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Mietmangel – Entfall Leistungsverweigerungsrecht des Mieters aufgrund langer Zeit

AG Hamburg – Az.: 48 C 242/20 – Urteil vom 24.02.2022

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 4.189,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf jeweils € 122,50 seit dem 4.2.2016, seit dem 6.4.2016, seit dem 6.5.2016, seit dem 6.6.2016, seit dem 6.7.2016, seit dem 4.8.2016, seit dem 6.9.2016, seit dem 7.10.2016, seit dem 4.11.2016, seit dem 6.12.2016, seit dem 5.1.2017, seit dem 4.2.2017, seit dem 4.3.2017, seit dem 5.4.2017, seit dem 5.5.2017, seit dem 6.6.2017, seit dem 5.7.2017, seit dem 4.8.2017, seit dem 5.9.2017, seit dem 6.10.2017, seit dem 4.11.2017, seit dem 5.12.2017, seit dem 5.1.2018, seit dem 6.2.2018, seit dem 6.3.2018, seit dem 6.4.2018, und auf jeweils € 125,50 seit dem 7.5.2018, seit dem 6.6.2018, seit dem 5.7.2018, seit dem 6.8.2018, seit dem 6.9.2018, seit dem 5.10.2018, seit dem 6.11.2018 sowie seit dem 6.12.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 63 % und der Beklagte 37 % zu tragen.

3. Das Urteil ist für den Beklagten ohne Sicherheitsleistung, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 11.284,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung offener Mietbeträge bis einschließlich Dezember 2018.

Die Parteien sind durch Mietvertrag vom 28.2.2013 über die vom Beklagten bewohnte Wohnung in dem Mehrfamilienhaus […] in […] Hamburg, 1. Obergeschoss, miteinander verbunden.

Ab Februar 2016 leistete der Beklagte von der Bruttomonatsmiete in Höhe von € 4.150,00 einen um monatlich € 330,00 gekürzten Betrag. Ab 1.5.2018 betrug die Bruttomonatsmiete € 4.250,00, von der der Beklagte einen um monatlich € 338,00 gekürzten Betrag entrichtete.

Die Gesamtwohnfläche der Wohnung beträgt 215 m². Von der Straßenseite aus betrachtet links vorne befindet sich ein Zimmer mit einer Größe von ca. 12 m². Auf den als Anlage zum Protokoll zur Akte genommenen Grundriss wird Bezug genommen. Der hier streitgegenständliche Raum ist darauf als „Zimmer 3“ eingetragen.

Erstmals im Dezember 2015 zeigte der Beklagte gegenüber der Klägerin „Feuchtigkeit an der Decke (u.a. erste braune Flecken)“ an. Im Januar 2016 gab der Beklagte zudem als Grund für die Minderung einen muffigen, feuchten Geruch an.

Jedenfalls bis Dezember 2018 erfolgten keine diesbezüglichen Behebungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die geltend gemachte Minderung sei unberechtigt, weil durch den Zustand des streitgegenständlichen Zimmers jedenfalls keine erhebliche funktionelle Gebrauchsbeeinträchtigung gegeben sei. Dies ergebe sich zum einen aus der Geringfügigkeit behaupteter Mängelerscheinungen und zum anderen aus der größenmäßig untergeordneten Bedeutung des streitgegenständlichen Zimmers.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 11.284,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf jeweils € 330,00 seit dem 4.2.2016, seit dem 6.4.2016, seit dem 6.5.2016, seit dem 6.6.2016, seit dem 6.7.2016, seit dem 4.8.2016, seit dem 6.9.2016, seit dem 7.10.2016, seit dem 4.11.2016, seit dem 6.12.2016, seit dem 5.1.2017, seit dem 4.2.2017, seit dem 4.3.2017, seit dem 5.4.2017, seit dem 5.5.2017, seit dem 6.6.2017, seit dem 5.7.2017, seit dem 4.8.2017, seit dem 5.9.2017, seit dem 6.10.2017, seit dem 4.11.2017, seit dem 5.12.2017, seit dem 5.1.2018, seit dem 6.2.2018, seit dem 6.3.2018, seit dem 6.4.2018, und auf jeweils € 338,00 seit dem 7.5.2018, seit dem 6.6.2018, seit dem 5.7.2018, seit dem 6.8.2018, seit dem 6.9.2018, seit dem 5.10.2018, seit dem 6.11.2018 sowie seit dem 6.12.2018 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, nicht zur Zahlung der geltend gemachten Beträge verpflichtet zu sein. Die Miete sei gemindert und im Übrigen könne er sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Im streitgegenständlichen Zimmer befinde sich in einer Ecke im stuckverzierten Deckenbereich eine bräunlich-dunkle Verfärbung als Folge des Eindringens von Feuchtigkeit. Die betroffene Fläche sei ca. 50 cm x 60 cm groß. Von der Stelle gehe ein unangenehm muffiger Geruch aus. Es bestehe die Gefahr einer Schimmelbildung.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D. und E. sowie durch schriftliche Befragung des Zeugen P. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20.1.2022 Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in tenoriertem Umfang begründet.

