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Mieterhöhungsverlangen bei Wohnflächenneuberechnung nach Balkonvergrößerung

AG Flensburg – Az.: 64 C 174/10 – Urteil vom 31.08.2011

Der Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Miete für die im S. Weg XX in XXXXX F., Erdgeschoss links, gelegene Wohnung, von bisher monatlich 395,00 € (zzgl. Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung) auf nunmehr monatlich 396,00€ (zzgl. Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung) mit Wirkung ab dem 01.11.2010 zuzustimmen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zustimmung zu einer Mieterhöhung.

Die Parteien sind über ein Mietverhältnis über die Wohnung im S. Weg XX, F., Erdgeschoss links, verbunden. Der Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit und stammt vom 04.08.2003. Es handelt sich hierbei um eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, bestehend aus 4 Zimmern, Küche, Bad, Flur, einem Kellerraum und einem Dachbodenanteil. Die Wohngegend ist überwiegend mit Mehrfamilienhäusern bebaut.

Gemäß Mietvertrag beträgt die Wohnungsgröße 82,27 m2. Anfang 2007 wurden die Balkone an dem Gebäude erweitert und erneuert. Der Beklagte zahlte bislang eine monatliche Nettokaltmiete von 395,00 €‚ dies seit Mietbeginn. Mit Schreiben vom 16.08.2010 verlangte die Klägerin von dem Beklagten bis zum 01.09.2010 die Zustimmung zur Zahlung einer erhöhten Nettokaltmiete in Höhe von 435,66 € mit Wirkung ab dem dritten Monat ab Zugang des Erhöhungsverlangens, das dem Beklagten am selben Tag per Boten zugestellt wurde. Es wurden dort drei Vergleichswohnungen angegeben, aus denen sich die geforderte Vergleichsmiete ergab. Diese Vergleichswohnungen waren nach Lage und Baujahr, insbesondere nach der äußeren Optik und dem technischen Zustand des Hauses mit der streitgegenständlichen Wohnung vergleichbar. Es handelte sich um Wohnungen im ersten bzw. zweiten Obergeschoss aus dem S. Weg XX und XX. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Erhöhungsverlangen vom 16.08.2010, BI. 27 f. d. A., verwiesen.

Der Beklagte widersprach diesem Erhöhungsverlangen.

Die Klägerin behauptet, auf Grund der Vergrößerung des Balkons habe die Wohnung des Beklagten jetzt eine Größe von 84,43 m2, sodass der neue Mietzins 5,16 € pro m2 betrage und daher ortsüblich sei.

Sie ist der Ansicht, die Fläche des Balkons sei auf Grund der besonderen Optik auch bei Anwendung der WoFIV nicht nur mit ¼, sondern mit ½ anzurechnen.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Miete für die im S. Weg XX in XXXXX F., Erdgeschoss links, gelegene Wohnung von bisher monatlich 395,00 € (zzgl. Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung) auf nunmehr monatlich 435,66 € (zzgl. Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung) mit Wirkung ab dem 01.11.2010 zuzustimmen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die Größe der Wohnung. Er ist insbesondere der Ansicht, dass der Balkon nur mit ¼ der Fläche anzurechnen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Größe der Wohnung und zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 25.02.2011, BI, 47 ff. d. A., die Ergänzung vom 15.04.2011, BI. 112f. d. A. sowie die Ergänzungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 11.08.2011, BI. 137ff. d. A., verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

I.

Das Mieterhöhungsverlangen ist gemäß §§ 558 a, 558 b BGB zulässig. Die Mieterhöhung ist ordnungsgemäß begehrt worden unter Angabe von drei Vergleichswohnungen. Die Kappungsgrenze ist hierbei nicht überschritten und die Frist zur Klageerhebung eingehalten worden. Die Zustimmung zur Mieterhöhung sollte bis spätestens zum 01.09.2010 erklärt werden. Die Klage ist am 26.10.2010 bei Gericht eingegangen, also innerhalb der Drei-Monats-Frist.

II.

Die Klägerin hat jedoch nur einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß § 558 BGB auf eine Miete von 396,00 € kalt, die sich aus einer ortsüblichen Vergleichsmiete von 4,90 EUR/qm bei 80,75 qm Wohnfläche ergibt.

Eine Erhöhung der Miete ist gemäß § 558 BGB nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete möglich. Diese beträgt vorliegend 4,90 € pro m2 dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen C. S.. Er hat dort nachvollziehbar die Bewertung der in Rede stehenden Wohnung dargestellt. In der schriftlichen ergänzenden Stellungnahme und der nachfolgenden mündlichen ergänzenden Stellungnahme hat er insoweit auch überzeugend erklärt, dass die bei dem Gebäude zwischenzeitlich durchgeführte Wärmedämmung keinen weiteren Einfluss auf die sich daraus ergebende ortsübliche Vergleichsmiete habe. Es sei zwar richtig, dass man dies als logische Folge annehmen würde. Die Praxis bestätige dies jedoch nicht. So könne er selbst als Immobilienmakler nicht feststellen, dass er wärmetechnisch neu gedämmte Gebäude zu einem höheren Kaltmietpreis vermieten könne als nicht gedämmte ältere Gebäude. Auch gäbe es keine wissenschaftlichen Abhandlungen oder Ähnliches, die eine derartige Preiserhöhung bestätigen würden. Es sei auch allgemein bekannt, dass durchgeführte Sanierungsmaßnahmen hinsichtlich der dadurch entstehenden Kosten seitens des Vermieters nicht durch höhere Mieten wieder hereinzuholen seien. Aus diesem Grund gäbe es ja auch die bundesweiten Fördermittel. Der Sachverständige hat insoweit auch darauf hingewiesen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete gerade nicht auf Neuvermietungen beruhen dürfe, sondern längerfristige Vermietungen hiermit zu vergleichen seien. Höhere Mieten, die jetzt bei Neuvermietungen oder aber nach Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 559 BGB erlangt werden, dürfen somit nicht als ortsüblicher Vergleich herangezogen werden.

