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Mieterkündigung durch Dritten – Wirksamkeit

LG Berlin, Az.: 67 S 97/11, Urteil vom 01.09.2011

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 1. Dezember 2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wedding -3 C 272/10- abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen innegehaltene Wohnung in der … 114, … Berlin, 4. OG, bestehend aus 3 Zimmern nebst Küche, Bad, Diele und dazugehörigen Kellerraum zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Mieterkündigung durch Dritten - Wirksamkeit
Foto: Orla/Bigstock

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO Bezug genommen. Von der Darstellung des Tatbestandes wird im Übrigen gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die erforderliche Berufungssumme von mehr als 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist erreicht.

Die Berufung ist auch begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Räumungsanspruch gemäß § 546 BGB zu, da das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung vom 15. Januar 2010 beendet worden ist. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist vorliegend die Schriftform der §§ 568, 126 Abs. 1 BGB gewahrt. Nach diesen Vorschriften hat eine Kündigung in schriftlicher Form zu erfolgen, d. h., sie muss grundsätzlich von dem Aussteller eigenhändig durch Unterschrift unterzeichnet werden. Das ist vorliegend nicht der Fall, da die Beklagte zu Ziffer 1. unstreitig das Kündigungsschreiben nicht selbst unterzeichnet hat. Darüber hinaus ist aber auch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bzw. nach herrschender Meinung anerkannt, dass auch möglich ist, dass ein Vertreter mit dem Namen des Vertretenen unterzeichnet (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Auflage, § 568 Rn. 14; Palandt, BGB, 69. Auflage, § 126 Rn. 9). Der Bundesgerichtshof hat hierzu mit Urteil vom 3. März 1966 (-II ZR 18/64- BGHZ 45, 193 f) Folgendes ausgeführt:

„Tritt jemand unter fremden Namen auf und ergibt die Auslegung seiner Erklärung den Anschein eines Eigengeschäfts des Namensträgers, sind die Vorschriften des BGB §§ 164 ff über die Stellvertretung anzuwenden, obwohl ein Vertretungswille des handelnden fehlt.

Unstreitig ist die Unterschrift „Ar Z“ unter dem Kontoeröffnungsantrag von Dr. L oder seinem Sohn mit den Schriftzügen von Ar Z angefertigt worden. Der Unterzeichner trat somit unter einem falschen Namen auf. Er zeichnete nicht als Vertreter mit dem Namen des Vertretenen (RGZ 74, 69), sondern erweckte bewusst den Anschein, Ar Z habe die Unterschrift geleistet. Die Unterschrift ist gefälscht (vgl. Schwarz-Dreher, StGB 26. Aufl. § 267 4 A). Daraus folgt aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass sie keine Rechtswirkungen für Ar Z zu äußern vermag. Tritt jemand unter fremdem Namen auf, um falsche Identitätsvorstellungen beim Geschäftsgegner zu erwecken, so ist eine entsprechende Anwendung der §§ 164 ff, nicht nur der §§ 177, 179 BGB geboten (Enneccerus-Nipperdey, Lehrb. des Bürgerl. Rechts, 15. Aufl. Bd. I 2 § 183 III 2). Wo die Auslegung der Erklärung den Anschein eines Eigengeschäfts des Namensträgers ergibt und eine falsche Identitätsvorstellung (hier durch Nachahmung der Schriftzüge des Namensträgers) beim Gegner erweckt werden sollte, sind die Grundsätze über die Stellvertretung entsprechend anzuwenden, obwohl ein Vertretungswille des Fälschers fehlt (vgl. Ohr, AcP 152, 216 ff, 232, 234). Das Schutzinteresse des Geschäftsgegners verlangt, ein solches Geschäft als im Namen des Namensträgers abgeschlossen zu behandeln (Schulze von Lasaulx in Soergel-Siebert, BGB § 164 A. 17; Staudinger-Coing, BGB 11. Aufl. § 179 A. 5). Hatte der unter falschem Namen Handelnde Vertretungsmacht, so wird der Namensträger aus dem Geschäft berechtigt und verpflichtet, falls der Gegner mit dem Namensträger und nicht mit dem Handelnden abschließen wollte (Enneccerus-Nipperdey aaO). Bestand also die behauptete Generalvollmacht, so erwarb Ar Z auf Grund des trotz der Fälschung mit ihm zustande gekommenen Bankvertrages aus der Gutschrift den Anspruch auf Auszahlung, ohne dass es einer Mitteilung an ihn bedurfte. Der Anspruch aus der Gutschrift wäre erloschen, weil dieselben Grundsätze wie beim Kontoeröffnungsantrag auch auf den Überweisungsauftrag anzuwenden wären. Dieser ist zwar unstreitig durch Dr. L oder dessen Sohn mit gefälschter Unterschrift versehen, wäre aber beim Bestehen einer Generalvollmacht dieser Personen mit Wirkung gegen Ar Z erteilt worden.“

