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Mietkautionsbürgschaft auf erstes Anfordern

OLG Oldenburg – Az.: 11 U 104/17 – Beschluss vom 09.03.2018

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.10.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Osnabrück wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt bis zu 9.000 €.

Gründe

I.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte die im Wege der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommene Mietsicherheit zurückzahlen muss.

Die Klägerin war Mieterin der von der Beklagten vermieteten Räumlichkeiten. Das Mietverhältnis endete am 31.05.2016. Das Objekt wurde vereinbarungsgemäß im Juni 2016 zurückgegeben, wobei am 27.06.2016 ein Übergabeprotokoll erstellt wurde.

Die Klägerin hatte gem. § 5 des Mietvertrages eine Mietsicherheit in Höhe der streitgegenständlichen Forderung von 8.526 € zu leisten. Sie hat die im Mietvertrag eingeräumten Möglichkeit in Anspruch genommen, diese Mietsicherheit durch eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu stellen, die folgende Eigenschaften aufweist: Betragshöhe 8.526 €, ohne Hinterlegungsklausel, Zahlung auf erste Anforderung, unter Verzicht auf die Einreden gem. § 768 BGB, der Anfechtung und der Aufrechnung gem. § 770 BGB und der Vorausklage gem. § 771 BGB (Bl. 8 d. A.). Die Klägerin legte der Beklagten eine dementsprechende Mietbürgschaft der Sparkasse vom 26.09.2016 vor (Bl. 5 d. A.).

Nach Beendigung des Mietverhältnisses war zwischen den Parteien streitig, ob die Klägerin den Verpflichtungen aus dem Mietvertrag auf Durchführung von Schönheitsreparaturen und Instandhaltung des Mietobjektes nachgekommen ist. Die Beklagte setzte der Klägerin mit Schreiben vom 27.12.2016 eine letzte Aufforderung zur Beseitigung der von ihr behaupteten Mängel an dem Mietobjekt mit einer letzten Nachfrist zum 06.01.2017 (Bl. 27 d. A.). Die Klägerin wies diese Ansprüche als insgesamt als unbegründet mit außergerichtlichem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.01.2017 zurück (Bl. 28ff d. A.).

Im Februar 2017 legte die Beklagte der Sparkasse die Bürgschaftsurkunde vor und erhielt von dieser unter Klarstellung, dass hiermit kein Verzicht auf Einwendungen und Einreden im Rahmen eines etwaigen Rückforderungsprozesses verbunden ist, den streitgegenständlichen Betrag ausgezahlt (Bl. 77 d. A.). Die Sparkasse belastete das Konto der Klägerin am 22.02.2017 in entsprechender Höhe (Bl. 76 d. A.).

Die Klägerin hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie meint, die streitigen Schadenersatzforderungen der Beklagten aus dem Mietverhältnis seien bereits am 27.12.2016 verjährt gewesen. Ihr stehe ein Anspruch auf Rückforderung der von der Beklagten zu Unrecht in Anspruch genommenen Bürgschaft zu. Der Ausschluss der Rückforderung nach § 214 Abs. 2 BGB gelte nicht bei unfreiwilligen Leistungen, worunter Leistungen aufgrund einer Bürgschaft auf erste Anforderung fielen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin 8.526 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2017 zu zahlen,

2. an die Rechtsanwälte X … vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 339,55 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägern sei bereits nicht klagebefugt, da nicht diese, sondern der Bürge die Zahlung geleistet habe. Einem Mieter stehe allein ein Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu. Einem solchen Anspruch stehe entgegen, dass ihr zumindest ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden habe. Selbst wenn ihre Ansprüche verjährt gewesen seien, hindere dies nicht die Verwertung der Bürgschaft auf erstes Anfordern durch die Beklagte in unverjährter Zeit. Die jeweiligen Ansprüche hätten sich bereits in unverjährter Zeit gegenübergestanden. Einem Rückforderungsanspruch stehe § 214 Abs. 2 BGB entgegen.

Die Beklagte hat die Aufrechnung mit den streitigen Schadenersatzansprüchen wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und Instandsetzungen erklärt.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 8.526 € nebst Zinsen zu zahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Sparkasse als Bürgin zu Unrecht in Anspruch genommen. Die Ansprüche der Beklagten seien zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Sparkasse bereits verjährt gewesen. Ansprüche wegen einer Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache unterlägen der Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB, die mit der Rückgabe der Mietsache im Juni 2016 begonnen habe und im Dezember 2016 endete. Das von der Sicherungsabrede auch verjährte Ansprüche umfasst sein sollten, sei weder dargetan noch ersichtlich. Die Parteien hätten keine Barkaution als vorrangige Mietsicherheit vereinbart. Der Wortlaut des Mietvertrages, wonach „ebenfalls“ eine Bürgschaft gestellt werden könne, spreche für keine vorrangige Vereinbarung einer Barkaution, sondern für eine Gleichrangigkeit der Sicherheiten.

