LG Berlin – Az.: 66 S 29/18 – Urteil vom 19.12.2018
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 25.01.2018, Az. 14 C 84/17, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Umfang der Verurteilung zu Ziffer 2) des angefochtenen Urteils der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Voraussetzungen und die Konditionen, unter denen eine Erlaubnis zur Untervermietung nach § 553 BGB zu erteilen ist.
Die Klägerin ist als alleinige Mieterin gemäß § 563 Abs. 2 Satz 3 BGB in ein Mietverhältnis über eine 6-Zimmer-Wohnung mit einer Größe von ca. 226,52 m² eingetreten. Der frühere Vermieter, dessen Rechtsnachfolger der Beklagte ist, hatte zunächst im Jahr 1975 ein Mietverhältnis mit insgesamt 6 Mietern begründet; nach zahlreichen personellen Wechseln unter den Wohnungsnutzern wurde im Jahr 1989 vereinbart, dass das Mietverhältnis mit (nur) noch 2 Hauptmietern fortgesetzt wird (beide hatten sich nicht unter den ursprünglichen 6 Mietern befunden). Die inhaltlichen Bestimmungen des Vertrages aus dem Jahre 1975 wurden weitestgehend beibehalten, insbesondere die Vereinbarung einer Bruttomiete, die 1989 neu auf eine Höhe von 999,54 DM festgelegt wurde, und die (nicht abzurechnende) Betriebskosten einschloss. Von den beiden Hauptmietern schied der eine 1999 aus dem Mietverhältnis aus; beim Tode des letzten verbliebenen Hauptmieters im Jahr 2016 trat die Klägerin in das Mietverhältnis ein (dies war Gegenstand des rechtskräftig beendeten Verfahrens LG Berlin 66 S 215/17).
In erster Instanz hat die Klägerin erfolgreich die Erteilung mehrerer Genehmigungen für die Untervermietung einzelner Räume der Wohnung begehrt. Im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts wurde der Beklagte zu Ziffer 1 verurteilt, die Untervermietung eines Raumes an Frau H. als künftige Untermieterin zu genehmigen. Mit dem Tenor zu Ziffer 2 wurde er weiter verurteilt, die Untervermietungserlaubnis für einen weiteren Raum zu erteilen, den die Untermietinteressenten Frau G. und Herr W. gemeinsam nutzen wollten. Das Amtsgericht hat angenommen, in beiden Fällen sei ein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben; der Beklagte dürfe die Genehmigung nicht von der Zusage eines Zuschlags nach § 553 Abs. 2 BGB abhängig machen, denn es fehle an einer durch die Veränderung bewirkten höheren Belastung des Vermieters, weil die Anzahl der Bewohner nicht ansteige und auch eine stärkere Abnutzung der Wohnung nicht feststellbar sei.
Mit der Berufung hat der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Für die Inhalte seines Vorbringens und weitere Einzelheiten des Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 5.11.2018 im Umfang des amtsgerichtlichen Tenors zu Ziffer 2 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil die vorgesehenen weiteren Untermieter G… und W… zwischenzeitlich ihr Interesse zurückgezogen hätten, sodass die (vom Amtsgericht genehmigte) Überlassung eines Raumes an diese Personen nicht mehr beabsichtigt sei. Der Beklagte und Berufungskläger hat sich der Teilerledigungserklärung unter Protest gegen die Kosten angeschlossen.
Nach gerichtlichen Hinweisen und einer entsprechenden Auflage hat der Berufungskläger für das Kalenderjahr 2016 eine Berechnung der von ihm aufgewendeten Betriebskosten für die streitgegenständliche Wohnung vorgelegt, wonach Kosten von jährlich 3.169,40 € entstehen. Als verbrauchsabhängig sieht der Berufungskläger von diesen Gesamtkosten einen Anteil von 1.196,30 €; außerdem verweist er auf Kosten für Hausreinigung und Hauswart, die mit jährlich 516,88 € anfielen.
II.
