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Mieterhöhungsklage – Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete

AG Charlottenburg, Az.: 232 C 67/18, Urteil vom 27.09.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihr innegehaltene Wohnung im Hause … in … Berlin, Gartenhaus, Erdgeschoss Mitte links, von bisher 611,62 € um monatlich 91,74 € auf monatlich 703,36 € mit Wirkung ab dem 1.04.2018 zuzustimmen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Klägerin nicht zu vor 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert wird auf 1.100,88 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zustimmung zu einer Mieterhöhung von Wohnraum.

Die Beklagte ist aufgrund Mietvertrages vom 2.11.2002 mittlerweile Alleinmieterin, die Beklagte Vermieterin einer in der … in … Berlin gelegenen Wohnung. Das Gartenhaus, in dem sich die Wohnung befindet, wurde im Krieg völlig zerstört und im Jahr 1956 wieder aufgebaut. In dem Mietvertrag heißt unter § 1 Nr.1. bei der Aufführung der vermieteten Räume: u.a.: „2 Zimmer, 1 Bad mit Toilette, 1 Hobbyraum und Gartenanteil gern. Grundrissskizze zur Benutzung als Wohnung, Wohnfläche ca. 56,00 m2 + ca. 50 m2 Hobbyraum.“ Der Hobbyraum ist über die übrigen Wohnräume der Wohnung durch eine nach unten führende Treppe zugänglich und verfügt vermieterseits über ein Fenster, eine Heizung und einen Laminatboden. Mit Schreiben vom 19.01.2018 machte die für die Vermieterin tätige Hausverwaltung gegenüber der Beklagten ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB geltend unter Hinweis auf den Berliner Mietspiegel 2017 und das Mietspiegelfeld L 1. Mit dem Verlangen wurde um eine Zustimmung zu einer Mieterhöhung ab dem 1.04.2018 von bislang 611,62 € nettokalt um 91,74 € auf nunmehr 703,36 € monatlich gebeten. Die Nettokaltmiete betrug seit dem 1.01.2015 611,52 € monatlich. Bei dem Mieterhöhungsverlangen ging die Hausverwaltung unter Einberechnung des Hobbyraumes von einer Wohnfläche von 106,00 m2 aus. Hinsichtlich des weiteren Inhaltes wird auf das Mieterhöhungsverlangen vom 19.01.2018, Bl. 29 d.A., verwiesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete auch die im Mietvertrag als Hobbyraum bezeichnete Fläche hinzuzurechnen und somit von 106,00 m2 auszugehen sei. Die begehrte Mieterhöhung würde noch unter dem Unterwert des anzuwendenden Mietspiegelfeldes L 3 liegen, sodass eine Erhöhung bis zur Kappungsgrenze von 703,36 € gerechtfertigt sei. Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Klägerseite wird ausdrücklich auf die Schriftsätze verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihr innegehaltene Wohnung im Hause … in … Berlin, Gartenhaus, Erdgeschoss Mitte links, von bisher 611,62 € um monatlich 91,74 € auf monatlich 703,36 € mit Wirkung ab dem 1.04.2018 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Wohnfläche mit 81 m2 zu berechnen sei, sich zusammensetzend aus den 56,00 m2 für die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche und dem hälftigen Betrag von 50 m2 als dem für den Hobbyraum angegebenen Flächenbetrag. Unter Berücksichtigung der weiteren Wohnmerkmale und dem anzuwendenden Mietspiegelfeld I 1 sei davon auszugehen, dass die Beklagte bereits eine ortsübliche Vergleichsmiete zahle und somit nicht zur Zustimmung verpflichtet sei. Hinsichtlich der vorgetragenen Wohnwertmerkmale wird auf die Schriftsätze der Beklagten verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes verweist das Gericht auf Schriftsätze der Parteien nebst der eingereichten Anlagen.

Entscheidungsgründe

Mieterhöhungsklage - Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete
Symbolfoto: Natee Meepian/Bigstock

Auf die zulässige und begründete Klage hin war die Beklagte zu verurteilen, einer Mieterhöhung auf die ortsübliche und angemessene Vergleichsmiete auf insgesamt 703,36 € monatlich nettokalt zuzustimmen.

