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Mieterhöhung durch Grundstückserwerber vor Eigentumsübergang zulässig?

AG Ludwigsburg, Az.: 5 C 625/13

Urteil vom 21.06.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aus dem Urteil insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert: 888,00 €

Tatbestand

Mieterhöhung durch Grundstückserwerber vor Eigentumsübergang zulässig?
Foto: ilixe48/Bigstock

Die Parteien streiten über ein Mieterhöhungsverlangen der Klägerin.

Die Beklagte ist Mieterin der Wohnung „Wohneinheit 2“ im Gebäude … in 71642 Ludwigsburg. Den Mietvertrag schloss sie am 26.07.2002 mit der … . In diesem befand sich eine Staffelmietvereinbarung, deren letzte Erhöhung zum 01.01.2008 stattfand. Wegen der Einzelheiten des Mietvertrags wird auf die Anlage K1 (Bl. 4 ff.) Bezug genommen.

Am 05.03.2012 wurde das gesamte Gebäude von der … nach Eigentumsübergang an diese an die Klägerin verkauft. § 7 Nr. 3 des Kaufvertrages zwischen der … und der Klägerin lautet:

„3. Besitzübergabe

Die endgültige Besitzübergabe des Vertragsgegenstandes an den Erwerber erfolgt am Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung.

Nutzen, Lasten und Gefahr sowie die Verkehrssicherungspflicht gehen vom Tag der Übergabe an auf den Erwerber über.“

Die Klägerin wurde am 28.11.2012 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 19.11.2012 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zustimmung zur Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete ab dem 01.02.2013 auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K2 (Bl. 16 d. A.) Bezug genommen.

Bereits mit Schreiben vom 15.11.2012 stellte sich die Klägerin als neue Eigentümerin vor und teilte mit: „Wie Sie bereits durch das Schreiben der … bzw. der … erfahren haben, sind wir mit Wirkung zum 01.11.2012 in sämtliche Mietverträge sowie Vereinbarungen eingetreten.“ Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K3 Bezug genommen.

Mit Kaufvertrag unbekannten Datums veräußerte die Klägerin das Gebäude an die Familie … Diese wurden am 24.04.2013 ins Grundbuch eingetragen auf Grund der Auflassung vom 23.01.2013. Die Klage ist am 01.03.2013 bei Gericht eingegangen. Sie wurde am 18.04.2013 zugestellt.

Die Klägerin behauptet, eine Miete von 749,00 € sei ortsüblich und angemessen und meint, das Mieterhöhungsverlangen sei ordnungsgemäß.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der monatlichen Kaltmiete von bisher 675,00 € auf 749,00 € monatlich für die im Erdgeschoss, rechts gelegene Wohnung mit der Bezeichnung „Wohneinheit 2“ im Gebäude … 71642 Ludwigsburg mit Wirkung ab dem 01.02.2013 zuzustimmen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation, hält die Mieterhöhung für überhöht und unzulässig, da kein ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen des Vermieters vorliege.

Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt sowie auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klage ist zulässig. Zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage war die Klägerin noch Eigentümerin des Gebäudes und damit Vermieterin. Die Eintragung der Familie … nach Zustellung der Klage am 24.04.2013 führt nicht zum Erlöschen der Prozessführungsbefugnis, vgl. § 265 ZPO.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Ein ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen des Vermieters liegt nicht vor. Zum Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens war die Klägerin nicht Eigentümerin der Immobilie und damit gem. § 566 ZPO noch nicht in den Mietvertrag eingetreten.

Eine Ermächtigung zur Ausübung des Mieterhöhungsverlangens liegt nicht vor.

a)

Eine Ermächtigung im Außenverhältnis auf Grundlage des Mietverhältnisses als Vermieter tätig zu werden und Vertragserklärungen abzugeben, die auch Schadensersatzpflichten der Veräußerin auszulösen, liegt nicht in der Vereinbarung gem. § 7 Nr. 3 des Kaufvertrages zwischen der Klägerin und der Veräußerin.

Die Vereinbarung in § 7 Ziffer 3 des Kaufvertrages zwischen der … und der Klägerin kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Klägerin zur Ausübung von Gestaltungserklärungen wie der Kündigung oder eines der Gestaltungserklärung zumindest deutlich angenäherten Mieterhöhungsverlangens ermächtigt sein soll. Die Vereinbarung spricht zunächst lediglich von der Besitzübergabe und enthält weder die Angabe der einzelnen Mietverhältnisse noch nimmt sie ausdrücklich oder auch stillschweigend auf diese Bezug. Die weitere Formulierung, dass Nutzen, Lasten und Gefahr sowie die Verkehrssicherungspflicht vom Tag der Übergabe an auf den Erwerber übergehen, enthält ebenfalls nicht hinreichend die Erklärung des Veräußerers, dass die Klägerin zur Ausübung von Gestaltungsrechten berechtigt sein soll. Von einem Eintritt in ein Mietverhältnis ist hier nicht die Rede. Diese Klausel lässt nicht erkennen, dass die Klägerin auch im Außenverhältnis berechtigt sein soll, Vertragserklärungen abzugeben. Die Vereinbarung in § 7 Ziffer 3 des Kaufvertrages bezieht sich zunächst lediglich auf das Innenverhältnis zwischen den Parteien. Dass darin im Außenverhältnis auch eine Ermächtigung zu vertragsumgestaltenden Erklärungen liegen soll, die möglicherweise eine Schadensersatzpflicht auslösen, ist nicht ersichtlich.