Das Rechtsmittel des Beklagten ist zulässig. Hinsichtlich der Verurteilung im Tenor zu Ziffer 2 hat der Beklagte das Urteil des Amtsgerichts auch begründet angegriffen; eine Abänderung der Entscheidung ist allein deshalb nicht (mehr) veranlasst, weil der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Die anteiligen Kosten sind allerdings der Klägerin aufzuerlegen. Das weitergehende Rechtsmittel des Beklagten (gegen die Verurteilung zu Ziffer 1) bleibt erfolglos.
1. Mit Recht hat das Amtsgericht angenommen, dass ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Untervermietung nach Maßgabe des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt. Die ursprünglich verfolgten Begehren hätten dazu geführt, dass die Wohnung bestehend aus 6 Zimmern und Nebenräumen von insgesamt 4 Personen bewohnt wird; eine Überbelegung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten wäre dadurch offensichtlich nicht eingetreten. Unstreitig hat auch die Klägerin alle Informationen zugänglich gemacht, die der Beklagte benötigen konnte, um das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB zu überprüfen. Für keinen der in Aussicht genommenen Interessenten ist ein solcher in seiner Person liegender Grund seitens des Beklagten behauptet oder sonst erkennbar geworden.
2. Die vom Amtsgericht zu Ziffer 1 des angefochtenen Urteils tenorierte Genehmigung der Untervermietung an Frau H. ist nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
Ohne Erfolg hat der Beklagte sich schon in erster Instanz darauf berufen, das Interesse der Klägerin an einer Untervermietung sei nicht als nachträgliches Interesse anzuerkennen, denn es sei nicht im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Vertragsschluss entstanden. Insbesondere habe auch der letzte (2016 verstorbene) Hauptmieter des 1989 geschlossenen Vertrages bereits ein Interesse an einer Untervermietung gehabt und umgesetzt.
Dieser Einwand verfängt gegenüber der Klägerin nicht. Sie hat in einem rechtsgeschäftlichen Sinne keinen Vertrag geschlossen, sondern sie ist kraft gesetzlicher Anordnung nach § 563 BGB als (neue) Mieterin in ein bereits laufendes Mietverhältnis eingetreten, dessen Konditionen sie so übernehmen musste, wie sie sich zur Zeit des Eintritts darstellten. Der Eintritt der Klägerin vollzog sich im Oktober 2016 mit dem Tod des letzten Hauptmieters aus dem 1989 schriftlich unterzeichneten Vertrag. Auf ein vor Oktober 2016 liegenden Zeitpunkt kann es für ein berechtigtes Interesse der Klägerin also schon deshalb nicht ankommen, weil bis zu ihrem Eintritt in den Vertrag ihre Interessen im Vertragsverhältnis überhaupt nicht rechtlich maßgeblich gewesen sind. Es kommt auch nicht darauf an, ob der zuletzt verstorbene frühere Hauptmieter bereits ein Untervermietungsinteresse gehabt oder gar verfolgt hat, denn die von § 553 BGB für maßgeblich erklärten Interessen sind konkrete subjektive Interessen eines konkreten Mieters, nicht aber typisierte Interessenlagen „eines Wohnraummieters“. Ein Interesse des früheren Hauptmieters aus der Zeit vor dem Oktober 2016 wäre also weder inhaltlich noch zeitlich im Rechtssinne identisch oder aus normativen Gründen gleichzusetzen mit dem hier zu prüfenden Interesse der Klägerin, die aktuell die maßgebliche alleinige (Haupt-)Mieterin des Objektes ist.