I. Der Klägerin stehen für Februar 2016 und den Zeitraum April 2016 bis einschließlich April 2018 offene Restmieten in Höhe von monatlich je € 122,50 sowie für den Zeitraum Mai 2018 bis einschließlich Dezember 2018 offene Restmieten in Höhe von monatlich je € 125,50 zu.

1. Der Anspruch ergibt sich aus § 535 Abs. 2 BGB.

2. Im Übrigen besteht ein Anspruch der Klägerin nicht.

a) Der Mietzinsanspruch war während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums gemindert um einen Betrag in Höhe von 5 % der jeweiligen Bruttomonatsmiete. Dementsprechend ergibt sich ein monatlicher Minderungsbetrag bis einschließlich April 2018 in Höhe von € 207,50 sowie in Höhe von € 212,50 bis einschließlich Dezember 2018.

Die Minderung ergibt sich aus § 536 Abs. 1 S. 2 BGB.

Danach hat der Mieter für die Zeit, während der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten.

aa) Im von der Straße aus betrachtet vorderen linken Zimmer besteht ein zur Minderung berechtigender optischer Mangel sowie eine weitere Mangelhaftigkeit in Form einer Geruchsbeeinträchtigung.

Ein Mangel liegt vor, wenn die Istbeschaffenheit von der geschuldeten Sollbeschaffenheit abweicht. Die Sollbeschaffenheit richtet sich in Ermangelung ausdrücklicher Absprachen nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

1) Der Mieter kann danach erwarten, dass Wände und Deckenbereiche frei von deutlich wahrnehmbaren Feuchteflecken sind.

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Parteien im Mietvertrag eine Renovierungsklausel aufgenommen haben. Steht deren Wirksamkeit im Anschluss an die Ausführungen des Amtsgerichts Hamburg, Urteil vom 15.05.2020 – Az. 49 C 493/19 – ohnehin in Zweifel, greift sie jedenfalls nicht für solche nachteiligen dekorativen Zustände ein, welche in keinem Zusammenhang mit dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache stehen und auch sonst nicht der Verantwortung des Mieters zuzuordnen sind.

Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich in dem streitgegenständlichen Zimmer während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums in einer Ecke der Decke im Bereich der Stuckverzierungen optisch deutlich wahrnehmbare Verfärbungen aufgrund von Feuchteeinwirkungen vorhanden waren, welche sich über eine für die optische Wahrnehmung signifikante Fläche erstreckten.

Das Gericht stützt seine Überzeugung (§ 286 ZPO) auf die Aussage der Zeugin D.

Diese hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, dass Verfärbungen wie in etwa aus Anlage B1 ersichtlich vorhanden waren. Die Aussage wies hinreichende Realkennzeichen auf. Die Bekundungen der Zeugin waren assoziativ und schilderten die eigenen Wahrnehmungen durchgehend authentisch. Die Formulierungen waren eigenständig und ließen den Schluss zu, dass die Zeugin allein aufgrund eigenen Erlebens berichtet. Begünstigungstendenzen ließ die Aussage nicht erkennen, wenngleich das Gericht nicht verkennt, dass die Zeugin als Mitbewohnerin der streitgegenständlichen Wohnung und Partnerin des Beklagten ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Vielmehr vermochte die Zeugin, etwa zur Größe der Feuchteerscheinung gefragt, differenziert zu antworten.

