AG Wedding, Az.: 20 C 298/16, Urteil vom 13.12.2016
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihm innegehaltene Wohnung im Hause … Erdgeschoss links (sowie mit Wendeltreppe verbundenen Untergeschoss) von bisher monatlich 778,50 € und monatlich 115,59 € auf monatlich 894,09 € mit Wirkung ab dem 01.08.2016 zuzustimmen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Vermieterin, der Beklagte ist Mieter der im Tenor genannten Wohnung, die im Jahr 1984 bezugsfertig wurde. Dem Mietverhältnis zugrunde liegt ein Mietvertrag vom 17.11.1983 mit einer Voreigentümerin der Klägerin. Das Wohngebäude wurde im steuerbegünstigten Wohnungsbau errichtet gefördert. Die öffentliche Förderung ist seit längerem ausgelaufen. Es erfolgte die Aufteilung des Hausgrundstücks in Wohnungseigentum.
In § 1 des Mietvertrages wurden als Mietobjekt die Wohnung Nr.1 mit einer Größe von 89,98 m² “sowie Hobbyraum 1 und 2 mit 66,77 m²” aufgeführt. In § 4 des Vertrages wurde als Miete 989,78 DM nebst “Miete für Hobbyraum” mit 400,52 DM vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietvertrages wird auf Bl. 11-21 d.A. sowie wegen der Raumaufteilung auf die Grundrisspläne Bl. 24 d.A. Bezug genommen.
Der Beklagte zahlte zuletzt eine Miete von insgesamt 1.080,50 €, wovon nach dem Schreiben der von der Klägerin beauftragten Hausverwaltung vom 25.11.2014, wegen dessen Einzelheiten auf Bl.37, 38 d.A. verwiesen wird, 591,79 € auf die Miete Wohnraum, 186,74 € auf die Miete Hobbyraum und 154,00 € sowie 148,00 € auf die Nebenkostenvorauszahlungen entfielen.
Mit Schreiben vom 19.5.2016, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 25,26 d.A. verwiesen wird, forderte die Klägerin die Zustimmung zu einer Mieterhöhung von 778,50 € auf 894,09 € zum 1.8.2016 unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel 2015.
Die Wohnung liegt in mittlerer Wohnlage und verfügt über eine Sammelheizung, ein Wannenbad und eine gesonderte Dusche im Untergeschoss. Die Hobbyräume im Untergeschoss haben eine Rumhöhe von jedenfalls 2 Metern, verfügen über Fenster und sind beheizbar. Zur Wohnung gehört eine über 4m² große Terrasse. Ferner sind Rolläden, überwiegend unter Putz verlegte Heizungsrohre und Isolierglasfenster vorhanden.
Das Wohnumfeld ist gestaltet durch Baumbestand, Einfassungsmauern, Ruhebänken und einem Kinderspielplatz. Die Müllstandfläche ist gepflegt. Es handelt sich um eine Anlage von villenartigen Mehrfamilienhäusern.
Die Klägerin trägt vor: Die ortsübliche Miete sei unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gesamtfläche von 156,75 m² zu ermitteln. Die Räume im Unterschoss seien zu Wohnzwecken, insbesondere als Gästezimmer geeignet und würden tatsächlich auch so genutzt. Wie sich aus den Fotos Bl.58, 59 d.A. ergebe, seien sie wohnlich eingerichtet. Es handele sich um ein einheitliches Wohnraummietverhältnis, so dass auch eine Mieterhöhung nur einheitlich erfolgen könne.
Sie beantragt mit der am 19.9.2016 zugestellten Klage, wie erkannt.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor: Die Hobbyräume seien bauordnungsrechtlich nicht als Wohnräume zugelassen. Er könne sich als Erstmieter daran erinnern, dass in den damaligen Bauplänen die Räume im Unterschoss das entsprechende Zeichen “U” aufgewiesen hätten. Auch die damalige Förderung, die nur für die Errichtung von Wohnraum gewährt worden sei, habe sich allein auf die Räume im Erdgeschoss bezogen. Die 18,45 m² und 10,88 m² großen Räume im Unterschoss seien nicht ausreichend belichtet, um bauordnungsrechtlich als Wohnraum genutzt werden zu dürfen. Die gesamten auf dem von der Klägerin eingereichten Grundriss aufgeführten Räume im Unterschoss seien die im Mietvertrag so genannten Hobbyräume. Zwei der von der Klägerin eingereichten Fotos zeigten zudem Räume im Erdgeschoss.
Die wohnwerterhöhenden Merkmale seien irrelevant, da sie bei Errichtung der Wohnanlage im geförderten Wohnungsneubau Standard gewesen seien vom Bauherrn hätten nachgewiesen werden müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klagefrist gem. § 558b Abs. 2 S. 2 BGB gewahrt.
Die Klage ist auch begründet. Der Beklagte schuldet gem. § 558 Abs. 1 BGB die Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung, weil hierdurch die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschritten wird.
Ausgangspunkt für das Erhöhungsverlangen ist dabei die insgesamt vom Beklagten zu zahlende Miete von 778,50 €, weil es sich um ein einheitliches Wohnraummietverhältnis handelt, das sowohl Räume im Erdgeschoss als auch solche im Unterschoss umfasst . Die im Mietvertrag enthaltenen Aufteilung der Mietbestandteile beruhte auch nach den Angaben des Beklagten offenbar allein darauf, dass der damalige Bauherr eine Steuerbegünstigung in Anspruch genommen hat, die die Einbeziehung der im Unterschoss gelegenen Räume nicht zuließ, so dass diese gesondert in den Vertrag aufgenommen wurden.
Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist das Feld K5 des Berliner Mietspiegels 2015 zugrunde zu legen, weil die Wohnungsgröße jedenfalls über 90 m² liegt.
