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Mieterhöhungsverlangen bei Abgabe der Erklärung durch juristische Person

LG Berlin – Az.: 63 S 177/12 – Urteil vom 27.11.2012

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. April 2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 107 C 268/11 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Berufung an das Amtsgericht Schöneberg zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatbestandlichen Feststellungen wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO.

II.

Die Berufung ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Rechtsstreit war unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO auf den Antrag der Klägerin an das Amtsgericht zurückzuweisen. Danach darf das Berufungsgericht die Sache unter Aufhebung des Urteils zurückzuverweisen, wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden worden ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die streitgegenständlichen Mieterhöhungsverlangen würden die Textform des § 558 a Abs. 1 BGB nicht wahren. Ein formunwirksames Mieterhöhungsverlangen hat gemäß § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB die Unzulässigkeit der Klage zur Folge (BGH, Urt. v. 12. Mai 2004 – VIII ZR 234/04, NJW-RR 2004, 1159 Tz. 13).

Bereits das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen vom 25. Januar 2011 ist aber formell ordnungsgemäß und die erhobene Zustimmungsklage im Ergebnis zulässig. Denn für die Wahrung der Textform des § 558 a Abs. 1 Satz BGB genügt die Angabe des Namens der juristischen Person; der Nennung der natürlichen Person, die die Erklärung abgefasst oder veranlasst hat, bedarf es hingegen nicht. Es wäre eine leere Förmelei, die Angabe des Namens der natürlichen Person zu verlangen, die das Schreiben unterzeichnet hätte, wenn nicht die Unterschrift wegen der vom Gesetz aus Gründen der Vereinfachung erlaubten Textform oder maschinellen Unterschrift entbehrlich wäre. Die erleichterte Form dient dem Zweck, den Rechtsverkehr in den Fällen zu vereinfachen, in denen eine Erklärung – etwa aus Informations- oder Dokumentationsgründen – zwar einer textlichen Niederlegung bedarf, aber die Einhaltung der strengeren Schriftform wegen des Erfordernisses der eigenen Unterschrift unangemessen verkehrserschwerend ist. Dies kommt insbesondere bei Vorgängen in Betracht, bei denen die Beweis- und Warnfunktion der Schriftform allenfalls geringe Bedeutung hat und bei denen keiner der Beteiligten und auch kein Dritter ein ernsthaftes Interesse an einer Fälschung der Erklärung haben kann (BGH, Urt. v. 7. Juli 2010 – VIII ZR 321/09, NJW 2010, 2945 Tz. 16). Das aber ist bei einem Mieterhöhungsverlangen, wie die Berufung zu Recht rügt, nicht der Fall.

Der formellen Wirksamkeit der Mieterhöhungserklärung steht es auch nicht entgegen, dass sich die streitgegenständliche Wohnung in einem Zweifamilienhaus befindet: Der Vermieter kann selbst zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens für ein Einfamilienhaus auf einen Mietspiegel, der keine Angaben zu Einfamilienhäusern enthält, jedenfalls dann Bezug nehmen, wenn die geforderte Miete – wie hier – innerhalb der Mietpreisspanne für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt (BGH, Urt. v. 17. September 2008 – VIII ZR 58/08, WuM 2008, 729 Tz. 12). Diese Erwägungen tragen erst recht, wenn es sich wie vorliegend um ein Mehrparteienhaus handelt.

Der Rechtsstreit war demnach – unter Aufhebung des Verfahrens – zur Sachentscheidung an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen, zumal sich das Amtsgericht darauf beschränkt hat, zur Formwirksamkeit der Mieterhöhungsverlangen Stellung zu nehmen. Eine Zurückverweisung der Sache ist hier nach pflichtgemäßem Ermessen sachdienlich und angebracht, da nicht ersichtlich ist, dass das Interesse der Parteien an einer schnelleren Erledigung gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz überwiegt (vgl. BGH, Urt. v. 5. Juli 2011 – II ZR 188/09, NJW-RR 2011, 1365 Tz. 7; Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 538 Rz. 7 m.w.N.). Hinzu tritt die fehlende Entscheidungsreife der Sache. Denn zwischen den Parteien ist die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete streitig. Dies gilt zum einen hinsichtlich der von der Klägerin ursprünglich mit 1,64 EUR/qm bezifferten Höhe der auf die streitgegenständliche Wohnung entfallenden kalten Betriebskosten, zum anderen hinsichtlich der Einordnung der Wohnung in die Orientierungshilfe des Berliner Mietspiegels 2011; insoweit sind nur die Merkmalgruppen 1 und 2 zwischen den Parteien unstreitig. Deshalb wäre aufgrund des widerstreitenden Vortrags der Parteien und der wechselseitigen Beweisantritte Beweis entweder durch Inaugenscheinnahme und/oder Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben. Diese Beweise werden nunmehr im ersten Rechtszug durch das Amtsgericht zu erheben sein.

Die auch im Falle der Aufhebung und Zurückverweisung zu treffende Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit (Heßler, a. a. O. Rz. 59) beruht auf den §§ 708 Nr. 10 S. 1, 713 ZPO.

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