AG Charlottenburg – Az.: 204 C 267/13 – Urteil vom 07.05.2014
1. Die Beklagten werden verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die im Hause … gelegene Wohnung von bisher 1.292,48 € um monatlich 193,87 € auf monatlich 1.486,35 € mit Wirkung ab dem 01.11.2013 zuzustimmen.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind Mieter der streitgegenständlichen Wohnung (200,50 qm, Mietspiegelfeld L1). Vermieter war laut Mietvertrag vom 07.05.2001 der Kläger zu 1. Die aktuelle monatliche Nettokaltmiete beträgt 1.292,48 € (6,45 €/qm).
Mit Schreiben vom 30.08.2013 verlangten die Kläger von den Beklagten die Zustimmung zur Mieterhöhung zum 01.11.2013 auf monatlich 1.486,35 € nettokalt (7,41 €/qm).
Die Kläger tragen vor:
Im Jahr 2007 habe der Kläger zu 1. Miteigentumsanteile an die Kläger zu 2. und 3. veräußert. Dies sei am 15.05.2008 im Grundbuch eingetragen worden.
Die Merkmalgruppe 1 sei positiv einzustufen, weil es ein zweites Bad in der Wohnung gebe. Die Merkmalgruppe 2 sei neutral. Die Merkmalgruppe 3, 4 und 5 seien positiv zu bewerten, weil die wohnwerterhöhenden Merkmale überwögen. Weiterhin liege das Sondermerkmal „hochwertiger Bodenbelag“ vor.
Die Kläger beantragen, wie erkannt.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie tragen vor: Die Veräußerung von Miteigentumsanteilen an die Kläger zu 2. und 3. werde mit Nichtwissen bestritten. Die Mieterhöhungserklärung sei formell unwirksam, weil sie keine Erläuterung, Erklärung oder Begründung enthalte. Der Vormieter habe im Bereich „Flur, Kammer, Speisekammer“ auf eigene Kosten Umbauarbeiten durchgeführt, das WC verändert, neu verfliest und neue Sanitäreinrichtungen eingebracht. Auch die Küche sei durch den Vormieter neu installiert worden. Die Beklagten hätten diese Einrichtungen und Umbauten für einen fünfstelligen DM-Betrag übernommen. Die Beklagten selbst hätten das zweite WC auf ihre Kosten umgebaut und modernisiert.
Hinsichtlich des Personenaufzugs in der Merkmalgruppe 4 sei darauf zu verwiesen, dass dieser häufig defekt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet, weil die Kläger gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß § 558 BGB haben.
Denn die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem Berliner Mietspiegel 2013 für die streitgegenständliche Wohnung, die sich auf 7,54 €/qm beläuft, wird nach der verlangten Mieterhöhung nicht überschritten. Die Saldoberechnung für die Merkmalgruppen ergibt +80 % (Zuschlag von 1,52 €/qm auf den Mittelwert von 5,77 €/qm). Weiterhin ist ein Zuschlag von 0,25 €/qm für ein Sondermerkmal zu addieren.
1. Zunächst ist davon auszugehen, dass die Kläger aktivlegitimiert sind.
Die Kläger haben eine Kopie des Grundbuchauszugs vorgelegt, aus der sich ergibt, dass auch die Kläger zu 1. und 2. im Grundbuch als Miteigentümer eingetragen sind. Dies ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts ausreichend, um die Aktivlegitimation aller Kläger anzuerkennen, zumal die Beklagten keine konkreten Umstände vortragen, die gegen die Authentizität der Kopie sprechen oder die Aktivlegitimation aller Kläger aus anderen Gründen zweifelhaft erscheinen ließen.
2. Weiterhin ist das Mieterhöhungsverlangen vom 30.08.2013 formell ordnungsgemäß.
Nimmt der Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens auf einen qualifizierten Mietspiegel Bezug, so hat er die Angaben des Mietspiegels zur Wohnung, auf die er sein Erhöhungsverlangen stützt, dem Mieter mitzuteilen. Enthält der Mietspiegel ein Raster von Feldern, in denen für Wohnungen einer bestimmten Kategorie jeweils eine bestimmte Mietspanne ausgewiesen ist, so ist in dem Erhöhungsverlangen nur die genaue Angabe des – nach Auffassung des Vermieters – für die Wohnung einschlägigen Mietspiegelfeldes erforderlich, um den Mieter (auch) auf die im Mietspiegel für die Wohnung vorgesehene Spanne hinzuweisen (BGH, Urteil vom 12.12.2007, VIII ZR 11/07).
Diesen formellen Anforderungen an die Begründung entspricht das Mieterhöhungsverlangen vom 30.08.2013.
3. Schließlich liegt die von den Klägern verlangte Miethöhe von 7,41 €/qm nettokalt nicht über der ortsüblichen Vergleichsmiete des Berliner Mietspiegels 2013.
a) Die Merkmalgruppe 1 ist positiv einzustufen, weil davon auszugehen ist, dass es ein zweites WC in der Wohnung gibt.
