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Mietkaution – Verwertungsmöglichkeiten des Vermieters

LG Hamburg – Az.: 316 O 247/16 – Urteil vom 29.11.2016

1. Der Beklagte wird verurteilt,

a. die Pfandfreigabe für das Konto Nr. … bei der H. Sparkasse zu erklären,

b. die Sparurkunde für das Konto Nr. … bei der H. Sparkasse herauszugeben und die Pfandfreigabe für das Konto zu erklären,

c. € 1.141,90 nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Tenors zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 21.000,00 €, hinsichtlich des Tenors zu 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.100,00 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 25.422,23 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit der Klage die Herausgabe von Mietsicherheiten.

Zwischen der Klägerin und der h. p. N. Weg GmbH bestanden mehrere Mietverhältnisse für Liegenschaften auf dem Grundstück N. Weg… in… H., die die h. p. ihrerseits von der Ad. S. KG (GmbH & Co.) angemietet hatte. Bei Abschluss des Mietverhältnisses gab die Klägerin eine Verpfändungserklärung (Anlage K6) zur Stellung einer Mietkaution über das Termingeldkonto Nr. … bei der H. Sparkasse ab, wobei die Verpfändung durch entsprechende schriftliche Erklärung des Pfandgläubigers erlöschen sollte. Das Guthaben dieses Kontos belief sich zum 20.07.2016 auf 19.371,77 €. Zudem leistete die Klägerin im März 2014 eine weitere Mietsicherheit durch Verpfändung des Sparkontos Nr. … Für dieses Konto wurde eine Sparurkunde ausgefertigt und an die Insolvenzschuldnerin übergeben. Am 20.07.2016 betrug das Guthaben 6.050,46 €. Über das Vermögen der h. p. N. Weg GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) wurde im März 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Spätestens zum 09.03.2015 endete das Mietverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Klägerin. Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.11.2015 übersandte der Beklagte der Klägerin die Heizkostenabrechnung für das Jahr 2010, die einen Nachzahlungsbetrag von 6.941,75 € aufwies (Anlage B2). Die Klägerin leistete hierauf bislang nicht, sondern bestreitet einen Anspruch des Beklagten aus der Heizkostenabrechnung 2010. Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 20.11.2015 und nochmals mit Schreiben vom 02.06.2016 und Fristsetzung zum 17.06.2016 auf, die bei der H. Sparkasse hinterlegten Mietkautionen freizugeben. Auch die mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.07.2016 erfolgte Aufforderung zur Freigabe bzw. Herausgabe der Urkunden blieb erfolglos.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen,

1. die Pfandfreigabe für das Konto Nr. … bei der H. Sparkasse zu erklären,

2. die Sparurkunde für das Konto Nr. … bei der H. Sparkasse herauszugeben und die Pfandfreigabe für das Konto zu erklären,

3. € 1.141,90 nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, er sei zum Einbehalt der Mietsicherheiten bis zum Ausgleich der Forderung aus der Heizkostenabrechnung 2010 berechtigt.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten nach Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnisses ein Anspruch auf Freigabe bzw. Herausgabe der im Laufe des Mietverhältnisses geleisteten Mietsicherheiten.

Der Anspruch der Klägerin auf Freigabe bzw. Herausgabe ist fällig. Der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters wird fällig, wenn der Vermieter übersehen kann, ob er zur Befriedigung seiner Ansprüche auf die Kaution zurückgreifen muss. Hierfür ist dem Vermieter eine angemessene Frist einzuräumen, innerhalb derer er sich zu entscheiden hat, ob und in welcher Weise er die Kaution zur Abdeckung seiner Ansprüche verwenden will. Eine allgemein gültige Abrechnungsfrist existiert hierbei nicht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2006 – VIII ZR 71/05, Rz 8f., zitiert nach juris). Nach diesem Maßstab ist der Anspruch der Klägerin fällig. Der Beklagte hat sich Klarheit über die ihm gegen die Klägerin zustehenden Forderungen verschaffen können. Er hat trotz der Forderung aus der Heizkostenabrechnung 2010, derer er sich berühmt, keine Abrechnung der Mietsicherheiten vorgenommen, sondern beruft sich insofern lediglich auf ein Zurückbehaltungsrecht. Nach Auffassung der Kammer steht ihm ein solches indes nicht zu und ist damit der Anspruch der Klägerin fällig.