Zu demselben Ergebnis führt auch der inhaltliche Ansatz, wonach schon der Wunsch eines Hauptmieters, nicht allein leben zu wollen, als ein nach Abschluss des Mietvertrages entstandenes berechtigtes Interesse anzuerkennen ist (vgl. BGH VIII ZR 105/17 v. 31.01.2018; MDR 2018, 397 f.). Ein derartiger Entschluss ereignet sich im engsten privaten Lebensumfeld des Hauptmieters und gestaltet diesen entscheidend aus. Da höchstpersönliche Lebensumstände einem stetigen Wandel unterworfen sind (insbesondere durch die fortschreitende Entwicklung eigener Überzeugungen und eigenen Fähigkeiten), liegt es gerade im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses nahe, dass früher oder später eine Änderung der diesbezüglichen Entscheidungen des Hauptmieters eintreten kann. Können derartige Prozesse nach verbreiteter Auffassung (u.a. der o.g. höchstrichterlichen Rechtsprechung) als berechtigte Interessen des konkreten Mieters anzuerkennen sein, so kann es in solchen Fällen nicht entscheidend darauf ankommen, ob aus der objektivierten Sicht eines hypothetischen „anderen Mieters“ ein vergleichbarer Entschluss ebenso gut schon früher hätte entstehen können. Maßgeblich sind allein die konkreten Verhältnisse des konkreten Mieters, also die Frage, wann der dargelegte Entschluss für den konkreten Mieter aufgetreten ist. Auch bei einem Hauptmieter, der beispielsweise als Konsequenz seiner persönlichen Disposition seit dem Vertragsschluss über viele Jahre hinweg eine große Wohnung ganz allein bewohnt hat, kann sich bei einem Wandel seiner subjektiven Einstellungen, seiner Prioritäten oder seiner Fähigkeiten nach dem Vertragsschluss ein „nachträgliches“ berechtigtes Interesse ergeben, ohne dass dies sich in einer sichtbaren Umwälzung rein äußerlicher Lebensverhältnisse niederschlagen müsste.
3. Zu Unrecht ist demgegenüber das Amtsgericht davon ausgegangen, die Klägerin habe auch für die weiteren Interessenten an einer Untermiete vom Beklagten die Genehmigung verlangen können. Insoweit, also im Umfang der erstinstanzlich zu Ziffer 2 erfolgten Tenorierung, hat der Beklagte sich nämlich (hilfsweise) mit Recht darauf berufen, dass ihm die Erteilung dieser weitergehenden Erlaubnis im Sinne des § 553 Abs. 2 BGB nur gegen eine angemessene Erhöhung der Miete zuzumuten wäre. Da die Klägerin die Bereitschaft zu einer solchen Erhöhung der Miete nicht erklärt hat, war das Klagebegehren insoweit unbegründet; nach übereinstimmender Erledigung der Hauptsache treffen die entsprechenden Kosten des Verfahrens die Klägerin.
Das Gesetz enthält in § 553 Abs. 2 BGB lediglich das Zugeständnis an den Vermieter, wonach dieser seine Erlaubnis von einer „…angemessenen Erhöhung der Miete (…) abhängig machen…“ kann. Offen bleibt dabei sowohl die Frage, welche Parameter und welche Maßstäbe für die Frage der Angemessenheit gelten sollen, als auch die weitere Frage, auf welchem rechtstechnischen Wege und mit welchen genauen Folgen die fragliche Erhöhung der Miete eintreten kann. Das Gericht geht diesbezüglich von folgenden Grundsätzen aus:
a) Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 553 Abs. 2 BGB ist eine Klage auf Erteilung der Erlaubnis nach Abs. 1 der Vorschrift nur begründet, wenn der Kläger sich mit dem zur Vermeidung einer Unzumutbarkeit „angemessenen“ Zuschlag zur Miete einverstanden erklärt. Tut er dies, führt dies (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) zur antragsgemäßen Verurteilung des Vermieters, ohne dass allerdings die fragliche Erhöhung der Miete selbst Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung würde. Eine in der Regelungstechnik des § 308a ZPO gehaltene Befugnis des Gerichts, die seiner Auffassung nach materiell „angemessene“ Erhöhung der Miete anlässlich einer auf § 553 BGB gestützten Erlaubnisklage im Urteil festzulegen, ist nicht vorgesehen.
