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Mieterhöhungsklage – formelle Voraussetzungen für Mieterhöhungsbegehren

AG Bielefeld – Az.: 411 C 206/18 – Urteil vom 06.02.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen die Vollstreckung Seitens des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Von der Klägerin mietete der Beklagte eine im 1. Obergeschoss gelegene 53,16 m² große Wohnung, in dem zwischen 1961 und 1977 errichtetem Haus T.-Weg in C. Der Beklagte baute eine Einbauküche ein und verlegte den Fußboden auf eigene Kosten. Seit dem 1.1.2015 schuldet der Beklagte der Klägerin eine monatliche Kaltmiete von 306 Euro. Mit Schreiben vom 25.7.2018 verlangte die M. Wohnen-Service GmbH von dem Beklagten unter Bezugnahme auf den Mietspiegel der Stadt C. die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 343,95 EUR ab dem 1.10.2018. In dem Schreiben erklärte die M. Wohnen-Service GmbH, dass sie als Vertreterin der M. Wohnen NRW GmbH auftrete und zwischen jener und der Klägerin ein Geschäftsbesorgungsvertrag bestehe. Wegen des Inhalts des Mieterhöhungsschreibens im Einzelnen wird auf das mit der Klageschrift vom 7.12.2018 in Kopie zu den Akten gereichte Schreiben verwiesen (Bl. 4-7 d. A.).

Mit der am 15.12.2018 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Erhöhung der Miete auf 6,47 EUR pro m² und mithin auf einen Gesamtbetrag von 343,95 EUR.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass eine Miete von 6,47 EUR pro m² dem Ortsüblichen entspreche. Mit Schriftsatz vom 4.2.2019 hat sie insoweit vorgetragen, dass die Wohnung überwiegend mit PVC-Boden, einer zeitgemäßen Elektroanlage sowie einer Gegensprechanlage ausgestattet und mit einem Balkon versehen sei und das Haus über eine Waschküche, einem Keller – sowie einem Trockenraum verfüge. Dass jeweils auf Grund von Geschäftsbesorgungsverträgen die M. Wohnen-Service GmbH als Vertreterin der M. Wohnen NRW GmbH und jene wiederum als Vertreterin der Klägerin die Mieterhöhung erklärt habe, sei dem Beklagten bereits deshalb bekannt gewesen, sei ihm doch auch unter diesen Vertretungsverhältnissen die Nebenkostenabrechnung für 2016 und 2017 erstellt worden.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung im Hause T.-Weg in C. im 1. Obergeschoss rechts von bisher monatlich 306,– EUR zzgl. Nebenkostenvorauszahlung wie bisher auf nunmehr monatlich 343,95 EUR netto zzgl. Nebenkostenvorauszahlung wie bisher mit Wirkung ab 1.10.2018 zuzustimmen.

Der Beklagte beantragt,  die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Mieterhöhung ohne Bestimmbarkeit des Vertreten und ohne hinreichende Begründung erklärt worden sei, seien doch keine Tatsachen für die nunmehr begehrte Miete vorgetragen worden. Ohnehin leiste er bereits eine Miete in ortsüblicher Höhe, handle es sich bei der von ihm bewohnten Wohnung doch allenfalls um eine Standard-Wohnung.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 6.2.2019 bat der Beklagten-Vertreter um Schriftsatzfrist hinsichtlich des Schriftsatzes vom 4.2.2019.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Gemäß § 558 Absatz 1 BGB sind die Beklagten nicht verpflichtet, ab dem 01.10.2018 eine erhöhte Miete zu leisten.

Die formellen Voraussetzungen für das Mieterhöhungsbegehren der Klägerin sind schon nicht erfüllt. Die Miete war allerdings im Oktober 2018 seit 15 Monaten unverändert, sie hat sich in den letzten drei Jahren um nicht mehr als 15 % erhöht und die Klage auf Erteilung der Zustimmung wurde auch innerhalb der Frist des § 558 b Absatz 2 Satz 2 BGB erhoben. Mit der gemäß § 558 a Absatz 1 BGB erforderlichen Begründung wurde das Erhöhungsverlangen aber nicht erklärt.