Die Angaben der Zeugin werden gestützt durch die als Anlage B2 bei der Akte befindlichen gutachterlichen Feststellungen.

Die Angaben des sachverständigen Zeugen E. vermögen an der Glaubhaftigkeit nicht zu rüttelt. Dieser hat ebenfalls bekundet, entsprechende Verfärbungen optisch wahrgenommen zu haben. Er hatte zwar eine andere Erinnerung an deren Ausmaße. Der Zeuge war nach eigenen Angaben jedoch nur einmal selbst in dem Raum und hat aufgrund seiner Profession häufig mit ähnlichen gelagerten Materien zu tun. Der Zeuge hat auch zugestanden, selbst keine Aufzeichnungen gemacht und sich insoweit auf die Arbeiten des gerichtlichen Sachverständigen verlassen zu haben. Letztlich würdigt das Gericht die Aussage des Zeugen E. dahingehend, dass dieser – anders als die sich regelmäßig in der Wohnung aufhaltende Zeugin D. – nicht hinreichend sicher aufgrund eigener Wahrnehmungen zu bekunden vermochte. So blieben seine Angaben – auch auf Nachfrage – eher oberflächlich, was auch der seit den Wahrnehmungen zurückgelegten Zeit geschuldet sein mag.

2) Des Weiteren kann der Mieter erwarten, dass in den Wohnräumen nicht dauerhaft ein unangenehmer, muffiger Geruch herrscht, welcher bei objektivierender Betrachtung das Wohlbefinden beeinträchtigt.

Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass in dem Raum ein unangenehmer bis übler Geruch herrschte, welcher bei geschlossenen Fenstern und Türen an Intensität zunahm und zuweilen sich in benachbarte Räume ausbreitete.

Das Gericht stützt seine Überzeugung (§ 286 ZPO) auf die Aussage der Zeugin D.

Diese hat von sich aus assoziativ über einen üblen Geruch berichtet. Ihre weiteren Bekundungen insbesondere zur asthmatischen Erkrankung des Beklagten ließen erkennen, dass die von der Zeugin erfahrenen Beeinträchtigungen durch jenen Geruch sie sichtlich emotional beschäftigten. Die Zeugin bekundete in diesem Zusammenhang, dass selbst für sie als Mitbewohnerin ohne asthmatische Belastung eine Nutzung des Raumes aus gesundheitlichen Gründen aus ihrer Sicht nicht in Betracht komme, weil sie sich unwohl fühle. Die Angaben erschöpften sich mithin nicht im Theoretischen, sondern ließen objektiv anknüpfbare, reale Folgewirkungen der von der Zeugin bekundeten Geruchsbeeinträchtigung erkennen, ohne diese jedoch zu überspitzen.

Hingegen vermögen die Angaben des Zeugen E. in diesem Zusammenhang keine Zweifel des Gerichts zu schüren. Dieser war lediglich einmal in dem Raum. Es soll sich nach den Angaben der Zeugin zudem nicht um einen penetrant-stechenden Gestank, sondern um einen muffigen Geruch handeln, welcher bei Gelegenheit der Begutachtung nicht aufgefallen sein mag. Soweit der Zeuge E. bekundete, ein von ihm wahrgenommener Geruch hätte ihn wegen seiner klägerseitigen Auftrags zu weiteren Folgemaßnahmen veranlassen müssen, handelt es sich um eine Schlussfolgerung und nicht die Bekundung einer tatsächlichen Wahrnehmung. Dass der Zeuge keine weiteren Maßnahmen veranlasste, ist nach Auffassung des Gerichts kein Indiz gegen einen mal zunehmenden, mal abnehmenden unangenehmen muffigen Geruch in dem Zimmer.