Denn auch die Räume im Unterschoss sind bei der Bestimmung der Wohnfläche einzubeziehen. Im Rahmen einer Mieterhöhung gem. §§ 558 ff BGB kommt es allein auf die tatsächliche Größe der vermieteten Wohnung an, während etwaige abweichende Größenangaben im Mietvertrag nicht beachtlich sind (BGH – VIII 266/14 – GE 2016,49,50f).
Die tatsächliche Größe einer Wohnung wird üblicherweise auch außerhalb des öffentlich geförderten Wohnungsbaus mit Hilfe der Wohnflächenverordnung (WoFlV) ermittelt. Nach § 2 Abs. 2 WoflV gehören auch Wintergärten, Schwimmbäder und ähnliche nach alle Seiten geschlossenen Räume zur Wohnfläche.
Unstreitig handelt es sich bei den 66,77 m² großen Hobbyräumen nicht um Zubehörräume i.S.d. § 2 Abs. 3 WoFlV (Kellerraum o.ä.), die nicht als Wohnfläche zählen würden. Die Hobbyräume weisen weiterhin eine lichte Höhe von mindestens zwei Metern auf und sind beheizbar, was grundsätzlich dafür spricht, sie mit ihrer vollen Fläche zur Wohnfläche zu rechnen, § 4 Nr. 1 WoFlV. Ob die von der Klägerin eingereichten Fotos, die wohnlich gestaltete Räume zeigen, sämtlich die Unterschossräume zeigen, kann dahinstehen. Denn auch der Beklagte stellt letztlich nicht in Abrede, dass die Räume im Unterschoss wohnlich eingerichtet sind und entsprechend genutzt werden können. Mit welcher Frequenz dies geschieht, ist unerheblich.
Es kommt entgegen der Auffassung des Beklagten für Bemessung der Wohnfläche nicht darauf an, ob die Räume im Unterschoss bei der Art der Finanzierung nicht als Wohnraum angesehen wurden (BGH a.a.O., S. 50). Auch ist es nicht entscheidend, ob die Räume damals bauordnungsrechtlich als nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet eingestuft wurden und deshalb das Kennzeichen “U” in den Bauplänen vorhanden gewesen ist. Denn wie sich aus der WoflV ergibt, sind bei der Ermittlung der Wohnfläche durchaus auch solche Flächen – ggf. nur mit einem Bruchteil – zu berücksichtigen, die nicht für den dauerhaften Aufenthalt geeignet sind, wie z.B. Schwimmbäder oder Dachgärten – letztere nur mit eine Viertel -.
Dass diese Sichtweise auch bei der Ermittlung der ortsübliche Miete zutreffend ist, ist nachvollziehbar, weil auch derartige Räume oder Außenbereiche den Marktwert – positiv – beeinflussen.
Letztlich kann vorliegend auch dahinstehen, ob mangels ausreichender Belichtung von zwei Räumen im Unterschoss diese etwa nur mit einer abweichende Fläche zu berücksichtigen sind und ob sämtliche vier Räume im Unterschoss die im Mietvertrag als Hobbyraum 1 und 2 bezeichneten Räume umfassen, wofür allerdings die angegebene m²-Größe spräche. Denn selbst wenn die Räume im Unterschoss nur mit ½ ihrer Fläche (33,38 m²) anzusetzen wären, wäre die begehrte Mieterhöhung gerechtfertigt.
Denn in den Merkmalgruppen 1, 3 und 5 überwiegen die wohnwerterhöhenden Merkmale. In der Merkmalgruppe 1 ist jedenfalls eine große Terrasse vorhanden und verfügt die Wohnung über Rolläden. In der Merkmalgruppe 3 gibt es aufgrund der Dusche im Unterschoss eine von der Badewanne im Bad im Erdgeschoss getrennte Dusche als Positivmerkmal. In der Merkmalgruppe 5 liegt aufgrund der unstreitigen Gestaltung des Grünfläche nebst Ruhebänken und Kinderspielplatz ein aufwendig gestaltetes Wohnumfeld vor. Zudem liegt die Wohnung in einer Anlage von villenartigen Mehrfamilienhäusern.
Diese Merkmale sind nach dem Mitspiegel wohnwerterhöhend zu berücksichtigen. Dass sie möglicherweise für die Gewährung der Förderung bei Errichtung des Hauses zwingend zu schaffen waren, ändert daran nichts. Denn ihr Vorhandensein führt zu einer Steigerung der am Markt zu erzielenden Miete und hat deshalb Eingang in die Merkmalgruppen des Mietspiegels gefunden.
Bei Zugrundelegung der Gesamtfläche von Erdgeschoss und Untergeschoss mit 156,75 m² beliefe sich die von der Klägerin geforderte Miete auf 5,70 €/m² und läge damit noch unterhalb des Unterwertes des Feldes K5 von 5,71 €/m², so dass die begehrte miete auf jeden Fall berechtigt wäre.
Dies wäre jedoch auch bei Annahme einer Wohnfläche von 123,36 m² der Fall, da sich dann eine geforderte m²-Miete von 7,25 €/m² ergäbe. Diese wäre aufgrund des vorzunehmenden Zuschlages zum Mittelwert aufgrund der wohnwerterhöhenden Merkmale von 60% der Spanne zwischen Mittelwert (6,69 €/m²) und Oberwert (8,18 €/m²) des Feldes K5, also von 0,89 €/m² (insgesamt 7,58 €/m²) ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.
Der Schriftsatz des Beklagten vom 14.12.2016 ging nach Schluss der mündlichen Verhandlung ein und konnte bei der sogleich am Schluss der Sitzung gefällten Entscheidung nicht mehr berücksichtigt werden, § 296a ZPO.