Skip to content
Menü

Mieterhöhungsverlangen wegen Zuverfügungstellung von Pkw-Stellplätzen

AG Charlottenburg – Az.: 226 C 14/19 – Urteil vom 23.05.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihr innegehaltene Wohnung … Berlin, von 655,89 € um 52,80 € auf 708,69 € mit Wirkung ab dem 01.01.2019 zuzustimmen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 31 % und die Beklagte zu 69 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte Mieterin der Wohnung … , … Berlin aufgrund schriftlichen Mietvertrages vom 06.10.1998. Mit Schreiben vom 19.10.2018 (Anlage K1 – Blatt 7 bis 12 d. A.) verlangte der Kläger von der Beklagten die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete von 655,89 € um 76,10 € auf 731,99 € ab dem 01.01.2019. Am 01.01.2016 belief sich die Nettokaltmiete auf 655,89 €.

Das Gebäude, in dem sich die Mietwohnung des Beklagten befindet, ist 1984 bezugsfertig geworden, mit einer Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet und liegt in guter Wohnlage. Die Wohnung ist 80,35 m² groß. Die Küche verfügt über eine Einbauküche mit Ober- und Unterschränken sowie Herd und Spüle. Die Wohnung hat einen Balkon mit einer Größe von 6,05 m² und liegt in besonders lärmbelasteter Lage. Die Klägerin hat ihre Prozessbevollmächtigten am 02.01.2019 mit der vorerst außergerichtlichen Interessenwahrnehmung beauftragt, die die Beklagte mit Schreiben vom 08.01.2019 zur Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen aufforderten. Die Klägerin macht hierfür vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 147,56 € geltend.

Die Klägerin trägt vor: Die Küche sei ausweislich der Anlage 2 zum Mietvertrag nebst Küchenplan (Anlagen K 4 und 5 – Blatt 58, 59 d. A.) vermieterseitig mit einem Kühlschrank ausgestattet, habe ausweislich des Grundrisses einen 2,345 m² großen Abstellraum mit Sichtschutz und Schallschutzfenster für Wohngebäude/Wohnungen die vor 1995 bezugsfertig geworden sind. Der Endenergieverbrauchswert betrage ausweislich des Energieausweises vom 25.01.2018, der dem Mieterhöhungsverlangen beigelegen habe, 112 kWh/(m²a). Der Energieverbrauchskennwert sei folglich kleiner als 120 kWh/(m²a). Es bestünde ein vom Vermieter zur Verfügung gestelltes Parkplatzangebot. Im Innenhof befänden sich 11 überdachte Pkw-Abstellplätze. Ein ab 01.02.2017 neu zu vermietender Parkplatz sei im November 2016 durch Aushang am „schwarzen Brett“ angeboten worden, für den sich zwei Mietparteien gemeldet hätten, zu denen die Beklagte nicht gehört habe. Kürzlich sei wieder ein Stellplatz frei geworden und wieder vermietet worden.

Die Klägerin beantragt,

Mieterhöhungsverlangens wegen Zuverfügungstellung von Pkw-Stellplätzen
(Symbolfoto: Gold Picture/Shutterstock.com)

1. die Beklagte zu verurteilen, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihr im 3. Obergeschoss links innegehaltene Wohnung …, … Berlin von monatlich 655,89 € um 76,10 € auf 731,99 € mit Wirkung ab dem 01.01.2019 zuzustimmen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Kosten von 147,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. hieraus seit dem 09.01.2019 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor: Den Kühlschrank habe die Beklagte eingebracht. Die Wohnung verfüge über keinen geschlossenen Abstellraum. Die Beklagte bestreitet einen 120 kWh/(m²a) unterschreitenden Energieverbrauchskennwert. Der Energieausweis habe den Abschriften der Klageschrift nicht beigelegen. Für die Merkmalgruppe 4 (Gebäude) sei ein wohnwertminderndes Merkmal anzunehmen. In der Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) lägen gleich mehrere wohnwertmindernde Merkmale vor. Im Haus gäbe es 28 Mieter und 5 Stellplätze. Die Abflüsse in der Küche und im Bad seien nicht regelgerecht. Das Wasser laufe nur spärlich ab. Die auf Putz verlegten Abflussrohre wiesen nur ein geringes Gefälle auf. Es bilde sich ein Rückstau des Wassers aus den über der Wohnung der Beklagten liegenden Räumen, wodurch allein im Jahr 2018 zwölfmal die Doppelspüle in der Küche und die Wanne regelmäßig vollgelaufen seien.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung von 655,89 € um 52,80 € auf 708,69 € ab dem 01.01.2019 aus § 558 Abs. 1 BGB. Die weiteren Anspruchsvoraussetzungen zur Einhaltung der Wartefrist und der Kappungsgrenze gemäß § 558 Abs. 1 und 3 BGB und der Klagefrist gemäß § 558b Abs. 2 BGB liegen ebenfalls vor.

Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt 708,69 €. Die streitgegenständliche Wohnung ist in das Mietspiegelfeld I 5 des Berliner Mietspiegels 2017 einzuordnen. Der Spannenmittelwert beträgt 8,24 €/m², der Spannenoberwert 9,69 €/m².

Die Merkmalgruppe 1 (Bad/WC) ist unstreitig neutral.

Die Merkmalgruppe 2 (Küche) ist positiv. Das wohnwerterhöhende Merkmal „Einbauküche mit Ober- und Unterschränken sowie Herd und Spüle“ liegt vor. Auf das Vorliegen des weiteren wohnwerterhöhenden Merkmals „Kühlschrank“ kommt es danach nicht an.

