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Mieterhöhungsverlangen – Bezugnahme auf Vergleichswohnungen

LG Zwickau – Az.: 6 S 132/11 – Urteil vom 13.03.2012

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Amtsgerichts Zwickau vom 27.07.2011 (Az.: 23 C 1946/10) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 181,20 €.

Gründe

I.

Wegen des Sachverhaltes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Sie kann weder darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung, § 546 ZPO, beruhe, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

Zu Recht hat der Amtsrichter die auf eine Zustimmung der Beklagten zur Mieterhöhung abzielende Klage bereits wegen formeller Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens abgewiesen.

Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB ist durch den Vermieter zu begründen (§ 558 a Abs. 1 BGB).

Vor dem Hintergrund des Grundrechtes des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (Eigentumsrecht) dürfen die Anforderungen an diese Formalie einerseits nicht überspannt werden; andererseits darf der Begründungszwang auch nicht durch zu geringe Anforderungen zum sinnentleerten Selbstzweck verkommen.

Dabei muss sich die Auslegung der formalen gesetzlichen Vorgabe am Gesetzeszweck orientieren: Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens muss immer dem Ziel dienen, den Anspruch des Vermieters, soweit er materiell begründet ist, möglichst ohne gerichtliche Auseinandersetzung durchzusetzen (Schmidt/Futterer, Mietrecht, 10. Auflage, Rdnr. 22 zu § 558 a BGB). Die Begründung soll dem Mieter die Möglichkeit geben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen, um überflüssige Prozesse zu vermeiden (Palandt, BGB, 70. Auflage, Rdnr. 7 zu § 558 a). Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens muss mithin seinem Inhalt nach ernsthaft geeignet sein, diesen Zweck zu erfüllen.

Besonders problematisch ist dies, wenn zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens Bezug genommen wird auf entsprechende Entgelte für (mindestens) 3 einzelne „vergleichbare“ Wohnungen (§ 558 a Abs. 2 Nr. 4 BGB).

Das Gesetz verlangt hier nur, dass die Wohnungen „vergleichbar“ und nicht „entsprechend“ oder „identisch“ sein müssen (Schmidt/Futterer, a. a. O., Rdnr. 109 zu § 558 a mit weiteren Nennungen). Die Vergleichbarkeit muss auch nicht hinsichtlich aller 5 Wohnwertmerkmale des § 558 BGB gegeben sein, erforderlich ist vielmehr eine Gesamtschau (a. a. O.). Die Vergleichswohnungen müssen also nur ungefähr vergleichbar sein (Palandt, a. a. O., Rdnr. 11 zu § 558 a), zumal mit einer Bestätigung der formalen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens (ausreichende Begründung) noch nicht viel darüber ausgesagt ist, ob materiell-rechtlich (§ 558 BGB) die Mieterhöhung berechtigt ist, die verlangte höhere Miete also der ortsüblichen Vergleichsmiete entspricht.

Haben die benannten Vergleichswohnungen aber auf den ersten Blick nichts mit der Wohnung des Mieters zu tun, sind sie als Vergleichswohnungen ungeeignet (Schmidt/Futterer, a. a. O.). Besondere Anforderungen sind dabei an das Begründungserfordernis zu stellen, wenn die Wohnung des Mieters eine dem Vermieter bekannte und ins Auge fallende Besonderheit aufweist, die einen maßgeblichen wertbildenden Faktor darstellt und wenn wegen dieser Besonderheit bei dem Mieter berechtigte Zweifel darüber entstehen, ob die vom Vermieter benannten Vergleichswohnungen tatsächlich vergleichbar sind (Schmidt/Futterer, a. a. O., Rdnr. 136 zu § 558 a BGB).

So liegt der Fall hier. Als Bad weist die Wohnung der Beklagten einen umgebauten Teil der Küche auf, der aber nicht mit einer eigenen Tür ausgestattet ist (vgl. AG Berlin-Mitte, GE 2009, 911; Schmidt/Futterer, a. a. O., Rdnr. 76 zu § 558). Die beengte Toilette hat kein eigenes Waschbecken. Hinzu kommt, dass die Wohnung in einem Hinterhaus liegt, das nicht direkt mit dem Pkw zu erreichen ist.

Mit Blick auf die große Bedeutung der Wohnwertmerkmale „Lage“ sowie „Ausstattung“ für den Gesamtwohnwert (Schmidt/Futterer, a. a. O., Rdnr. 98 zu § 558) sieht die Kammer hierin maßgebliche wertbildende Faktoren, so dass Zweifel der Mieterin an der Vergleichbarkeit gerechtfertigt waren und bleiben.

Der Vermieter war (bzw. ist für zukünftige Mieterhöhungsverlangen unter Verweis auf die drei Vergleichswohnungen) daher verpflichtet, zusätzlich zu den im Allgemeinen ausreichenden notwendigen Angaben über die Vergleichsobjekte der Mieterin auch eine schriftliche Erläuterung zu geben, in welcher Weise die Besonderheit ihrer Wohnung im Vergleich zu den Vergleichsobjekten berücksichtigt worden ist (Schmidt/Futterer, a. a. O., Rdnr. 136 zu § 558 a BGB). Dies ist bislang nicht geschehen, zumal die Klägerin die Art von Bad und Toilette in der Wohnung der Beklagten nicht als ins Auge fallende Besonderheit anerkennt.

Nach alledem war die Berufung mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO zu Lasten der Klägerin ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 1, 711, 713 ZPO.

Da die Rechtssache überdies keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern, war die Revision nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

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