1. Das Mieterhöhungsverlangen vom 19.01.2018 ist form- und fristgerecht gem. § 558a BGB geltend gemacht worden.

Zwar ist festzustellen, dass in dem Mieterhöhungsverlangen als einschlägiges Mietspiegelfeld das Feld L 1 angegeben worden ist, während die Klagebegründung sich nunmehr auf das Feld L 3 bezieht. Die beiden Mietspiegelfelder haben gemein, dass sie Wohnräume von über 90 m2 in guter Wohnlage umfassen und unterscheiden sich darin, dass das Feld L 1 von einer Bezugsfertigkeit bis 1918 ausgeht, während das Feld L 3 von einer Bezugsfertigkeit 1950 – 1964 ausgeht. Nach der Rechtsprechung wird ein Mieterhöhungsverlangen nicht unwirksam, wenn der Vermieter versehentlich ein falsches Rasterfeld angekreuzt hat und der Mieter den Fehler ohne weiteres erkennen kann (LG Berlin in ZMR 1990, 20). Ergänzend hierzu hat der BGH (NJW 2008, 573) festgestellt, dass im Erhöhungsverlangen nur die genaue Angabe des nach Auffassung des Vermieters für die Wohnung einschlägigen Mietspiegelfeldes erforderlich ist, um den Mieter auf die im Mietspiegel für die Wohnung vorgesehene Spanne hinzuweisen. Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens soll dem Mieter die Möglichkeit geben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen, um überflüssige Prozesse zu vermeiden (BGH in NJW-RR 2006, 1599), wobei an die Begründung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ist hier von einem wirksamen Mieterhöhungsverlangen auszugehen, da der Vermieter darin unter Angabe des zu diesem Zeitpunkt von ihm für anwendbar erachteten Mietspiegelfeld dargelegt hat, warum er die begehrte Mieterhöhung für begründet erachtet. Für die Beklagte war es somit möglich, die Grundlagen des Mieterhöhungsverlangens zu überprüfen und die begehrte Zustimmung zu erwägen. Anhand der Angabe des Mietspiegelfeldes war es der Beklagten möglich, das betreffende Feld im Mietspiegel zu finden und zu prüfen, ob die von der Klägerin vorgenommene Einordnung der Wohnung zutrifft.

2. Die Klage ist auch gern. § 558 I BGB begründet.

Der Klägerseite ist zu folgen, dass bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete von einer Wohnfläche von 106,00 m2 auszugehen ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Mietvertrag und der zu berücksichtigenden Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche.

Im Mietvertrag selber ist bereits nicht eindeutig festgestellt, dass der Hobbyraum nicht als Wohnfläche zu betrachten ist: vielmehr ergibt sich aus der Angabe „Wohnfläche: ca. 56 m2 + 50 m2 Hobbyraum“, dass die Gesamtwohnfläche 106 m2 betragen soll, bestehend aus 56 m2 und weiteren 50 m2, die durch den Hobbyraum hinzukommen. Hierbei ist weiter zu beachten, dass es nach der Rechtsprechung des BGH bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete allein auf die tatsächliche Größe der vermieteten Wohnung ankommt (BGH in NJW 2016, 239), somit die Wohnflächenverordnung zu beachten ist. Nach § 2 der WoflV umfasst die Wohnfläche einer Wohnung die Grundflächen der Räume, die ausschließlich zu dieser Wohnung gehören. Gern. § 4 Nr.1 WoflV sind die Grundflächen von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens 2 Metern vollständig anzurechnen. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich des Hobbyraumes nach dem insoweit unstreitigen Vortrag der Parteien vor: der Hobbyraum gehört ausschließlich zu der Wohnung der Beklagten und genügt den Anforderungen des § 4 Nr.1 WoflV. Die Bezeichnung als „Hobbyraum“ klassifiziert diesen Raum nicht als eine Art Zubehörraum, da er aufgrund der Ausstattung ohne Weiteres als Wohnraum nutzbar ist und solch eine Nutzung auch nicht untersagt ist. Es ist deshalb nicht ansatzweise ersichtlich, dass der Hobbyraum einem Wintergarten oder Schwimmbad gern. § 2 II Nr.1 WoflV gleichzustellen sei, ferner ist der Hobbyraum auch kein Zuberhörraum gern. § 2 III WoflV, der hälftig oder zu einem Viertel anzurechnen wäre. Somit ist die Grundfläche des Hobbyraumes bei der Wohnfläche der Wohnung in vollem Umfang mit anzurechnen.

Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin ist eine Bezugsfertigkeit der Wohnung in der Zeitspanne von 1950 – 1964 anzunehmen, somit die Wohnung unter Beachtung des Straßenverzeichnisses des Berliner Mietspiegels mit der Einordnung „guter Wohnlage“ dem Mietspiegelfeld L 3 zuzuordnen. Bei dem Berliner Mietspiegel 2017 handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel gern. § 558d I BGB, sodass gern. § 558d III BGB zu vermuten ist, das die dort angegebenen Werte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Der Unterwert des Mietspiegelfeldes L3 ist mit 6,77 € / m2 angegeben, sodass die Mindestmiete bei 106 m2 717,62 € nettokalt monatlich beträgt. Die begehrte Mieterhöhung auf 703, 36 € nettokalt liegt somit noch unter dem Mindestwert, sodass es zur Berechtigung der geltend gemachten Miethöhe erst gar nicht auf irgendwelche Wohnwertmerkmale ankommt. Unter Beachtung der gern. § 558 III S.3 BGB für das Land Berlin zu beachtenden Kappungsgrenze von 15 % ist somit eine Mieterhöhung auf 703,36 € monatlich nettokalt gerechtfertigt, sich ergebend aus dem vor 3 Jahren zu zahlenden Mietbetrag von 611,62 € zzgl. 15 %.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

4. Der Streitwert war gern. § 41 V GKG auf 1.100,88 € festzusetzen, dem Jahresbetrag des geforderten Mieterhöhungsbetrages.

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