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Mieterhöhung – Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen

AG Bremen – Az.: 6 C 353/16 – Urteil vom 26.10.2017

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus den Mieterhöhungserklärungen hinsichtlich der Wohnung O. XY, Bremen, Vertrags-Nr. XYZ vom 27.04.2016 und 21.07.2016 kein Anspruch auf Zahlung einer um EUR 166,77 erhöhten Miete ab dem 01.07.2016 zusteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 166,77 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.08.2016 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 88 % und die Beklagte zu 12 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte (wegen der Kosten) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

6. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 17.762,85.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Feststellung, dass die Miete des zwischen ihnen bestehenden Mietverhältnisses nicht wirksam erhöht, sondern wegen verschiedener Mängel, deren Beseitigung die Kläger verlangen, gemindert sei.

Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über die Wohnung O. XY, 2. OG. links, in Bremen. Als Grundmiete war ein Betrag i.H.v. EUR 430,00 vereinbart. Mit Schreiben vom 17.03.2015 kündigte die Beklagte umfangreiche Modernisierungsarbeiten in dem vorbenannten Hause und der Wohnung der Kläger sowie an den benachbarten Gebäuden L. Str. 2b und 2 c an. Hiernach führte die Beklagte diverse Baumaßnahmen durch, darunter einen Haustürtausch, eine Fassadendämmung, die Dämmung von Dach, Dachboden und Kellerdecke, den Austausch von Fenstern in den Wohnungen und im Treppenhaus und sowie die Anbringung von Balkonen. Mit Schreiben vom 27.04.2016 verlangte die Beklagte von den Klägern die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um monatlich EUR 177,77, wobei sie Modernisierungskosten und Instandhaltungsanteile angab und eine Berechnung der Energieeinsparung beifügte. Die Kläger widersprachen dem Mieterhöhungsverlangen mit anwaltlichem Schreiben vom 13.05.2016 und widerriefen die Einzugsermächtigung für die Miete. Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.05.2016 forderten die Kläger die Beklagte auf, bis zum 15.06.2016 einen Verzicht auf die begehrte Mieterhöhung zu erklären und teilten mit, dass weitere Mieten unter einen Rückforderungsvorbehalt hinsichtlich der überbezahlten Beträge gestellt seien. Mit Schreiben vom 21.07.2016 korrigierte die Beklagte ihr Mieterhöhungsverlangen dahingehend, dass nur ein Erhöhungsbetrag i.H.v. EUR 166,77 verlangt werde. Im Juli 2016 zahlten die Kläger eine dementsprechend erhöhte Miete.

Mit ihrer der Beklagten am 26.08.2016 zugestellten Klage wenden sich die Kläger gegen die Wirksamkeit der Mieterhöhung und berufen sich darauf, dass die vorgenommenen Arbeiten weit überwiegend der erforderlichen Sanierung des Objektes dienten, die Kosten der entsprechenden Maßnahmen übersetzt seien und die Instandhaltungsanteile hiergegen zu gering angesetzt worden seien. Die Kosten der Dämmung des Daches seien bereits deshalb nicht auf die Kläger umzulegen, da dies keine Auswirkungen auf deren Wohnung habe. Sowohl die Modernisierungsankündigung, als auch das Mieterhöhungsverlangen seien insgesamt nicht nachvollziehbar und zwar insbesondere auch im Hinblick auf eine etwaige Energieeinsparung, u.a. da es an der Nennung der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten mangele. Zudem seien durch Sanierung und Modernisierung im Treppenhaus und Dachboden des Hauses O. XY die mit der Klageerweiterung vom 29.11.2016 im Klageantrag zu 3. bezeichneten Mängel entstanden, die nach ihrer Ansicht zu beseitigen seien und sie zur Minderung und Zurückbehaltung der Miete berechtigten.

