LG Berlin – Az.: 67 S 131/19 – Beschluss vom 08.08.2019
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
I.
Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.
Die Berufung, die sich nur noch gegen die vom Amtsgericht zuerkannte Rückbauverpflichtung richtet, ist unbegründet.
Der Beklagte ist dem Kläger gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Rückbau verpflichtet. Die im Verlaufe des Mietverhältnisses in Abwesenheit des Klägers vorgenommenen Grundriss- und sonstigen Veränderungen durch den Beklagten stellen einen Mangel der Mietsache dar. Die Berufung verfängt nicht, soweit sie rügt, der schriftliche Mietvertrag verhalte sich nicht ausdrücklich zur Beschaffenheit der Mietsache, so dass ein Mangel i.S.d. §§ 535 ff. BGB bereits grundsätzlich ausscheide. Denn auch ohne ausdrückliche mietvertragliche Regelung der Parteien gelten der Zuschnitt und die Ausstattung der Mietsache als konkludent vereinbart, die der Mieter zum Zeitpunkt der letzten Besichtigung der Mietsache vor Abschluss des Mietvertrages oder zu Beginn des Mietverhältnisses vorgefunden hat (vgl. Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 536 Rz. 20 m.w.N.). Diesen vertragsgemäßen Soll-Zustand hat der Beklagte im Verlaufe des Mietverhältnisses ohne Rechtfertigung verändert.
Die Berufung dringt ebenfalls nicht durch, soweit sie geltend macht, die Parteien hätten sich auf die vom Beklagten veranlasste Veränderung der Mietsache verständigt. Die Kammer teilt das vom Amtsgericht gewonnene gegenteilige Beweisergebnis, das nicht nur auf einer ausführlichen und verfahrensfehlerfreien Beweiserhebung, sondern auch auf einer zutreffenden Beweiswürdigung beruht, ohne Einschränkungen.
Die Rückbauverpflichtung des Beklagten ist auch nicht wegen Überschreitens der sog. „Opfergrenze“ ausgeschlossen. Die Opfergrenze ist erst dann überschritten, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen dem Instandsetzungsaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits besteht. Wann diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung. Sie muss von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen wertend unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ermittelt werden. Bei der Bestimmung der dem Vermieter zuzumutenden Anstrengungen ist gemäß § 275 Abs. 2 BGB auch ein etwaiges Eigenverschulden des Vermieters zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. vom 21. April 2010 – VIII ZR 131/09, NJW 2010, 2050, beckonline Tz. 22, 23).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Opfergrenze nicht überschritten. Dabei kann dahinstehen, ob sich die Rückbaukosten tatsächlich auf den vom Beklagten behaupteten Betrag von 30.000,00 EUR belaufen. Selbst ein Instandsetzungsaufwand in dieser Höhe würde die Opfergrenze nicht überschreiten, da sie weder die wirtschaftliche Existenz des Beklagten gefährdet noch außer Verhältnis zum Verkehrswert des Mietobjekts steht. Es ist zwar zutreffend, dass die behaupteten Mängelbeseitigungskosten in einem Missverhältnis zu der aus der Vermietung der streitgegenständlichen Wohnung erzielten Nettokaltmiete von monatlich 200,00 EUR stehen. Das allein rechtfertigt jedoch keine dem Beklagten günstigere Beurteilung, da es seinen Rechtsvorgängern und ihm möglich gewesen wäre, entweder bei Mietvertragsschluss im Jahre 2002 eine höhere Ausgangsmiete zu vereinbaren oder den Mietzins im Verlaufe des Mietverhältnisses gemäß §§ 558, 559 BGB zu erhöhen. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung tritt entscheidend hinzu, dass die Entstehung der nunmehr zu beseitigenden Mängel auf ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten zurückzuführen ist.
Schließlich ist der Instandsetzungsanspruch des Klägers auch nicht verjährt. Die von der Berufung angegriffenen – im Ergebnis allerdings zutreffenden – Erwägungen des Amtsgerichts können insoweit dahinstehen. Denn der Anspruch des Mieters auf Mangelbeseitigung ist während der Mietzeit unverjährbar (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 17. Februar 2010 – VIII ZR 104/09, NZM 2010, 235, beckonline Tz. 17). So liegt der Fall hier, in dem das zwischen den Parteien begründete Mietverhältnis bis heute ungekündigt fortbesteht. Die Voraussetzungen, nach denen ein auf § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB beruhender Mangelbeseitigungsanspruch des Mieters ausnahmsweise verwirkt wäre, sind ebenfalls nicht erfüllt. Auch das hat das Amtsgericht zutreffend erkannt.
II.
Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen, auch zur Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.