Eine Vertragsübernahme durch die Klägerin scheitert – unabhängig davon, dass die § 7 Ziffer 3 des Vertrages eine entsprechende Vereinbarung nicht enthält – schon an der fehlenden Zustimmung der Beklagten, §§ 414 f. BGB. Ob die Behauptung der Klägerin, diese sei in die Mietverhältnisse durch Vereinbarung mit der Verkäuferin eingetreten, zutrifft kann daher dahinstehen.

Eine Umdeutung einer solchen Vereinbarung in eine Ermächtigung zur Vornahme einzelner Rechtshandlungen anstatt einer Vertragsübernahme scheitert schon daran, dass gerade nicht der wirtschaftliche Erfolg des im vorliegenden Fall von den Kaufvertragsparteien gewollten erreicht wird. Bei bloßer Ermächtigung des Erwerbers zur Abgabe von Vertragserklärungen in eigenem Namen bleibt weiter der Vermieter unmittelbar aus dem Mietvertrag gegenüber dem Mieter verpflichtet. Dies gilt beispielsweise für Gewährleistungsansprüche aber auch für solche Schadensersatzforderungen, die dem Mieter aus einer unberechtigten Erklärung aus positiver Vertragsverletzung entstehen können, vgl. dazu OLG Zelle a. a. O. Rz. 47.

Die Umdeutung einer Vertragsübernahme in eine Ermächtigung zur Erklärung eines Mieterhöhungsverlangens scheidet vorliegend auch mangels endgültiger Unwirksamkeit aus. Mangels Vorbringens zu einer ausdrücklichen Verweigerung der Zustimmung zur Vertragsübernahme durch die Beklagte vor dem Zeitpunkt des Mieterhöhungsverlangens war die Wirksamkeit des Vertrages zu diesem Zeitpunkt weiterhin von der Genehmigung der Beklagten abhängig (§ 415 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 BGB. Vgl. hierzu OLG Zelle vom 09.06.1999, AZ: 2 U 166/98, zitiert nach Juris). Eine Umdeutung ist daher nicht möglich

b)

Eine gesonderte Ermächtigung hat die Klägerin schon nicht schlüssig dargelegt. In dem Vortrag im Schriftsatz vom 13.06.2013, dass zwischen der damaligen Verkäuferin, der … und der damaligen Käuferin, der heutigen Klägerin, eine Absprache dergestalt bestanden habe, dass „die Klägerin bereits zum 01.11.2012 in sämtliche Mietverträge mit der Immobilie eintritt“, stellt schon keinen schlüssigen Vortrag dar, der die Ausübung eines Mieterhöhungsverlangens rechtfertigt. Warum hierin wie in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2013 angedeutet, eine über den notariellen Vertragswortlaut hinausgehende Ermächtigung liegen soll sowie wann und wo diese erteilt wurde hat die Klägerin schon nicht schlüssig dargetan. Eine solche Vereinbarung führt, wie bereits dargestellt, jedenfalls nicht zu einer entsprechenden Ermächtigung. Darüber hinaus sind Nebenabsprachen zu dem notariellen Kaufvertrag, die nicht beurkundet sind, ohnehin unwirksam, Palandt-Grüneberg, § 311 b Rn. 31.

c)

Darüber hinaus ist die Kündigung auch deswegen unwirksam, weil die Klägerin die Grundlage für die Ermächtigung, nämlich eine Vereinbarung zwischen der … und der Klägerin dahingehend, dass sie ermächtigt sein soll, ein Mieterhöhungsverlangen auszusprechen, der Beklagten nicht vor Zugang des Mieterhöhungsverlangens mitgeteilt wurde. Im Schreiben vom 15.11.2012 stellt sich die Klägerin bereits als neue Eigentümerin vor. In der Mitteilung, die Klägerin sei bereits mit Wirkung zum 01.11.2012 in sämtliche Mietverträge sowie Vereinbarungen eingetreten, wird ersichtlich auf die Vereinbarung im Kaufvertrag Bezug genommen, die, wie bereits dargelegt, für eine entsprechende Ermächtigung nicht ausreicht. Der weitere Vortrag, es gebe eine zusätzliche – über den Vertrag hinausgehende – Absprache zwischen der … und der Klägerin, dass eine solche Ermächtigung stattfinden soll, ist der Beklagten nicht mitgeteilt worden. Im Falle der Ermächtigung des Käufers eines Grundstücks oder einer Eigentumswohnung zur Geltendmachung eines Mieterhöhungsverlangens ist jedoch erforderlich, dass der Käufer in der Erklärung zum Ausdruck bringt, dass er auf Grund einer Ermächtigung handelt. Dieses Erfordernis wird von dem Bundesgerichtshof in der Kündigung durch einen Ermächtigten betreffend einer Entscheidung vorgegeben (Urteil vom 23.02.1977 – 8 ZR 124/75 – NJW 1977, 848 ff. unter 4.). Nichts Anderes muss für den Fall eines Mieterhöhungsverlangens eines Käufers gelten (Schmidt-Futterer/Börstighaus, Mietrecht, 9. Aufl., vor § 558 Rn. 47). Dieses Erfordernis ist ebenfalls nicht erfüllt. Vgl. dazu auch LG Berlin, Urteil vom 13.09.2007, 67 S 65/07, Rn. 16.

Eine Ermächtigung der Klägerin liegt daher nicht vor. Das Mieterhöhungsverlangen ist daher nicht vom Vermieter und somit unwirksam.

Die Klage war somit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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