Auch die schriftliche Aussage des Zeugen P. vermag vernünftigerweise keine Zweifel zu begründen. Der Zeuge konnte aus seiner Erinnerung zwar nicht das Vorhandensein eines muffigen Geruchs bestätigen. Das Gericht geht insoweit jedoch von einer eingeschränkten Wahrnehmungsfähigkeit und Wahrnehmungsbereitschaft des Zeugen aus. Dieser hielt sich bei insgesamt drei Gelegenheiten jeweils für 10 bis 15 Minuten in dem Raum auf. Anlass der Begehungen war jeweils ein Gutachtenauftrag. Damit hielt sich der sachverständige Zeuge nicht nur selten und kurz in dem Raum auf. Er war zudem mit seiner Gutachtertätigkeit befasst, welche die Feststellung olfaktorischer Beschaffenheitsmerkmale nicht einschloss. Es ist mithin nicht davon auszugehen, dass ein vorhandener muffiger Geruch dem sachverständigen Zeugen ins Bewusstsein gedrungen wäre und sich in seiner Erinnerung verankert hätte. Insoweit ist zu beachten, dass es sich auch nach Aussage der Zeugin D. um keinen penetrant-stechenden Gestank handelte, welcher sich unmittelbar ins Bewusstsein drängen würde, sondern um einen muffigen Geruch, welcher bei kurzzeitiger Ausgesetztheit und anderweitiger Ausrichtung der Aufmerksamkeit nicht bewusst wahrzunehmen gewesen sein kann. In die Würdigung mit einzustellen ist auch, dass die Begehungen zeitlich signifikant zurückliegen und der sachverständige Zeuge beruflich bedingt eine Vielzahl von ähnlichen Ortsterminen abhält, was sein spezifisches Erinnerungsvermögen relativiert. Eine Ladung des Zeugen zwecks ergänzender persönlicher Vernehmung nach § 377 Abs. 3 S. 3 ZPO ist hiernach nicht erforderlich, da dies zur weiteren Klärung der Beweisfrage nicht notwendig ist.

3) Weitere Feststellungen zu den genauen Maßen der Verfärbung und deren Ausbreitung im zeitlichen Verlauf können unterbleiben, da nach der Überzeugung des Gerichts feststeht, dass es sich um eine zwar auf eine Ecke der Raumdecke beschränkte, aber doch optisch deutlich wahrnehmbare Verfärbung handelte. Diese mag sich im Verlauf der Zeit seit Februar 2016 vergrößert haben – aus dem Vortrag der Parteien ergibt sich indes keine derart signifikante flächenmäßige Veränderung der Verfärbung, welche nach Zeitabschnitten unterschiedlich zu bemessende angemessene Minderungshöhen rechtfertigen würde.

Soweit die Minderung des Weiteren auf eine möglicherweise bestehende Gefahr oder ein erhöhtes Risiko einer Schimmelbildung gestützt wird, vermag dies keinen zur Minderung berechtigenden Mangel zu begründen. Denn eine Beeinträchtigung des Gebrauchs geht damit bei verständiger Würdigung nicht einher. Das Gericht nimmt Bezug auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 5.12.2018 – Az. VIII ZR 271/17 -, denen es sich anschließt.

bb) Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit im Sinne des § 536 Abs. 1 S. 3 BGB nimmt das Gericht nach umfassender Würdigung und Abwägung nicht an.

Zwar ist bei optischen Mängeln nicht ohne Weiteres von der Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle auszugehen, weil die äußere Erscheinung der Mietsache in der Regel deren vertragsmäßigen Gebrauch kaum beeinträchtigt. Bei der rechtlichen Beurteilung dürfen die Umstände des Einzelfalles indes nicht unberücksichtigt bleiben. Insoweit ist hier zu berücksichtigen, dass es sich um eine Wohnung im gehobenen Preissegment handelt, bei der der Mieter berechtigterweise hohe Ansprüche an den dekorativen Gesamtzustand stellen darf. Des Weiteren wird der optische Mangel hier begleitet von einem unangenehmen Geruch, welcher nicht nur die Repräsentativität der Wohnung beeinträchtigt, sondern auch den tatsächlichen Gebrauch des betroffenen Zimmers selbst – und zwar unabhängig vom Vorliegen etwaiger asthmatischer Erkrankungen allein wegen des Umstands, dass ein längerer Aufenthalt in einem Raum mit entsprechendem Geruch von einem durchschnittlichen Mieter bei verständiger Würdigung als unangenehm empfunden wird.