Soweit die Beklagten vortragen, die Vormieter hätten im Badbereich Eigenleistungen ohne Kostenbeteiligung der Vermieterseite erbracht, ist dies nicht zu berücksichtigen. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagten den Vormietern insoweit eine Abstandssumme gezahlt haben.
Entfernt der Mieter Ausstattungsgegenstände der Wohnung und ersetzt sie durch eigene, so ist die Wohnung hinsichtlich der Ausstattung so zu vergleichen, als wären die ursprünglich vom Vermieter gestellten Ausstattungsgegenstände noch vorhanden. Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, die Dinge seien nicht in Ordnung gewesen. Diese Fragen sind allgemein-mietrechtlich zu lösen (Kinne/Bieber/Schach, Miet- und Mietprozessrecht, 7. Auflage, § 558, Rn. 25).
Es ist unstreitig, dass es in der Wohnung – auch vor der etwaigen Durchführung von Eigenleistungen durch den Vormieter der Beklagten – nicht nur ein Bad, sondern auch ein zweites WC in der Wohnung gab (…). Allein dieser Umstand führt dazu, das wohnwerterhöhende Merkmal „zweites WC in der Wohnung“ bejahen zu können. Ein etwaiger Austausch von Sanitäreinrichtungen und/oder Neuverfliesung durch die Vormieter oder die Beklagten führt nicht zum Wegfall dieses Merkmals.
Soweit die Beklagten vortragen, die Warmwasserversorgung sei nicht ausreichend, ist dem nicht zu folgen. Die Beklagten haben nicht vorgetragen, dass einer der im Mietspiegel erwähnten Gründe (keine zentrale Warmwasserversorgung, kein Durchlauferhitzer, kein Boiler > 60 Liter) gegeben ist. Es ist hier davon auszugehen, dass es sich allenfalls um einen Mangel handelt, der beseitigt werden kann, und im Rahmen der Mieterhöhung nicht zu berücksichtigen ist.
Soweit die Beklagten für die Merkmalgruppe weiter vortragen, die Wände seien nicht gefliest, und es gebe keine Duschmöglichkeit, ist dem nicht zu folgen. Allein der Verweis darauf, dass die Vormieter und sie selbst Wände gefliest und eine neue Dusche montiert hätten, reicht nicht aus, diese Merkmale annehmen zu können. Denn zum einen ist nicht klar, ob die Wände im Bad vor Durchführung etwaiger Fliesenarbeiten ohne jegliche Fliesen waren. Zum anderen bedeutet eine defekte Dusche eben nicht, dass von einer fehlenden Duschmöglichkeit im Sinne des Mietspiegel auszugehen ist, vielmehr würde hier die mietrechtliche Gewährleistung greifen.
b) Soweit die Beklagten für die Merkmalgruppe 2 Eigenleistungen des Vormieters vortragen, ist dies ebenfalls unerheblich. Die Kläger haben hier keine wohnwerterhöhenden Merkmale vorgetragen. Ebenso wenig ergeben sich aus dem Vortrag der Beklagten wohnwertmindernde Merkmale.
c) Die Merkmalgruppe 3 ist positiv zu bewerten, weil davon auszugehen ist, dass ein Wohnraum größer ist als 40 qm.
Die Kläger haben hier konkret vorgetragen, dass Berliner Zimmer sei 8,27 m lang und 6 m breit. Die Beklagten haben nur pauschal bestritten, dass das Zimmer eine Fläche von mehr als 40 qm habe, ohne die von den Klägern vorgetragenen konkreten Messwerte in Abrede zu stellen. Das pauschale Bestreiten ist insoweit unerheblich.
Dahinstehen kann damit in dieser Gruppe, ob es einen Abstellraum in der Wohnung und Stuck an der Decke gibt.
d) Auch die Merkmalgruppe 4 ist positiv einzustufen. Die Kläger haben konkrete Umstände dazu vorgetragen, dass das Gebäude über einen repräsentativen Eingangsbereich verfügt. Dies ist von den Beklagten nicht bestritten worden.
Hier kann damit dahinstehen, ob die weiteren wohnwerterhöhenden Merkmale „Personenaufzug bei weniger als fünf Obergeschossen“ und „Einbau einer modernen Heizanlage“ gegeben sind.
e) Weiterhin ist auch die Merkmalgruppe 5 positiv zu bewerten. Unstreitig ist hier das wohnwerterhöhende Merkmal „gepflegte Müllstandsfläche mit sichtbegrenzender Gestaltung, nur den Mietern zugänglich“ gegeben, sodass es auf die Frage einer bevorzugten Citylage nicht ankommt.
f) Schließlich ist auch davon auszugehen, dass das Sondermerkmal „Hochwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Anzahl der Wohnräume“ gegeben ist. Soweit die Beklagten dieses Merkmal pauschal bestritten haben, ist dies unerheblich. Die Kläger haben nunmehr vorgetragen, dass in insgesamt vier von sechs Zimmern der Wohnung Parkett liegt, ohne dass die Beklagten diesen Vortrag bestritten haben.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.