2012, erneut die Zustimmung zur Mieterhöhung. Der Kläger behauptet, der abverlangte Mietzins übersteige die ortsübliche Vergleichsmiete nicht, und ist der Ansicht, diese ergebe sich aus dem Berliner Mietspiegel 2013. Die Badewanne sei nicht freistehend. Die Beklagten könnten mit einem gesonderten Vertrag einen rückkanalfähigen Breitbandkabelanschluss nutzen. Die Instandhaltung sei überdurchschnittlich. Der Eingangsbereich sei repräsentativ, es befände sich dort – unstreitig – Stuck, flämische Wandleuchter, bunte Bleiglasfenster sowie Terrazzoboden, auf die hierzu eingereichten Fotos Bl. 39f d.A. wird Bezug genommen. Das Wohnumfeld sei aufwändig wegen des unstrittigen Kinderspielplatzes mit Sandkasten, Sitzbank und Grünfläche und Fahrradständer, auf das Foto Bl. 43 d.A. wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, der Erhöhung des Bruttokaltmietzinses für die im Hause A-M-straße in B., Vorderhaus 3. OG, belegenen Mieträume von bisher monatlich 659,49 € auf monatlich 691,57 € mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2012 zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, 1979 sei eine von der Beklagten zu 1) und ein von der Vormieterin K. gemietete Wohnung zu einer zusammengelegt und mit dem streitgegenständlichen Mietvertrag neu vermietet worden. Das kleine Bad sei ohne Warmwasser und ohne Waschbecken vermietet worden. Es hätte eine freistehende Wanne gegeben, die Holzverkleidung stammte von der Beklagten zu 1) und dem damaligen Mitmieter, dem Zeugen H., ebenso wie die Warmwasserversorgung und die Dusche. Die Wohnung sei mit Elektroleitungen vermietet worden, die sich auf Putz befunden hätten, und vom damaligen Mitmieter H. unter Putz gelegt worden seien. Die Balkone seien wegen des Lärms nicht nutzbar. Der Breitbandkabelanschluss sei vorhanden, aber nicht vermieterseits gestellt, die Beklagten hätten die Kosten für die Anschaffung des Breitbandkabelanschlusses 1990 getragen. Die Beklagten tragen vor, die Wärmedämmung sei unzureichend, die Wohnung heize sich im Sommer bis fast 38°C auf, da sie direkt unter dem Dach liege, und im Winter sei es entsprechend kalt. Die Beklagten beziehen sich zu der Behauptung, die Dusche stammte von den Mietern, auf das Zeugnis der Zeuginnen K.(Vormieterin) und P.(Schwester der Beklagten) sowie in der Verhandlung vom 25. September 2014 auf das Zeugnis des damaligen Hausverwalters Herrn G.G..

Das Gericht hat aufgrund des Beschlusses vom 21. Oktober 2013 Bl. 128 d.A. Beweis über die Behauptung der Beklagten erhoben, bei Anmietung der Wohnung 1979 sei die Wanne nicht verkleidet gewesen, es hätte keine Dusche gegeben, die Holzverkleidung und Dusche sei von den damaligen Mietern eingebaut worden, durch uneidliche Vernehmung des Zeugen U.H. Auf das Protokoll des Amtsgerichts Otterndorf vom 21. März 2014 Bl. 146ff d.a. wird insoweit Bezug genommen. Ferner ist aufgrund des Beschlusses vom 21. August 2014 Bl. 183 d.A. Beweis erhoben worden über die Behauptung der Beklagten, es hätte sich bei Anmietung der zusammen gelegten Wohnungen durch die damaligen Mieter H. keine Dusche in der Wohnung befunden, diese sei nachträglich durch die Mieter H. eingebaut worden, durch uneidliche Vernehmung der Zeugin B.K.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird insoweit auf das Sitzungsprotokoll vom 25. September 2014 Bl. 187f d.A. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teils begründet, teils unbegründet. Die Klagefrist des § 558b BGB ist eingehalten, das Mieterhöhungsverlangen ist durch Bezugnahme auf den Mietspiegel 2011 und die Angabe der Betriebskosten ordnungsgemäß begründet.