Eine Unterschreitung der Erheblichkeitsschwelle lässt sich auch nicht aus daraus ableiten, dass auf den betroffenen Raum nur ein geringer Anteil der Gesamtfläche der Wohnung entfällt. Das Maß der Beeinträchtigung hinsichtlich des betroffenen Zimmers muss im Kontext des Zuschnitts der Wohnung gewürdigt werden. Diesbezüglich hat die Zeugin D. unter Bezugnahme auf einen Grundriss der Wohnung für das Gericht gut nachvollziehbar dargelegt – und hat sich der Beklagte diese Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zu eigen gemacht -, dass ein erheblicher Teil der Wohnfläche auf Flure, Balkone und eine Diele entfällt, sodass den einzelnen Zimmern eine hervorgehobene Bedeutung beizumessen ist. Es scheint daher verfehlt, das betroffene Zimmer seiner tatsächlichen Nutzungsart ungeachtet wertungsmäßig als Abstellraum zu qualifizieren. Vielmehr handelt es sich nach der Wertung des Gerichts um ein normales kleines Zimmer.

cc) Das Gericht hält eine Minderung der Bruttomonatsmiete um 5 % für angemessen.

Dabei berücksichtigt das Gericht, dass unmittelbar nur ein kleines Zimmer betroffen ist, welchem allerdings eine eigenständige Bedeutung beizumessen ist. Der optische Mangel ist in einem dekorativ relevanten Bereich der Zimmerdecke vorhanden und stört die ästhetische Gesamterscheinung des Raumes. Ebenfalls berücksichtigt das Gericht den andauernden, mal zunehmend, mal abnehmend intensiven muffigen Geruch, der allerdings nicht stechend oder penetrant ist, angemessen bei der Bemessung der Quote.

b) Ein über den Minderungsbetrag hinausgehendes Zurückbehaltungsrecht steht dem Beklagten nicht zu.

Mag dem Beklagten zunächst ein Recht zur Leistungsverweigerung zugestanden haben, so ist dieses jedenfalls zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt, nachdem die Mängelanzeige mehr als fünf Jahre zurückliegt und eine Instandsetzung nach Vortrag des Beklagten noch immer nicht erfolgt ist, rückwirkend entfallen. Möglicherweise in der Vergangenheit berechtigt zurückbehaltene Beträge sind damit jedenfalls zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zur Zahlung fällig.

Allerdings kann der Mieterpartei bei Mangelhaftigkeit der Mietsache neben der kraft Gesetzes eintretenden Minderung das Recht zustehen, die Zahlung der (geminderten) Miete nach § 320 Abs. 1 S. 1 BGB (teilweise) zu verweigern, was dann einer Durchsetzbarkeit einbehaltener Mietbeträge insoweit entgegensteht. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 17.6.2015 – Az. VIII ZR 19/14, zitiert nach juris).

Der Beklagte hat sich im Prozess ausdrücklich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.

Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich jedoch, dass bei der gemäß § 320 Abs. 2 BGB an dem Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Beurteilung, in welcher Höhe und in welchem zeitlichen Umfang dem Mieter neben der Minderung ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, fernab jeder schematischen Betrachtung die Umstände des jeweiligen Einzelfalles gebührend zu würdigen sind (BGH, Urteil vom 17.6.2015 – Az. VIII ZR 19/14, juris Rn. 59).

Ein zeitlich unbegrenztes Zurückbehaltungsrecht steht der Mieterpartei jedenfalls nicht zu (BGH, Urteil vom 17.6.2015 – Az. VIII ZR 19/14, juris Rn. 60).