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Bekannte der Beklagten hat im Auftrag der Beklagten zu 1. das Kündigungsschreiben vom 15. Januar 2010 gefertigt und dieses mit dem Namen der Beklagten zu 1. in Druckbuchstaben unterschrieben. Dabei stellt die Wiedergabe des Namens in Druckbuchstaben grundsätzlich auch eine Unterschrift dar (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Auflage, § 568 Rn. 10). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese Unterschrift auch geeignet, dass die Klägerin davon ausgehen durfte, dass eine wirksame Kündigung seitens der Beklagten zu 1. erklärt worden ist. Soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass die Beklagte zu 1. grundsätzlich ihre Unterschrift in Schreibschrift fertige, wie es etwa im Rahmen des Mietvertrages geschehen sei, steht dem aber bspw. ihr Schreiben vom 9. März 2010 (Blatt 60 der Akten) entgegen. Dieses Schreiben weist am Ende nach „mit kommunikativen Grüßen“ zunächst den Namen der Beklagten in Druckbuchstaben auf und danach erst eine Unterschrift in Schreibschrift. Mithin war für die Klägerin nicht offensichtlich erkennbar, dass das Kündigungsschreiben vom 15. Januar 2010 nicht hinreichend unterzeichnet worden wäre bzw. offensichtlich von einem Dritten gefertigt worden wäre. Darüber hinaus hat die Beklagte im Schreiben vom 9. März 2010 auch ausdrücklich die Rücknahme „meiner Kündigung“ erklärt, das heißt sie selber ist auch von einer wirksamen Kündigung ausgegangen. Der Bekannte der Beklagten zu 1. hat das Kündigungsschreiben vom 15. Januar 2010 auch unstreitig, wie die Beklagten selber mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 25. Oktober 2010 vorgetragen haben, auf Bitten der Beklagten zu 1. für sie aufgesetzt. In einer solchen Bitte bzw. Auftragserteilung liegt gleichzeitig auch eine Vollmachtserteilung. Sofern eine solche zweitinstanzlich von den Beklagten bestritten worden ist, ist ihr diesbezüglicher Vortrag, im Hinblick darauf, dass sie selber erstinstanzlich eingeräumt haben, dass das Kündigungsschreiben auf die Bitte der Beklagten zu 1. hin gefertigt worden sei, unschlüssig.

Mithin ist das Mietverhältnis aufgrund der Kündigungserklärung vom 15. Januar 2010 beendet. Eine einseitige Rücknahme der Kündigung ist nicht möglich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung zu der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es einer Überprüfung durch das Revisionsgericht im Hinblick auf die Rechtsfortbildung oder die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Es war gemäß § 721 ZPO keine Räumungsfrist zu gewähren, da den Beklagten aufgrund ihrer eigenen Kündigung, von deren Wirksamkeit sie zunächst auch selber ausgegangen sind, hinreichend Zeit geblieben ist, sich auf eine neue Wohnungssituation einzustellen.

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