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Mieterhöhung – Zuschlag für Schönheitsreparaturen als Teil der Nettomiete

AG Stuttgart – Az.: 35 C 5555/15 – Urteil vom 08.03.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 386,04 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Klägerin von dem Beklagten Zustimmung zu einer Mieterhöhung zu verlangen.

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte Mieterin einer Wohnung im Gebäude K.straße …, … S.. Die derzeitige Miete beträgt:

  • Mtl. Grundmiete: 489,23 €
  • mtl. VZ Betriebskosten: 90,00 €
  • mtl. Zuschlag Schönheitsreparaturen: 41,00 €
  • mtl. Miete insgesamt: 620,23,00 €

Die Wohnung hat eine Wohnfläche von 52,80 m². Die Wohnung ist in die Kategorie „Baujahr bis 1974“ einzuordnen. Mit Schreiben vom 11.6.2015 (Anl. K2) hat die Klägerin dei Beklagte um Zustimmung zur Mieterhöhung von bisher 620,23 € auf 652,40 € ab dem 1.9.2015 gebeten.

Die neue Miete sollte sich wie folgt zusammensetzen:

  • Mtl. Grundmiete: 521,40 €
  • mtl. VZ Betriebskosten: 90,00 €
  • mtl. Zuschlag Schönheitsreparaturen: 41,00 €
  • mtl. Miete insgesamt: 652,40 €

Die Beklagte hat einer Mieterhöhung nicht zugestimmt. Die Klägerin geht bei ihrem Mieterhöhungsverlangen von der vereinbarten Grundmiete als Nettomiete aus; der gesondert im Mietvertrag aufgeführte Zuschlag für Schönheitsreparaturen i.H.v. 41,00 € findet hierbei keine Berücksichtigung.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Zuschlag für Schönheitsreparaturen nicht Bestandteil der Nettomiete sei. Jedenfalls habe sich der Vermieter vorliegend zur Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter verpflichtet, so dass sie Nettomiete entsprechend niedriger sei. Die Klägerin behauptet weiter, dass die Wohnung eine Lage mit Vorteilen aufweist. Insofern sei eine ortsübliche Vergleichsmiete von 9,88 € pro Quadratmeter anzunehmen. Die begehrte Mieterhöhung auf eine monatliche Kaltmiete i.H.v. 521,40 € entspreche dabei der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Mieterhöhung für die von ihr angemietete Wohnung im Gebäude K.straße …, … S. seit 1.9.2015 auf monatlich netto 521,40 € zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung von 90,00 € und Schönheitsreparaturenumlage in Höhe von 41,00 € auf insgesamt monatlich 652,40 € (brutto) zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass bei der streitgegenständlichen Wohnung lediglich von einer durchschnittlichen Wohnlage auszugehen ist. Die Beklagte ist ferner der Auffassung, dass die als „monatliche Zulage Schönheitsreparatur“ deklarierte Position zu der monatlichen Grundmiete hinzuzurechnen ist. Daher sei im vorliegenden Fall eine derzeitige Nettokaltmiete von 530,23 € dem Mieterhöhungsverlangen zu Grunde zu legen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 16.02.2016 (Bl. 36ff. d.A) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr geforderte Mieterhöhung, da die Beklagte bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine höhere Miete bezahlt als selbst anhand der für die Klägern günstigsten Bedingungen (Lage mit Vorteilen) als Mittelwert der einschlägigen Mietspanne als ortsüblich anzusehen ist.

Das Gericht ist vorliegend der Auffassung, dass bei dem streitgegenständlichen Mieterhöhungsverlangen nicht von einer Grundmiete von 489,23 € auszugehen ist, sondern der gesondert vereinbarte Zuschlag für die Schönheitsreparaturen i.H.v. 41,00 € hinzuzurechnen ist. Insofern ergibt sich eine Grundmiete von 530,23 €, die der Beklagte derzeit bezahlt. Dies entspricht einem Quadratmeterpreis von 10,04 €.

Die Klägerin verlangt mit dem Mieterhöhungsverlangen eine Grundmiete von 521,40 €, was einem Quadratmeterpreis von 9,88 € entspricht.

Insofern liegt die derzeit von Beklagtenseite gezahlte Miete bereits jetzt über dem von der Klägerin veranschlagten Quadratmeterpreis i.H.v. 9,88 €, welchen die Klägerin als ortsüblich ansieht. Es kann daher im vorliegenden Fall dahinstehen, in welche Kategorie die streitgegenständliche Wohnung tatsächlich hinsichtlich der Lage einzuordnen ist. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der mit dem Mieterhöhungsverlangen begehrte Quadratmeterpreis mit 11,41 € aufgrund der notwendigen Addition des Schönheitsreparaturenzuschlags außerhalb der Spanne des Mietspiegels liegt, welche bei 10,50 € endet.