Weil das Begründungserfordernis dazu dient, dem Mieter die Informationen zu beschaffen, die er benötigt, damit er die Berechtigung der geltend gemachten Mieterhöhung prüfen kann, muss die Begründung dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung der Erhöhungsverlangens geben. Deshalb muss der Vermieter dem Mieter überprüfbare Tatsachen mitteilen und fehlt es daran nicht nur, wenn der Vermieter auf allgemeine Erfahrungssätze hinweist, sondern auch dann, beschränkt er sich auf die Darlegung des qualifizierten Mietspiegels. Denn vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks des gesetzlichen Begründungserfordernisses erfordert zwar die „Bezugnahme“ auf den Mietspiegel nicht dessen Beifügung, kann der Mieter die Werte des Mietspiegels kostenlos erhalten, was stets der Fall ist, wenn der Mietspiegel öffentlich kostenlos zugänglich ist, genügt aber die bloße Bezugnahme auf einen Mietspiegel auch nicht (vergleiche Börstinghaus, in Schmidt-Futterer Mietrecht, 11. Auflage, § 558 a Randzeichen 42; Schulz in Bub-Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Auflage, III A. Randzeichen 1231). Denn eine Begründung liegt nicht vor, wenn sich der Mieter die Argumente erst selbst, wenn auch aus einer begrenzten Menge, heraussuchen muss. Der Vermieter muss deshalb in seinem Erhöhungsverlangen konkret angeben, warum sich aus dem Mietspiegel ergibt, dass er mit seinem Erhöhungsverlangen die ortsübliche Miete nicht übersteigt. Das Begründungserfordernis nach § 558 a Absatz 1 BGB wird durch § 558 a Absatz 3 BGB für den Fall des Vorliegens eines qualifizierten Mietspiegels dahin konkretisiert, dass der Vermieter die Angaben, die ein qualifizierter Mietspiegel für die Wohnung enthält, die Miete im Erhöhungsverlangen in jedem Fall mitzuteilen hat, das heißt unabhängig davon, ob der Vermieter die Mieterhöhung auf diesen Mietspiegel oder auf ein anderes Begründungsmittel des § 558 a Absatz 2 BGB stützt. Weil die Bestimmung dazu dient, das Mieterhöhungsverlangen transparenter zu machen, hat der Vermieter zwingend die Angaben des qualifizierten Mietspiegels zur Wohnung in seinem Mieterhöhungsverlangen „stets“ mitzuteilen (BGB, Urteil vom 12.12.2007, VIII ZR 11/07). Des Weiteren hat der Vermieter anzugeben, wie die Wohnung in den Mietspiegel einzugruppieren ist. Je nach Gliederung des Mietspiegels müssen dann die entsprechenden Tatsachen vorgetragen werden, die eine eindeutige Zuordnung zulassen und dem Mieter gegebenenfalls auch eine Überprüfung ermöglichen. Ist der Mietspiegel wie jener der Stadt C. in Tabellenform aufgestellt, hat der Vermieter daher in dem Mieterhöhungsverlangen die Wohnung anhand der maßgebenden Unterscheidungskriterien des Mietspiegels so genau zu beschreiben, dass der Mieter die bestreffende Gruppe und Untergruppe des Mietspiegels auf Anhieb finden und daraus ablesen kann, ob das Verlangen des Vermieters berechtigt ist oder nicht (Emmerich, in Emmerich/Sonnenschein, Miete, Handkommentar, 9. Auflage, § 558 a, Randzeichen 15; Schulz aaO, Randzeichen 1233). Bedarf es auch keine Begründung für die Einordnung der Wohnung innerhalb des Spannungsfeldes und ist daher eine Bezugnahme auf den Oberwert innerhalb einer Spanne ohne weitere Begründung zulässig, so bedarf es doch – wie auch dem Grunde nach von der Klägerin so gesehen – einer Begründung für die Einordnung innerhalb eines bestimmten Mietspiegelfeldes (BGH, Urteil vom 12.12.2007, aaO; BGB, Urteil vom 11.03.2009 VIII ZR 316/07; LG Stuttgart, Urteil vom 10.12.2014, 13 S 114/14; Müko-Arzt, BGB, 6. Auflage, § 558 a, Randzeichen 18; Schulz, aaO, Randzeichen 1235). War daher von der Klägerin zur Wahrung des Begründungserfordernisses auch nicht darzulegen, wieso der Höchstbetrag von 6,47 EUR als ortsüblich angesehen wird so aber doch, warum mehr als der median, werden doch median und oberer Wert im Mietspiegel in unterschiedlichen Feldern ausgewiesen. Denn nur dann, wenn in dem Mieterhöhungsschreiben die Angaben angeführt sind, welche die entsprechende Anwendung des Mietspiegelfeldes ermöglicht, wird dem Mieter die mit der Begründung