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Mieterhöhungsverlangen gegenüber mehreren Mietern bei wechselseitiger Empfangsvollmacht

LG Berlin – Az.: 63 S 426/10 – Urteil vom 24.05.2011

Die Berufungen der Beklagten gegen das am 10. Juni 2010 verkündete Teilurteil und das am 19. August 2010 verkündete Schlussurteil des Amtsgerichts Schöneberg – 106 C 31/10 – werden auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die ab 01.06.2010 geschuldete Miete 445,82 € beträgt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die Berufung des Beklagten zu 2. gegen das Teilurteil vom 10. Juni 2010 ist unzulässig, weil er durch dieses Urteil nicht beschwert ist. Die im Übrigen zulässigen Berufungen der Beklagten gegen das vorgenannte Teilurteil und das Schlussurteil vom 19. August 2010 sind nicht begründet.

Es kann dahinstehen, ob der Erlass eines Teilurteils durch das Amtsgericht hier zulässig war. Denn jedenfalls die Feststellung der geschuldeten Miete betrifft den Bestand des Mietverhältnisses und kann gegenüber allen Mieter grundsätzlich nur einheitlich erfolgen. Insoweit ist durch den Erlass eines Teilurteils die Möglichkeit einander widersprechender Entscheidungen nicht ausgeschlossen. Nach Anfechtung beider Urteile und Verbindung beider Berufungen besteht jedoch jetzt eine solche Gefahr nicht mehr.

Die Beklagten sind gemäß § 535 Abs. 2 BGB zur Zahlung restlicher Mieten für die Zeit von November 2009 bis Mai 2010 in Höhe von jeweils 85,64 EUR, d.h. insgesamt 599,48 EUR verpflichtet. Die von den Beklagten geschuldete Miete hat sich aufgrund der Mieterhöhungserklärung vom 21. August 2009 nach vorangegangenen Modernisierungen gemäß § 559 BGB auf 445,82 EUR erhöht.

Die Mieterhöhungserklärung ist wirksam. Die an beide Beklagte gerichtete Erklärung ist auch dem Beklagten zu 2. wirksam zugegangen. Denn der Beklagte zu 1. war für diesen zur Entgegennahme in Nr. 14 der AVB zum Mietvertrag bevollmächtigt gewesen. Eine solche Empfangsvollmacht kann auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden (BGH, Rechtsentscheid vom 10. September 1997 – VIII ARZ 1/97, GE 1997, 1458). Diese Bevollmächtigung des Beklagten zu 1. ist durch den Beklagten zu 2. nicht widerrufen worden. Zwar kann in einer Kündigung und dem Auszug eines von mehreren Mietern ein Widerruf einer Vollmacht gesehen werden. Die Auslegung des Amtsgerichts, dass die hiesige Kündigung allein durch den Beklagten zu 2. vom 8. Mai 1990 keinen Widerruf beinhalte, weil er seine Verzugsanschrift nicht angegeben habe, ist nicht zu beanstanden. Denn dieser hat mangels Angabe seiner neuen Anschrift eben kein besonderes Interesse daran kundgetan, dass mit einer Empfangsvollmacht für die Mitmieter kein Einverständnis mehr bestehe, ihm nunmehr Erklärungen des Vermieters unmittelbar selbst zugehen und er nicht auf Unterrichtung durch den verbliebenen Mieter angewiesen sein will (vgl. BGH a.a.O., dort Rn 16).

