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Mietkautionsverrechnung – negatives Schuldanerkenntnis aufgrund Vermieterbestätigung

AG Zossen, Az.: 5 C 171/13, Urteil vom 17.03.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

4. Der Streitwert wird auf 5.009,24 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin vermietete an die Beklagten mit Mietvertrag vom 11. Juli 2011 Wohnräume in der … . Die Parteien vereinbarten einen monatlichen Mietzins in Höhe von 500,- € nebst einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 75,- €. Das Verhältnis dauerte vom 1. August 2011 bis zum 30. April 2013. In den Monaten Februar bis April 2013 leisteten die Beklagten an die Klägerin nur noch die Nebenkostenpauschale, aber keine Zahlungen mehr auf den Nettomietzins. Sie hatten der Klägerin im Zusammenhang mit der Kündigung des Mietverhältnisses im Januar 2013 mitgeteilt, sie würden die Nettomietzahlungen für die letzten drei Monate mit der Kaution in Höhe von 1500,- € verrechnen. Die Beklagte hatte unter dem 2. Februar 2013 den Beklagten den Eingang der Kündigung bestätigt und ferner darauf hingewiesen, sie hätten die Miete nebst Nebenkosten für die Monate Februar, März und April weiterhin auf das ihnen bekannte Konto zu bezahlen und die Mietkaution würde nach Beendigung des Mietverhältnisses abgerechnet. Am 12. März 2013 bescheinigte die Klägerin den Beklagten schriftlich, sie seien ihren Mietverpflichtungen seit dem 1. Oktober 2011 pünktlich nachgekommen und es bestünden zur Zeit keine Rückstände aus Miete oder Nebenkosten.

Die Beklagten entfernten während der Mietdauer einen Kachelofen aus der Mietwohnung und fällten vier Bäume.

Die Klägerin erhielt die Mietsache am 26. April 2013 zurück.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stünde für die Monate Februar bis April 2013 ein Anspruch auf Zahlung des Mietzinses in Höhe von 1.500,- € sowie wegen der Entfernung des Kachelofens sowie der Fällung der Bäume Schadensersatz in Höhe von 3509,24 € zu.

Die Klägerin hat die Klage zunächst im Urkundsprozeß erhoben und zunächst angekündigt, eine Verurteilung über einen Zahlbetrag von 1.725,- € zu beantragen. Sie hat dann die Klage in Höhe von 275 € (Nebenkostenpauschale) zurückgenommen und ist sodann mit bei Gericht am 4. November 2013 eingegangenem Schriftsatz vom Urkundsprozeß abgestandenen und hat die Klage erweitert, so daß sie nunmehr beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner 5009,24 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 500 € seit dem 6. Februar 2013, 6. März 2013 und 4. April 2013 sowie aus 3509,24 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie haben wegen des Schadensersatzes für die Entfernung des Kachelofens und die Fällung der Bäume die Einrede der Verjährung erhoben.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder Anspruch auf Zahlung der Mietzinse für die Monate Februar bis April 2013, noch auf Schadensersatz wegen Verschlechterung der Mietsache.

Ein Anspruch auf Mietzinszahlung besteht nicht. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 535 Abs. 2 BGB.

Hinsichtlich der Monate Februar und März 2013 hat die Klägerin mit der „Vermieterbestätigung“ vom 12. März 2013 erklärt, es bestünden keine Rückstände aus Miete oder Nebenkosten. Hieran ist die Klägerin gebunden. Diese Erklärung stellt ein negatives Schuldanerkenntnis im Sinne des § 397 BGB dar. Es handelt sich nicht lediglich um eine im Innenverhältnis unverbindliche Erklärung zur Wohnungsbewerbung (BGH NJW 2010, 1135). Würde eine solche Erklärung abgegeben werden, ohne daß damit auch eine Feststellung im vertraglichen Innenverhältnis zwischen Mieter und Vermieter getroffen würde, käme einer solchen Bescheinigung nach außen auch keinerlei Aussagegehalt zu, da sie gerade nicht den wahren Verhältnissen entsprechen müßte. Das aber entspricht gerade nicht dem Willen der Vertragsparteien, die erkennbar eine belastbare Aussage treffen wollten. Wenn man davon ausginge, eine solche Bescheinigung gäbe nicht die tatsächliche Situation im Vertragsverhältnis wieder, sondern träfe letztendlich nur eine im Zweifelsfall unwahre Aussage nach außen, so wäre die Erstellung der Bescheinigung sowie deren Vorlage von Anfang an nur auf einen strafbaren Betrug (§ 263 StGB) gegenüber dem neuen Vermieter ausgerichtet. Dem stehen auch die Entscheidungen LG Berlin GE 2011, 56 und AG Spandau GE 2011, 1563 nicht entgegen. Die Entscheidung des Landgerichts Berlin verhält sich bereits nicht zur Frage einer erteilten Mietschuldenfreiheitsbescheinigung. Im dort zu entscheidenden Fall lag – worauf das Landgericht Berlin auch abstellt – lediglich eine Bestätigung regelmäßiger Mietzinszahlung vor; eine Aussage zu bestehenden Mietschulden wurde dort nicht getroffen. Soweit das Amtsgericht Spandau davon ausgeht, die Erteilung der Mietschuldenfreiheitsbescheinigung sei lediglich ein Akt der Kulanz, wäre der Begriff „Kulanz“ nur ein Euphemismus für eine strafbare Beihilfe zum Betrug. Auch nicht gefolgt werden kann dem Amtsgericht Spandau, Adressat einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung sei der neue Vermieter und nicht der Mieter. Adressat einer Bescheinigung ist derjenige, dem sie erteilt wird. Mit einer „Bescheinigung“ wird schon begrifflich demjenigen etwas bestätigt, der um diese Bescheinigung bittet, in der Regel damit dieser die Bescheinigung gegenüber Dritten vorlegen kann. Dies ist auch das Verständnis des Gesetzgebers vom Begriff „Bescheinigung“. So wird etwa die Bescheinigung nach § 92 EStG dem Zulageberechtigten erteilt, der diese gegenüber den Steuerbehörden vorlegen kann; die Bescheinigung nach § 312 SGB III wird dem Arbeitnehmer erteilt, damit er sie der Bundesagentur vorlegen kann; die Bescheinigung nach § 3 BAföG wird dem Auszubildenden vom Fernlehrinstitut erteilt, damit dieser sie dem Amt für Ausbildungsförderung nach § 9 Abs. 3 BAföG vorlegen kann. Adressat einer Bescheinigung ist mithin derjenige, dem sie erteilt wird, nicht aber derjenige, dem die Bescheinigung später vorgelegt wird. Dem trägt auch die gegenständliche Bescheinigung Rechnung, die „zur Vorlage für eine Wohnungsbewerbung“ erteilt wurde. Diese Wortwahl zeigt, daß die Bescheinigung dem Mieter und nicht dem zukünftigen Vermieter erteilt wurde, denn es ist der Mieter, der sich um eine Wohnung bewerben möchte.