Entscheidend für den Fall ist vielmehr, dass nach Auffassung des Gerichts der im Mietvertrag gesondert vereinbarte Zuschlag für Schönheitsreparaturen i.H.v. 41,00 € bei der Bestimmung der ortsüblichen Nettomiete zu berücksichtigen ist. Jene Schönheitsreparaturen sind Bestandteil der Nettomiete.

Dies ergibt sich nach Auffassung des Gerichts aus der Struktur des Mietrechts, dem Sinn und Zweck des § 558 BGB sowie der Ausgestaltung des S. Mietspiegels.

1. Grundsätzlich ist der Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Mietsache dem Mieter zu überlassen und die Mietsache während der Dauer der Mietzeit instand zu halten. Es ist zwar möglich, dass der Vermieter die Pflicht zur Instandhaltung auf den Mieter überträgt. Die in einem solchen Fall vereinbarte Nettomiete fällt dann aller Wahrscheinlichkeit nach niedriger aus als in dem Fall, in dem der Vermieter die Schönheitsreparaturen selbst übernimmt. Wenn der Vermieter die Übernahme der Schönheitsreparaturen selbst übernimmt, muss es ihm zwar gestattet sein, dies bei der Miethöhe zu berücksichtigen. Wenn er daher einen Zuschlag für die eigene Durchführung der Schönheitsreparaturen vornimmt, ist dies nicht als unzulässig zu beanstanden. Allerdings bleibt die Vornahme der Schönheitsreparaturen dann auch in einem solchen Fall, in dem sich der Vermieter diese zusätzlich vergüten lässt, Hauptleistungspflicht des Vermieters, mit der Folge, dass die Vergütung für die Vornahme der Schönheitsreparaturen unter die Pflicht des Mieters zur Bezahlung der Miete gemäß § 535 Abs. 2 BGB fällt.

Dieser Zuschlag wirkt sich mithin – wie im umgekehrten Fall – auf die Höhe der Nettomiete aus. Nimmt der Mieter die Schönheitsreparaturen vor, so ist die Nettomiete im Regelfall niedriger. Nimmt der Vermieter die Schönheitsreparaturen vor, fällt sie im Regelfall höher aus. In beiden Fällen betrifft dies die Nettomiete.

Dem Vermieter bleibt es unbenommen, im Mietvertrag den Zuschlag für die Schönheitsreparaturen gesondert aufzuführen. Im Rahmen einer Mieterhöhung gemäß § 558 BGB, bei welcher es um die Frage geht, ob die verlangte Miete ortsüblich ist, ist dieser Schönheitsreparaturzuschlag bei der Prüfung zu berücksichtigen. Ansonsten könnte der Vermieter durch die vertragliche Ausgestaltung des Mietvertrages Kosten aus der Miete herausziehen, die dann bei der Prüfung unberücksichtigt bleiben würden. Dadurch würde das geltende Vergleichsmietensystem gemäß § 558 BGB unterlaufen, da eine Vergleichbarkeit nicht mehr möglich wäre (vgl. BGH Urteil vom 09.11.2011, VIII ZR 87/11)

2. Die Mietvertragsparteien können nicht durch die Vertragsgestaltung bestimmen, was unter den Begriff der Miete zählt und was davon unbeachtet als weiterer Kostenansatz zu erbringen ist.

Bei Schönheitsreparaturen handelt es um eine Kostenposition, die im Rahmen der Kalkulation der Grundmiete von Bedeutung ist. Daher muss bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete von der Grundmiete inklusive Schönheitsreparaturanteil ausgegangen und die Grundmiete inklusive dieses Schönheitsreparaturanteils erhöht werden (LG Wiesbaden, Urteil vom 15.03.2013 – 3 S 122/12 mit Bezug auf BGH, Urteil vom 09.11.2011, VIII ZR 87/11).

§ 558 BGB sieht ferner eine Mieterhöhung aufgrund eines Vergleichsmietensystems vor. Das bedeutet, dass bei der Bestimmung der Nettomiete Vergleichsmieten herangezogen werden müssen, die im vorliegenden Fall nach dem Mietspiegel der Stadt S. zu bestimmen sind. Eine Mieterhöhung gemäß § 558 BGB, die außerhalb und unabhängig von Vergleichsmieten vorgenommen wird, sieht das Gesetz nicht vor. Sinn und Zweck von § 558 BGB ist es, im Rahmen des Vergleichsmietensystems eine angemessene, am örtlichen Markt orientierter Miete zu erzielen (BGH, Urteil vom 09.11.2011 – VIII ZR 87/11, BGHZ 177, Seite 186).