Einem berechtigten Begehren des Vermieters nach einer Mieterhöhung dürfte deshalb im gerichtlichen Verfahren allein durch die Herbeiführung einer materiellen Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien Rechnung zu tragen sein. Um eine solche treffen zu können, müssen die Parteien zunächst Gewissheit über den unbestimmten Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ der künftigen Miethöhe gewinnen, sodass es zu dieser Frage eines konkreten gerichtlichen Hinweises bedarf. Erst wenn das Gericht seine Auffassung zu der Rechtsfrage hat erkennen lassen, welche Erhöhung der Miete im konkreten Einzelfall als angemessen eingeschätzt werden kann, hat der klagende Mieter eine Grundlage für die von ihm zu fordernde Erklärung, ob die „angemessene Erhöhung der Miete“ akzeptiert werden soll oder nicht.
Erklärt der Mieter sein Einverständnis, führt er damit die Voraussetzung für die Verurteilung des Vermieters zur Erteilung der Erlaubnis herbei. Zugleich dürfte der Erklärung des Mieters die Wirkung zuzuschreiben sein, dass (jedenfalls für die spätere Dauer des konkret genehmigten Untermietverhältnisses) die angemessen erhöhte Miete materiellrechtlich im Hauptmietverhältnis geschuldet ist. Ohne eine ausdrücklich anderslautende Übereinkunft dürfte dabei davon auszugehen sein, dass der Betrag der angemessenen Erhöhung technisch einen Zuschlag darstellt, der nach dem Willen der Parteien geschuldet sein soll, sobald und so lange eine Überlassung an den konkreten Untermieter erfolgt, auf den sich die Verhandlung über eine „Erhöhung der Miete“ bezogen hat.
b) Für die Höhe des Untermietzuschlags ist im preisfreien Wohnraum eine nach Maßgabe des § 315 BGB „der Billigkeit entsprechende“ Bemessung vorzunehmen. Die in das System der Kostenmiete eingefügten Regelungen für preisgebundene Mietverhältnisse (§ 26 III NMV) sind außerhalb dieses Systems unanwendbar.
Nach der Formulierung in § 553 Abs. 2 BGB sind die Begriffe der Angemessenheit und der Zumutbarkeit allein anhand der Verhältnisse im Hauptmietverhältnis zu beantworten. Das dort zwischen dem Vermieter und dem Hauptmieter vertraglich vereinbarte Synallagma bleibt nach der Regelung so lange unangetastet, bis eine mit der Untervermietung eintretende Verschiebung zu Lasten des Vermieters die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten würde. Nur und erst dann, wenn Gründe der Zumutbarkeit eine Erhöhung der Miete unverzichtbar erscheinen lassen, darf der Vermieter seine Erlaubnis von dieser Erhöhung abhängig machen.
Die konkrete Höhe eines etwaigen Zuschlags ist also aus der Bewertung all jener Faktoren zu gewinnen, auf denen das drohende Ungleichgewicht im Hauptmietverhältnis beruht. Die Erhöhung des Mietzinses ist also dort erforderlich, wo sich die Leistungen, der Betriebsaufwand, die aus dem Hauptmietverhältnis resultierenden Gefahren und/oder die Risiken auf der Seite des Vermieters in so außergewöhnlicher Weise erhöhen, dass die Änderung ohne eine Kompensation „nicht zumutbar“ erscheint.
Als Vergleichsmaßstab ist also der Mietvertrag in seiner ursprünglichen Gestalt maßgeblich, insbesondere also die Anzahl derjenigen berechtigten Nutzer, mit denen (auch) auf Seiten des Vermieters bei Abschluss des Vertrages zu rechnen war. Denn das vertragliche vereinbarte und nach wie vor bindende Synallagma deckt den Austausch der vertraglichen Leistungen in diesem Umfang bereits vollständig ab. Die Angemessenheit dieses einmal vereinbarten Leistungsaustausches bedarf im Rahmen des § 553 BGB niemals einer Korrektur; denn sie beruht nicht auf der Richtigkeit oder Unrichtigkeit wirtschaftlicher Erwägungen, sondern allein darauf, dass beide Parteien durch ihre privatautonom getroffene Entscheidung diesen Leistungsaustausch akzeptiert haben. Eine Erhöhung der Miete nach § 553 Abs. 2 BGB kann deshalb immer nur dann in Betracht kommen, wenn der in der Konstruktion des Vertrages bereits abgebildete Leistungsaustausch durch die begehrte Untervermietung erheblich verschoben wird.
