AG Schöneberg – Az.: 15 C 390/16 – Urteil vom 25.07.2017
1. Es wird festgestellt, dass die Kläger berechtigt sind, seit Juli 2016 die monatliche Bruttowarmmiete für ihre im Hause G. Straße in … B. im Erdgeschoss rechts gelegene Wohnung in Höhe von derzeit 721,25 € sowie in der jeweils aktuell geltend Höhe wegen der vor der Wohnung zur Straßenseite aufgestellten begehbaren Rampe zum Hauseingang fortlaufend um 5% zu mindern. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leisten.
Tatbestand
Die Kläger mieteten von der damaligen Grundstückseigentümerin, der Firma D. GmbH aufgrund des schriftlichen Mietvertrages vom 16. April 2004 die im Hause G. Straße in … B. gelegene Neubauwohnung an. Die Wohnung besteht aus 3 Zimmern, einer Küche, einem Bad, einer Diele, einem Balkon, einem Abstellraum und einen Mieterkeller. Nach den Angaben im Mietvertrag hat die Wohnung eine Größe von 81,96 m². Das Erdgeschoss war bei Mietvertragsbeginn nur über eine Außentreppe mit 8 Stufen zu erreichen. Die Wohnung befindet sich in einem Hochhaus mit 11 Stockwerken. Auf jeder Etage befinden sich 3 Wohnungen. Das Gebäudes befindet sich auf einem großem Grundstück mit Grünflächen, dass mit mehreren Wohngebäuden bebaut ist. Vor der Wohnung befand sich eine Grünfläche, die durch Fußwege zu den anderen Gebäuden aufgeteilt war.
Die Beklagte trat als Vermieterin in das Mietverhältnis ein.
Mit Schreiben vom 25. April 2015 kündigte die Hausverwaltung der Beklagten Modernisierungsmaßnamen an, insbesondere dass behindertengerechte Eingangsbereiche für die Aufgänge G. Straße 6a, 6b, 6e bis g geschaffen werden sollten. In welcher Form dies erfolgten sollte, wurde den Klägern nicht mitgeteilt. Die Beklagte errichtete zu Beginn des Jahres 2015 vor den Fenstern zur Küche, Bad und Schlafzimmer eine behindertengerechte Rampe aus Metall, die zum Hauseingang führt. Die Rampe beginnt flach ansteigend am Hauseingang und verläuft parallel zum Gebäude zum straßenseitigen Ende der Wohnung der Kläger. Dort macht die Rampe einen Bogen und verläuft wiederum parallel leicht ansteigend zum Hauseingang. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Fotos Bl. 20 bis 25 d.A. Bezug genommen.
Am 17. Oktober 2016 sowie am 3. und 4. November 2016 war der Eingangstreppe bzw. der Regulierer aus Zugang gesperrt, so dass sämtliche Mieter und Besucher die Rampe benutzten.
Mit Schreiben vom 8. Juni 2016 beanspruchten der Berliner Mieterverein für die Kläger eine monatliche Mietminderung und baten um Bestätigung bis zum 30. Juni 2016. Mit Schreiben vom 15. Juni 2016 lehnte die Hausverwaltung der Beklagten jegliche Mietminderung ab. Mit Schreiben vom 2. September 2016 teilten die Kläger der Hausverwaltung der Beklagten mit, dass sie die Miete fortlaufend unter dem Vorbehalt einer angemessenen Mietminderung zahlen würden.
Mit Schriftsatz vom 11. April 2017 bot die Beklagte den Klägern einen zusätzlichen Einbruchsschutz vor den Fenstern sowie den Einbau verspiegelter Scheiben, die von außen nicht einzusehen seien, jedoch einen ungehinderten Blick aus der Wohnung heraus ermöglicht.
Die Kläger machen geltend, dass Personen, die auf der Rampe an der Wohnung vorbeigingen, in die Fenster zur Küche, Bad und Schlafzimmer reinschauen könnten. Die Rampe erhöhe die Einbruchsgefahr in der Wohnung. Die Rampe werde ständig von früh bis spät im Durchschnitt mindestens 70 Mal pro Tag genutzt. Dabei sei in ihrer Wohnung eine gewisse Vibration der Rampe wahrzunehmen sowie ein Geräusch, das sich wie Rattern anhören würde. Spielende Kinder hätten die Rampe als Betätigungsfeld genutzt und seien wiederholt auf das an der Hauswand befindliche Geländer der Rampe gestiegen, um einen Blick in ihre Wohnung zu werfen. Durch die Rampe sei der Mietgebrauch für ihre Wohnung in erheblicher Weise beeinträchtigt.