Die Kläger beantragen zuletzt,

1. festzustellen, dass der Beklagten aus den Mieterhöhungserklärungen hinsichtlich der Wohnung O. XY, Bremen, Vertrags-Nr. XYZ vom 27.04.2016 und 21.07.2016 kein Anspruch auf Zahlung einer um EUR 166,77 erhöhten Miete ab dem 01.07.2016 zusteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 166,77 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, im Treppenhausflur des Hauses O. XY, 28203 Bremen, folgende Mängel und deren Ursachen fachgerecht zu beseitigen:

  • fehlende Sockelleisten,
  • fehlende Instandsetzung und Endreinigung des Bodens im Treppenhaus nach Sanierung und Modernisierung
  • Entfernung von Baumaterialien aus dem Trockenraum des Dachbodens und Endreinigung von Boden und Wänden im Dachboden
  • fehlender Austausch eines Dachfensters und Hinterlassung des neuen Fensters auf dem Dachboden
  • Beschädigung der Türzargen des Trockenraums auf dem Dachboden

und

4. festzustellen, dass die Kläger berechtigt sind, bis zur Beseitigung der o.g. Mängel die monatliche Miete in Höhe von EUR 703,00 EUR um 10 %, mithin um EUR 70,30 zu mindern und in Höhe des 5fachen Minderungsbetrages, mithin in Höhe von weiteren EUR 351,15 von ihrem Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Mietzahlungen Gebrauch zu machen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen einen Kostenvoranschlag für die Instandhaltung der Fassade eingeholt, durch einen Mitarbeiter ihrer Modernisierungsabteilung den fälligen Instandhaltungsbedarf für die Fenster im Treppenhaus und in den Wohnungen anhand einzelner Fenster ermittelt und hieraus den Instandhaltungsbedarf für die übrigen Fenster abgeleitet. Hinsichtlich der Haustür habe der Bauleiter der Beklagten eine überschlägige Kostenermittlung für die erforderlichen Reparaturen vorgenommen. Eine Begutachtung der vorhandenen Dachhaut habe „üblicherweise“ nach dem Aufstellen des Gerüstes stattgefunden. Sie hält an ihrer hiernach erfolgten Berechnung des Modernisierungsaufwands fest und bestreitet das Vorliegen zu beseitigender Mängel, durch die jedenfalls die vertragsgemäße Nutzbarkeit der Mietsache nicht eingeschränkt sei.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage hat nur zum Teil Erfolg.

1.

Der Klageantrag zu 1. ist als negative Feststellungsklage gem. § 256 ZPO zulässig. Das Feststellungsinteresse der Kläger ergibt sich aus dem Umstand, dass sie zur Vermeidung einer etwaigen Kündigung wegen Zahlungsverzugs eine Miete entrichten müssen, die nach ihrer Rechtseinschätzung zu hoch berechnet ist. Sie haben die Beklagte unter Fristsetzung zum 15.06.2016 erfolglos aufgefordert, einen entsprechenden Verzicht zu erklären, womit auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Klage vorliegt. Dieses liegt insbesondere auch im Hinblick auf das erste Mieterhöhungsverlangen vom 27.04.2016 vor, aus dem zwar der hierbei angegebene Betrag durch die Beklagte nicht mehr beansprucht wird, an das jedoch in zeitlicher Hinsicht angeknüpft wird.

Der Klageantrag zu 1. ist begründet. Die Beklagte hat entsprechend der klägerseits begehrten Feststellung keinen Anspruch auf eine Mieterhöhung i.H.v. EUR 166,77 gestützt auf das Mieterhöhungsverlangen der Schreiben vom 27.04.2016 (Bl. 39 ff. d.A.) und 21.07.2016 (Bl. 51 ff. d.A.).