Der Beklagten habe kein Recht zugestanden, sich wegen der verjährten Ansprüche aus der Bürgschaft zu befriedigen. Der typische Verzicht auf Einreden bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern bezwecke keine endgültige Lösung der Bürgenhaftung aus der Abhängigkeit von der verbürgten Forderung. Ein solches Recht folge auch nicht aus § 216 BGB, da diese Vorschrift auf bürgschaftliche Sicherungen nicht anwendbar sei. Nach § 215 BGB schließe die Verjährung die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt gewesen sei, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden könne. Da der Anspruch auf Freigabe der Sicherheit erst fällig werde, wenn keine gesicherten Forderungen mehr vorhanden seien, stelle sich die Frage eines Zurückbehaltungsrechtes gegenüber dem Anspruch des Mieters auf Freigabe einer geleisteten Sicherheit nicht. Da verjährte Ansprüche von der Sicherungsabrede nicht umfasst gewesen seien, seien im Zeitpunkt der Inanspruchnahme im Februar 2017 auch keine gesicherten Forderungen mehr vorhanden gewesen. Der Rückzahlungsanspruch sei auch nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen. Der Gläubiger, der sich zu Unrecht befriedige, könne dem deshalb begründeten Rückforderungsanspruch keine solche Forderungen entgegenhalten, die nicht durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern gedeckt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen das angefochtene Urteil. Sie trägt mit der Berufung im Wesentlichen vor, ihre Ansprüche hätten dem Anspruch der Klägerin in unverjährter Zeit gegenübergestanden. Die der Klägerin eingeräumte Wahlmöglichkeit, anstelle einer Barkaution eine Bankbürgschaft stellen zu dürfen, führe nicht dazu, dass sie nun mit bestimmten Einreden ausgeschlossen wäre. Die Bürgschaft habe die gleiche Sicherheit wie eine Barkaution bieten sollen. Die Klägerin könne ihren Anspruch auch nicht auf eine mietvertragliche Sicherungsabrede, sondern nur auf Bereicherungsrecht stützten. Ein Rückforderungsanspruch aus Bereicherungsrecht stehe der Klägerin aber nicht zu. Ein solcher Anspruch bestehe nur dann, wenn der Bürge unfreiwillig zahle, der Bürge vor oder bei Zahlung die Verjährung der gesicherten Forderung geltend mache und diese nur unter Vorbehalt zahle. Zudem habe der Bürge auf Einreden verzichtet. Die Sparkasse habe die Einrede der Verjährung nicht geltend gemacht. Ein Bereicherungsanspruch sei gem.  §§ 813, 214 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Da seitens des Bürgen die Einrede der Verjährung nicht erhoben worden sei, sei der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen. Für das Vorliegen eines Zurückbehaltungsrechts gem. § 215 BGB sei entscheidend, ob dem Anspruch des Mieters auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines verjährten Gegenanspruchs gegenüberstand, was anzunehmen sei.

Die Beklagte beantragt, das am 30.10.2017 verkündete und am 03.11.2017 zugestellte Urteil des Landgerichts Osnabrück – Geschäftszeichen 12 O 804/17 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurück, weil sie offensichtlich unbegründet ist. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 24.01.2018 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

1. In diesem Beschluss hat der Senat Folgendes ausgeführt:

„Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Rückerstattung gegen die Beklagte zu Recht auf die mietvertragliche Sicherungsabrede gestützt. Ein Rückforderungsrecht des Hauptschuldners aus der Sicherungsabrede besteht, wenn – wie vorliegend – der Bürgschaftsfall nicht eingetreten ist (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 – IX ZR 355/00 -, BGHZ 152, 246-255, juris).

Der Beklagten ist darin zu folgen, dass der Anspruch auch auf Bereicherungsrecht gestützt werden könnte. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist bis zum Abschluss des Nachprozesses Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Bürgenleistung. Verstößt ein Gläubiger gegen die Sicherungsabrede, indem er den Bürgen in Anspruch nimmt, ohne dass ein Sicherungsfall vorliegt, findet bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern eine (vorläufige) Rückabwicklung nicht statt.