Für das Begehren der Klägerin folgt daraus, dass die im amtsgerichtlichen Urteil zu Ziffer 1 tenorierte Erlaubnis zur Untervermietung ohne eine Erhöhung der Miete beansprucht werden kann. Der Vertrag von 1989, in den die Klägerin eingetreten ist, bildete mit dem dort vereinbarten Verhältnis der auszutauschen Leistungen bereits die Nutzung durch 2 personenstandsrechtlich voneinander unabhängige Nutzer ab, denn den Ansprüchen des Vermieters stand schon nach diesem Vertrag die Nutzung des Mietobjektes durch 2 (Haupt-)Mieter gegenüber. Als Folge einer „ersten“ von der Klägerin begehrten Untervermietung ergibt sich also lediglich eine strukturelle Veränderung dahingehend, dass künftig ein Hauptmieter und ein Untermieter vorhanden sein wird. In der praktischen Nutzung ergibt sich aber keine Lage, die in dem Mietvertrag von 1989 und dem darin vereinbarten Leistungsaustausch nicht bereits abgebildet wäre.
c) Steigt dagegen durch ein Begehren des Hauptmieters nach weitergehender Untervermietung die Anzahl der Nutzungsberechtigten über das ursprünglich von dem geschlossenen Vertrag abgedeckte Maß hinaus, so öffnet der Vermieter mit einer entsprechenden Erlaubnis sein Eigentum und den Bereich der ihn betreffenden Rechtsverhältnisse für weitere Personen. Damit kann eine Erhöhung des Verwaltungsaufwands im laufenden Mietverhältnis einhergehen. Es können auch die Risiken für konflikthafte Entwicklungen im Objekt ansteigen, sowie die Anforderungen, mit denen der Vermieter unter Umständen auf die personell erweiterten Rechte, Ansprüche und Befugnisse einer nun erhöhten Zahl von Nutzungsberechtigten reagieren muss. Ferner kann die Beanspruchung der Mietsache in ihrer Substanz sich intensivieren. Derartige „Sachrisiken“ dürften umso gewichtiger einzuschätzen sein, je größer die Mietsache selbst ist. Die Risiken z.B. für eine Vorenthaltung oder für eine Beschädigung der Mietsache wiegen auch in wirtschaftlicher Hinsicht für den Vermieter umso schwerer, je größer die überlassene Wohneinheit und je werthaltiger also das potenziell betroffene Eigentum ist.
Unter Berücksichtigung dieser Parameter macht § 553 Abs. 2 BGB aber keine detailliert bezifferte Kalkulation erforderlich, sondern lediglich eine summarische „der Billigkeit entsprechende“ Bemessung desjenigen, was zur Vermeidung einer für den Vermieter unzumutbaren Situation erforderlich erscheint. Im Grundsatz dürfte es nach Ansicht des Gerichts angemessen sein, mit Blick auf die o.g. und zunächst abstrakt eintretenden Änderungen einen „allgemeinen“ Zuschlag anzusetzen, der für den einzelnen Untermieter im Rahmen der Billigkeit (§ 315 BGB) zwischen 5,00 € und 30,00 € pro Monat anzusetzen sein könnte.
d) Eine solche abstrakte Pauschale würde allerdings nur die allgemeinen Einflüsse des Vorhandenseins weiterer Nutzungsberechtigter abdecken, also die nicht darüber hinaus gehende im Einzelfall konkret messbaren Wirkungen. Unabhängig von dieser Pauschale und also neben ihr zusätzlich zu kalkulieren wären konkrete personengebundene Aufwendungen, die den Vermieter infolge der Aufnahme weiterer Nutzungsberechtigter in die Wohnung treffen. Dies gilt besonders für die Erhöhung von Verbrauchskosten, wenn und soweit diese den Vermieter treffen, weil Kostensteigerungen (wie hier) im Hauptmietverhältnis nicht durch Abrechnung an die Nutzer weitergereicht werden können. Durch solche zusätzlichen Betriebskosten, wie sie im Fall der (auch hier vereinbarten) Bruttomiete anfallen, wird ein „angemessener Zuschlag“ also nachhaltig beeinflusst. Es überschreitet das vertraglich bereits geregelte Synallagma offenkundig, wenn infolge des berechtigten Interesses des Hauptmieters einerseits in die Wohnung Untermieter aufgenommen werden, die entsprechende Versorgungsressourcen in dem Objekt in Anspruch nehmen und verbrauchen, wenn diese Ressourcen dann aber andererseits vom Eigentümer des Objektes finanziert werden müssen, ohne dass dieser berechtigt ist, gestiegene Kosten auf deren Verursacher umzulegen. Regelmäßig wird es für den Vermieter unzumutbar sein, von ihm zu duldende weitere Untermieter auf die von Ihnen in Anspruch genommenen Verbrauchskosten sozusagen „einzuladen“.