Die Klägerin vermag sich auch nicht darauf zurückzuziehen, sie habe im Zeitpunkt der Abgabe der Bestätigung nicht gewußt, daß die Beklagten im Februar und März 2013 keine Miete entrichtet hatten. Zwischen der Klägerin und den Beklagten erfolgte erst im Februar 2013 ein Austausch über die Frage, ob die Beklagten den Mietzins verrechnen könnten. Vor diesem Hintergrund war der Klägerin bewußt, daß die Beklagten vorhatten, den Mietzins nicht zu entrichten. Da sie trotz dieser Erkenntnis die Bescheinigung erstellt hat, kann diese wegen § 814 BGB auch nicht kondiziert werden. § 814 ist auch auf das negative Schuldanerkenntnis anwendbar (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 397 Rn. 10).

Auch für April 2013 steht der Klägerin kein Anspruch auf Mietzinszahlung aus § 535 Abs. 2 ZPO zu. Dieser ist durch die Verrechnung mit der Mietkaution untergegangen. Die Beklagten haben der Klägerin gegenüber angekündigt, sie würden die Mietzinszahlungen für Februar bis April 2013 mit der Kaution verrechnen. Nachdem die Beklagten in den Monaten Februar bis März 2013 so verfahren waren, hatte die Klägerin ihnen gegenüber bescheinigt, sie hätten keinen Mietrückstand. Dies kann vom objektiven Empfängerhorizont nur dahingehend gedeutet werden, daß die Klägerin gegenüber dem Beklagten – wenn auch nach anfänglicher Ablehnung – das Einverständnis mit dieser Verrechnung erklärte. Die in der Bestätigung vom 12. März 2013 liegende Erklärung, es bestünden keine Rückstände aus Miete, ist dahingehend auszulegen, daß die ursprünglich bestanden habenden Ansprüche in den Monaten Februar und März durch die Verrechnung mit der Kaution untergegangen sind und die Klägerin dies akzeptierte, mithin mit der Verrechnung einverstanden war.

Auch Ansprüche auf Schadensersatz wegen der Entfernung des Kachelofens und der Fällung von Bäumen stehen der Klägerin nicht zu. Es kann dahinstehen, ob ein solcher Anspruch aus §§ 546Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 1 BGB zunächst entstanden ist. Er wäre jedenfalls nach § 548 BGB verjährt. Die Mietsache wurde der Klägerin am 28. April 2013 zurückgegeben. Mit diesem Tag begann die sechsmonatige Verjährungsfrist zu laufen. Auch wenn das Abnahmeprotokoll nur einen Istzustand dokumentieren will, ohne eine endgültige Übergabe zuzusichern, erfolgte an diesem Tag die Rückgabe der Mietsache. Der formularmäßige Vorbehalt im Abnahmeprotokoll besteht erkennbar für diejenigen Fälle, in denen aufgrund des festgestellten Zustandes der Wohnung eine Übergabe noch nicht erfolgen soll, damit der Mieter bis zur späteren Übergabe noch bestimmte Arbeiten vornehmen kann. Das war aber vorliegend nicht der Fall. Vorliegend wurden aber am 28. April 2013 die Schlüssel und damit auch die Mietsache endgültig übergeben. Dies wurde durch die Klägerin auch unter der Überschrift „Schlüsselübergabeprotokoll/Besitzübergang“ am 28. April 2013 bestätigt. Die Klageerweiterung, welche die Schadensersatzansprüche zum Gegenstand hatte, wurde jedoch erst am 4. November 2013, mithin nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährung anhängig gemacht. Auch wenn das Mietverhältnis am 28. April 2013 noch nicht geendet hatte, begann die Verjährungsfrist gleichwohl an diesem Tag zu laufen. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Rückgabe, auch wenn der Mietvertrag später endet (BGH NJW 2006, 1588). Der Gesetzeswortlaut stellt nicht auf das Ende des Vertragsverhältnisses, sondern auf das tatsächliche Zurückerhalten der Mietsache ab. Zweck der Regelung ist es, zeitnah eine möglichst schnelle Klarstellung über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit den Zustand der Mietsache zu erreichen. Dem Gesetzeswortlaut ist nichts zu entnehmen, was dafür sprechen, daß im Falle der Rückgabe der Mietsache vor Vertragsende anderes gelten sollte (BGH a. a. O.).

Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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