Die dem Mieterhöhungsverlangen zugrunde zu legende Wohnfläche beträgt 80,75 m2. Auch dies folgt aus dem nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen C. S., der hierbei, gem. Vorgabe des Gerichts, den Balkon lediglich mit ¼ der Fläche berücksichtigt hat, hier 2,80 m2. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf BI. 59 d. A., BI. 13 d. Gutachtens, Bezug genommen.

Die Fläche des Balkons ist gemäß § 4 Nr. 4 der WoFlV vorliegend nur zu ¼ als Wohnfläche zu berücksichtigen. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass die Wohnfläche im Hinblick auf die Erneuerung des Balkons und die hier geltend gemachte Mieterhöhung neu zu berechnen war. Dies folgt hinsichtlich der Klägerseite bereits aus der im Vergleich zum Mietvertrag erhöhten angegebenen Quadratmeterzahl im Mieterhöhungsverlangen.

Vorliegend ist die WoFlV anzuwenden, da die bauliche Veränderung im Jahr 2007, also nach Einführung dieser Verordnung, durchgeführt worden ist und eine ausdrückliche Vereinbarung über die Art und Weise, wie der Balkon hinsichtlich der Wohnfläche berücksichtigt wird, nicht getroffen worden ist. In der Mangelung einer anderen Regelung ist die WoFlV auch bei vorliegend freifinanziertem Wohnraum anwendbar (s.a. AG Hamburg-Altona vom 17.11.2009, Schmidt/Fütterer, Mietrecht, 10. Aufl., nach § 556 a, Rn. 19).

Nach § 4 Nr. 4 WoFlV sind Balkone, im Gegensatz zu § 44 Abs. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung, in der Regel zu ¼, höchstens zur Hälfte auf die Wohnfläche anzurechnen. Früher war dagegen die Hälfte die Regel. Nach der neuen Verordnung sind Balkone somit nur in Ausnahmefällen zur Hälfte auf die Wohnfläche anzurechnen. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Es kann zum Einen eine Berücksichtigung des Balkons zur Hälfte möglich sein, wenn andernfalls der Vermieter aus Akzeptanz- und Gleichbehandlungsgesichtspunkten gezwungen wäre, auch bei anderen Mietern, bei deren Wohnung der Balkon zur Hälfte berücksichtigt wird, eine Neuberechnung vorzunehmen und dies zu unangemessenen wirtschaftlichen Belastungen des Vermieters führen würde. Insoweit hat die Klägerin jedoch nichts vorgetragen. Weiterhin können Balkone, die auf Grund ihrer Lage und Ausstattung im Vergleich zu „normalen“ Balkonen einen sehr hohen Wohnwert besitzen, zur Hälfte bei der Wohnfläche berücksichtigt werden (s. AG Hamburg-Altona, AAO; s. Grundmann, NJW 2003, 5. 3745, 3748). Auch ein solcher Sonderfall liegt hier entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor. Zum Einen ist schon zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber bewusst die Art der Berechnung von z. B. Wintergärten und Balkonen unterschiedlich geregelt hat. Wintergärten, die einen erheblich höheren Nutzungswert haben als Balkone, sind in der Regel mit 1/2 anzusetzen. Dem gegenüber handelt es sich vorliegend um einen Balkon in Norddeutschland im Erdgeschoss. Zwar ist er überdacht, aber dennoch in der hiesigen Region aufgrund der Witterungsbedingungen nur eingeschränkt nutzbar. Selbst die Südlage führt nicht dazu, dass ein solcher Balkon in der überwiegenden Zeit genutzt werden könnte. Auch hat der vorliegende Balkon, der zwar optisch ansprechend gestaltet ist, keine bevorzugte Lage. Er befindet sich im Erdgeschoss und hat direkt gegenüber Parkplätze sowie die Straße nicht weit ab. Er ist insoweit voll einsehbar von den vorbeigehenden Leuten. Auch der Blick auf Straße und Parkplatz ist nicht als besonders einzustufen. Der Balkon ist somit trotz eigener optischer positiver Gestaltung nicht als etwas so Besonderes anzusehen, dass sein Wert hinsichtlich des Nutzungswertes durch Vergrößerung der Wohnfläche zu erhöhen wäre. Die optisch angenehme Gestaltung ist bereits beim Wohnwert im Hinblick auf die ortsübliche Vergleichsmiete als positiv und wohnwerterhöhend berücksichtigt worden. Eine weitere Erhöhung des Wohnwertes durch Vergrößerung der Wohnfläche wäre zu viel. Eine solche doppelte Wertung wäre z. B. bei einem Blick in einen Park oder Ähnlichem möglich, ggf. bei einem Balkon in einer höheren Etage, der weniger einsehbar ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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