4. In Anwendung dieser Grundsätze hat das Gericht einen angemessenen Zuschlag für die Aufnahme der (gemäß dem Tenor des Amtsgerichts zu Ziffer 2) weiteren 2 Personen als künftige Untermieter ermittelt und den Parteien durch Beschluss vom 6.9.2018 bekannt gegeben. Einen allgemeinen Zuschlag zur Abdeckung erhöhter Abnutzung, erhöhten Verwaltungsaufwandes und erhöhter Sachrisiken hat das Gericht für die konkret betroffene (besonders großen) Wohnung und die aktenkundigen Verhältnisse der Parteien mit jeweils 20,00 € pro Monat und Person bemessen.
Ferner hat das Gericht die vom Berufungskläger dargelegten und unbestritten gebliebenen konkreten Kostenpositionen aus dem Jahr 2016 berücksichtigt. Von den Positionen, die als unmittelbar verbrauchsabhängig anzusehen sind (Wasser, Abwasser, Müllabfuhr, Biogut und Papier/Glasentsorgung) hat das Gericht einen darin enthaltenen Grundkostenanteil geschützt und abgezogen, der sich mit Bereitstellungskosten, Grundgebühren etc. auch für „eigentlich“ verbrauchsabhängige Positionen unabhängig davon ergibt, wie viele Nutzer den konkreten Gesamtverbrauch in einem Jahr ausgelöst haben. Nach einem mit 20 % geschätzten Abzug verbleib ein mit 80 % zu erwartender Verbrauchskostenzuwachs für jeden weiteren Nutzer in Höhe von ca. 820,00 € jährlich. Nach den Maßstäben der §§ 553 Abs. 2, 315 Abs. 1 BGB hat das Gericht diesen Betrag als Abbild der drohenden zusätzlichen Kostenlasten des Vermieters angesehen. Die Grenzen der im laufenden Vertragsverhältnis zumutbaren und in dem geschlossenen Vertrag bereits abgebildeten Belastungen würde in diesem Umfang überschritten.
In dem Beschluss vom 6.9.2018 hat das Gericht der Klägerin demgemäß Gelegenheit eingeräumt, durch Einreichung eines Schriftsatzes rechtsverbindlich auch dem Vermieter gegenüber zu erklären, dass sie für die Erlaubnis und die anschließende Dauer der Untervermietung an eine 2. Untermieterin (Frau G.) und an einen 3. Untermieter (Herrn W.) an den Berufungskläger als Vermieter als angemessenen Zuschlag gemäß § 553 Abs. 2 BGB monatlich für jede genannte Person jeweils weitere 88,00 € zahlt.
Die Klägerin hat eine dementsprechende Erklärung nicht abgegeben. Da der Beklagte die Erlaubnis zu Untervermietung insoweit aber nach § 553 Abs. 2 BGB berechtigt von der genannten Erhöhung abhängig machen konnte, bestand ein Anspruch der Klägerin auf Erlaubniserteilung nicht.
Nach der übereinstimmend erklärten Erledigung der Hauptsache in diesem Umfang ist die Klägerin verpflichtet, die anteiligen Kosten des Verfahrens zu tragen.