Dem Kläger steht nach §§ 558ff BGB gegenüber den Beklagten ein Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung im zuerkannten Umfang zu. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist nach dem qualifizierten Mietspiegel zu bestimmen, der zeitlich bei Zugang des Mieterhöhungsverlangens galt. Dies war der Mietspiegel 2011 mit dem Feld L 1, dessen Heranziehung auch als Sternchenfeld einem Sachverständigengutachten überlegen ist. Die Wohnungsgröße wurde vertragsgemäß mit 136,96 qm vereinbart. Die Merkmalsgruppe 1 ist negativ, denn dem 2. WC stehen zwei wohnwertmindernde Merkmale gegenüber: Die nicht gefliesten Wände sowie die fehlende Warmwasserversorgung, die der Zeuge H. in seiner Aussage bestätigt hat. Die Merkmalsgruppe 2 ist wegen der fehlenden Warmwasserversorgung negativ. Die Merkmalsgruppe 3 ist negativ. Es liegt ein wohnwerterhöhendes Merkmal vor, der Abstellraum, und zumindest zwei wohnwertmindernden Merkmale, nämlich mit zwei gefangenen Zimmern der schlechte Schnitt und kein nutzbarer Balkon, da diese beide zu einer lauten Straße liegen und damit nicht zum Aufenthalt geeignet sind. Die Merkmalsgruppe 4 ist positiv, denn infolge der Dach- und Fassadensanierung ist der Zustand überdurchschnittlich und nach den eingereichten Fotos der Zustand des Eingangsbereichs repräsentativ. Es kann dahin stehen ob die Wärmedämmung unzureichend ist, das Aufsteigen von Wärme im Sommer im Altbau ist nicht unüblich. Die Merkmalsgruppe 5 ist negativ wegen der lauten Lage. Nach den eingereichten Fotos ist die Gestaltung des Wohnumfeldes mit einfachem Sandkasten, Spielgerät und Sitzbank nicht aufwändig. Die ortsübliche Vergleichsmiete liegt damit 60% unter dem Mittelwert, wobei als Sondermerkmal die separate Dusche zu berücksichtigen ist. Unstreitig ist diese vorhanden, zudem unstreitig ist der Inhalt des Mietvertrags, wonach die Wohnung mit Dusche vermietet worden ist. Die Beweislast liegt hierfür mithin bei den Beklagten. Die Beweisaufnahme hat nicht zugunsten der Beklagten ergeben, dass die Dusche nicht vermieterseits gestellt worden ist. Der damalige Mieter H. konnte sich zwar noch an den Einbau eines Boilers erinnern, nicht hingegen an eine Dusche, deren Einbau auch nicht leichter gewesen sein dürfte. Die Aussage der Zeugin K. hierzu war unergiebig. Nach dem Bild der Beweisaufnahme hat die Zeugin K. keine eigene gesicherte Erinnerung hinsichtlich des Zustands bei Vermietung beider zusammen gelegter Wohnungen durch die Beklagte zu 1) und den Zeugen H.. Die Zeugin K. bestätigte auf Vorhalt, dass die Angaben eines Schreibens vom 11 .November 2013 richtig seien, und dann auf Vorhalt des Mietvertrags, dass sie davon ausgehe, dass dieser stimmen würde. Sie wusste auch nicht die Lage der fraglichen Dusche. Die Zeugin K. war nicht zu vernehmen, denn es kommt nicht auf den Zustand der Wohnung bei ihrem Auszug, sondern auf den bei Anmietung an. Auch die Zeugin P. war nicht zu vernehmen, denn es ist nicht ersichtlich, welche genauen Arbeiten sie wann wahrgenommen haben sollte, die Vernehmung wäre insoweit auf eine unzulässige Ausforschung hinausgelaufen. Der Zeuge G. war nicht zu vernehmen, denn dieses Beweisangebot war nach § 296 ZPO verspätet, den Beklagten ist zuletzt unter dem 7. April 2014 aufgegeben worden, binnen 6 Wochen zur Sache vorzutragen, dies ist am 13. Mai 2014 zugestellt worden. Die Betriebskosten liegen unstrittig bei 1,43 € pro qm.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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