Erst im Nachprozess lebt die Akzessorietät der Bürgschaft wieder auf, so dass der Gläubiger nachträglich so gestellt werden kann, als hätte er die Leistung ohne Rechtsgrund erlangt.

Der Bürge, der auf erstes Anfordern sofort an den Gläubiger leisten muss, kann also die sich aus der Akzessorietät ergebenden Einwendungen nachholen und die Leistung nach § 812 Abs. 1 BGB zurückfordern (BGHZ 90, 287, 294; BGH WM 1987, 367; BGH NJW 1989, 1480). Die Zahlungspflicht des Bürgen entfällt nur in den Fällen, in denen die missbräuchliche Ausnutzung der formellen Rechtsstellung durch den begünstigten Gläubiger klar erkennbar ist. Zahlt er Bürge auf erstes Anfordern, erkennt er damit nicht die Hauptverbindlichkeit an. Die Zahlung auf erstes Anfordern kann also nur als vorläufiger Einwendungsausschluss ausgelegt werden (BGH NJW 1989, 1480).

Unbenommen hiervon bleiben in diesem Fall aber Schadenersatzansprüche des Hauptschuldners gegen den Gläubiger wegen schuldhafter Verletzung von Vertragspflichten (Staudinger/Norbert Horn (2012) Vorbemerkungen zu §§ 765-778 Rn. 38). Der Gläubiger, der in Erfüllung der mit dem Hauptschuldner getroffenen Vereinbarung eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erhalten hat, ist aufgrund der getroffenen Sicherungsabrede dem Hauptschuldner gegenüber erst und nur dann berechtigt, den Bürgschaftsbetrag anzufordern, wenn die gesicherte Forderung fällig ist und auch im übrigen einredefrei besteht. Hat der Gläubiger die Leistung erhalten, nach materiellem Bürgschaftsrecht jedoch zu Unrecht, so steht nicht nur dem Bürgen, sondern auch dem Hauptschuldner nach Inhalt und Zweck der mit dem Gläubiger getroffenen Sicherungsabrede ein eigener originärer Rückforderungsanspruch zu, der zunächst auf Zahlung an den Bürgen gerichtet ist. Hat der Bürge jedoch im Wege des Rückgriffs (§ 774 Abs. 1 Satz 1 BGB; §§ 675, 670 BGB) – wie vorliegend – schon vom Hauptschuldner Erstattung seiner Aufwendungen erhalten, kann der Hauptschuldner in Höhe der vertragswidrig angeforderten Bürgenleistungen Zahlung an sich verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 – IX ZR 355/00 -, BGHZ 152, 246-255, juris).

Die Beklagte hat die Bürgenleistung materiell zu Unrecht erhalten.

Die streitigen Ansprüche aus dem Mietverhältnis waren Ende 2016 bereits verjährt. Der Anspruch des Vermieters auf Durchführung der Schönheitsreparaturen und Instandhaltungen verjährt 6 Monate nach Rückgabe der Wohnung. Auch die Verjährung des Schadensersatzanspruchs wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und Instandhaltungen beginnt grundsätzlich mit der Rückgabe der Wohnung (§ 548 Abs. 1 BGB). Mit dem Anspruch auf Ersatz der Renovierungskosten verjähren zugleich die Ansprüche auf alle weiteren aus der Nichterfüllung folgenden Schadensersatzpositionen (Blank/Börstinghaus/Blank, 5. Auflage 2017, BGB § 535 Rn. 486 m.w.N.).

Zu der für den Verjährungsbeginn entscheidenden Frage, wann der die Fälligkeit auslösende Sicherungsfall eingetreten ist, weicht damit die Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht von den allgemein für selbstschuldnerische Bürgschaften geltenden Regeln ab. Der Anspruch aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern entsteht folglich ebenfalls mit Fälligkeit der gesicherten Forderung, sodass auch bei dieser Form der Bürgschaft der Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt beginnt (BGH WM 2008, 1731). Mithin war nicht nur der gesicherte Anspruch, sondern auch der Anspruch aus der Bürgschaft im Februar 2017 bereits verjährt.

Der Ansicht der Beklagten, die im Wege der Bürgschaft auf erstes Anfordern realisierte verjährte Forderung könne nicht zurückgefordert werden, folgt der Senat nicht.