Auch im Rahmen der negativen Feststellungsklage für den Anspruch gem. §§ 555b, 559, 555b BGB, dessen sie sich berühmt, bleibt die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet (BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 – XI ZR 198/11 –, juris Rn. 35). Ihrer Darlegungslast ist die Beklagte angesichts des von ihr vorgelegten ungeordneten, nicht nummerierten, mehrere Anlage doppelt und überdies eindeutig überflüssige Anlagen (so etwa die Kopie der Klage samt Anlagen) enthaltenden Konvoluts, das sich auf fast 300 Seiten erstreckt, nicht gerecht geworden. Soweit solche Anlagen schon dem Grunde nach ohne entsprechende Kennzeichnung und Zuordnungsfähigkeit kaum berücksichtigungsfähig sind (vgl. dazu AG Bremen, Urteil vom 27.04.2017 – 9 C 72/16 –), ergeben sich bereits aus deren oberflächlicher Sichtung streitentscheidende Zweifelsfragen, die die Beklagte auch nach richterlichem Hinweis im Hinweisbeschluss vom 22.06.2017 (Bl. 445f. d.A.) nicht aufzuklären vermochte.

Inwieweit es dem oder den Miterhöhungsverlangen bereits an seiner formellen Wirksamkeit gem. § 559b Abs. 1 BGB, an die jedenfalls insbesondere im Falle einer ausführlicheren, vorherigen Modernisierungsankündigung keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 – VIII ZR 88/13 –, juris Rn. 32; BGH, Beschluss vom 31. August 2010 – VIII ZR 28/10 –, juris Rn. 9; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 559b Rn. 25, beck-online; allgemein BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 – VIII ZR 88/13 –, juris Rn. 30 f.), kann dabei offen bleiben.

Im Hinblick auf die insgesamt auf die Wohnanlage getätigten Aufwendungen, namentlich Haustürtausch, Fassadendämmung sowie die Dämmung von Dach, Dachboden und Kellerdecke, ist nämlich jedenfalls in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht erkennbar, dass die in § 555b Nr. 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB benannten Voraussetzungen vorliegen. Insbesondere sind die Voraussetzungen einer in Betracht kommenden energetischen Modernisierung gem. § 555b Nr. 1 BGB nicht ersichtlich. Hierfür ist nach ausdrücklichem Wortlaut der Vorschrift erforderlich, dass durch die getätigten baulichen Veränderungen in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird. Erforderlich ist hiernach in Abgrenzung zu § 555b Nr. 2 BGB ein Vorteil, der dem Mieter und nicht nur der Allgemeinheit zugutekommt (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 13. Aufl. 2017, BGB § 555b Rn. 27).

Aus den Anlagen ergibt sich, dass die dem bzw. den Mieterhöhungsverlangen zugrunde gelegten Beträge nicht auf das von den Klägern bewohnte Objekt O. XY, sondern auf die gesamte Wohnanlage L. Straße 2b, 2C / O. XY bezogen ermittelt wurden und dergestalt auf die Kläger im Hinblick auf das Mieterhöhungsverlangen vom 21.07.2016 rückwirkend umgelegt werden sollen. Dies ergibt sich aus den Überschriften der vorgelegten Kostenzusammenstellungen und Aufstellung zu den Instandhaltungsanteilen, ebenso wie aus den vorgelegten Rechnungen. In der Kostenzusammenstellung „Einbau Aluminiumhaustür mit Wärmedämmung“ (Bl. 180 d.A.) ergibt sich etwa der Austausch von drei Haustüren, statt von einer, was den verhältnismäßig hoch erscheinenden Betrag von EUR 9.233,81 erklärt. Auch sonst sind keine Differenzierungen erkennbar.

Aus dem im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.09.2017 mit den Parteien in Augenschein genommenem Ausdruck von Google Maps (Bl. 472 d.A.) hat sich des Weiteren ergeben, dass es sich bei den Gebäuden L. Straße 2b, 2c und O. XY um zwei Gebäude handelt, wobei das ersichtlich größere Gebäude L. Straße 2b, 2c und das im Verhältnis kleinere Gebäude O. XY keine direkt aneinander grenzenden Flächen aufweisen, sondern lediglich durch einen kleineren Zwischenbau miteinander verbunden sind.