gebotene Möglichkeit der Überprüfung (vergleiche insoweit die Urteile des BGH vom 12.12.2007 und 11.03.2009) eröffnet. Darin liegt aber der Sinn und Zweck der Begründungspflicht, soll diese doch dem Mieter erste Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens geben, um während der Zustimmungsfrist des § 558 b Absatz 1 BGB informiert darüber entscheiden zu können, ob die Zustimmung erteilt werden soll (vergleiche nur beispielhaft: Bundesverfassungsgericht NJW 1980, Seiten 1617, 1618; BGH NZN 2003, Seiten 229, 229; BGH, Urteil vom 19.05.2010, VIII ZR 122/09; BGH, Urteil vom 03.02.2016, VIII ZR 69/15). Die bloße Benennung des oberen Wertes genügt da gerade nicht, wird dessen Anwendung im qualifizierten Mietspiegel nicht weitergehend bestimmt. Bezogen auf den qualifizierten Mietspiegel der Stadt C. bedeutet dies daher, wie es im Übrigen aufgrund der jahrelangen Erfahrung des Gerichts auch bei anderen Vermietern und deren Mieterhöhungsschreiben gehandhabt wird, dass in den Mieterhöhungsschreiben Tatsachen vorzutragen sind, wieso bei einer Einordnung der von der Mieterhöhung betreffenden Wohnung im Feld des oberen Wertes diese Wohnung über der einer Standartwohnung liegt und oder bezogen auf die  „Erläuterungen zu den Mietpreisspannen im Bielefelder Mietspiegel die Spanne im Sinne des Feldes des oberen Wertes auszufüllen ist. Denn während der qualifizierte Mietspiegel der Stadt C. für die Felder des median die Voraussetzungen für eine Einordnung der Wohnung unter diese Felder unter „Standardwohnung“ enthält und der Mieter daher bei einer Mieterhöhung im Bereich des median ohne weitere ihm vom Vermieter mitgeteilten Begründungselemente überprüfen kann, ob die Einordnung vom Vermieter zutreffend erfolgte, fehlt dies bei einer auf den oberen Wert gestützten Mieterhöhung bei der jegliche Angabe für eine Einordnung oberhalb einer Standartwohnung fehlen. Bei einer solchen Mieterhöhung ist die mit dem Begründungserfordernis intendierte eigene Überprüfungsmöglichkeit für den Mieter ausgeschossen. Nur die Mitteilung von Tatsachen, welche nach Ansicht des Vermieters die Mietwohnung als eine über dem Standard liegende einstufen lässt, lässt dem Mieter aber überhaupt erst die Prüfung zu, ob das Mieterhöhungsbegehren berechtigt ist oder nicht. Dem entsprechend hat im Übrigen der Vermieter bei den früheren qualifizierten Mietspiegeln der Stadt C., welche für eine Standartwohnung anders als der nun gültige Mietspiegel alternativ das Vorliegen verschiedener weiterer Ausstattungsmerkmale verlangte (so zum Beispiel der Mietspiegel der Stadt Bielefeld für 2009) zur ordnungsgemäßen Begründung seines Mieterhöhungsverlangens auch bei einem den median betreffenden Mieterhöhungsbegehrens die Wohnung anhand der maßgebenden Unterscheidungskriterien des Mietspiegels so genau zu beschreiben, dass der Mieter die betreffende Gruppe und Untergruppe des Mietspiegels auf Anhieb finden und daraus ablesen konnte, ob das Verlangen des Vermieters berechtigt war oder nicht, hatte der Vermieter also (nach dem alten Mietspiegel) konkret die betreffenden Ausstattungsmerkmale zu benennen, welche die Wohnung nach Ansicht des Vermieters als eine Standartwohnung qualifizierte.

Danach aber ist das Mieterhöhungsverlangen formell unzureichend. Anhand des Ausgeführten zwar nicht deshalb, weil neben der bloßen Bezugnahme auf den Mietspiegel dessen Bezugsmöglichkeit nicht weitergehend erläutert wurde aber deshalb, weil jeglicher Vortrag zur der Eingruppierung innerhalb der Baualtersklasse im Bereich „oberer Wert“ fehlt. Es fehlt an einem Tatsachenvortrag, anhand dessen von dem Beklagen nachvollzogen werden konnte, wieso die Eingruppierung des Mietspiegelfelds „oberer Wert“ erfolgte. Denn anhand welcher Ausstattungsmerkmale oder aufgrund welchen Erhaltungszustandes eine über dem Mittelwert liegende Miete geschuldet sein soll, lässt sich dem Mieterhöhungsschreiben vom 25.07.2018 nicht einmal ansatzweise entnehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nummer 11, 711 Satz 1 ZPO.

 

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