Richtig ist, dass nach § 214 Abs. 2 Satz 1 BGB das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Dies gilt nach § 214 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichermaßen von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners. § 214 Abs. 2 BGB ist bei Rückforderungen von im Wege der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommener Leistungen nicht anwendbar (a.A. LG Neuruppin, NZM 2000, 29).

Dem steht der Grundsatz entgegen, dass bei Bürgschaften auf erstes Anfordern Einwendungen gegen die materielle Berechtigung der Ansprüche des Begünstigten grundsätzlich erst nach Zahlung durch Rückforderungsklage gegen den Begünstigten geltend gemacht werden können (BGH, NJW 1989, 1480).

Es kann letztlich dahinstehen, ob die Sparkasse bei der Auszahlung Einreden erhoben hat. Die Sparkasse wies die Beklagte bei Auszahlung darauf hin, dass mit der Auszahlung kein Verzicht auf Einwendungen und Einreden im Rahmen eines etwaigen Rückforderungsprozesses verbunden ist und etwaige Rückforderungsansprüche ausdrücklich vorbehalten bleiben (Bl. 77 d. A.). Bei dieser Erklärung liegt jedenfalls keine freiwillige Zahlung auf eine verjährte Forderung vor, da kein Verzicht auf eine Einrede erklärt wurde.

Die Sparkasse konnte sich aufgrund der Besonderheit der Bürgschaft auf erstes Anfordern auch nicht auf die Verjährung berufen. Dies war der Sparkasse wegen der rechtlichen Ausgestaltung der Bürgschaft auf erstes Anfordern gerade versagt. Bei einer solchen Bürgschaft zahlt der Bürge auf die Anforderung regelmäßig nur unter Vorbehalt und ist mit den Tatsachen, aus denen sich die Einwendungen ergeben, später deswegen nicht präkludiert (Staudinger/Norbert Horn (2012) Vorbemerkungen zu §§ 765-778, Rn. 37).

Zu den im Rückforderungsprozess zu klärenden Fragen gehört auch die Verjährung der gesicherten Hauptforderung. Da der Bürge sich bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht nach § 768 BGB auf die Einrede der Verjährung berufen kann, ist diese Frage im Rückforderungsverfahren zu klären. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern verlagert aufgrund des vorläufigen Einwendungsausschlusses das Liquiditätsrisiko und stellt daher ein äußerst risikoreiches Geschäft dar. Der Gläubiger kann sich nämlich zunächst ohne die sich aus der Akzessorietät ergebenden Einwendungen und Einreden befriedigen. Da der Bürge bei Zahlung auf erstes Anfordern die Hauptverbindlichkeit nicht anerkennt, bleiben im folgenden sämtliche Einwendungen und Einreden im Rückforderungsverfahren möglich (vgl. BGH 90, 287, 294; BGH WM 1987, 367; BGH NJW 1989, 1480).

Hieraus folgt, dass sich ein Gläubiger, der sich aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern befriedigt, nicht auf § 214 Abs. 2, §§ 215, 216 BGB berufen kann.

Da bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern die Geltendmachung der Verjährungseinrede durch ihre Ausgestaltung ausgeschlossen ist, kann der Leistung nicht wie in sonstigen Fällen, in denen der Bürge die Verjährungseinrede hätte erheben können, dieselbe Finalität beigemessen werden. Aus diesem Grund kann der Bürge und der Schuldner im Rückforderungsprozess das trotz Verjährung Geleistete zurückverlangen (vgl. OLG Hamm v. 21.04.1994 – 21 U 215/93 – juris Rn. 31 – NJW-RR 1994, 1073-1074; Lakkis in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Auflage 2017, § 214 BGB Rn. 43).

§ 215 BGB verhilft der Beklagten aber auch aus anderen Erwägungen nicht zum Erfolg. Nach § 215 BGB schließt die Verjährung die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.

Da sich die Ansprüche nicht in einem unverjährten Zeitpunkt gegenüberstanden scheidet eine Aufrechnung bereits aus. Die Voraussetzungen des § 215 BGB liegen wegen der fehlenden Gleichartigkeit des Herausgabeanspruchs der Bürgschaftsurkunde der Klägerin an die Bürgin und des Zahlungsanspruches der Beklagten im Sinne von § 387 BGB nicht vorliegen. Das Erfordernis der Gleichartigkeit beschränkt die Aufrechnung im Wesentlichen auf beiderseitige Geldleistungen (Münchener Kommentar/Schlüter, BGB, 7. Auflage, § 387 BGB, Rn. 34 zu Einzelfällen aus der Rechtsprechung). Der Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Bürgin ist auf keine Zahlung gerichtet. Eine Gleichartigkeit mit dem Zahlungsanspruch liegt daher nicht vor (Schneider in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 1. Auflage 2013, § 551 Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten Rn. 160).