Inwieweit durch die demnach bei lebensnaher Betrachtung auch umfangreicheren und damit kostenintensiveren Baumaßnahmen bezogen auf das Gebäude L. Straße 2b, 2c Energieeinsparungen im Hause O. XY und insbesondere in der streitgegenständlichen Mietwohnung erreicht werden könnten, die auf die Kläger umzulegen wären, ist anhand dessen nicht nachvollziehbar. So können zwar Energieeinsparungseffekte etwa auch auftreten, wenn Maßnahmen außerhalb einer Wohnung durchgeführt werden, die sich aber z.B. wie regelmäßig im Falle einer Fassadendämmung positiv auf die im Gebäude liegenden Wohnungen auswirken. Dies liegt bei zwei baulich lediglich über einen kleineren Zwischenbau verbundenen Gebäuden aber nicht auf der Hand.

Eine dahingehende Energieeinsparung i.S.v. § 555b Nr. 1 BGB lässt sich auch nicht der „Berechnung der Energieeinsparung“ (Bl. 47 d.A.) entnehmen. Diese bezieht sich auf den Quadratmeter umgelegte Energieeinsparungen, nicht aber auf Einsparungen konkret in Bezug auf die Wohnung der Kläger. Weshalb die baulichen Maßnahmen an der L. Straße 2b, 2c zu Energieeinsparungen in Bezug auf diese Wohnung führen könnten, erklärt sich damit ebenfalls nicht. Ebenso ist nicht erkennbar, welchen Anteil an einer etwaigen Energieeinsparung die ausschließlich am O. XY durchgeführten, auch sonst nicht weiter auf dieses Gebäude aufgeschlüsselten baulichen Veränderungen ausmachen könnten.

Für einen Ansatz, wie im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung die Kosten für mehrere Gebäude vergleichbarer Bauweise, Ausstattung und Größe einer Wohnanlage insbesondere bei diesbezüglichem technischem Bedürfnis auf den Mieter umzulegen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. Oktober 2010 – VIII ZR 73/10 –, juris Rn. 17 ff.), ist dabei – ungeachtet dessen, dass dies vorliegend nach dem Vortrag der Beklagten auch nicht erkennbar ist – wegen des klaren Wortlauts von § 555b Nr. 1 BGB, der konkret wohnungsbezogene Energieeinsparungseffekte erfordert, kein Raum.

Das Gericht hat die Beklagte mit Hinweisbeschluss vom 22.06.2017 (Bl. 445f. d.A.) darauf hingewiesen, dass für die auf beide Gebäude aufgewendeten Kosten ein Bezug zur Mietsache der Kläger nicht erkennbar ist. Die Beklagte hat hieraufhin lediglich auf das Vorliegen einer einheitlichen Wohnanlage verwiesen, ohne den fraglichen Bezug nunmehr nachvollziehbar darzulegen. Eines nochmaligen Hinweises oder der Gewährung des im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.09.2017 (Bl. 470f. d.A.) beantragten Schriftsatznachlasses auf die dort nochmals erfolgte Erörterung bedurfte es gegenüber der anwaltlich vertretenen Beklagten nicht.

Angesichts des Vorstehenden sieht sich das Gericht mangels konkreter Anhaltspunkte nicht dazu in der Lage, wenigstens einen diesbezüglichen Mindestmieterhöhungsbetrag gem. § 287 ZPO zu schätzen, ohne sich den Vorwurf einer willkürlichen Behandlung machen lassen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 – VIII ZR 88/13 –, juris Rn. 46, m.w.N.; Schmidt-Futterer/Börstinghaus BGB § 559 Rn. 67-73, beck-online).

Auch die Positionen im Rahmen der wohnungsbezogenen Aufwendungen können nicht als Teil- oder Mindestmieterhöhungsanspruch zugrunde gelegt werden.