Die Merkmalgruppe 3 (Wohnung) ist positiv, weil das wohnwerterhöhende Merkmal „Großer, geräumiger Balkon, (Dach-) Terrasse, Loggia oder Winter-/Dachgarten (ab 4 m²)“ unstreitig vorliegt. Danach kommt es nicht darauf an, ob das weitere wohnwerterhöhende Merkmal „Einbauschrank oder Abstellraum innerhalb der Wohnung“ vorliegt. Der Vortrag der Klägerin zum wohnwerterhöhenden Merkmal „Überwiegend Wärmeschutzverglasung (Einbau ab 1995) oder Schallschutzfenster für Wohngebäude/Wohnungen, die vor 1995 bezugsfertig geworden sind“ ist mangels Vortrag zum überwiegenden Einbau bereits unschlüssig.

Die Merkmalgruppe 4 (Gebäude) ist positiv. Der Energieverbrauchskennwert ist kleiner als 120 kWh/(m²a). Soweit die Beklagte behauptet, den Energieausweis als Anlage der Klageschrift nicht erhalten zu haben, lag er ihr aber nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin aufgrund der Beifügung zum Mieterhöhungsverlangen vor. Dieser Vortrag gilt als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO. Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Beklagten vom 08.05.2019 war insoweit gemäß § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Die am 18.04.2019 verkündete Frist zur Einreichung dieses Schriftsatzes ist gemäß § 221 ZPO bereits am 02.05.2019 abgelaufen. Der Schriftsatz der Beklagten vom 08.05.2019 bot auch keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

Die Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) ist aufgrund der unstreitigen, im Straßenverzeichnis des Berliner Mietspiegels 2017 ausgewiesenen Lärmbelastung negativ. Das von der Klägerin geltend gemachte wohnwerterhöhende Merkmal „Vom Vermieter zur Verfügung gestelltes Pkw-Parkplatzangebot in der Nähe“ ist nicht erfüllt. Unstreitig steht der Beklagten bisher kein Pkw-Stellplatz zur Verfügung. Sie hat sich zwar offenbar bisher auch nicht bei der Klägerin um einen solchen Stellplatz bemüht, da aber offenbar immer erst nach einigem Zeitablauf einzelne Stellplätze frei werden, könnte ihr auch bei entsprechendem Interesse nicht zeitnah ein Platz zur Verfügung gestellt werden. Allerdings lässt der Wortlaut dieses Merkmals nicht eindeutig erkennen, ob es nur dann erfüllt sein kann, wenn dem betreffenden Mieter tatsächlich ein PKW-Stellplatz angeboten wird. Nach Auffassung des Gerichts spricht die Verwendung der Formulierung „Angebot“ dafür, dass für jeden interessierten Mieter auch ein Stellplatz zur Verfügung stehen muss, denn ein „Angebot“ erzeugt die Vorstellung, dass man dieses lediglich noch annehmen muss (so auch LG Berlin, Urteil vom 16.10.2018 – 67 S 150/18 – juris). Dazu muss das Stellplatzkontingent jedenfalls so groß sein, dass allen interessierten Mietern jedenfalls pro Wohneinheit ein Stellplatz zur Verfügung gestellt werden kann, was vorliegend unstreitig nicht der Fall ist. Selbst wenn man dieser Auslegung nicht folgte, ist auch das von der Klägerin behauptete Angebot von 11 Stellplätzen für 28 Wohneinheiten jedenfalls nicht ausreichend dimensioniert. Das Landgericht Berlin (Urteil vom 02.03.2017, 67 S 375/16, zit. nach juris) hat in Bezug auf das Merkmal „abschließbarer Fahrradabstellraum“ entschieden, dass die Kapazität des Fahrradabstellraumes, obwohl der Mietspiegel insoweit keine bestimmte Größe vorgibt, im Verhältnis zu den Mietparteien und damit den potentiellen Nutzern so dimensioniert sein muss, dass noch von einer tatsächlichen Wirkung auf den Wohnwert ausgegangen werden kann. Diese Auslegung des Landgerichts Berlin zum ähnlichen Merkmal des Fahrradabstellraumes, der das Gericht folgt, ist jedenfalls auf das hier relevante Merkmal bezüglich der Pkw-Stellplätze zu übertragen. Die vorliegend bestehende Kapazität von nur einem Pkw-Stellplatz für jeweils 2,5 Wohnungen ist danach nicht ausreichend, um bereits eine Wohnwerterhöhung bewirken zu können.

Der weitere Vortrag der Beklagten zur Mangelhaftigkeit der Abflüsse in Küche und Bad ist unerheblich. Ein Vortrag zu weiteren wohnwertmindernden Merkmalen liegt nicht vor. Deren pauschale Behauptung für die Merkmalgruppen 4 und 5 ist nicht ausreichend.

Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt danach 708,69 €. Die positive Merkmalgruppe 2 wird durch die negative Merkmalgruppe 5 ausgeglichen. Bei zwei verbleibenden positiven Merkmalgruppen (Merkmalgruppen 3 und 4) berechnet sich die ortsübliche Vergleichsmiete aus dem Mittelwert des Mietspiegelfeldes I 5 in Höhe von 8,24 €/m² zuzüglich 40 % der Differenz von Mittel- und Oberwert, dies sind 0,58 € (9,69 € – 8,24 € = 1,45 € x 40 %), und dies ergibt 8,82 €/m². Bei unstreitiger Wohnfläche von 80,35 m² ergibt dies eine Nettokaltmiete von 708,69 €.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 147,56 € aus §§ 280, 286 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2015, IV ZR 169/14 -, juris).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 Satz 1, Satz 2 i. V. m. 709 Satz 2 ZPO.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!