5. Dem hier vertretenen Ergebnis haben beide Seiten verschiedene rechtliche Ansätze und Erwägungen entgegengesetzt. Da das Gesetz keine konkreteren Vorstellungen zu dem Verfahren und den Inhalten der Bemessung einer angemessenen Erhöhung der Miete nach § 553 BGB abbildet, erscheinen andere Ansätze zur Lösung der zahlreichen Einzelfragen auch diskutabel. Vorzugswürdig erscheinen sie dem hier zuständigen Gericht aber nicht:
a) Für die Höhe eines Untermietzuschlags hat das Landgericht Berlin (18 T 65/16) durch Beschluss vom 7.7.2016 angenommen, dass ein Mieter, der den ortsüblichen Mietzins zu entrichten habe, den Vermieter am Untermietzins zu beteiligen habe, und zwar in der Regel in einer Höhe von 20 % des Untermietzinses.
Dieser Ansatz erscheint zweifelhaft, weil das Gesetz in § 553 BGB mit dem oben eingehend erläuterten Kriterium einer für den Vermieter festzustellenden Unzumutbarkeit auf die Maßstäbe des Hauptmietverhältnisses verweist. Der Zuschlag nach § 553 Abs. 2 BGB soll geschuldet sein, um ein andernfalls eintretendes unzumutbares Missverhältnis im Hauptmietvertrag auszugleichen. Kein Anhaltspunkt findet sich im Gesetz aber dafür, dass anlässlich der Entstehung eines berechtigten Interesses an einer Untervermietung der aktuelle Gesamtnutzwert der Wohnung (also alle für die Nutzung der Räume insgesamt gezahlten Entgelte) neu bemessen und zwischen Vermieter und Mieter neu verteilt werden sollen. Das Gesetz geht davon aus, dass der Vermieter zwar die erforderlichen Informationen über die Person eines Untermieters zu beanspruchen hat, es ist aber nicht vorgesehen, dass der Vermieter des Hauptmietverhältnisses die Konditionen eines Untermietvertrages billigen oder auch nur kennen müsste. Nach der gesetzlichen Konstruktion in § 553 BGB sind die im Hauptmietverhältnis erforderlichen Veranlassungen in keiner Weise abhängig von den Inhalten des beabsichtigten Untermietverhältnisses. Eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Ertrages aus dem Untermietverhältnis oder auch nur eine Beteiligung daran entbehrt im Ausgangspunkt jeder gesetzlichen Grundlage.
Der so verstandene Mechanismus des § 553 Abs. 2 BGB könnte allerdings für widerspruchsfreie Lösungen die Existenz grundlegend funktionierender Märkte voraussetzen. In einem funktionierenden Wohnungsmarkt wird es z.B. kaum zu erwarten sein, dass in einem Untermietverhältnis für Teile einer Wohnung Nutzungsentgelte als Untermietzins realisiert werden, die den Mietzins bei weitem übersteigen, der im Hauptmietverhältnis für die gesamte Wohnung geschuldet wird. In einem besonders angespannten Wohnungsmarkt, wie er aktuell auch in Berlin vorliegt, erscheinen dagegen auch derartige Schieflagen denkbar. Dem Beklagten und Berufungskläger ist grundsätzlich durchaus zuzugeben, dass es dem Hauptmieter einer besonders großräumigen Wohnung nicht zugestanden werden muss, auf dem Umweg über zahlreiche Untermietverhältnisse vorrangig dem eigenen Gewinnstreben nachzugehen, indem er monatlich Überschüsse durch Einkünfte aus Untermietzinsen generiert, die so hoch sind, dass sie den Hauptmietzins vollständig abdecken oder gar wesentlich übersteigen. Wo solche Konstellationen konkret nachweisbar sind, wäre zu prüfen, ob Pflichten des Hauptmietvertrages verletzt oder spiegelbildliche Befugnisse überschritten werden, wenn der Mieter sich z.B. aus den Untermietverhältnissen Entgelte oberhalb der preisrechtlichen Zulässigkeit gewähren lässt. Nähere Festlegungen dazu sind vorliegend aber nicht veranlasst, weil eine derartige Konstellation im Falle der Klägerin weder schlüssig behauptet noch sonst ersichtlich ist.