Hinsichtlich der ausgetauschten Fenster hat die Beklagte zu der streitigen Höhe der aufgewandten Kosten und dem Instandhaltungsanteil weder vorgetragen, noch Beweis angeboten. Dessen ungeachtet ist bereits zu beanstanden, dass der Instandhaltungsanteil nach dem (einzig hierzu erfolgten) Vortrag der Beklagten für die Wohnungsfenster lediglich anhand des Instandhaltungsbedarfs anderer Fenster geschätzt wurde. Eine solche Schätzung ist gemäß § 559 Abs. 2, 2. HS nur dann zulässig, soweit sie erforderlich ist. Das ist dann der Fall, wenn mit zumutbarem Aufwand eine konkrete Berechnung und Aufschlüsselung der Kosten – etwa durch die Einholung eines Kostenvoranschlags – nicht möglich ist (Staudinger/Volker Emmerich (2014) BGB § 559, Rn. 22a m.w.N.). Für die Schätzung bedarf es sodann, wie auch im Rahmen von § 287 ZPO, hinreichend konkreter Anknüpfungstatsachen (Staudinger/Volker Emmerich a.a.O.; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 12. Aufl. 2015, BGB § 559 Rn. 71). Im vorliegenden Fall ist bereits nichts dazu vorgetragen, weshalb der Aufwand der konkreten Bestimmung des jeweiligen Instandhaltungsbedarfs zu hoch gewesen sei, soweit eine eingehende konkrete Einschätzung doch grundsätzlich jedenfalls im Zusammenhang mit dem Austausch der Wohnungsfenster hätte erfolgen können. Des Weiteren ist jedenfalls unklar, wie viele Fenster überhaupt begutachtet wurden und inwieweit diese mit den in der streitgegenständlichen Wohnung verbauten Fenster vergleichbar waren. Eine Schätzung gem. § 287 ZPO durch das Gericht kommt daher mangels tragfähiger Anknüpfungstatsachen nicht in Betracht.

Bezüglich der Fenster im Treppenhaus hat die Beklagte zwar die aufgewandten Kosten und den Instandhaltungsanteil beziffert und hierfür Sachverständigenbeweis angeboten (Bl. 96f. d.A.). Die benannten Beträge decken sich aber nicht mit den Mieterhöhungsverlangen der Beklagten bzw. den dort benannten Beträgen (Bl. 41 bzw. Bl. 53 d.A.), weshalb der Vortrag angesichts ihrer Bezugnahme auf diese Anlage bereits widersprüchlich und einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist. Hinsichtlich der durchgeführten Schätzung sei zudem auf vorstehend Ausführungen erwiesen.

Soweit sich die Kläger gegen die wirksame Mieterhöhungsverlangen im Ganzen richten, hätte es auch wenigstens knapper Ausführungen zu den Kosten des Einbaus neuer Wohnungseingangstüren und der Balkonerweiterung bedurft. Das Gericht hat die Beklagte mit Hinweisbeschluss vom 22.06.2017 (Bl. 445f. d.A.) darauf hingewiesen, dass ihre Darlegungslast auch diejenigen Positionen in den Mieterhöhungsverlangen umfasst, die die Kläger nicht im Besonderen, sondern nur allgemein angreifen. Ergänzende Ausführungen hierzu sind nicht erfolgt.

Wegen vorstehender Unklarheiten kann auch zu den Baunebenkosten keine Einschätzung erfolgen.

2.

Die Kläger haben auch den mit ihrem Klageantrag zu 2. begehrten Rückzahlungsanspruch i.H.v. EUR 166,77 gem. §§ 812 Abs. 1 Satz 1, Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB. Die im Monat Juli 2016 um den streitigen Betrag erhöhte Mietzahlung erfolgte ohne Rechtsgrund. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 1. verwiesen.

Die daneben begehrten Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit finden ihre Grundlage in §§ 291, 188 Abs. 1, 247 BGB.

3.

Die mit dem Klageantrag zu 3. geltend gemachten Mängelbeseitigungsansprüche gem. § 535 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Mietvertrag bestehen entgegen der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.04.2017 geäußerten, vorläufigen Rechtsauffassung des Gerichts nach vertiefter Prüfung nicht.