Die Kläger beantragt, festzustellen, dass sie berechtigt seien, seit Juli 2016 die monatliche Bruttowarmmiete für ihre im Hause G. Straße in … B. im Erdgeschoss rechts gelegene Wohnung in Höhe von derzeit 721,25 € sowie in der jeweils aktuell geltend Höhe wegen der vor der Wohnung zur Straßenseite aufgestellten begehbaren Rampe zum Hauseingang fortlaufend um 10% zu mindern.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, dass der barrierefreie Zugang aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht anders hätte hergestellt werden können. Der Zugang würde nur von älteren auf Gehhilfe angewiesenen Mieter genutzt werden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Gericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 2. Mai 2017 Beweis erhoben durch richterlichen Augenschein. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Protokoll des Ortstermins vom 8. Juni 2017 (Bl. 74 f. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Kläger haben ein Interesse auf Feststellung, dass ihnen ein Minderungsrecht zu steht, da sie andernfalls bei Ausübung des Minderungsrechts Gefahr laufen, dass ihnen wegen Zahlungsverzuges gekündigt wird.
Die Klage ist teilweise begründet.
Den Klägern steht gemäß § 536 BGB ein Minderungsrecht in Höhe von 5% wegen der vor ihrem Fenster gebaute Rampe zu.
Durch die Errichtung und die regelmäßige Nutzung der Rampe wird der Mietgebrauch für die Wohnung der Kläger in nicht unerheblicher Weise beeinträchtigt. Ein Mangel liegt bereits vor, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache von der vertraglich geschuldeten Zustand abweicht. Bei Vertragsschluss war vor dem Fenstern der Kläger keine Rampe vorhanden. Durch diese Rampe werden die Kläger in ihrem Mietgebrauch nicht unerheblich beeinträchtigt. Zum einen erhöht sich die Einbruchsgefahr in ihrer Wohnung. Es ist, wie schon auf den Bildern erkennbar, ohne weiteres möglich, von der Rampe durch ein geöffnetes Fenster in die Wohnung zu gelangen. Vorher war dies nur durch die Hinzuziehung weiterer Hilfsmittel möglich. Die Rampe verläuft unmittelbar vor den Fenstern der Kläger und es ist Benutzern möglich, direkt vor dem Fenster in die Wohnung reinzuschauen, insbesondere wenn Licht in den Zimmern brennt. Wie das Gericht durch Augenscheinsnahme festgestellt hat, gibt es bei der Benutzung der Rampe mit Rollkoffern, Skates, Rollstühlen und ähnliches in der Wohnung vernehmbare Lärmbelästigungen. Auch ein trampelnder Benutzer ist in der Wohnung zu hören. Unstreitig spielen Kinder hin und wieder auf der Rampe. Die Beweisaufnahme ergab auch, dass bei der sonstigen Benutzung der Rampe es sich um eine hinnehmbare Beeinträchtigung handelt. Da die geräuschvollen Nutzungen seitens der Kläger nicht im einzelnen quantifiziert werden und somit auch nicht unter Beweis gestellt werden, werden sie seitens des Gerichts gemäß § 287 ZPO geschätzt. Das Gericht hält eine Minderung von 5% für die gesamten Beeinträchtigungen für angemessen, aber auch für ausreichend.
Die Kläger sind mit ihrem Minderungsrecht auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei der Rampe um eine Einrichtung handelt, die den Mietern den barrierefreien Zugang zu ihren Wohnungen ermöglicht. Lediglich im Fall von energetischen Sanierungen hat der Gesetzgeber die Minderung ausgeschlossen. Im Übrigen hätte die Maßnahme auch für die Kläger schonender in Form eines Hublifts ausgeführt werden können. Wieso dies im vorliegenden Fall nicht möglich war, legt die Beklagte nicht dar.
Die Kläger befinden sich hinsichtlich des Einbruch- und Sichtschutzes auch nicht in Annahmeverzug. Zwar verkennen die Kläger, dass für den die Minderung ausschließenden Annahmeverzug nicht erforderlich ist, dass der Vermieter den Weg des § 555a BGB bestreitet, jedoch reicht alleine das Angebot, die Arbeiten grundsätzlich ausführen zu lassen, nicht aus, zumal die Kläger sich grundsätzlich mit der Durchführung der Arbeiten einverstanden erklärt haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 3.029,25 € festgesetzt.