Die Bürgschaftsurkunde kann auch nicht zugunsten der Beklagten zu dem Zwecke der Schaffung einer Aufrechnungslage zu einem unverjährten Zeitpunkt als Barkaution verstanden werden. Das Landgericht hat zu Recht den Vertrag nicht dahingehend ausgelegt, dass der Mieter vorrangig eine Barkaution beibringen sollte. Vielmehr stehen in dem Vertrag die Möglichkeiten, entweder eine Barkaution oder eine Kaution in Form einer Bankbürgschaft beizubringen, gleichrangig nebeneinander. Grundsätzlich wird der Vermieter hierdurch auch nicht schlechter gestellt, wenn er die Bankbürgschaft rechtzeitig in Anspruch nimmt.

Unabhängig hiervon sind die §§ 215, 216 BGB ebenso wie § 214 BGB grundsätzlich auf Mietbürgschaften auf erstes Anfordern nicht anwendbar. Eine Anwendung der Bestimmungen auf eine Mietbürgschaft auf erstes Anfordern ist abzulehnen, so dass sich sowohl der Bürge als auch der Mieter auf die Verjährung der gesicherten Ansprüche berufen können (vgl. BGHZ 138, 49; OLG Hamm NJW-RR 1995, 939; vgl. Schmidt-Räntsch in: Erman, BGB, 15. Auflage 2017, § 215 BGB Rn. 3).“

2. Mit Schriftsatz vom 07.03.2018 hat die Beklagte zu diesem Hinweisbeschluss Stellung genommen und insbesondere ausgeführt, die vom Senat in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofes (NJW 1989, 1480) sei nicht einschlägig. Diese regele lediglich, welche Sorgfaltspflichten ein Bürge gegenüber dem Schuldner bei Inanspruchnahme durch den Begünstigten habe. Zudem befasse sich die Entscheidung mit einer Gewährleistungsbürgschaft, welche als einziges Sicherungsmittel vereinbart worden sei. Vorliegend sei insbesondere zu berücksichtigen, dass ein die Barkaution ersetzendes Sicherungsmittel vereinbart gewesen sei. Es sei der Beklagten im Fall eines solchen Sicherungsmittels nicht verwehrt mit einer verjährten Forderung aufzurechnen, zumal sich beide Forderungen in unverjährter Zeit gegenübergestanden hätten. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei einer Barkaution gleichzustellen, da der Vermieter andernfalls erheblich schlechter gestellt wäre.

3. Auch nach erneuter Prüfung und Beratung hält der Senat an seinen Ausführungen fest.

Wie der Senat bereits in dem Hinweisbeschluss ausgeführt hat, folgt aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.02.1989 – XI ZR 65/88 (NJW 1989, 1480), dass Einwendungen gegen die materielle Berechtigung der Ansprüche des Begünstigten erst nach Zahlung durch eine Rückforderungsklage gegen den Begünstigten geltend gemacht werden können. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkte sich die Prüfungspflicht der Bürgin lediglich auf die Frage, ob die materielle Berechtigung der von der Begünstigten geltend gemachten Ansprüche offensichtlich fehlte, deren Zahlungsaufforderung also eine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Nur in Fällen, in denen die missbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung durch den Begünstigten einer Bürgschaft klar erkennbar ist, entfällt die Zahlungspflicht des Bürgen. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind mithin alle Streitfragen tatsächlicher und rechtlicher Art, deren Beantwortung sich nicht von selbst ergibt, – wie vorliegend – in dem Rückforderungsprozess auszutragen.

Wie der Senat bereits in dem Hinweisbeschluss ausgeführt hat, hat der Kläger als Mietsicherheit gerade keine Barkaution, sondern eine Bürgschaft auf erstes Anfordern gewährt. Die eingeräumte Möglichkeit, die Mietsicherheit durch eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu stellen, führt nicht dazu, dass sämtliche eingeräumten Möglichkeiten rechtlich einer Barkaution gleichzustellen wären. Der Vermieter wird nicht schlechter gestellt, wenn er seine ihm vermeintlich zustehenden Ansprüche rechtzeitig verfolgt. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss (s. oben unter Ziffer 2.) Bezug genommen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

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