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Mieterhöhung – Feststellung Vergleichsmiete durch Sachverständigengutachten

LG Kiel, Az.: 7 S 68/13

Urteil vom 22.01.2014

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.06.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Plön abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

– Abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 ZPO. –

Auf die zulässige Berufung der Beklagten war das am 21.06.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Plön aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Berufung ist zulässig.

Mieterhöhung – Feststellung Vergleichsmiete durch Sachverständigengutachten
Foto: tatianasun/bigstock

Der Gebührenstreitwert ist zwar nach § 41 Abs. 5 GKG höchstens mit dem Jahreswert der zusätzlichen Forderungen (nach dem Urteil des Amtsgerichts 38,00 € monatlich) zu berechnen (vgl. Zöller-Herget, 30. Auflage, § 3 Rnr. 16 ZPO); die Beschwer der Beklagten ist jedoch nach § 9 ZPO zu berechnen (vgl. Staudinger-Weitemeyer, Neubearbeitung 2011, § 557 BGB Rnr. 29, BGH, Beschluss vom 21.05.2008 – VIII ZB 10/03 in NJOZ 2003, 3008) und liegt damit mit 1.596,00 € (= 42 x 38,00 €) deutlich über dem Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600 € gemäß § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.

Die Berufung ist auch begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht die Zustimmung zu der am 23.02.2012 verlangten Mieterhöhung für das streitgegenständliche Mietobjekt im … Weg …, … Laboe, verlangen – auch nicht in dem vom Amtsgericht ausgeurteilten Umfang von monatlich 38,00 € netto kalt ab dem 01.05.2012.

Das Amtsgericht hat zwar zutreffend und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB zulässig ist. Insoweit wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen.

Zur Überzeugung der Kammer steht jedoch nicht fest, dass das Gutachten des Sachverständigen … vom 19.02.2013, das dieser zuletzt mit seinen Ausführungen vom 11.12.2013 und im Termin vom 09.01.2014 vor der Kammer ergänzt hat, eine tragfähige Grundlage zur Ermittlung der ortüblichen Vergleichsmiete im Sinne von § 558 Abs. 2 BGB ist. Dies geht zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin.

Gemäß § 558 Abs. 2 BGB soll die ortsübliche Vergleichsmiete aus den üblichen Entgelten gebildet werden, die in der Gemeinde – hier Laboe – für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe und Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Dabei handelt es sich bei der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht um einen punktgenauen Wert; im Prozess wird jedoch die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Sinne einer Einzelvergleichsmiete gefordert (vgl. BGH, Urteil vom 29.02.2012 – VIII ZR 346/10 in NJW 2012, 1351). Der Vermieter kann deshalb nur die Miete verlangen, die als zu ermittelnde Einzelvergleichsmiete innerhalb der Spanne der durch Neuvermietung und Bestandsmietenänderungen der letzten vier Jahre geprägten ortsüblichen Vergleichsmiete in dem betreffenden Gebiet liegt (BGH ebda).

Der Sachverständige … hat zwar die Wohnung der Beklagten in Augenschein genommen und ihre Ausstattung detailliert ermittelt. Er hat die Bewertung der Wohnung jedoch nicht unter Heranziehung konkreter Vergleichswohnungen in Laboe vorgenommen, sondern auf Basis des sogenannten IVD-Preisspiegels, der Wohnungen aus dem Wirtschaftsraum Kiel unter Einschluss der Gemeinden Kronshagen, Heikendorf u.a. erfasse. Dieser Preisspiegel beinhaltet jedoch nur die Vermittlungsergebnisse und Erfahrungen der Kieler IVD-Makler. Er repräsentiert die Neuvermietungen ohne die Bestandsmieten zu berücksichtigen.

Auf weitere Nachfrage der Kammer mit Beschluss vom 30.10.2013 hat der Sachverständige in seinen weiteren gutachterlichen Ausführungen vom 11.12.2013 dem entsprechend konstatiert, dass er nicht in der Lage sei, die geforderten Vergleichsmieten beizubringen. Bei den dargelegten Vergleichspreisen in seinem Gutachten vom 19.02.2013 seien zum einen Angebotsmieten und zum anderen Mieten, die durch eine erfolgreiche Maklerleistung der … zustande gekommen seien, enthalten. Beiden Datenquellen sei gemein, dass sie sich von einer ortsüblichen Vergleichsmiete deutlich unterscheiden, da sie keine Bestandsmieten darstellen würden. Aus diesen Datenquellen ließen sich somit nur mittelbar Rückschlüsse auf den gesuchten Mietwert folgern. Die Daten – so der Sachverständige – erlauben lediglich als Obergrenze des Marktes in Laboe eine gewisse Markteinordnung und Situationsbeschreibung zum Bewertungszeitpunkt. Eine Erhebung von direkten Vergleichsdaten lasse sich im Rahmen eines üblichen Sachverständigengutachtens nicht realisieren.