Die Kläger haben demnach keinen Anspruch auf die Wiederanbringung fehlender Sockelleisten. Bei den klägerseits vorgetragenen und aus der Anlage K 10 (CDR Bl. 414 d.A.) erkennbaren, stellenweisen Auslassungen der Sockelleisten handelt es sich, wie beklagtenseits eingewandt, um rein optische Beeinträchtigungen, die den vertragsgemäßen Gebrauch des Treppenhauses nicht beeinträchtigen. Auch hinsichtlich aus der Anlage K 10 ersichtlichen Baumaterialien auf dem Dachboden, des dort abgelegten neuen Fensters, sowie der Beschädigung der Türzargen des Trockenraums auf dem Dachboden ist nicht erkennbar, inwieweit diese die vertraglich geschuldete Nutzbarkeit der unstreitig ebenfalls zur gemeinsamen Benutzung bestimmten Räumlichkeiten beeinträchtigen. Insbesondere könnten Baumaterialien und Fenster an den Rand geräumt werden.

Es besteht auch ein Anspruch der Kläger auf einen Austausch des bzw. des nach dem Klägervortrag offensichtlich begehrten Wiedereinbaus des ausgebauten Dachfensters. Unbestritten ist von der mietvertraglichen Nutzung auch der in dem Hause O. XY vorhandene Trockenraum umfasst. Aber auch insoweit ist nicht ersichtlich, weshalb er nicht als solcher auch weiterhin genutzt werden kann. Anderes wäre nur dann der Fall, wenn etwa eine Belüftung gar nicht mehr gewährleistet werden könnte, weil keine weiteren Fenster vorhanden wären, was jedoch nicht behauptet ist.

Die Kläger können auch keine Endreinigung des Bodens im Treppenhaus oder des Dachbodens beanspruchen. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass gem. § 4 des Mietvertrages die Reinigungsarbeiten zur gemeinsamen Benutzung bestimmter Räume, Einrichtungen und Anlagen durch den Mieter selbst durchzuführen sind (vgl. Bl. 11 d.A.). Soweit hiermit wegen der Bauarbeiten ein erhöhter Reinigungsaufwand entstanden ist, hätten die Kläger gem. § 554 Abs. 4 BGB allenfalls einen einmaligen Aufwendungsersatzersatz- oder einen entsprechenden Vorschussanspruch, der aber nicht geltend gemacht ist. Zum Anspruch auf eine weitergehende Instandsetzung des Treppenhauses ist nicht weiter vorgetragen. Es ist demnach nicht erkennbar, welche Instandsetzungen hier geschuldet, aber noch nicht erfolgt seien.

4.

Der Klageantrag zu 4. ist aus den in Ziffer 1. genannten Gründen als Feststellungsantrag zulässig. Er war jedoch sowohl hinsichtlich der nach § 536 Abs. 1 BGB begehrten Minderung, als auch hinsichtlich eines gem. §§ 320, 273 BGB geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts als unbegründet abzuweisen. Auf vorstehende Ausführungen unter 3. wird verwiesen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt gemessen an nachstehender Streitwertfestsetzung aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt für den Klageantrag zu 1. gem. § 41 Abs. 5, Satz 1, Alt. 1 GKG auf EUR 2.001,24 (EUR 166,77 x 12 Monate), für den Klageantrag zu 2. gem. §§ 48 Abs. 1, Satz 1 GKG, 3 ZPO auf EUR 166,77, für den Klageantrag zu 3. gem. § 41 Abs. 5, Satz 1, Alt. 2 GKG auf EUR 843,60 (EUR 703,00 x 10% x 12 Monate) und für den Klageantrag zu 4. gem. §§ 48 Abs. 1, Satz 1 GKG, 3,9 ZPO auf den 3,5fachen Wert des einjährigen Minderungsbetrages (EUR 70,30 x 42 Monate = EUR 2.952,60) und auf 80 % des 3,5fachen Wert des einjährigen Zurückbehaltungsrechts (EUR 351,15 X 42 Monate = EUR 14.748,30 X 80 % = EUR 11.798,64; vgl. z.B. AG Bremen, Beschluss vom 09.11.2015 – 5 C 205/15 –), wobei die vorstehenden Streitwerte gem. § 39 GKG zu einem Gesamtstreitwert i.H.v. EUR 17.762,85 zu addieren sind.

 

 

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