Die Vergleichsmieten werden jedoch nicht unter Berücksichtigung der Kosten für die Vornahme von Schönheitsreparaturen erstellt, sondern nach Merkmalen wie Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einer Wohnung bemessen. Diese Merkmale stellen wohnwertbildende Merkmale dar, während der Zuschlag für Schönheitsreparaturen keinen unmittelbaren Bezug zum Gebrauchswert einer Wohnung darstellt, sondern ein Kostenelement ist. Das bedeutet, dass dieser Umstand bei der Bestimmung einer ortsüblichen Vergleichsmiete außer Betracht bleiben muss (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.2011, VIII ZR 87/11).

3. Der Mietspiegel der Stadt S. enthält nun keine Angaben darüber, ob die ermittelten ortsüblichen Nettomieten aus Mietverträgen stammen, in denen sich z.B. die Mieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet haben oder in denen sich der Vermieter die eigene Vornahme der Schönheitsreparaturen durch einen finanziellen Zuschlag ausgleichen lässt. Auf Seite 5 des Mietspiegels der Stadt S. 2015/2016 wird unter Punkt „Nettokaltmieten“ Folgendes erläutert:„ Unter der Nettokaltmiete versteht man das Entgelt für die Überlassung der Wohnung einschließlich des Mietausfallwagnisses, der Verwaltungskosten und der Aufwendungen für die Instandhaltung, ohne Möblierung und Küchenausstattung. Die Kosten für Schönheitsreparaturen und kleiner Instandhaltungen können nach vertraglicher Vereinbarung auch von den Mietern übernommen werden.“ Eine Aussage, wer Schönheitsreparaturen durchzuführen hat, ist diesbezüglich jedoch nicht getroffen. Anhand jener Beschreibung wird allerdings klargestellt, dass beide Fälle (Vermieter oder Mieter übernimmt Schönheitsreparaturen) vom Mietspiegel erfasst sind und auch sein sollen. Eine Aussage, welche der Mietvertragsparteien bei den ermittelten Nettomieten diese Kosten zu tragen hat, wird nicht vorgenommen. Die weitere Struktur des S. Mietspiegels, wonach eine Unterteilung in Baujahr, Wohnfläche, Ausstattung und Lage der Wohnung – nicht jedoch anhand der Frage, wer Schönheitsreparaturen vornimmt und die Kosten trägt – getroffen wird, stützt diese Auslegung.

4. Zwar mag der Klägerseite zugestanden werden, dass mittlerweile Schönheitsreparaturen im Mietvertrag wirksam auf den Mieter übertragen werden. Auch ist es wahrscheinlich, dass in einem solchen Fall die Nettomiete niedriger ausfällt als in den Fällen, in denen der Vermieter die Schönheitsreparaturen selbst vornimmt. Dass der Mietspiegel aber ausschließlich auf Mietverträgen beruht, in denen sich die Mieter zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet haben, ist – wie oben dargestellt – nicht der Fall.

Die Berücksichtigung des Zuschlags für die Schönheitsreparaturen bei der Bestimmung der ortsüblichen Nettomiete stellt keine Mietstrukturänderung dar. Dies deshalb, da der Zuschlag für Schönheitsreparaturen von Anfang an Bestandteil der Miete gem. § 535 Abs. 2 BGB ist, die gemäß § 558 BGB erhöht werden soll. Der Umstand der gesonderten Auszeichnung im Mietvertrag ändert daran nichts.

5. Da insofern der Zuschlag für Schönheitsreparaturen in der zu erhöhenden Nettomiete zu berücksichtigen ist, ist es nicht zulässig, die nach dem S. Mietspiegel ausgewiesene Vergleichsmieten um einen zusätzlichen Betrag in Höhe dieses Zuschlags zu erhöhen. Vielmehr ist er bei der Bestimmung der ortsüblichen Nettomiete zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass die von der Beklagten derzeit bezahlte Miete einschließlich Zuschlag für Schönheitsreparaturen mit 530,23 € über derjenigen Miete liegt, die anhand der von der Klägerin angenommenen tatsächlichen Merkmale der Wohnung unter Zugrundelegung des S. Mietspiegels ermittelt wurde.

6. Insofern war die Klage abzuweisen. Dies gilt vorliegend umso mehr als der von der Klägerin mit dem Mieterhöhungsverlangen verlangte Quadratmeterpreis aufgrund der notwendigen Addition des Schönheitsreparaturenzuschlags bei 11,41 € liegen würde und damit weit über dem oberen Wert des S. Mietspiegels (10,50 €), sofern man die Einordnung der Klägerin zugrundelegt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, den Schaden über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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