Das Gutachten weicht damit offensichtlich von den Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung, an denen sich die Kammer orientiert, zur Ermittlung einer ortsüblichen Vergleichsmiete ab, ohne gleichzeitig eine andere tragfähige – für die Kammer nachvollziehbare – Schätzgrundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete anzubieten. Das überzeugt nicht.

Es ist nämlich nicht alles, was am Markt für vergleichbare Wohnungen tatsächlich gezahlt wird, ohne Weiteres „üblich“ im Sinne des § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB. Gerade dann, wenn das Spektrum der am Markt für vergleichbaren Wohnraum vorgefundenen Mieten sehr weit auseinandergeht, hat eine Eingrenzung des relevanten „Mittelfelds“ der Vergleichsmieten stattzufinden. (vgl. BGH ebda.). Das ist der Kammer aber auf Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen und der Darlegungen der Klägerin nicht möglich. Der Sachverständige kann ersichtlich nur Mieten benennen, die die Obergrenze in dem betreffenden Gebiet bilden. Alle von ihm benannten Wohnungen sind bereits nach seiner Aussage in der Art und Ausstattung sowie in der Lage nicht mit der streitgegenständlichen Wohnung vergleichbar. Es erscheint weder sachgerecht noch nachvollziehbar, allein durch Abschläge von diesen Spitzenmieten, bei denen es sich noch nicht einmal um Bestandsmieten handeln soll, die Einzelvergleichsmieten zu ermitteln.

Denn es steht noch nicht einmal fest, dass diese Abschläge im Rahmen von § 287 ZPO angemessen wären. Dagegen spricht wiederum die Nähe von Laboe zu Kiel und die Tatsache, dass man, wenn man die ortsübliche Vergleichsmiete für die streitgegenständliche Wohnung nach dem Kieler Mietspiegel ermitteln würde, auf eine solche von 4,70 € pro qm käme. Diese Miete wäre erheblich niedriger als die vom Sachverständigen anhand von Abschlägen über den IVD-Preisspiegel ermittelte Vergleichsmiete von 5,80 € pro qm.

Die Kammer verkennt nicht, dass Laboe wegen seiner Lage inzwischen eine durchaus begehrte Wohngegend ist. Dies führt nach Ausführungen des Sachverständigen auch dazu, dass insbesondere in der Wasserlage von Laboe Mietpreise von 15 € pro qm erzielt werden können. Mit der Aussage des Sachverständigen, dass die umliegenden Mietpreise natürlich auch Auswirkungen auf andere Wohnungen in der Umgebung haben, lässt sich jedoch nicht die vom Bundesgerichtshof geforderte Einzelvergleichsmiete ermitteln – zumal der Sachverständige selbst zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete Daten für Wohnungen im Wirtschaftsraum Kiel heranzieht, weil es für Laboe selbst keine eigene Marktstatistik gebe (vgl. S. 14 des Gutachtens v. 19.02.2013, Bl. 105 d. A.).

Insgesamt fehlt dem Gutachten des Sachverständigen … damit die Überzeugungskraft. Eine Vergleichbarkeit der hier zu beurteilenden Wohnung mit Wohnungen aus dem qualifizierten Mietspiegel der Landeshauptstadt Kiel kann nicht ausgeschlossen werden.

Es steht nach den Ausführungen des Sachverständigen insbesondere gar nicht fest, wie sich die neu vermieteten hochpreisigen Wohnungen auf die weiteren Mieten in Laboe bislang ausgewirkt haben und noch weiter auswirken werden. Dies alles geht zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin. Eine Vergleichbarkeit der Wohnung mit denen von der Klägerin mit Schriftsatz vom 08.01.2014 benannten Wohnungen vermochte der Sachverständige nicht anzunehmen, da es sich ohnehin nur um Daten eines Vermieters handele. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, ob der Vortrag der Klägerin hierzu als verspätet zurückzuweisen ist.

Die Klage war damit insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO

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