Die Mieterhöhungserklärung ist auch in der Sache begründet. Der Einbau eines Aufzugs stellt grundsätzlich eine nachhaltige Verbesserung des Gebrauchswerts einer im Obergeschoss gelegenen Wohnung dar. Dies ist für jeden durchschnittlichen Mieter erkennbar und bedarf daher keiner weiteren Erläuterungen in der Mieterhöhungserklärung. Insoweit liegt die Sache anders als etwa beim Einbau von Isolierglasfenstern, bei denen die maßgebliche Verbesserung des Dämmwerts eben nicht ohne weiteres zu erkennen und deshalb darzulegen ist (BGH, Urteil vom 25. Januar 2006 – VIII ZR 47/05, GE 2006, 318). Eine Wertverbesserung liegt auch dann vor, wenn der Aufzug nicht unmittelbar auf der Etage der Wohnung der Beklagten hält. Dabei kann zugunsten der Beklagten als wahr unterstellt werden, dass sie insgesamt 33 Stufen auch bei der Benutzung des Aufzugs überwinden müssen. Denn das stellt gegenüber den 84 Stufen ohne Aufzug gleichwohl eine deutliche Steigerung des Komforts dar, jedenfalls wenn Einkäufe oder andere schwerere Gegenstände in die Wohnung verbracht werden müssen. Ob die Beklagten dies subjektiv als Verbesserung empfinden, kann dahinstehen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus der Regelung in Nr. 6 der AVB zum Mietvertrag der Parteien keine Einschränkung der Zulässigkeit von Modernisierungsmaßnahmen. Soweit danach Modernisierungen ohne Zustimmung des Mieters möglich sein sollen, ist die Regelung schlichtweg unwirksam, § 554 Abs. 5 BGB. In Bezug auf Modernisierungsmaßnahmen, die eine Härte für den Mieter begründen können, entspricht die Vereinbarung den gesetzlichen Regelungen.

Härtegründe, die einer Mieterhöhung entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Solche können sich zwar auch aus finanziellen Gründen aufgrund der höheren Miete ergeben. Die Beklagten haben aber nicht anhand konkreter Umstände dargetan, die neue Miete nicht tragen zu können. Die pauschale Behauptung der Beklagten, der Beklagte zu 1. beziehe Leistungen des JobCenters und dieses würde die Miete nicht mehr übernehmen, genügt hierfür nicht. Im Vortrag der Beklagten fehlen jegliche Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen, die überhaupt eine Überprüfung ermöglichen. Hinzu kommt, dass zu den Verhältnissen des Beklagten zu 2. gar keine Angaben vorliegen. Da beide Mieter sind, hat auch eine entsprechende Gesamtbetrachtung zu erfolgen, zumal die Wohnung mit einer Größe von fast 100 m² nicht typischerweise für die Nutzung durch eine Einzelperson konzipiert ist. Da das Amtsgericht bereits im angefochtenen Urteil darauf abgestellt hat, bedurfte es keiner weiteren Gelegenheit für einen weiteren Vortrag der Beklagten, nachdem sie auch in der Berufungsbegründung keine ergänzenden Angaben gemacht haben.

Ohne Erfolg bleibt schließlich der Einwand der Beklagten, dass die Mieterhöhung gemäß § 559 b Abs. 2 Satz 2 BGB erst sechs Monate nach Erhalt der Mieterhöhungserklärung eintrete, weil die Modernisierungsmaßnahmen vor Ablauf der dreimonatigen Frist nach der Ankündigung begonnen hatten. Letzteres ist zwar unstreitig. Die verzögerte Mieterhöhung tritt indes nur ein, wenn die Mieterhöhung nicht angeben oder diese um mehr als 10 % überschritten wird. Andere Mängel der Ankündigung bleiben für die Mieterhöhung folgenlos (BGH, Urteil vom 19. September 2007 – VIII ZR 6/07, GE 2007, 1479).

Das darüber hinausgehende Feststellungsbegehren der Klägerin ist zulässig. Angesichts der sich auf den streitgegenständlichen Zeitraum beschränkenden Rechtskraft des Zahlungsantrags besteht ein besonderes Interesse der Klägerin im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der von den Beklagten aufgrund der hier streitgegenständlichen Mieterhöhungserklärung geschuldeten Miete auch für die Zukunft. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen ist das Feststellungsbegehren auch in der Sache begründet.

Zu Recht beanstanden die Beklagten indes einen Schreibfehler im angefochtenen Urteil. Die sich aus der Mieterhöhung ergebende Miete beläuft sich auf 445,82 EUR und nicht auf 455,82 EUR. Dieser Fehler unterliegt einer Berichtigung nach § 319 ZPO und kann auch im Berufungsurteil entsprechend klargestellt werden, ohne dass damit ein Erfolg der Berufung verbunden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die unzulässige Berufung des Beklagten zu 2. gegen das Teilurteil wirkt sich nach der Verbindung der Sachen kostenmäßig nicht aus.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Denn es handelt sich um einen von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls geprägten Rechtsstreit, der keine grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfragen aufwirft, und es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, welche zur Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung erfordern.

 

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