b) Gegen die Ableitung der Angemessenheit eines Zuschlags aus dem ursprünglich geschlossenen Hauptmietvertrag spricht auch nicht der von der Klägerin angestellte Vergleich mit personellen Veränderungen auf Seiten der Mieter, die aus familiären Entwicklungen resultieren. Allerdings trifft es sachlich zu, dass nach der hier vertretenen Ansicht für neu in die Wohnung aufzunehmende Untermieter ein Zuschlag fällig werden kann, der beim Einzug eines nach Mietvertragsschluss hinzutretenden Ehegatten in die Wohnung oder bei der Geburt gemeinsamer Kinder im Verlauf eines Mietverhältnisses nicht im Raum steht. Die insoweit vorliegende Ungleichbehandlung stellt aber nach Auffassung des Gerichts keinen Widerspruch dar. Nachdem Ehe, Partnerschaft und Familie verfassungsrechtlichen Schutz genießen, erscheint es folgerichtig, die entsprechenden Entwicklungen in einem Wohnraummietverhältnis dahingehend zu privilegieren, dass dem Vermieter wegen der Entwicklungen in diesem engen Schutzbereich keine unmittelbare Einflussnahme auf die Verhältnisse im Mietvertrag gestattet ist. Er kann eine Erweiterung des zur engsten Familie gehörigen Personenkreises weder verhindern, noch kann er mit Blick auf die seit dem Vertragsschluss eingetretenen Abweichungen neue vertragliche Ansprüche durchsetzen.
Dieser Umstand spricht aber nicht dafür, auch außerhalb des besonderen Schutzbereichs von Ehe, Partnerschaft und Familie dem Vermieter Reaktionsmöglichkeiten auf personelle Veränderungen abzusprechen. Es trifft also für den konkreten zu entscheidenden Fall zwar zu, dass auf Seiten der Klägerin anstelle eines 2. und 3. Untermieters theoretisch auch ein 2. und 3. enger Familienangehöriger in die Wohnung aufzunehmen sein könnte, und zwar ohne dass dem Berufungskläger deswegen ein Anspruch auf eine angemessene Erhöhung des Mietzinses zuzubilligen wäre. Die Ungleichbehandlung dieses (hier eben konkret nicht vorliegenden) Falles mit der Aufnahme weiterer Untermieter resultiert aber schlicht daraus, dass für Personen aus dem engsten Familienkreis der Anwendungsbereich des § 553 Abs. 2 BGB nicht eröffnet ist; der engste familiäre Bereich des Mieters ist dem von ihm selbst ausgeübten Mietgebrauch zuzurechnen, so dass sich also Fragen einer Drittüberlassung bereits begrifflich nicht stellen. Wo diese familienrechtlich motivierte Privilegierung endet, und wo also der Anwendungsbereich der Vorschriften über die Untermiete beginnt, gibt es keinen überzeugenden Grund, personelle Verschiebungen gegenüber denjenigen Verhältnissen, die den geschlossenen Vertrag ursprünglich geprägt haben, zulasten des Vermieters generell unberücksichtigt zu lassen.
6. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 91a Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Berufung blieb insoweit erfolglos, als der Berufungskläger erstinstanzlich zur Genehmigung der Untervermietung an Frau H. verurteilt worden ist.
Im Übrigen, also bezüglich weiterer 2 Untermieter, war die Klage unbegründet, so dass die Verfahrenskosten im Umfang von 2/3 der Klägerin zur Last fallen.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Entscheidung liegt die Würdigung der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls zugrunde, insbesondere der konkret vereinbarten Inhalte des Mietvertrages. Eine Abweichung von tragenden Rechtssätzen höchstrichterlicher Entscheidungen erfolgt nicht.
Die weitere Entwicklung der Auffassungen zu den hier berührten Rechtsfragen kann und wird zunächst in der Rechtsprechung der Instanzgerichte erfolgen; eine dort bereits verfestigte Uneinheitlichkeit, die eine womöglich klärende Überprüfung offener praxisrelevanter Fragen nahelegt, ist derzeit nicht erkennbar.