Es wird zwar zum Teil vertreten, dass dem Vermieter ein Zurückbehaltungsrecht an der Mietsicherheit zustehe, solange er Forderungen gegenüber dem ehemaligen Mieter geltend mache, die zwischen den Mietvertragsparteien streitig seien. Der Vermieter soll auch nach Beendigung des Mietvertrages nur wegen solcher Ansprüche Zugriff auf die Mietsicherheit nehmen dürfen, die rechtskräftig festgestellt, unstreitig oder offensichtlich unbegründet seien. Ihm sei aber bis zur Klärung seiner streitigen Ansprüche ein Zurückbehaltungsrecht an der Mietsicherheit zuzusprechen (LG Halle, Urteil vom 25. September 2007 – 2 S 121/07, Rz 7ff.; LG Darmstadt, Beschluss vom 11. September 2007 – 25 S 135/07, beide zitiert nach juris; Staudinger/Volker Emmerich (2014) BGB § 551 Rz 31, Kaiser in beck-online.GROSSKOMMENTAR, GesamtHrsg:Gsell/Krüger/Lorenz/Mayer; Hrsg: Schmidt; Stand: 01.02.2016, § 551 Rz 81). Als Argument wird im Wesentlichen angeführt, dass der Mieter andernfalls das Insolvenzrisiko des Vermieters trage, wenn der Vermieter auch bei streitigen Forderungen auf die insolvenzfest angelegte Mietsicherheit zurückgreife, seine vermeintlichen Ansprüche hieraus befriedige und sich nachträglich herausstelle, dass die vermeintlichen Ansprüche des Vermieters nicht bestanden und der Mieter einen Anspruch auf Rückzahlung des als Mietsicherheit gestellten Betrages hätte. Auch sei keine Intention des Gesetzgebers erkennbar, dem Vermieter neben der Sicherungsfunktion auch die Möglichkeit zur schnellen Befriedigung seiner Ansprüche zu gewähren.

Diese Auffassung teilt die Kammer nicht. Vielmehr entfällt nach Ansicht der Kammer ein Zurückbehaltungsrecht, wenn der Vermieter übersehen kann, welche Forderungen ihm gegenüber dem Mieter zustehen, auch wenn diese streitig sind. Der Mietsicherheit kommt nicht nur eine Sicherungs- sondern auch eine Verwertungsfunktion zu (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. August 2008 – 8 W 34/08, Rz 12, zitiert nach juris; Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 551 Rz 100). Der Vermieter soll sich wegen seiner Forderungen, insbesondere wegen seiner nach Beendigung des Vertrages noch bestehenden Ansprüche, aus der Kaution auf einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch des Mieters befriedigen können (vgl. BGH, BGH, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 01. Juli 1987 – VIII ARZ 2/87 , Rz 20, zitiert nach juris). Dem liefe es zuwider, wenn der Vermieter bei streitigen Forderungen stets auf den Rechtsweg verwiesen würde und dieser ohne Berücksichtigung der vom Mieter geleisteten Mietsicherheit zu entscheiden wäre. Stünde dem Vermieter bei streitigen Forderungen ein Zurückbehaltungsrecht zu und müsste er dementsprechend keine Abrechnung über die Kaution erbringen, könnte der Mieter zudem keine Klarheit darüber verlangen, ob der Vermieter neben der streitigen im Klagewege geltend gemachten Forderung noch weitere Forderungen für sich in Anspruch nimmt (so auch Urteil der Kammer vom 29.11.2016 zum Aktenzeichen 316 S 27/16).

Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 286, 280 BGB, der diesbezügliche Zinsausspruch aus § 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

 

 

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