Nach den zutreffenden rechtlichen Wertungen des Bundesgerichtshofs hat sich die tatrichterliche Bemessung der zeitlichen Grenzen eines mangelbezogenen Zurückbehaltungsrechts an dem Zweck desselben auszurichten. Das Leistungsverweigerungsrecht des § 320 BGB dient in der hier relevanten Konstellation dazu, auf die Vermieterpartei – vorübergehend – Druck auszuüben in Hinblick auf die Erfüllung der im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Mietforderung stehenden Vermieterpflichten, zu denen auch die Instandsetzungspflicht nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zählt (BGH, Urteil vom 17.6.2015 – Az. VIII ZR 19/14, juris Rn. 61). Die Mieterpartei darf die Zurückbehaltung redlicherweise nur so lange aufrechterhalten, wie damit noch die beabsichtigte Druckfunktion erfüllt werden kann (BGH, Urteil vom 17.6.2015 – Az. VIII ZR 19/14, juris Rn. 63).

Dementsprechend entfällt das Leistungsverweigerungsrecht nicht nur mit Erledigung des Instandsetzungsbegehrens durch Beseitigung des Mangels oder Beendigung des Mietverhältnisses, sondern auch dann, wenn aufgrund der Höhe des Mieteinbehalts und/oder der verstrichenen Zeit seit dem erstmaligen Einbehalt der Miete nicht mehr zu erwarten ist, dass die Vermieterseite ihrer Verpflichtung zur Mangelbeseitigung nachkommen wird und die Zurückbehaltung damit ihren Zweck verfehlt hat (BGH, Urteil vom 17.6.2015 – Az. VIII ZR 19/14, juris Rn. 61, 63).

Mit dem Wegfall des Zurückbehaltungsrechts aber werden die gesamten zunächst zu Recht einbehaltenen Beträge grundsätzlich sofort zur Zahlung fällig (BGH, Urteil vom 17.6.2015 – Az. VIII ZR 19/14, juris Rn. 61).

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rekurriert entscheidend darauf, dass im Falle einer mangelhaften Mietsache dem Äquivalenzinteresse der Mieterpartei nach der Konzeption des Gesetzgebers bereits durch die nach Maßgabe des § 536 BGB geminderte Miete abschließend Rechnung getragen sei (BGH, Urteil vom 17.6.2015 – Az. VIII ZR 19/14, juris Rn. 62). Das Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 BGB tritt als eigenständiges Institut mit eigenständiger Zielrichtung daneben. Dementsprechend darf die Leistungsverweigerung auch im laufenden Mietverhältnis nicht zu einer Quasi-Minderung von Dauer zweckentfremdet werden, was jedoch dann der Fall wäre, wenn der Wegfall der Einrede nicht die sofortige Fälligkeit der bis dahin zurückbehaltenen Beträge nach sich zöge. Insoweit unterscheidet sich der zeitliche Bezugsrahmen einer Leistungsverweigerung im Mietverhältnis von derjenigen etwa bei Kauf- oder Werkverträgen, weil bei einem Dauerschuldverhältnis wie der Miete das mangelbedingte Ungleichgewicht nur für die Zukunft beseitigt werden kann und die eingeschränkte Gebrauchstauglichkeit für vergangene Zeitabschnitte hingenommen werden müssen.

Gegen eine sofortige Fälligkeit nach Wegfall der Druckfunktion lässt sich auch nicht das Argument anführen, auf diese Weise werde eine Vermieterpartei privilegiert, welche dem Instandsetzungsverlangen der Mieterpartei möglichst lange nicht nachkomme. Denn das Leistungsverweigerungsrecht der Mieterpartei stellt für diese ein Privileg dar, weil es selbständig neben die Minderung als Äquivalenzausgleich tritt. Der Wegfall eines die Mieterpartei privilegierenden Rechtsinstituts bedeutet indes nicht zugleich eine Privilegierung der Vermieterpartei – vielmehr bleibt es dann nach gesetzgeberischer Konzeption bei der Minderung, welche gegebenenfalls auf Dauer Äquivalenzausgleich schafft. Der Instandsetzungsanspruch der Mieterpartei bleibt zudem bestehen, sodass die Mieterpartei keineswegs schutzlos gestellt ist.

II. Die Zinsansprüche resultieren aus §§ 286, 288 BGB.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

 

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